Schwerpunkt: Risiko und Rendite

Asset-Allokation im Japan-Szenario

Das Schreckgespenst der Deutschen und vieler Europäer hat einen Namen: Inflation. Die aktuell zu beobachtende Flucht der Anleger in Sachwerte wie Gold oder Immobilien zeugt von der Angst der Menschen vor einer steigenden Geldentwertung. Doch die könnte unbegründet sein. Mit Blick auf die Euro-Zone hat beispielsweise der Internationale Währungsfonds IWF jüngst Alarm geschlagen: Angesichts der gedämpften Wachstumsaussichten gebe es ein beträchtliches Risiko für eine Deflation. Das könnte viele Anleger hart treffen - unter anderem Eigentümer von Immobilien beziehungsweise private und institutionelle Immobilieninvestoren.

Deflation als logische Konsequenz

Dabei wäre die Deflation eigentlich die logische Konsequenz der Schuldenkrise in Europa. Die Zentralbanken unternehmen derzeit jedoch ihr Möglichstes, einer solchen Entwicklung mit einer immer aggressiveren Geldpolitik entgegenzuwirken. Prominente Vertreter sind nicht nur die Bank of England, sondern seit einiger Zeit auch die Europäische Zentralbank. Sämtliche Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, eine Deflation zu verhindern. Ob dies gelingt, lässt sich nicht vorhersagen.

Die Folgen einer deflationären Preisentwicklung für Immobilienanlagen sind vielschichtig. Festzuhalten ist: Immobilienbesitzer können nicht nur - wie Untersuchungen immer wieder zeigen - einer Inflation relativ entspannt entgegensehen, sondern auch einer Deflation einigermaßen trotzen. Dies gilt aber nur, wenn die Objekte gar nicht oder nur niedrig beliehen sind. Entsprechend können sich dann Aktien von Immo bilienbesitzern mit gesunden Finanzen relativ besser als andere Titel halten.

Das zeigt das Beispiel Japan. Zwischen 1990 und 2003 - nach dem Ende einer extrem ausgeprägten in flationären Aktien- und vor allem Immobilienblase in den achtziger Jahren - erlebte das Land eine Periode der Desinflation und der milden Deflation. Geprägt war dieser Zeitraum von stän-dig sinkenden Zinsen sowie sinkenden Sachwertpreisen. Betroffen waren in besonderem Maße Aktien und Immo bilien.

Die Mieten fielen kontinuierlich, ebenso die Preise. Letztere sind dabei in den Segmenten Wohn-, Gewerbe- und Industrieimmobilien im Durchschnitt der Jahre 1998 bis 2010 um ein Vielfaches stärker gesunken als die allgemeine Preisentwicklung. Das zeigt eine Studie der IREBS International Real Estate Business School.

Am stärksten fiel demzufolge der Rückgang bei japanischen Gewerbeimmobilien mit durchschnittlich minus 7,3 Prozent pro Jahr aus. Wohnimmobilien waren am wenigsten betroffen, wiesen allerdings immerhin noch einen Rückgang von minus 3,8 Prozent auf - das ist rund das Zehnfache der allgemeinen Preisentwicklung, die im Durchschnitt bei etwa minus 0,4 Prozent lag. Von Deflationsschutz kann in diesem konkreten Beispiel daher kaum gesprochen werden.

Optimismus bei Immobilieninvestoren?

Doch ist aus Sicht von Immobilieneigentümern aktuell ein gewisser Optimismus angebracht. Dies betrifft das Verhältnis der Renditen von Staatsanleihen und von Immobilien. In Japan zeigt sich analog zu der Entwicklung in Deutschland und Europa insgesamt, dass diese zuletzt sehr deutlich auseinanderdrifteten. Bei Staatsanleihen schwanken sie für zehnjährige Papiere seit langem um 0,75 bis 1,5 Prozent.

Die Renditen von Immobilien liegen derzeit bei fünf bis sechs Prozent, bei REITs beträgt die Dividendenrendite ebenfalls rund fünf Prozent. Bei sonstigen Aktien lassen sich Renditen von zwei bis drei Prozent erzielen - also deutlich weniger als mit REITs oder Immobilien. Diese ungewöhnliche Situation hält nun schon seit einiger Zeit an. Erklären lässt sie sich mit der extremen Risikoaversion der japanischen Großanleger und den anhaltenden Aufkäufen von Staatsanleihen durch die Bank von Japan.

Immobilienaktien als Gewinner

Es ist gut möglich, dass das angekündigte Ziel der japanischen Notenbank, den Yen gegebenenfalls künstlich zu schwächen, eine - wenn vielleicht auch nur vorübergehende - Phase relativ guter Wertentwicklungen bei Immobilien, REITs und Aktien im Allgemeinen hervorrufen. Wie die Zahlen verdeutlichen, würden hier aber vermutlich wieder Immobilienaktien und REITs die sonstigen Aktien in der relativen Wertentwicklung übertreffen. Das sollte auch Auswirkungen auf die Anlageentscheidung europäischer Investoren haben.

Ohnehin kehren immer mehr institutionelle Anleger den schon lange nicht mehr so sicheren und wenig rentablen Staatsanleihen den Rücken und wenden sich Immobilien zu - oder haben dies vor, sollten sie diese taktische Freiheit noch haben. Tritt die beschriebene Entwicklung wie in Japan ein, würden sich dann wohl auch in Deutschland noch mehr Investoren fragen, ob die Zeit nicht reif ist, lieber in Immobilien, REITs und Aktien zu investieren.

Bereits heute besteht in Deutschland ein beachtlicher Spread zwischen Staatsanleihen von unter zwei Prozent für zehn Jahre und Mietrenditen von bis zu acht Prozent. In Japan liegt das Verhältnis bei einem Prozent (10-Jahres-Zins) zu fünf bis sechs Prozent (Mietrendite wie auch REIT-Dividendenrendite). Dass es auch in Deutschland zu japanischen Verhältnissen kommt, kann nicht ausgeschlossen werden. Dies würde jedoch nicht nur negative Erscheinungen wie Deflation und schwaches Wirtschaftswachstum beinhalten. Immobilien eigentümern muss ein solches Szenario aber weniger Angst machen als Besitzern von "normalen" Aktien.

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