Pro und Kontra

Haben die Offenen Immobilienfonds eine Zukunft?

PRO Bessere Perspektiven denn je Einige Kritiker gehen derzeit harsch mit den Offenen Immobilienfonds ins Gericht: Der Offene Immobilienfonds sei tot, er habe sich in Krisenzeiten nicht bewährt und werde in der Gunst der Anleger mittelfristig durch andere Immobilienanlagen abgelöst werden. Damit liegen sie zweifellos falsch. Der Offene Immobilienfonds in Deutschland ist ein weltweit einmaliges Produkt. Nirgendwo sonst gibt es wohl Immobilienanlageprodukte mit einem derart interessanten Chancen-Risiko-Profil. Fraglos befinden sie sich derzeit in einer schwierigen Situation. Die Wellen der Finanz- und Wirtschaftskrise hatten das Vertrauen vieler Anleger beschädigt. Fakt ist aber auch: Den Offenen Immobilienfonds wird es auch in vielen Jahren noch geben. Zu interessant ist weiterhin das Konzept, weltweit inflationsgeschützte Immobilien bereits zu geringen Beträgen für Anleger verfügbar zu machen. Dies belegen im Übrigen auch die Mittelzuflüsse der Branche im vergangenen Jahr von rund 1,5 Milliarden Euro trotz eines schwierigen Marktumfeldes. Natürlich befinden sich die Fonds nicht mehr in den ruhigen Gewässern, in denen sie sich noch vor zehn Jahren befanden. Damals galten die Fonds aufgrund ihres bestandshaltenden Charakters und der Fokussierung auf den deutschen Immobilienmarkt und Westeuropa als besonders risikoavers und konservativ. Mit einem aktiveren Portfoliomanagement und einer stärkeren Beimischung internationaler Märkte ist die Chancenausrichtung einiger Fonds mittlerweile allerdings höher. Dies hat unter anderem dafür gesorgt, dass auch professionell agierende Anlegergruppen in die Fonds investierten, für die der Offene Publikumsfonds eigentlich nicht konzipiert ist. Aus diesem Grund wie auch als Reaktion auf ein verändertes Finanzmarktumfeld wird der Offene Immobilienfonds derzeit zukunftsfest reguliert. Insbesondere das Problem der Fristentransformation wird angegangen. So wird es ab 2013 für alle Anleger eine einjährige Kündigungsfrist geben. Für Neukunden gilt dann eine Mindesthaltedauer von zwei Jahren. Das schnelle Ein- und Aussteigen von Anlegern wird so verhindert. Mehr als positiv ist zu bewerten, dass Kleinanleger künftig ohne Mindesthaltedauer und Rücknahmeabschlag halbjährlich bis zu 30000 Euro aus den Fonds abziehen können sollen. Dies dürfte für private Anleger völlig ausreichend sein. Damit bleibt die Fungibilität der Fondsanteile zumindest für Kleinanleger erhalten. Und letztlich sind es genau diese Anleger, an die sich die Offenen Publikumsfonds primär richten sollten. Langfristiges Ziel muss es nun sein, private und institutionelle Gelder entweder gesetzlich konsequent zu trennen und die Fonds nach unterschiedlichen Chan-cen-Risiko-Profilen zu kategorisieren oder durch unterschiedliche Konditionen eine faktische Trennung im gleichen Fondsvehikel zu erreichen. Voraussetzung: Die Anleger wünschen dies. Gesetzliche Hürden müssten dafür beseitigt werden. Die Kategorisierung der Fonds wird von den Anlegern ohnehin immer stärker selbst vorgenommen. Sie erkennen, dass sie künftig mehr denn je zwischen den einzelnen Fonds differenzieren müssen. Hinsichtlich der strategischen Ausrichtung ihrer Portfolios nach Ländern, Nutzungsarten und Altersstrukturen der Immobilien besteht bei den Fonds bereits jetzt schon eine Bandbreite wie nie zuvor. Die Immobilienmärkte, in die viele Fonds seit der Liberalisierung des Investmentgesetzes investieren, sind oftmals sehr viel volatiler als es etwa der deutsche Markt ist. Die Bewertungen spiegeln diese Volatilität wider. Es gibt risikoreichere Fonds mit einer aggressiveren Investitionsstrategie und stabilitätsorientierte Produkte, die eher auf sichereren Märkten und ausschließlich in Core-Immobilien investieren. So ist das Risiko von Wert- und Liquiditätsverlusten einiger Fonds in Ausnahmezeiten turbulenter Immobilien- und Finanzmärkte erkennbar höher als bei anderen, gleichzeitig steigt aber auch tendenziell deren Renditepotenzial. Wenn dies von den Anbietern Offener Immobilienfonds transparent kommuniziert wird, die Anleger das nötige Bewusstsein dafür entwickeln und die Regulierung wirkt, dann - bin ich überzeugt - ist der Offene Immobilienfonds zukunftsfähiger als jemals zuvor. Der Autor Timo Tschammler Vorsitzender der Geschäftsführung, DTZ Deutschland Holding GmbH, Frankfurt am Main KONTRA Fauler Kompromiss Der Offene Immobilienfonds deutscher Bauart funktioniert nicht. Er ist ein Schönwetterkonstrukt. In stabilen Zeiten sind die Fonds stabil, bei stürmischer See an den internationalen Finanz- und Immobilienmärkten jedoch erleidet ein beachtlicher Teil der Branche nur allzu leicht Schiffbruch. Allerdings, und dies ist das positive Ergebnis des Jahres 2010: Sowohl Anleger als auch Anbieter der Fonds sind auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden. Die Fiktion der risikolosen Anlage ist überholt. Immobilien sind nicht risikolos. Die Lehren, die aus den Erfahrungen der vergangenen Monate gezogen wurden, sind allerdings verheerend. Einem Produkt, das zwar in Schieflage geraten, aber grundsätzlich überlebensfähig ist, droht nun der Todesstoß - und dies von einer Partei, die im Interesse der Anleger eigentlich um den Fortbestand der Anlageklasse kämpfen müsste: vom Gesetzgeber. Die Quasi-Beibehaltung der täglichen Handelbarkeit der Anteile - für die Branche der heilige Gral des Produktes Offener Immobilienfonds -, eine unrealistische und teure Bewertungspraxis oder die Regelung, dass offene Fonds in Schieflage ihre Objekte auch unter Wert verkaufen müssen - die Regulierung könnte der Grabgesang auf die offenen Fonds sein. Auch die notwendige Liquidation von einigen Offenen Immobilienfonds ist ein Desaster. Zwar ist die Auflösung eines Fonds eine bessere Lösung als eine jahrelange Schließung. Letztlich handelt es sich hierbei jedoch um die rechtlich abgesicherte Vernichtung von Vermögen. Besser wäre es beispielsweise gewesen, wenn Branche und Gesetzgeber während der zweijährigen Schließungsphase an Konzepten gearbeitet hätten, wie Fonds, die nicht mehr öffnen können, zu retten sind. Die optionale Umwandlung der Fonds in REITs wäre eine solche sinnvolle Möglichkeit gewesen. Kritiker entgegnen, dass der Kapitalmarkt fokussierte Produkte bevorzugt und Offene Fonds in der Regel nach Ländern und Nutzungsarten breit gestreut sind. Das stimmt zwar, jedoch haben die meisten Offenen Fonds die nötige Größe, um sie in mehrere REITs aufzuteilen, die sich dann jeweils auf eine Nutzungsart oder eine Region konzentrieren. Voraussetzung auch hier: das entsprechende Votum der Anleger. Diese könnten dann quotal aufgeteilt in mehreren REITs investiert sein. Ein großer REIT wäre entgegen anderslautender Aussagen auch ausreichend liquide. Weltweit ist bereits mehrfach gezeigt worden, dass diese Art der Rettung des Vermögens funktionieren kann. Allerdings sieht es derzeit nicht danach aus, dass für eine Umwandlung in einen REIT der gesetzliche Rahmen geschaffen werden wird. Der langfristig beste Weg für die Fonds wäre allerdings das Schweizer Modell gewesen, das jedoch leider gleich zu Beginn der Gesetzgebungsdebatte verworfen wurde. Der Handel würde dabei an der Börse erfolgen, neue Anteile nur einmal im Jahr am Erstmarkt ausgegeben. Anleger könnten zudem nur mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ende des Geschäftsjahres kündigen. In der Zwischenzeit wäre der Handel ausschließlich unter den Anlegern am Zweitmarkt möglich. Anlagen nach dem Schweizer Model hätten so ein geringeres Risiko als REITs oder Immobilienaktien. Die Börsennotiz würde auch die leidige Diskussion um die Bewertung der Portfolios und Anteile beenden. Denn letztlich kann nur die Börse ein realistisches Bewertungsniveau bieten, zu dem dann auch Transaktionen stattfinden Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist ein fauler Kompromiss mit der Branche. In Kombination mit dem ungelösten Problem der Fristentransformation wird er dafür sorgen, dass die Offenen Immobilienfonds aus ihrem schwierigen Fahrwasser nicht herauskommen werden. Profiteur dieser Situation werden hingegen die REITs und die Aktiengesellschaften in Deutschland sein. Sie sind wesentlich transparenter und fairer bewertet als die Offenen Fonds. Hinzu kommt: Wer in ein börsennotiertes Vehikel investiert, der weiß um die Risiken einer Immobilienanlage. Diese Beziehung auf Augenhöhe zwischen Gesellschaft und Anleger ist bei den Offenen Fonds nicht gegeben. Der Autor Helmut Kurz Fondsmanager, Bankhaus Ellwanger & Geiger KG, Stuttgart

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