Unternehmen und Märkte

Handelsimmobilien partiell krisenresistent

Der Handel spürt die Absatzkrise und erwartungsgemäß reagiert auch der Markt für Einzelhandelsflächen. Präsentierten sich die teuersten Einzelhandelslagen der Welt 2008 noch wetterfest mit stabilen oder gar steigenden Spitzenmieten, konstatiert der Immobilienberater Cushman & Wakefield (C&W) in seiner aktuellen Studie "Main Streets Across the World" im September 2009: Der weltweite Konjunktureinbruch hat auch die Top-Einzelhandelslagen erreicht. In 54 Prozent aller untersuchten Standorte sind die Spitzenmieten in den vergangenen zwölf Monaten gesunken.

Edelboulevards bleiben teuer

Von den 274 untersuchten Einzelhandelsstandorten in 60 Ländern haben die Fifth Avenue in New York (1 086 Euro monatlich pro Quadratmeter brutto), Hongkongs Causeway Bay (974 Euro monatlich pro Quadratmeter brutto) und die Avenue des Champs Elysées in Paris (644 Euro monatlich pro Quadratmeter brutto) auch 2009 die teuersten Ladenflächen der Welt. Auf Platz vier konnte sich die Via Montenapoleone in Mailand (567 Euro monatlich pro Quadratmeter brutto) behaupten. Mit einer aktuellen Spitzenmiete von 496 Euro monatlich pro Quadratmeter brutto belegt Tokios Ginza Platz fünf (Vorjahr Rang sieben).

Für das Gros der zehn teuersten Einzelhandelslagen weltweit werden sinkende oder maximal stabile Mietpreise ermittelt. Auch die Fifth Avenue - acht Jahre in Folge der teuerste Einzelhandelsstandort der Welt - ist von dieser Entwicklung nicht abgekoppelt: Die Spitzenmiete hat hier um 8,1 Prozent nachgegeben. Auf dem Rodeo Drive in Los Angeles (Beverly Hills) sind die Spitzenmieten sogar um über 25 Prozent gesunken. Größter Absteiger unter den Top-Ten-Lagen war jedoch Dublins Grafton Street, die von Platz fünf auf acht zurückfiel.

Dagegen machte die Münchener Kaufingerstraße den größten Sprung nach vorne. Sie stieg von Platz zwölf auf Platz neun und ist damit nach wie vor Deutschlands teuerster Einzelhandelsstandort. Hier sind die Spitzenmieten im Jahresverlauf um 7,1 Prozent auf 300 Euro monatlich pro Quadratmeter (Bruttowert) gestiegen. Internationale Einzelhändler haben nach Einschätzung von C&W den deutschen Markt stets im Fokus behalten, denn allein aufgrund seiner Größe und Stabilität ist der Standort attraktiv. Neben München zahlen

Deutschlands Einzelhändler die höchsten Mieten auf der Zeil in Frankfurt (260 Euro monatlich pro Quadratmeter brutto) und in der Kölner Schildergasse (230 Euro monatlich pro Quadratmeter brutto). Auf den weiteren Plätzen folgen wie auch im Vorjahr Berlin, Düsseldorf, Stuttgart und Hamburg.

Die hohe Attraktivität deutscher Einzelhandelslagen bestätigt auch CB Richard Ellis, deren Marktauswertung allein in den Monaten Juli und August dieses Jahres 400 Neuvermietungen zählten. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Anstieg um rund 235 Prozent. Dabei stehen auf der Wunschliste der Einzelhändler nicht nur die Top-Lagen ganz oben. Während die Nachfrage in den Spitzenstandorten konstant hoch ist, sind die Neuabschlüsse in den B-Lagen leicht rückläufig. Das massive Wachstum bei den Vermietungen resultiert vor allem aus der Expansion der Filialisten in Stadtteillagen, innenstadtnahen Shoppingcentern und Nahversorgungszentren. Hier wirken sich vor allem Fertigstellungen von neuen Einzelhandelsflächen aus.

Weniger Kauflust

Allerdings leiden deutsche Einzelhändler - im Gegensatz zu ihren europäischen Kollegen - unter einer relativ schwachen Kauflaune der privaten Haushalte. So registrierten die französischen Einzelhändler laut dem aktuellen Immobilienmarktbericht der DG Hyp in den vergangenen zehn Jahren ein Umsatzplus von rund 40 Prozent, sodass im gleichen Zeitraum auch die Ladenmieten in gleichem Umfang angehoben werden konnten. Hierzulande stagnierte der Umsatz jedoch mit einem mageren Plus von 0,4 Prozent. Hohe Leerstände in den Randlagen sind die Folge. Und auch in den Top-Lagen erhöhten sich die Mieten lediglich um elf Prozent. Aber 2007 und 2008 zogen die Handelsmieten um 2,2 beziehungsweise 5,2 Prozent an - eine zeitlich verzögerte Wirkung des vorangegangenen Konjunkturaufschwungs. Dabei sind die regionalen Unterschiede selbst unter den Ballungszentren erheblich. So werden in München dreimal so hohe Ladenmieten pro Quadratmeter gezahlt wie in Hamburg. Bis 2011 geht der Hamburger Immobilienfinanzierer von einer Fortsetzung der Konsolidierung im Einzelhandel aus, sodass Flächenkonzepte und Positionierung auf den Prüfstand gestellt und überdacht werden. In der Folge dürfte die Nachfrage nach Ladenlokalen zurückgehen. Gleichzeitig sorgen jedoch vor allem die Umstrukturierungen ehemaliger Kaufhäuser für eine Ausweitung des Flächenangebots. Zusammengenommen erwarten Marktbeobachter daher tendenziell sinkende Mietpreise für innerstädtische Einzelhandelsflächen.

Shoppingcenter auf dem Vormarsch

Einige Produkte - wie zum Beispiel Shoppingcenter - erweisen sich jedoch als robuster. So steigt die Bedeutung von Malls und Einkaufsgalerien auf dem Handelsimmobilienmarkt seit Jahren. Center mit mehr als 10 000 Quadratmetern Nettoverkaufsfläche summieren sich nach einer jüngsten Studie von Kemper's Jones Lang Lasalle aktuell auf rund 8,14 Millionen Quadratmeter. Weitere 310 000 Quadratmeter entfallen auf Einkaufsgalerien der gleichen Größenordnung. Bis 2011 werden nach Einschätzung des Maklerhauses in beiden Kategorien voraussichtlich rund 1,2 Millionen Quadratmeter hinzukommen.

Bereits in den zurückliegenden zehn Jahren ist der Anteil der Shoppingcenter und Einkaufsgalerien an der gesamten Einzelhandelsfläche Deutschlands um fast zwei auf über sieben Prozent gestiegen. Dennoch sei die Centerausstattung mit rund 150 Quadratmetern je 1 000 Einwohner niedriger als im europäischen Vergleich. Der Mittelwert der EU25-Staaten liegt bei über 200 Quadratmetern. In Deutschland bestehen zudem deutliche regionale Unterschiede in der Centerdichte. Daraus können sich für Investoren durchaus interessante Potenziale ergeben. So verfügt Stuttgart im großflächigen Centersegment nur über eine Verkaufsfläche von knapp 70 000 Quadratmetern, während es in Berlin rund 995 000 Quadratmeter sind. Beim Vergleich der sieben großen Ballungszentren Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart beträgt die Spannweite bei der Centerzahl zwischen drei und 42, und bei der Flächenausstattung je 1 000 Einwohner besteht eine Differenz von bis zu 180 Quadratmeter.

Als wichtigsten Grund für diese Unterschiede nennt das Maklerhaus die politische Genehmigungspraxis. Während einige Städte neue Projekte restriktiv behandeln, würden sich andere deutlich offener zeigen. Hinzu komme die Flächenverfügbarkeit. Anders als in Berlin oder Hamburg sind geeignete Standorte etwa im Ruhrgebiet oder Rheinland nur begrenzt vorhanden. Die beiden großen Stadtstaaten Hamburg und Berlin bieten zudem eine Vielzahl autarker Stadtteile, die für Center in Frage kommen. In den kleineren Metropolen ist dies nur bedingt oder gar nicht der Fall.

So verfügt die Bundeshauptstadt - nach Anzahl und Fläche - über mehr als zwölf Prozent des gesamten deutschen Centerangebots. Auf 1 000 Einwohner entfallen 290 Quadratmeter Centerfläche. Hamburg folgt mit 17 Objekten und insgesamt 411 000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Sechs Projekte mit insgesamt rund 100 000 Quadratmetern Fläche werden die aktuelle Ausstattung von fast 240 Quadratmetern je 1 000 Einwohner bis 2011 noch steigern. München rangiert mit neun Objekten und insgesamt 251 000 Quadratmetern sowie knapp 200 Quadratmetern je 1 000 Einwohner auf Platz drei.

Zwar kommt Frankfurt am Main mit nur vier Standorten lediglich auf fast 190 000 Quadratmeter Verkaufsfläche in Shoppingcentern und Galerien, doch rangiert die Stadt bei der Flächenausstattung mit rund 280 Quadratmetern je 1 000 Einwohner an zweiter Stelle hinter Berlin. Köln liegt mit knapp 170 000 Quadratmetern Centerfläche und 170 Quadratmetern je 1 000 Einwohner nur leicht über dem bundesweiten Mittelwert. Hier sind bis 2011 keine Neubauprojekte geplant.

Düsseldorf und Stuttgart verfolgen eine zurückhaltende Ansiedlungspolitik. Düsseldorf verfügt über fünf Center in 1a-Lagen mit insgesamt rund 90 000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Der geplante Kö-Bogen wird rund 15 000 Quadratmeter beisteuern. Stuttgart bleibt mit drei Standorten und 110 Quadratmetern je 1 000 Einwohner als einzige Metropole unter dem bundesweiten Durchschnitt.

Zwar rangierte Deutschland gemessen an den neu entstandenen Centerflächen mit 166 300 Quadratmetern im ersten Halbjahr 2009 auf Platz sechs in Europa, aber auch hier ist die Weltwirtschaftskrise schon zu spüren. Laut C&W ist die Anzahl der Shoppingcenter-Neueröffnungen in diesem Jahr europaweit zurückgegangen und wird bis 2011 weiter sinken: Die Immobilienberater prognostizieren für das laufende Jahr die Neueröffnung von etwa 8,7 Millionen Quadratmetern Shoppingcenter-Flächen - fünf Prozent weniger als 2008.

Gebremstes Wachstum bei großen Handelsflächen

Im nächsten Jahr werde sich die Summe der Fertigstellungen und Center-Erweiterungen auf nur noch sieben Millionen Quadratmeter belaufen, um dann in 2011 auf fünf Millionen Quad ratmeter zu sinken - der tiefste Stand seit 2003.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden in Europa 3,1 Millionen Quadratmeter Flächen in 145 neuen Shoppingcentern eröffnet, 18 Prozent weniger als im Vorjahresvergleichszeitraum. Die meisten neuen Flächen kamen in Russland auf den Markt, wo rund 580 000 Quadratmeter eröffnet wurden, 45 Prozent davon in Moskau. In Westeuropa lag Italien mit 18 neuen Centern und über 370 000 Quadratmetern an der Spitze. 2011 werden die Fertigstellungen in Europa im Vergleich zum Spitzenjahr 2007 um 45 Prozent gesunken sein, prognostiziert das Immobilien-Beratungsunternehmen. Einen kompletten Stillstand werde es aber nicht geben, da einige große Marktteilnehmer das Markttief für ihre nationale und internationale Expansion nutzen würden.

Allerdings gingen die Shoppingcen- ter-Investments in den ersten sechs Monaten dieses Jahres europaweit um 54 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück und beliefen sich insgesamt auf nur noch 8,3 Milliarden Euro. Während in Osteuropa von einem Stillstand in diesem Investmentsegment gesprochen werden müsse, seien Investoren in etablierten Märkten wie Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Spanien durchaus noch aktiv. Zudem gibt es Anzeichen dafür, dass sich nach zwei Jahren des Anstiegs die Renditen nun europaweit stabilisieren. Insbesondere die deutschen Offenen Immobilienfonds meldeten sich wieder am Markt zurück und suchen nach Core-Produkten.

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