Aktuelle Rechtsfragen

Quo vadis? - die aufsichtsrechtliche Behandlung des Pfandbriefs unter Solvency II

Mit Solvency II soll das gegenwärtig geltende europäische Versicherungsaufsichtsrecht (Solvency I) reformiert werden. Ziel ist es, ein risikobasiertes und marktwertorientiertes System zu etablieren, um die Aufsicht über die Risikotragfähigkeit der europäischen Versicherungsunternehmen - und damit den Schutz der Verbraucher - weiter zu verbessern. Die Solvency-II-Rahmenrichtlinie wurde bereits am 22. April 2009 im EU-Parlament und am 10. November 2009 vom Europäischen Rat beschlossen. Am 17. Dezember 2009 wurde sie schließlich im Amtsblatt der Europäischen Union (EU) veröffentlicht. Konkretisiert wird die Richtlinie insbesondere durch sogenannte delegierte Rechtsakte sowie Durchführungsrechtsakte. Diese müssen noch vor dem voraussichtlichen Starttermin von Solvency II am 1. Januar 2013 verabschiedet werden, um eine zusammenhängende Einführung des neuen Aufsichtssystems zu gewährleisten.

Das neue Versicherungsaufsichtssystem beruht auf drei Säulen. Die erste Säule umfasst die Eigenmittelausstattung eines Versicherers. Zur Bestimmung derselben wird den Versicherungsunternehmen ein Standardansatz angeboten, mit welchem sie zukünftig ihre Kapitalanforderungen bestimmen können. Die Alternative zu diesem Standardansatz ist ein von der Aufsicht anerkanntes internes Risikomodell, welches unternehmensindividuell entwickelt werden muss.

Mit Hilfe diverser Studien hat die Europäische Kommission beziehungsweise die europäische Aufsichtsbehörde, EIOPA, die Entwürfe des Standardansatzes im Hinblick auf seine Auswirkungen überprüft. Die zuletzt durchgeführte Auswirkungsstudie war die QIS5, welche im Herbst 2010 europaweit erstellt wurde. Ergänzt wird der quantitative Ansatz der Säule I durch qualitative Anforderungen an das Risikomanagement eines Versicherers, die Säule II, sowie entsprechende Berichtspflichten der Säule III. In diesem Beitrag wird in die Systematik von Solvency II eingeführt. Der Fokus liegt dabei auf der Bestimmung der Kapitalanforderungen auf Basis des Standardansatzes innerhalb der Säule I. Dabei werden die aus Pfandbriefperspektive relevanten Punkte kritisch beleuchtet. Pfandbriefe spielen in der Kapitalanlage der deutschen Versicherer eine bedeutende Rolle.

Kapitalanforderung unter Solvency II

Rund ein Viertel ihrer gesamten Kapitalanlagen entfielen zum Ende des Jahres 2010 auf diese Produktgruppe. Die zukünftige aufsichtsrechtliche Behandlung des Pfandbriefs, welche mit delegierten Rechtsakten beziehungsweise durch verbindliche technische Standards festgelegt wird, ist daher auch aus Investorensicht zweifelsfrei von Belang. Die zweite und die dritte Säule von Solvency II werden in diesem Beitrag weitgehend vernachlässigt. Das Solvency Capital Reqirement (SCR) ist die aufsichtsrechtlich relevante Kapitalanforderung, die die Unternehmen künftig erreichen müssen, um einem geregelten Geschäftsablauf nachgehen zu dürfen. Mit der Minimum Capital Requirement (MCR) wird eine weitere Zielgröße definiert, deren Unterschreiten die Einstellung des Neugeschäfts nach sich ziehen kann. Gegebenenfalls kann dem Unternehmen auch die Geschäftsbetriebzulassung entzogen werden.

Zwischen SCR und MCR greift die sogenannte Aufsichtsleiter, mit welcher die Befugnisse der Aufsicht in Abhängigkeit von der Solvabilitätssituation eines Versicherers festgelegt werden. Die Aufsichtsleiter soll sicherstellen, dass Versicherer von der Aufsichtsbehörde gleich behandelt werden. Außerdem werden durch einen solchen Maßnahmenkatalog die aufsichtsrechtlichen Eingriffe der Aufsichtsbehörde für die Unternehmen vorhersagbar. Je stärker das SCR unterschritten wird, umso weitreichender sind die Befugnisse der Aufsicht.

Die Bestimmung der aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderung innerhalb der Säule 1 geschieht auf Basis eines risikoorientierten Berechnungsansatzes. Konkret bedeutet dies, dass ein Versicherer alle relevanten Risiken, welche er durch seinen Geschäftsbetrieb eingeht, kalkulieren muss. Bei allen Risikotypen wird angenommen, dass der unterstellte Verlust mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,5 Prozent nicht überschritten wird. Die berechneten Risiken werden anschließend mittels einer Korrelationsmatrix zusammengeführt. Da man richtigerweise unterstellt, dass die unterschiedlichen Risiken in keinem vollständig positiven linearen Zusammenhang stehen, sind die Korrelationskoeffizienten kleiner als 100 Prozent. Anders formuliert: Die Risiken materialisieren sich nicht gleichzeitig in voller Höhe.

Neben den versicherungstechnischen Risiken für die Sparten Leben, Gesundheit und Nichtleben müssen die Versicherer die von ihnen eingegangenen Markt- und Kontrahentenrisiken berechnen. Das Marktrisiko setzt sich wiederum aus sechs Unterrisiken zusammen. Es handelt sich dabei um das Zinsänderungsrisiko, das Aktienrisiko, das Immobilienrisiko, das Spreadrisiko, das Fremdwährungsrisiko, und das Konzentrationsrisiko*). Die Vermögenswerte eines Versicherers müssen den entsprechenden Unterrisiken zugeordnet werden. Für Pfandbriefe und Covered Bonds spielen insbesondere das Zinsänderungs-, das Spread- und das Konzentrationsrisiko eine Rolle.

Zinsänderungsrisiko

Das Zinsänderungsrisiko reflektiert das Risiko, dass sich das risikolose Marktzinsniveau verändert und damit ein Rückgang respektive ein Anstieg der Kurswerte festverzinslicher Vermögenswerte auf beiden Bilanzseiten hervorgerufen wird. Je größer der Durationsunterschied zwischen den zinsabhängigen Vermögenswerten auf der Aktivseite und den Verbindlichkeiten auf der Passivseite ist, desto größer ist auch das Zinsänderungsrisiko des Versicherers. Eine feststehende Kapitalanforderung für Pfandbriefe oder andere festverzinsliche Wertpapiere, die aus dem Zinsänderungsrisiko resultiert, gibt es daher nicht. Falls die Durationen auf Aktiv- und Passivseite genau aufeinander abgestimmt sind, kann die Kapitalanforderung aus dem Zinsänderungsrisiko prinzipiell sogar eliminiert werden. Das Schließen der Durationslücke spielt gerade für Lebensversicherer eine große Rolle, da sie typischerweise relativ lang laufende Verbindlichkeiten in ihren Beständen haben.

Spread-Risiko

Das Pendant zum Kreditrisiko in der Bankenregulierung ergibt sich unter Solvency II aus dem Spread- und dem Gegenparteiausfallrisiko (Counterparty Default Risk). Titel, die dem Spread-Risiko zugeordnet werden, brauchen jedoch nicht dem Gegenparteiausfallrisiko zugeteilt werden und umgekehrt. Das Spread-Risiko greift das Risiko einer Credit-Spread-Ausweitung auf. Es beschreibt demnach die resultierenden Marktwertveränderungen, welche sich durch eine Erhöhung des Renditezuschlags oberhalb der risikolosen Zinsstrukturkurve ergeben. Es betrifft den Großteil aller sich im Bestand befindlichen zinsabhängigen Schuldtitel inklusive Asset Backed Securities sowie die durch Kreditderivate übertragenen Kreditrisiken. Unter das Gegenparteiausfallrisiko fallen hingegen die Adressrisiken von Derivaten und anderen risikomindernden Verträgen sowie alle Titel, die nicht dem Spread-Risiko zugeordnet werden. Der zuletzt genannte Restposten umfasst im Wesentlichen die vergebenen Hypotheken- und Policendarlehen.

Sowohl Öffentliche Pfandbriefe als auch Hypothekenpfandbriefe unterliegen dem Spread-Risiko. Im Gegensatz zu allen anderen Zinstiteln, die dem Spreadrisiko zugeordnet werden, galten für Pfandbriefe in der letzten Auswirkungsstudie QIS5 niedrige Risikofaktoren. Die Voraussetzung ist, dass ein Covered Bond im Sinne der Richtlinie für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) vorliegt und dass der Titel über ein AAA-Rating verfügt. Damit soll dem besonders hohen Sicherheitscharakter dieser Papiere Rechnung getragen werden. In der QIS5 betrug die Kapitalanforderung für einen als Nullkupon-Anleihe ausgestalteten Pfandbrief mit einer Laufzeit von zehn Jahren rund sechs Prozent. Damit ist diese Anforderung etwa drei Prozentpunkte niedriger als für eine unbesicherte Unternehmensanleihe höchster Bonität, für welche rund neun Prozent des entsprechenden Marktwertes hinterlegt werden mussten (vergleiche Abbildung 1).

Pfandbriefe mit einem AA-Rating oder schlechterer Bonitätseinstufung erfahren hingegen die gleiche Behandlung wie ungedeckte Schuldtitel. Damit steigt die Kapitalanforderung für einen zehnjährigen Pfandbrief auf rund elf Prozent, sofern er mit AA bewertet ist, auf etwa 14 Prozent, wenn ein Rating von A vorliegt und sogar auf rund 25 Prozent, falls das Rating nur BBB beträgt. Für Pfandbriefe ohne ein anerkanntes Rating beläuft sich die Kapitalanforderung auf ungefähr 29 Prozent (vergleiche Abbildung 2). Bei privilegierter Risikogewichtung ist davon auszugehen, dass Anleger Pfandbriefe und andere gedeckte Produkte den ungedeckten Anleihen bevorzugen werden.

Da der Berechnungsansatz des Spread-Risikos vom Rating und von der modifizierten Duration eines Papiers abhängt, erhöht sich die Kapitalanforderung für festverzinsliche Wertpapiere tendenziell mit schlechterem Rating und zusätzlich mit steigender Laufzeit, (vergleiche Abbildung 2). Unter Vernachlässigung der sich durch die im Standardmodell getroffenen Korrelationsannahmen ergebenden Diversifikationseffekte wächst die Kapitalanforderung für einen als Nullkupon-Anleihe ausgestalteten AAA-Pfandbrief von etwa drei Prozent für einen Titel mit fünfjähriger Laufzeit, über sechs Prozent für zehnjährige Titel, auf rund elf Prozent für 20-jährige Titel. Während das Zinsänderungsrisiko speziell Lebensversicherer mit hohen passivseitigen Durationen dazu anhält, das Durationsniveau auf ihrer Aktivseite zu erhöhen, setzt das Spread-Risiko gegenteilige Anreize.

Staatliche Schuldtitel aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) genießen bisher hingegen eine Befreiung vom Spread-Risiko - unabhängig von ihrer Bonität. Auch für griechische oder portugiesische Staatsanleihen war in der QIS5 keine Kapitalunterlegung erforderlich, obwohl beide Staaten auf mehrere Herabstufungen der eigenen Bonität zurückschauen müssen. Mit dieser Regelung wird den Staaten des EWR-Raums im Gegensatz zu den Emittenten Öffentlicher Pfandbriefe ein Privileg eingeräumt, das vorwiegend politisch motiviert ist. Immerhin lassen sich Kredit- beziehungsweise Ausfallrisiken aufgrund der zuletzt geführten Diskussionen um die Gläubigerbeteiligung bei hochverschuldeten Euro-Staaten zukünftig nicht mehr grundsätzlich ausschließen. Die geplante Einführung von Umschuldungsklauseln (collectiveactionclauses) unterstreicht dieses Argument.

Gegenparteiausfallrisiko

Hypothekendarlehen stehen in enger Verbindung mit Hypothekenpfandbriefen und werden daher häufig als Substitut angesehen. Die resultierenden Kapitalanforderungen in der QIS5 waren jedoch nicht notwendigerweise identisch. Im Gegensatz zu Pfandbriefen wurden Hypothekendarlehen dem Gegenparteiausfallrisiko zugeordnet. Die Bestimmung der Kapitalanforderung hängt dort weder direkt von der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers noch von der Laufzeit eines Hypothekendarlehens ab. Sie richtet sich stattdessen nach dem Verhältnis zwischen dem Marktwert der gebotenen Sicherheit (das heißt der Immobilie) und dem Marktwert des Darlehens.

Bei einer Besicherung des Darlehens durch die Immobilie von 100 Prozent beträgt die Kapitalanforderung rund vier Prozent (vergleiche Abbildung 3). Dieses Niveau ist ungefähr vergleichbar mit der Kapitalanforderung für einen als Nullku-pon-Anleihe ausgestalteten AAA-Pfandbrief mit siebenjähriger Laufzeit. Die mitunter geäußerte Befürchtung, dass Solvency II erhebliche Wettbewerbsvorteile für Hypothekendarlehen gegenüber Pfandbriefen schafft, wäre somit unzutreffend. Diese Aussage lässt sich jedenfalls dann treffen, wenn man berücksichtigt, dass die überwiegende Mehrheit der gegenwärtig emittierten Pfandbriefe Laufzeiten von sechs bis acht Jahren aufweist. Da Versicherern durch das Zinsänderungsrisiko zukünftig jedoch Anreize gesetzt werden, die Duration ihrer Aktivseite in Abhängigkeit der Laufzeiten ihrer versicherungstechnischen Verpflichtungen zu erhöhen, ist die zuvor getroffene Aussage angreifbar. Der Grund ist die Vernachlässigung der Duration bei der Berechnung des Gegenparteiausfallrisikos im Solvency-II-Standardmodell. Durch einen Aufbau respektive die Aufstockung eines Portfolios mit langlaufenden Hypothekendarlehen hat der Versicherer folglich die Möglichkeit, die Kapitalanforderung für das Zinsänderungsrisiko zu minimieren ohne dafür an anderer Stelle bestraft zu werden. Die Erhöhung des Durationsniveaus innerhalb eines Pfand-brief-Portfolios würde hingegen eine zusätzliche Kapitalanforderung im Spread-Risiko generieren.

Eine noch günstigere Lösung ließe sich durch die Anlage in langlaufende staatliche Schuldtitel aus dem EWR-Raum erreichen. In diesem Fall fielen neben den Kapitalanforderungen des Zinsänderungsrisikos keine zusätzlichen Kosten an - weder durch das Spread-Risiko noch durch das Gegenparteiausfallrisiko. Eine Besserstellung für Schuldtitel der EWR-Staaten ist bisher auch im Konzentrationsrisiko verankert. Für diese ist bisher per se kein Konzentrationsrisiko zu berechnen, ungeachtet des tatsächlichen Konzentrationsniveaus. Ein Konzentrationsrisiko im Sinne des Standardmodells liegt dann vor, wenn ein Schwellenwert, der den maximal zulässigen Anteil eines Schuldners an der gesamten Kapitalanlage misst, überschritten wird. Andere Formen, wie beispielsweise geografische Konzentrationen oder Branchenkonzentrationen, werden bei der Berechnung des Konzentrationsrisikos im Standardmodell nicht berücksichtigt.

Die zulässigen Schwellenwerte stehen grundsätzlich in Abhängigkeit vom Emissionsrating eines Wertpapiers. Für Pfandbriefe und andere Covered Bonds im Sinne der OGAW-Richtlinie gilt ein maximaler Schwellenwert von 15 Prozent pro Gegenpartei, sofern das Rating mindestens AA beträgt. Wird dieser Anteil übertroffen, so ergab sich in der QIS5 eine zusätzliche Kapitalanforderung von 0,12 Prozent für jeden zusätzlichen Prozentpunkt oberhalb des überschrittenen Schwellenwertes. Für Pfandbriefe mit dem Rating A betrug der zusätzliche Kapitalaufschlag 0,21 Prozent, für BBB-geratete Pfandbriefe 0,27 Prozent und für Pfandbriefe mit noch schlechterem Rating 0,73 Prozent. Damit werden Pfandbriefe, ähnlich wie im Spreadrisiko, gegenüber anderen festverzinslichen Wertpapieren privilegiert behandelt. Für diese gelten nämlich lediglich Schwellenwerte von drei oder 1,5 Prozent pro Emittent.

Pfandbriefe sind eine besonders beliebte Anlageklasse deutscher Versicherungsunternehmen. Rund 25 Prozent ihrer gesamten Kapitalanlagen entfielen zum Ende des Jahres 2010 auf diese Produktgruppe. Ob dies so bleibt oder ob sich das Kapitalanlageverhalten der Assekuranz ändern wird, hängt auch von den künftig geltenden aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen für Versicherer unter Solvency II ab. Die konkrete Ausgestaltung der Kapitalanforderungen erfolgt durch sogenannte delegierte Rechtsakte sowie Durchführungsrechtsakte, welche noch vor dem voraussichtlichen Starttermin von Solvency II am 1. Januar 2013 verabschiedet werden müssen.

Weiter große Bedeutung des Pfandbriefs

Die seit der letzten europaweit durchgeführten Auswirkungsstudie verankerte Besserstellung des Pfandbriefs gegenüber nicht besicherten Unternehmensanleihen und anderen Zinstiteln im Solven-cy-II-Standardmodell ist grundsätzlich ein wichtiger Faktor für die deutsche Versicherungsindustrie, um auch weiterhin als wichtige Investorengruppe auftreten zu können. Allerdings sind die Voraussetzungen zur Anrechnung jener Besserstellung vergleichsweise hoch und bislang noch nicht stringent umgesetzt. Es ist somit fraglich, warum innerhalb des Spread-Risikos ausschließlich AAA-Ratings akzeptiert werden, damit Pfandbriefe in den Genuss der Besserstellung kommen. Sofern eine Abhängigkeit vom Rating erwünscht ist, sollte diese sinnvollerweise kongruent mit der Regelung des Konzentrationsrisikos sein und daher zumindest auf AA-geratete Pfandbriefe, wenn nicht auf den gesamten Investment Grade Bereich, ausgeweitet werden.

Trotz einer hypothetischen Ausweitung der bisher vorgeschlagenen Besserstellung des Pfandbriefs auf weitere Rating-Klassen könnte seine Attraktivität gegenüber konkurrierenden Anlageklassen dennoch leicht sinken. Dies trifft insbesondere auf Versicherer zu, die sehr lang laufende Verbindlichkeiten bedienen müssen und die Absicht haben, ihre aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen zu optimieren. Sowohl staatliche Schuldtitel als auch Hypothekendarlehen benötigten in der QIS5 eine geringere Solvenzkapitalanforderung. Unter Vernachlässigung aller anderer Entscheidungskriterien bei der Wahl des Kapital-anlage-Portfolios würde ein Investor diese Vermögenswerte also bevorzugen.

Neben den Solvenzkapitalanforderungen, die in diesem Beitrag hauptsächlich beleuchtet wurden, reformiert Solvency II außerdem die Bewertung der Vermögenswerte für aufsichtsrechtliche Zwecke. Von diesen ist auch der Pfandbrief betroffen. Unter Solvency II werden künftig alle Kapitalanlagen auf Basis von Zeitwerten bewertet. Tendenziell wird dies die bilanzielle Wertschwankung der Aktivseite erhöhen. Damit könnte unter Solvency II eine wesentliche Begründung, Pfandbriefe als Namensschuldverschreibungen auszugestalten, entfallen. Die vergrößerte Volatilität in der aufsichtsrechtlichen Bilanz könnte problematisch werden, auch wenn die handelsrechtliche Rechnungslegung von Solvency II nicht betroffen ist. Gerade Versicherern mit langfristigen Verbindlichkeiten werden unter Umständen Anreize gesetzt, ihre Steuerung von Aktiv- und Passivseite auf kurzfristige Wertschwankungen in ihrer aufsichtsrechtlichen Bilanz hin zu verändern, obwohl ihre Verpflichtungen erst in mehreren Jahren bedient werden müssen. Insgesamt betrachtet wird der Pfandbrief jedoch auch in Zukunft eine sehr wichtige Rolle bei der Kapitalanlage-Allokation deutscher Versicherer spielen. Dafür sprechen seine ausgezeichnete Bonität, seine stabilen Renditen und seine bewährte Infrastruktur.

Der Beitrag ist dem Fact Book Pfandbrief 2011/2012 des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken, Berlin, entnommen, das in einigen Tagen in 16. Auflage erscheinen wird.

Fußnote

*) In der QIS5 musste ferner ein Illiquiditätsprämienrisiko berechnet werden. Dieses Risiko bezog sich ausschließlich auf die Verbindlichkeiten eines Versicherers. Bei Redaktionsschluss stand noch nicht endgültig fest, ob das Illiquiditätsprämienrisiko zukünftig tatsächlich im Standardmodell etabliert werden soll.

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