Leitartikel

Wie viel Fonds steckt im REIT?

Es ist schon ein Kreuz mit den Richtlinien. Da will sich Europa aus der Banken-, Immobilien- und Staatsschuldenkrise in bester Absicht herausregulieren und schafft sich damit zugleich völlig neue Notlagen. Im Bestreben, dass kein Steuerzahler jemals wieder eine europäische Bank retten muss, wird die Kreditvergabe abgewürgt. Und um die Macht der Hedgefonds zu brechen und die Altersvorsorge des "kleinen Mannes" zu schützen, sollen Investmentmanager an die kurze Leine genommen werden. Doch beim Versuch, den findigen Finanzjongleuren auch ja jedes Schlupfloch zu verbauen, wird gern mal übers Ziel hinausgeschossen. Dabei gibt Europa richtigerweise nur den Rahmen vor und überlässt den Mitgliedsstaaten die Ausgestaltung. Nun ist es jedoch eine deutsche Besonderheit, möglichst alles umfassend zu regeln, ohne dabei jedoch jede noch so spezielle Spezialität zu benachteiligen. Man könnte es diskriminierungsfreie Pedanterie nennen. Leider bringt sie für gewöhnlich einen Wust an Paragrafen hervor, den selbst Eingeweihte kaum durchsteigen und deren Logik zuweilen haarsträubend ist. Deutsche Steuergesetze sind dafür ein beredtes Exempel. Denn wo sonst ist beispielsweise das Herausziehen eines Pkw aus dem Straßengraben mittels Traktor die missbräuchliche Benutzung einer steuerlich befreiten landwirtschaftlichen Zugmaschine?

Dies vor Augen lässt für die Umsetzung von CRD IV oder AIFMD in deutsche Gesetze Schlimmes ahnen. Einige Absurditäten zeichnen sich jetzt schon ab, wie das jüngste Konsultationspapier der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Anwendungsbereich des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) zeigt. Eigentlich wollte die AIFMD nur verbindliche Standards für die Manager alternativer Investments einführen. Doch "Made in Germany" muss mehr beinhalten. So stellt sich die Frage: Was genau ist ein "Investmentvermögen"? Die BaFin versteht darunter das Verwalten und Investieren von Anlegergeldern auf Basis einer Anlagestrategie und nimmt "operativ tätige Unternehmen" explizit von der Regelung aus. Doch was beinhaltet eine Anlagestrategie? Wie präzise und verbindlich muss sie formuliert sein? Und was genau kennzeichnet eine operative Tätigkeit? Zweifellos wollen sich die deutschen Aufseher nicht vorwerfen lassen, sie würden die Sache nicht bis zum Ende denken. Wie sonst ist zu erklären, dass sie neben Offenen und Geschlossenen Immobilienfonds auch andere Bestandshalter von Liegenschaften dem KAGB unterwerfen wollen?

Dabei ist allerdings unverständlich, dass Erwerb, Vermietung, Verpachtung, Verwaltung und Verkauf von Immobilien in dem Entwurf nicht als operative Tätigkeiten anerkannt werden, der Betrieb eines Hotel oder Pflegeheims sowie die Projektentwicklung, wenn sie Konzeption, Grundstücksankauf, Errichtung des Gebäudes und anschließenden Verkauf beinhaltet, aber sehr wohl. Würde diese Definition Gesetz, so fielen künftig auch Wohnungsgesellschaften und Bestandshalter gewerblicher Immobilien darunter. Tatsächlich definiert das BaFin-Papier: "Eine (börsennotierte) Immobilienaktiengesellschaft ist als Investmentvermögen zu qualifizieren ...". Ausgenommen sind die Unternehmen nur, wenn sie vorwiegend auf die Projektentwicklung ausgerichtet sind oder ihre Immobilien selbst betreiben. Fokussieren sie sich dagegen auf den Erwerb, die Vermietung, die Verpachtung, die Verwaltung sowie den Verkauf von Immobilien, so sollte die Unternehmensstrategie möglichst schwammig formuliert sein und bloß nicht den Eindruck einer Anlagestrategie erwecken. Andernfalls droht die Klassifikation als Investmentvermögen mit allen aufsichtsrechtlichen Konsequenzen hinsichtlich Organisation und Dokumentation. Selbstverständlich unterlässt es die Aufsicht bislang, den Begriff "Anlagestrategie" inhaltlich zu präzisieren.

Ein besonderes Bonmot: Als REITs 2007 zugelassen wurden, hatte der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, sie im Investmentgesetz - also wie Immobilienfonds - zu regeln. Stattdessen wurde ein eigenes Gesetz formuliert. Dessen § 1 Abs. 1 definiert, dass REITs Aktiengesellschaften sind, die darauf beschränkt sind, Immobilien (mit Ausnahme von Bestandsmietwohnungen) respektive Anteile an Immobilienpersonengesellschaften zu erwerben, zu halten, zu verwalten, zu veräußern sowie zu vermieten und zu verpachten. Zudem gab der Gesetzgeber eine Anlagestrategie vor, indem er in § 12 Abs. 3 REITG verlangte, dass mindestens 75 Prozent des Gesamtvermögens eines REITs aus immobilem Vermögen bestehen und wenigstens drei Viertel der Bruttoerträge aus Vermietung, Leasing, Verpachtung und Veräußerung der Immobilien stammen müssen. Konsequenterweise wären REITs deshalb aufsichtsrechtlich unter dem KAGB wie Immobilienfonds zu behandeln. Rückblickend auf die seinerzeit erbittert geführte Diskussion, ob REITs nun als AG oder als Immobilien-Spezialfonds in Deutschland einzuführen seien, beschleicht einen bei der aktuellen Entwicklung doch ein eigenartiges Déjà-vu.

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