WOHNUNGSWESEN

MIETRECHTSNOVELLE 2019: AUSWIRKUNGEN DER MIETPREISBREMSE AUF INVESTITIONEN IM DEUTSCHEN IMMOBILIENMARKT

Tobias Filusch, Foto: Matthias Löhner

Wohl kaum ein wohnungspolitisches Instrument war in den vergangenen Jahren von so vielen Kontroversen begleitet wie die Mietpreisbremse. Wirkt sie oder wirkt sie nicht? Ist sie sinnvoll oder ein Hindernis bei der Entspannung der Wohnungsmärkte? Die Antworten auf solche Grundsatzfragen fallen auch knapp vier Jahre nach ihrer Einführung von Experte zu Experte noch immer unterschiedlich aus. Fakt ist: Zum 1. Januar 2019 hat der deutsche Gesetzgeber das Instrument nachgeschärft. Die Autoren untersuchen im folgenden Beitrag, inwiefern die novellierte Mietpreisbremse in der Lage ist, Mieten zu stabilisieren und die Mietrendite tatsächlich einzuschränken. Die Abhandlung zielt dabei insbesondere auf eine kritische Strategieanalyse renditeorientierter Immobiliengesellschaften vor dem Hintergrund der veränderten Gesetzeslage ab. Red.

Der deutsche Immobilienmarkt ist aktuell häufiger Gegenstand öffentlicher und privater Debatten. Neben dem scheinbar weiter anhaltenden Trend der Urbanisierung und dem damit verbundenen Nachfrageanstieg für Wohnraum in Städten, wirkt die bereits seit einigen Jahren anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank zusätzlich auf Marktpreise.

Ein beliebtes Anlageobjekt

Immobilien stellen im Zuge dessen ein beliebtes Investitionsobjekt dar, welches auch gerade regionale Banken und Sparkassen nutzen können, um das schwächelnde Zinsgeschäft auszugleichen. Darüber hinaus spielt die marktnahe Bewertung von Immobilien auch in deren Kreditgeschäft bei der Bemessung von Besicherungen eine zentrale Rolle. Die dafür entscheidende Rendite des Immobilieninvestments wird - neben erwarteten Marktpreis- und Besteuerungsentwicklungen - maßgeblich durch Mieteinnahmen determiniert.

Folglich hängen Investitionsentscheidungen im Bereich der besonders beliebten Wohngegenden in Städten stark von den dort erzielbaren Mietzinsen ab. Gerade die dortigen Mieten werden allerdings seit dem 1. Juni 2015 gesetzlich reguliert beziehungsweise nach oben beschränkt. Innerhalb der durch die jeweiligen Landesregierungen festgestellten Gebieten mit "angespannten Wohnungsmärkten" gilt seit diesem Datum die sogenannte Mietpreisbremse (§ 556d Abs. 2 BGB), die Mieter1) im Grundsatz vor einem übermäßig hohen Mietzins schützen soll.

Nachschärfung lässt Investoren aufhorchen

Der durch den Gesetzgeber erhoffte Effekt stabilerer Mieten ist damit jedoch offenbar nur bedingt eingetreten und Mieten stiegen an besagten Orten scheinbar unvermindert weiter an.2) Durch die Mietrechtsanpassung zum 1. Januar 2019 wurde die Mietpreisbremse daher durch den Gesetzgeber nachgeschärft, was die Investorenseite folglich aufhorchen ließ. Aus der Perspektive von Immobiliengesellschaften besteht natürlich - im Gegensatz zu den Mietern - ein klares Interesse den Schwung des Marktes mitzunehmen um den Shareholder Value zu maximieren.

Dies wirft die Frage auf, inwiefern die novellierte Mietpreisbremse in der Lage ist, Mieten zu stabilisieren und die Mietrendite tatsächlich einzuschränken. Die folgende Abhandlung zielt dabei auf eine kritische Strategieanalyse renditeorientierter Immobiliengesellschaften vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzeslage ab.3)

Drei Ausnahmetatbestände bleiben bestehen

Auch nach der Novellierung des Mietrechts zum Jahresbeginn 2019 gilt, dass bei Vertragsschluss über die Miete von Wohnraum in angespannten Wohnmärkten (siehe oben) der vereinbarte Mietzins die dort ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 Prozent übersteigen darf (§§ 556 d ff. BGB).4) Dabei ermöglichen auch weiterhin drei Ausnahmetatbestände diese Obergrenze wirksam zu überschreiten (§§ 556 e, f BGB). Demnach muss die Mietpreisbremse auch weiterhin nicht auf seit Oktober 2014 erstmalig genutzte und vermietete Immobilien angewendet werden. Zudem gibt es die Möglichkeit eines Bestandschutzes, das heißt die Miete aus dem vorherigen Mietverhältnis kann aufrechterhalten werden, auch wenn diese die Obergrenze überschreitet.

Außerdem bleiben weiterhin Spielräume für die Umlage von Modernisierungskosten, die nun aber leicht veränderte Konditionen beinhalten. Im Falle von stattgefundenen Modernisierungsmaßen sind dabei entstandenen Kosten grundsätzlich umlagefähig. In der Umsetzung unterliegt dies nun aber einer stringenteren Einschränkung, indem zukünftig ein bundesweiter Umlagesatz von maximal 8 Prozent jährlich gilt (§ 559 Abs. 1 BGB). Zuvor waren bis zu 11 Prozent möglich. Des Weiteren darf sich durch die veranschlagte Umlage der monatliche Quadratmeterpreis innerhalb von sechs Jahren maximal um drei Euro pro Quadratmeter für Mieten ab sieben Euro pro Quadratmeter erhöhen, bei geringeren Quadratmeterpreisen nur um zwei Euro pro Quadratmeter (§ 559 Abs. 3a BGB).

Eine zweite Neuerung ergibt sich aus der Mitteilungspflicht der Vermieter gegenüber den Mietern. Möchte der Vermieter eine höhere Miete aufgrund von einem oder mehrerer der genannten Ausnahmetatbestände veranschlagen, so besteht die Verpflichtung einer frühzeitigen Auskunftspflicht gegenüber dem Mieter (§ 556 g Abs. 1a S. 1 BGB). Diese Auskunft muss vor Vertragsabschluss und unter expliziter Benennung des jeweiligen Grundes erfolgen. Wird die Auskunft über den Ausnahmetatbestand vor Vertragsschluss vernachlässigt, so kann eine grundsätzlich zulässige, höhere Miete durch eine nachgereichte Auskunft erst nach einer zweijährigen Wartefrist wirksam verlangt werden (§ 556 g Abs. 1a S. 2 BGB).

Die Rügepflicht der Mietpartei

Ist der vertraglich vereinbarte Mietzins als unzulässig erkannt, so wird von Mietern verlangt, dies gegenüber dem Vermieter durch eine sogenannte Rüge anzuzeigen (§ 556 g Abs. 2 BGB). Die formalen Anforderungen an den Prozess des Rügens per se wurden im Zuge der aktuellen Novelle im Allgemeinen reduziert, indem nun in der Regel keine "qualifizierte" Begründungspflicht der Mietpartei mehr besteht (§ 556g Abs. 2 S. 1 BGB).5) Stattdessen kann der Mieter einen möglichen Verstoß gegen die Mietpreisbremse auch rügen, ohne diesen im Detail zu benennen.

Eine qualifizierte Anforderung an die Rüge besteht nur noch dann, wenn sich diese auf eine nach § 556g Abs. 1a S. 1 BGB abgegebene Erklärung des Vermieters - also auf einen Ausnahmetatbestand - bezieht (§ 556 g Abs. 2 S. 2 BGB). Entscheidend im Zusammenhang mit der Rügepflicht ist, dass unzulässig hohe Mietbeträge, die vor der Rügeerklärung gezahlt wurden, nicht anteilig zurückverlangt werden können (§ 556 g Abs. 2 S. 1 BGB). Solange Mieter also zahlen und nicht rügen sind Vermieter in der Lage, Einnahmen basierend auf Mieten auch deutlich oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete plus 10 Prozent zu generieren.

Erhöhte Transparenz

Es kann festgestellt werden, dass beide konkretisierenden Regelungen Mieter zunächst begünstigen. Die erhöhte und dabei frühzeitige Auskunftspflicht schafft Transparenz und zeigt Mietern die Zusammensetzung des Mietzinssatzes bei Vertragsabschluss genauer auf. Dadurch wird ermöglicht, dass ein unzulässiger Mietzins leichter zu identifizieren ist. Darüber hinaus besteht nun eine straffere Grenze innerhalb der vorhandenen Ausnahmeregelung zur Umlage von Modernisierungskosten. Allerdings führt der Hinweis auf einen der Ausnahmetatbestände bei Mietlaien nicht unbedingt zu einer gänzlichen Klarheit über die grundsätzliche Wirkungsweise oder die Existenz der Mietpreisbremse.

Hierfür spielt die Mietobergrenze gemäß der ortsüblichen Vergleichsmiete die entscheidende Rolle, welche der Mietpartei zunächst klar sein muss, um basierend darauf Unzulässigkeiten beim Mietzinssatz erkennen zu können. Wird beispielsweise die einfache Begründung "Bestandsschutz" in Kombination mit dem vorherigen Mietvertrag ausreichen, um eine Miete deutlich oberhalb der ortsüblichen Miete plus 10 Prozent zu begründen? Ob diese Mieten tatsächlich gezahlt wurden, kann durch die Empfänger dieser Informationen nur in Ausnahmefällen nachvollzogen werden. Demnach wäre dies auch kein verlässlicher Nachweis.

Auch könnte ein korrekter Nachweis eingebracht werden, die Miete laut Mietvertrag dann aber dennoch über die eigentlich zulässige Obergrenze hinausgehen. Daraus resultiert die Frage, was Vermietern drohen kann, falls diese bei der Festsetzung des Mietzinses die gemäß der Mietpreisbremse geltenden Obergrenzen schlichtweg ignorieren.

Konsequenz eines unzulässigen Mietzinses

Eine derartige Strategie von Vermietern kommt einem "Knock-Out-Bonuszertifikat" gleich, bei dem der Bonus (die Differenz zwischen der veranschlagten und der ortsüblichen Miete plus 10 Prozent) solange erzielt werden kann, bis das "Knock-Out-Ereignis" eintritt. Die Bewertung davon wird somit - neben den im Mietvertrag durch den Vermieter festzulegenden Parametern - maßgeblich durch die Wahrscheinlichkeit der Rüge durch die Mietpartei und die Strafen in Folge eines Aufdeckens bestimmt. Umso geringer diese Parameter sind, umso lohnender wird das beschriebene Vorgehen sein.

Immobiliengesellschaften oder Immobilieninvestoren werden durch die Regulierungsbemühungen im Zuge der Mietpreisbremse in ihren Renditezielen zum Teil stark eingeschränkt. Da - wie beschrieben - erst nach der Rüge eine faktische Herabsetzung unzulässig hoher Mietzinsen droht, könnten Vermieter folgende Strategie wählen: Die Miete hoch ansetzen und hoffen, dass nicht oder erst nach Monaten gerügt wird. Grundsätzlich stellt das beschriebene Vorgehen eine Ordnungswidrigkeit gemäß dem Wirtschaftsstrafgesetz dar (§ 5 WiStrG). Eine Mietpreisüberhöhung kann darüber hinaus in Bezug auf einen sogenannten Mietpreiswucher sogar in den Bereich einer Straftat fallen (§ 291 Abs. 1 S. 1 StGB).

Die Tatbestände werden dabei allerdings jeweils sehr eng ausgelegt, was die abschreckende Wirkung drohender Konsequenzen schon in Bezug auf die Ordnungswidrigkeit deutlich zu mindern scheint. So zielt der Tatbestand des § 5 WiStrG auf das Ausnutzen eines geringen Angebots am Wohnungsmarkt ab, für dessen Bewertung nicht nur der jeweils betroffene Stadtteil, sondern grundsätzlich das gesamte Stadtgebiet maßgeblich ist (BGH VIII ZR 44/04). Das "Ausnutzen eines geringen Angebots" bedarf infolgedessen den durch die Mietpartei zu erbringenden Nachweis, dass von deren Seite alles unternommen wurde, um eine vergleichbare, günstigere Wohnung als die besagte zu bekommen (BGH VIII ZR 190/03).

Ein paradoxes Szenario

Folglich müsste für diesen Nachweis dargelegt werden, dass im gesamten Stadtgebiet keine vergleichbare, günstigere Wohnung zur Verfügung stand. Das beschriebene Szenario ist insofern paradox, als dass eine überteuerte Mietwohnung nur dann als Ordnungswidrigkeit eingestuft wird, wenn also im gesamten Stadtgebiet keine vergleichbare, günstigere Wohnung vorhanden ist. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass die Existenz einer einzigen günstigeren (vergleichbaren) Wohnung innerhalb des gesamten Stadtgebiets dem Tatbestand einer überteuerten Wohnung bereits jegliche Grundlage nimmt.

Umso höher also die Miete angesetzt wird, desto sicherer kann die vermietende Partei sein, dass dieser Nachweis nicht erbracht werden kann. Ein strafbarer Mietpreiswucher wird es demnach kaum in Betracht kommen, da in den allermeisten Fällen nicht mal der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit nachzuweisen sein wird. Schlussendlich sind Konsequenzen für das Ignorieren der Mietpreisbremse also gering.

Werden allerdings Modernisierungsmaßnahmen dazu genutzt die Mieter zur Auflösung des Mietverhältnisses zu bewegen, besteht nach § 559 d BGB die widerlegliche Vermutung einer Pflichtverletzung des Vermieters, die im Rahmen von Schadensersatzansprüchen des Mieters nach §§ 280, 281 BGB zum Tragen kommt. Weiterhin besteht hierin gemäß § 6 WiStG eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 100 000 Euro Geldstrafe sanktioniert werden kann.

Mieter muss Initiative ergreifen

Die Verunsicherung bei Mietern in Stadtgebieten ist aktuell sehr groß. Mieterhöhungen, Staffelmieten oder bereits hohe Mietzinsen bei Abschluss eines neuen Mietvertrages üben einen großen wirtschaftlichen Druck auf die Privathaushalte aus. Die Mietpreisbremse reguliert Mieten im Hinblick auf eine Existenzsicherung und wurde kürzlich novelliert. Immobilieninvestoren und Immobiliengesellschaften nehmen in der zugehörigen Debatte eine konträre Position ein. Sie möchten von steigenden Mieten profitieren und daraus Renditen erzielen.

Mit der Rügepflicht überlässt es der Gesetzgeber den Mietern, unzulässig hohe Mietpreise aufzudecken und die Mietpreisbremse in Folge dessen wirksam durchzusetzen. Als grundsätzlicher Hintergrund kann dafür die Minderung der Intensität des Eingriffes durch den Gesetzgeber in die Privatautonomie angebracht werden. Laien sind der Umsetzung der gesetzgeberischen Anforderungen in der Regel nicht oder nur mit erheblicher Zeitverzögerung gewachsen. Konsequenzen für Vermieter bei Veranschlagung unzulässig hoher Mieten drohen daher einerseits nur selten und haben andererseits keinen großen Wirkungsgrad.

Informationsasymmetrie begünstigt Immobilienprofis

Die Spekulation auf die Unwissenheit oder Untätigkeit von Mietern ist folglich eine reizvolle Strategie, die für Vermieter zusätzliche Renditen unter nur geringem Risiko mit sich bringt. Die Maßnahmen im Rahmen der Novelle des Mietrechts 2019 können die Attraktivität dieses Ansatzes nur geringfügig mindern. Durch die Auskunftspflicht bei Vertragsabschluss scheint es Mietern zwar einfacher möglich zu sein, Unzulässigkeiten zu erkennen. Ob dies jedoch letztendlich zu einem aktiveren Rügeverhalten führt kann bezweifelt werden. Hier begünstigt die Informationsasymmetrie professionell agierende Marktteilnehmer.

Gerade das Bild eines steigenden und grundsätzlich sowieso sehr hohen Mietniveaus in Städten überzeichnet die Skepsis gegenüber hohen Mietzinsen in der Gesellschaft. Zudem kann der Vermieter durch eine sehr aggressive "Überteuerungsstrategie" bei sämtlichen Mieten des Bestandes selbst diese Wahrnehmung schüren und damit gleichzeitig das zulässige Mietniveau über den Zeitverlauf erhöhen. Mieter, die eine unzulässig hohe Miete ein Jahr lang zahlen und dann ausziehen, sorgen dafür, dass für nach folgende Mieter diese ursprünglich unzulässige Miete zu einer zulässigen Miete wird (Bestandsschutz). Bei genügend Fällen dieser Art innerhalb desselben Stadtgebietes kann dadurch der Mietspiegel, der als Grundlage für die ortsübliche Vergleichsmiete herangezogen werden muss, mittel- oder langfristig wirksam beeinflusst werden.

Fußnoten

1) Die Formulierung Mieter/Vermieter wird geschlechtsneutral aus dem Wortlaut des BGB entnommen.

2) BT-Drs. 19/4672 S. 1; DIW-Wochenbericht Nummer 22/2016, S. 491ff.; Thorun/Vetter, ConPolicy-Faktenblatt zur Mietpreisbremse 2016 S. 1.

3 Die Gesetzeslage betrifft natürlich grundsätzlich jeden Vermieter.

4) Die ortsübliche Vergleichsmiete wird in der Regel durch einen aktuellen und mit wissenschaftlichen Methoden erstellten Mietspiegel, der eine Reihe von qualifizierenden Kriterien erfüllen muss. Auch Staffeln einer Staffelmiete, die diese Grenze überschreiten, sind demnach unwirksam.

5) Gerade dieses Erfordernis hat sich in der bisherigen Praxis häufig als sehr schwierig für den Mieter erwiesen und die Anzahl der formal korrekten Rügen eingeschränkt (siehe BT-Drs. 19/4672 S. 12).

DER AUTOR TOBIAS FILUSCH, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, ifG Marburger Genossenschaftsinstitut, Marburg
DER AUTOR FABIAN AUGUSTIN, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, ifG Marburger Genossenschaftsinstitut, Marburg
 

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