Aufsätze

Aktuelle Rechtsentwicklungen im Kreditgeschäft

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung der Bundesgerichtshofes (BGH) hat das LG Hamburg1) in Anlehnung an Schimansky2) entschieden, dass die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung wegen unangemessener Benachteiligung i. S.v. § 307 BGB unwirksam ist. Dies soll nur nicht gelten, wenn der Gläubiger der Grundschuld und des abstrakten Schuldanerkenntnisses eine Bank ist und zusammen mit der Unterwerfungserklärung vereinbart wird, dass die Kreditforderungen nur an andere Banken übertragen werden dürfen.

Auswirkungen auf die Geschäftspraxis der Banken

Sollte der Beschluss des LG Hamburg vom zwischenzeitlich angerufenen BGH aufrechterhalten werden, hätte dies weitreichende Auswirkungen auf das Kreditgeschäft und die Verbriefung von grundpfandrechtlich gesicherten Krediten: Die Geschäftspraxis der Banken, sich in den Grundschuldbestellungsurkunden Unterwerfungen unter die sofortige Zwangsvollstreckung einräumen zu lassen (ohne hierbei die Übertragbarkeit auf Banken zu beschränken) wäre unhaltbar.

Bei Verbriefungen von grundpfandrechtlich gesicherten Krediten, bei denen die Grundschulden regelmäßig gegenüber einem Sicherheitentreuhänder ohne Bankerlaubnis bestellt werden, wäre die Zwangsvollstreckungsunterwerfung unwirksam. Die in den letzten Jahrzehnten nach dieser Praxis bestellten Grundschulden und Schuldanerkenntnisse wären mangels Titels nicht sofort vollstreckbar. Banken und Sicherheitentreuhänder müssten sich zur Verwertung der bestehenden Grundschulden erst einen Titel in einem Erkenntnisverfahren erstreiten, was zu nicht unerheblichen Zeitverzögerungen führen kann.

Das LG Hamburg begründet seine Abkehr von der BGH-Rechtsprechung damit, dass der BGH in bisherigen Entscheidungen den massenhaften Verkauf von Darlehensverhältnissen an Investoren ohne Bankerlaubnis nicht berücksichtigt hätte. Ein Vollstreckungstitel (ohne vorheriges Erkenntnisverfahren) in Händen einer Gesellschaft, die an keiner langfristigen Geschäftsbeziehung mit dem Darlehensnehmer interessiert sei und mangels Bankerlaubnis keiner Aufsicht nach § 6 KWG unterliege, begründe ein erhebliches Missbrauchspotenzial. Etwaige Schadensersatzansprüche wegen missbräuchlichem Verhalten des neuen Grundschuldgläubigers müssten unberücksichtigt bleiben, da solche Ansprüche gegen eine gegebenenfalls im Ausland ansässige Gesellschaft ohne wesentliche Substanz kaum durchsetzbar seien.

Überzeugen kann die Entscheidung des LG Hamburg nicht. Dass aufgrund der Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung kein vorgeschaltetes Erkenntnisverfahren zur Durchsetzung der Grundschuld und des Schuldanerkenntnisses erforderlich ist, ist keine erhebliche Abweichung vom gesetzlichen Leitbild. Aufgrund der Abstraktheit dieser Rechtsinstitute hat der Darlehensnehmers immer zu beweisen, dass keine Rückstände nach dem Darlehensverhältnis bestehen, gleichgültig ob er sich mit einer Vollstreckungsabwehrklage oder in einem vorgeschalteten Erkenntnisverfahren zur Wehr setzt.

Kein erhebliches Missbrauchspotenzial

Es besteht auch kein erhebliches Missbrauchspotenzial. Dieses kann schon aus rechtsstaatlichen Gründen nicht darin gesehen werden, dass ein Grundschuldgläubiger in einer Branche tätig ist, der das Gericht ohne konkretes Fehlverhalten im Einzelfall unterschwellig einen erhöhten Rechtsmissbrauch unterstellt ("Banken sind gut, Finanzinvestoren sind böse"). Mit der Übertragung der Grundschuld und des Schuldanerkenntnisses samt Zwangsvollstreckungsunterwerfung auf eine Nichtbank entsteht auch kein unregulierter, zum Rechtsmissbrauch einladender Freiraum. Denn das Zivil- und Zivilprozessrecht gewährt hinreichenden Schutz und gilt gleichermaßen für Banken wie für Nichtbanken.

Die Annahme des LG Hamburg, dass Bankkunden über die Bankenaufsicht nach § 6 KWG besonders vor Rechtsmissbrauch geschützt werden, ist unzutreffend. Die BaFin ist nur zur Ahndung von Verstößen gegen das KWG ermächtigt. Das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Darlehensnehmer und Bank ist einer aufsichtsrechtlichen Kontrolle grundsätzlich entzogen.

Zudem ist der Darlehensnehmer bei Rechtsmissbrauch nicht auf Schadensersatzansprüche gegen den neuen Gläubiger beschränkt. Mangels Zustimmung des Darlehensnehmers zu einer Vertragsübernahme gilt die Sicherungszweckabrede zwischen dem Darlehensnehmer und seiner Bank fort. Der Darlehensnehmer kann sich weiterhin an seine Bank als Verpflichtete aus der Sicherungszweckabrede wenden und bei Rechtsmissbrauch Schadensersatz von dieser verlangen.3)

Risikobegrenzungsgesetz

Es bleibt abzuwarten wie der BGH entscheidet. Aufgrund der wenig überzeugenden Argumente des LG Hamburg sowie der mit dieser Rechtsansicht verbundenen weitreichenden Konsequenzen wird der BGH von seiner bisherigen Rechtsprechung voraussichtlich nicht abrücken.

Das Risikobegrenzungsgesetz4) (Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken) soll nach dem Willen des Gesetzgebers den Schuldner- und Verbraucherschutz bei der Abtretung und dem Verkauf von Darlehensforderungen verbessern. Es enthält insbesondere folgende Regelungen:

- Künftig müssen Immobiliendarlehensverträge einen deutlichen Hinweis enthalten, dass Forderungen aus dem Vertrag abgetreten werden dürfen oder das Vertragsverhältnis insgesamt auf einen Dritten übertragen werden kann (§ 492 Abs. 1a BGB).

- Über die Abtretung von Darlehensforderungen oder einen Gläubigerwechsel ist der Darlehensnehmer unverzüglich zu informieren, es sei denn, Verkäufer und Käufer haben sich geeinigt, dass die gesamte Kreditverwaltung weiterhin durch den Verkäufer durchgeführt wird (§ 496 Abs. 2 BGB).

- Ein neu gefasster § 498 Abs. 3 BGB sieht vor, dass bei Immobiliendarlehensverträgen die Kündigungsregelung des Absatzes 1 mit der Maßgabe gilt, dass der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise und mit mindestens 2,5 Prozent des Darlehensnennbetrages in Verzug sein muss. Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen kann damit ein Immobiliendarlehensvertrag regelmäßig bei Rückstand von etwa einem halben Jahr gekündigt werden.

- Der neue § 1192 Abs. 1a Satz 1 BGB enthält eine Sonderregelung zum Fortbestehen der Einreden, die der Grundstückseigentümer aufgrund der Sicherungsabrede gegen die Inanspruchnahme aus einer Sicherungsgrundschuld erheben kann. Nicht erfasst wird von der Neuregelung befremdenderweise das abstrakte Schuldanerkenntnis. Bei bisherigen Kreditportfoliotransaktionen wurde in der Vertragsdokumentation zwischen Veräußerer und Erwerber ein Vertrag zu Gunsten Dritter (hier des Sicherungsgebers) geschlossen, wonach Pflichten aus der Sicherungszweckabrede vom Erwerber einzuhalten sind.

Gängige Vertragspraxis

Im Ergebnis gibt die Gesetzesänderung im Wesentlichen die gängige Vertragspraxis wieder. § 1193 Abs. 2 BGB wird dahingehend ergänzt, dass zwingende Fälligkeitsvoraussetzung für jede Sicherungsgrundschuld eine ordentliche Kündigung mit sechsmonatiger Kündigungsfrist ist. Die bisher in der Vertragspraxis übliche Vereinbarung der sofortigen Fälligkeit einer Sicherungsgrundschuld wird damit für die Zukunft ausgeschlossen. Ebenso wird mit der Neuregelung ausgeschlossen, dass eine Sicherungsgrundschuld fristlos gekündigt werden kann. Unklar bleibt allerdings, ob entgegen der gesetzgeberischen Intention - eine Kündigung der Sicherungsgrundschuld weiterhin jederzeit ohne besonderen Grund ausgesprochen werden kann.

§ 799a ZPO sieht einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch vor, wenn die Vollstreckung aus einer Urkunde i. S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aufgrund einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO oder einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO für unzulässig erklärt worden ist. Die Ersatzpflicht soll in den praktisch bedeutsamen Fällen eingreifen, in denen die Urkunden zur Absicherung von Immobiliengeschäften errichtet worden sind.

Durch eine Änderung des § 354a HGB soll es Kaufleuten wieder ermöglicht werden, beim Abschluss von Kreditverträgen wirksam ein Abtretungsverbot zu vereinbaren. Nach bisher geltendem Recht bleibt die Abtretung einer Forderung aus einem beidseitigen Handelsgeschäft trotz Vereinbarung eines Abtretungsverbots im Verhältnis zum Gläubiger und zum Dritten wirksam. Durch den neuen § 354a Abs. 2 HGB wird sichergestellt, dass die Abtretung einer Darlehensforderung eines Kreditinstituts in einem solchen Fall auch zwischen Kaufleuten unwirksam bleibt. Diese Änderung stellt eine erhebliche Modifikation zu der bestehenden Rechtslage dar.

Die Neuregelungen des Risikobegrenzungsgesetzes werfen einige Rechtsfragen auf, die noch zu klären sind, werden aber die bisherige Praxis der Kreditportfolio- und Verbriefungstransaktionen nicht wesentlich verändern. Allerdings sind bestimmte Änderungen, zum Beispiel die des § 354a HGB bei der Strukturierung von Kreditverkäufen und -verbriefungen zu beachten.

Fußnoten

1) LG Hamburg, WM 2008, Seiten 1 450 f. (Beschluss des LG Hamburg vom 9. Juli 2008 Aktz: 318 T 183/07).

2) Schimansky, WM 2008, Seiten 1 049 ff.

3) Die verkaufenden Banken haben sich in der Praxis wiederum die Einhaltung der Sicherungszweckabrede durch die Käufer und deren Servicer in den Kreditforderungskaufverträgen gesichert und können auf jene entsprechend einwirken.

4) BGBl, I 2008; Seite 1 666.

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