Aktuelle Rechtsfragen

Stabilere Rahmenbedingungen für Grundschulden dennoch Handlungsbedarf

Gesetzgebung wie das Risikobegrenzungsgesetz1) und Rechtsprechung wie die Entscheidung des XI. Zivilsenats des BGH2) zur Vollstreckungsunterwerfung haben in den vergangenen Jahren mehrfach in die rechtlichen Rahmenbedingungen der Grundschuld eingegriffen. In der Praxis haben diese Schritte zu Unsicherheit und Kritik geführt - zudem sie dogmatisch meist zweifelhaft waren. Deshalb ist es zu begrüßen, dass der VII. Zivilsenat des BGH3) in der Frage der Umschreibung der Vollstreckungsklausel zum "status quo ante" zurückgekehrt ist.

Die umstrittene Vorentscheidung zur Vollstreckungsklausel

In der Vorentscheidung des XI. Senats vom Frühjahr dieses Jahres hatte der BGH zunächst grundsätzlich die Zulässigkeit der formularmäßigen Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung bestätigt und damit Irritationen, die ein Urteil des LG Hamburg4) hervorgerufen hatte, beendet. Daneben hatte er jedoch auch festgestellt, dass der Notar bei einer Umschreibung der Vollstreckungsklausel im Zusammenhang mit einer Abtretung der Grundschuld zusätzlich zu prüfen habe, ob der neue Grundschuldgläubiger auch in den Sicherungszweck eingetreten sei. Dies sei dem Notar in öffentlicher Form (das heißt in öffentlicher Urkunde oder öffentlich beglaubigt) nachzuweisen. Begründet wurde das vor allem mit dem Treuhandcharakter der Sicherungsgrundschuld.

Unerwünschte Weiterungen hat dies erfahren, als unter anderem das Deutsche Notarinstitut in einer Handreichung für Notare5) in konsequenter Anwendung des BGH-Urteils das Erfordernis "Eintritt in den Sicherungszweck" für alle Fälle der Klauselumschreibung bestätigt hat. Damit wäre zusätzliche Dokumentation erforderlich gewesen nicht nur für die Fälle des Darlehensverkaufs (zum Beispiel als notleidender Kredit), die der BGH wahrscheinlich im Blick hatte, sondern auch für eine vom Darlehensnehmer gewünschten Re- oder Umfinanzierung. Eine unnötige Förmelei, deren Kosten vom Darlehensnehmer zu tragen wären.

Rückkehr zur alten, einfachen Praxis der Umschreibung

Dem hat nun der für Zwangsvollstreckung zuständige VII. Zivilsenat des BGH ausdrücklich widersprochen und festgestellt, dass der Notar auf Antrag des Gläubigers die Vollstreckungsklausel umzuschreiben hat, wenn wie zuvor lediglich die Rechtsnachfolge in die Grundschuld in entsprechender Form nachgewiesen ist. Für weitere Prüfungen, insbesondere des Sicherungszwecks, sei im Klauselerteilungsverfahren, das auch nur eingeschränkte Beweismittel zulässt, kein Raum. Bei fehlerhaften Klauseln könne sich der Schuldner mit der Klage nach § 768 ZPO wehren und sei insoweit nicht schutzlos gestellt. Selbst wenn man annähme, der Eintritt in den Sicherungszweck sei als Vollstreckungsbedingung gemäß § 726 ZPO zu werten, kann der Notar diese Bedingung nicht einfach unterstellen, sondern das müsste im Wortlaut der Urkunde angelegt sein was meist nicht der Fall ist.

Mit guten Gründen hat der VII. Senat auf die bei divergierenden Auffassungen zwischen Senaten gebotene Anrufung des Großen Senats verzichtet6), damit bleibt jedoch die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung zunächst bestehen. Auch wenn Gläubiger in Zwangsvollstreckungssachen nun Rechtssicherheit haben, kann bei einem anderen Schwerpunkt des Verfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass ein Prozess doch beim Bankensenat endet. Wie dieser dann entscheidet, ist vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung zumindest offen.

Die Erwerber von Darlehensportfolios können beruhigt sein, dass eine Abtretung von Grundschulden als Sicherheiten und in der Folge die Klauselumschreibung einfach möglich bleibt. In der Dokumentation des Erwerbs der Darleheensforderung wird im übrigen der Eintritt in den Sicherungsvertrag regelmäßig sichergestellt. Soweit nicht sowieso bereits in der Dokumentation enthalten, kann sich der Abtretungsempfänger sicherheitshalber ein Recht einräumen lassen, vom Zedenten die künftige Mitwirkung an förmlichen Übertragungsakten zum Zwecke der Heilung oder des Nachweises verlangen zu dürfen, falls die Rechtsprechung sich wieder drehen sollte. An anderer Stelle hat der BGH zudem in diesem Jahr den Verkauf von Darlehensportfolios, in diesem Fall sogar an eine Nichtbank, das heißt ein Unternehmen, das nicht der Aufsicht gemäß KWG unterliegt, bestätigt.7) Auch in diesem Bereich hat sich also die Aufregung, die vor Jahren viele Gerichte beschäftigte, gelegt und die Transaktionssicherheit bleibt gewahrt.

Auch die Konsequenzen des Risikobegrenzungsgesetzes aus dem Jahr 2008 für die Grundschuld sind mittlerweile verdaut. Die nun zwingende und nicht mehr abdingbare Kündigung des Grundschuldkapitals vor Vollstreckung (§ 1193 Abs. 2 S. 2 BGB) hatte eine ganze Reihe von Folgefragen ausgelöst, für die der Markt jedoch mittlerweile Standards entwickelt hat.

Folgen des Risikobegrenzungsgesetzes

So geht die herrschende Meinung8) nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut davon aus, dass sich das Kündigungserfordernis nur auf das Kapital, nicht jedoch auf Zinsen und etwaige Nebenleistungen bezieht. Daher kann der vollstreckende Gläubiger kündigen und gleichzeitig die Vollstreckung aus den Zinsen beginnen. Nach sechs Monaten und damit meist vor den ersten Versteigerungsterminen tritt er mit dem Grundschuldkapital der Vollstreckung bei. Der Warnschuss für den Darlehensnehmer durch die Kündigung bleibt erhalten, der (teure) Zeitverlust für den Gläubiger wurde reduziert.

Auch zur Frage, ob der Notar eine vollstreckbare Ausfertigung erst erteilen kann, wenn Vollstreckungsreife und damit die Kündigung vorliegt, hat sich mittlerweile die Auffassung durchgesetzt, dass er dies darf; in jedem Fall dann, wenn der Schuldner auf den Nachweis der Kündigung verzichtet hat. Die teilweise diskutierte förmliche Zustellung der Kündigung ist daher entbehrlich.

In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass die klassische deutsche Grundschuld als Darlehenssicherheit gerade auch in ihrer Breite der Anwendung zwischen dem Häuslebauer und der komplexen CMBS-Struktur durchaus bewährt hat. Hinsichtlich der genannten Versuche, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ändern, war bereits umstritten, ob diese überhaupt notwendig waren. Nun hat sich nach einer Phase der Unruhe hier jedoch ein angemessener Marktstandard etabliert.

Dennoch gibt es durchaus Handlungsbedarf bei den rechtlichen Möglichkeiten der Verwertung der Grundschuld. Dass trotz Wirtschaftskrise die Anzahl der Zwangsversteigerungen seit Jahren rückläufig ist, belegt empirisch, was Bankenvertreter und Darlehensservicer schon seit einiger Zeit berichten: Die klassische Zwangsvollstreckung mit Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung ist nicht mehr das erste Mittel der Wahl bei der Verwertung. Auch wenn die Verfahrensdauer im europäischen Vergleich eher im Mittelfeld liegt, wird das Verfahren als zu lang und zu schwerfällig empfunden.

Handlungsbedarf

Hauptgrund für eine Abkehr ist jedoch, dass die Erlöse bei einer Zwangsversteigerung meist geringer sind als im freihändigen Verkauf. Gerade komplexere gewerbliche Immobilien sind in diesem Verfahren mit eingeschränkten Möglichkeiten der Due Diligence nur schwer marktgängig. Selbst Schuldnerberater raten ihren Kunden mittlerweile dazu, es nicht auf eine Zwangsversteigerung ankommen zu lassen, sondern früh mit dem Gläubiger zu kooperieren. Auch dort wurde erkannt, dass eine Erlösmaximierung und damit einhergehend eine größtmögliche Restschuldreduktion am ehesten mit einem freihändigen Verkauf erreicht werden kann. Verkaufsvollmachten für die Gläubiger, die einen solchen Verkauf erleichtern, sind zwar weit verbreitet, allerdings nicht ganz risikofrei. § 1149 BGB, Fragestellungen aus dem Bereich des AGB-Rechts und der Grunderwerbsteuer belasten diese unnötig mit Rechtsunsicherheiten und verhindern in manchem Fall wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen. Hier wäre eine behutsame Modernisierung sicherlich angebracht.

Auch die Zwangsverwaltung kommt schnell an ihre Grenzen, wenn zum Beispiel bei gewerblichen Immobilien Modernisierungsmaßnahmen zur Neuvermietung anstehen. Altersbedingter Leerstand ist jedoch ein Hauptgrund für Problemkredite und aktives Asset Management ein Kernelement jeder erfolgreichen Workout-Lösung. Das Recht der Zwangsverwaltung muss dies künftig ermöglichen. Ebenso sollte man darüber nachdenken, ob man die Institutszwangsverwaltung (§150a ZVG), die bisher auf inländische Kreditinstitute beschränkt ist9), zum einen öffnet für EU-Kreditinstitute, zum anderen für einen größeren Kreis von Unternehmen, die zum Beispiel als Darlehensservicer einer Regulierung und Erlaubnispflicht vergleichbar den Inkassounternehmen unterliegen.

In der Verwertung gibt es also durchaus rechtspolitischen Handlungsbedarf, sonst droht die Verlagerung der Sicherheitenverwertung zumindest im gewerblichen Bereich aus dem deutschen Rechtskreis heraus auf die Verwertung zum Beispiel von Anteilsverpfändungen ausländischer Objektgesellschaften (Luxemburger S.à r.l., oder niederländische B. V.) nach ausländischem Recht.

Fußnoten

1) Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken vom 12. August 2008, BGBl. I S. 1666.

2) BGH vom 30. März 2010, Aktenzeichen: XI ZR 200/09.

3) BGH vom 29. Juni 2011, Aktenzeichen: VII ZB 89/10.

4) LG Hamburg vom 9. Juli 2008, Aktenzeichen: 318 T 183/07.

5) DNotI-Report 11/2011. 6) Siehe § 132 GVG.

7) BGH vom 19. April 2011, Aktenzeichen: XI ZR 256/10.

8) Unter anderem Rundschreiben 23/2008 der Bundesnotarkammer; Schmidt/Voss, DNotZ 2008, S. 744 ff; Vollmer, MittBayNot 2009, S. 1; Langenbucher NJW 2008, S. 3169; Hinrichs/Jaeger, ZfIR 2008, S. 745.

9) Inwieweit das EU-rechtlich zulässig ist, sei einmal dahingestellt.

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