Schwerpunkt

Basel III - Wandel im Asset Management für Kreditinstitute

Das durch den Baseler Ausschuss am 16. Dezember 2010 veröffentlichte Reformpaket1) (Basel III) hat zwar grundsätzlich nur Empfehlungscharakter, wirft dennoch bereits heute seine Schatten voraus: Zum einen ist die Unsicherheit der Institute innerhalb des Bankensektors groß, was auf den derzeit laufenden Umsetzungsprozess in europäisches Recht2) sowie die anstehenden Herausforderungen an die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung zurückzuführen ist. Zum anderen lassen sich wegen der künftig umfassenderen Eingriffsmöglichkeiten der Aufsicht bereits heute erste Auswirkungen auf die Geldund Kapitalmärkte feststellen.

Geänderte Liquiditätsanforderungen

Der Baseler Ausschuss formuliert auf europäischer Ebene erstmals quantitative Mindestanforderungen an die Liquiditätsausstattung von Instituten. Dabei bewegt er sich im Rahmen der globalen Harmonisierung der aufsichtsrechtlichen Regulierung des Liquiditätsrisikos. Zielsetzung ist die Verbesserung der kurzfristigen Widerstandsfähigkeit des Liquiditätsprofils von Banken auf der einen sowie die Stabilisierung der langfristigen Refinanzierungsquellen auf der anderen Seite. Um diese Ziele zu erreichen, werden zwei neue Kennzahlen eingeführt: die Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR) und die Strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio, NSFR)

Die Einhaltung der LCR soll gewährleisten, dass ein Institut seinen Zahlungsverpflichtungen in einem definierten Stressszenario nachkommen kann. Dabei sollen die erstklassigen liquiden Aktiv-Positionen, die in Barmittel umgewandelt werden können, einen stressbedingten Nettomittelabfluss über einen Zeitraum von 30 Kalendertagen kompensieren. Der Baseler Ausschuss hat eine Liste von Vermögenswerten veröffentlicht, die die geforderten Merkmale erfüllen (Abbildung 1). Entscheidend für Regionalbanken ist dabei, dass der Bestand an Staatsanleihen groß genug ist, da er die Anrechnung der Stufe-2-Papiere begrenzt. Die meisten Sparkassen halten vergleichsweise geringe Bestände an sogenannten Stufe-1-Mitteln, dagegen vergleichsweise hohe Bestände von nicht-anrechnungsfähigen ungedeckten Bankenschuldverschreibungen, wie beispielsweise rund 300 durch die Deka-Bank erstellte Asset-Liability-Studien zeigen. Aufgrund der Maximalquote von 40 Prozent für Stufe-2-Papiere werden Institute mit hohen Beständen an Pfandbriefen diese größtenteils nicht anrechnen können. Der wesentliche Handlungsbedarf zeigt sich allerdings nicht bei Sparkassen, sondern vor allem bei Großbanken (Abbildung 2).

Die NSFR hat im Gegensatz zur LCR längerfristigen, strukturellen Charakter. Mit dieser Kennzahl soll die mittel- bis langfristige Refinanzierung der Aktiva gefördert und so die Abhängigkeit von kurzfristigen Finanzmitteln begrenzt werden. Diese Neuerung wird auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken bei den zukünftigen Ertragsbeiträgen aus der Fristentransformation treffen. Die Refinanzierungsstruktur ist dann ausgeglichen, wenn die verfügbaren stabilen Mittel die geforderte stabile Refinanzierung übersteigen.

Umsetzung in europäisches Recht

Das vom Baseler Ausschuss formulierte Reformpaket fließt in den aktuellen Entwurf der Capital Requirement Directive (CRD IV) vom 20. Juli 2011 ein, der sowohl inhaltlich als auch zeitlich von diesen Empfehlungen abweicht. Die Beobachtungsphase der LCR beginnt zum 1. Januar 2013. In dieser Phase wird die Kennzahl an die Aufsicht gemeldet, ohne dass bei Abweichungen mit Sanktionen zu rechnen ist. Sie ist verbindlich ab dem 1. Januar 2015 im Sinne von Mindeststandards zu erfüllen, gleichzeitig entfällt die Liquiditätsverordnung (LiqV),3) die seit dem 14. Dezember 2006 in Kraft ist. Während die Empfehlungen des Baseler Ausschusses die (hoch-)liquiden Aktiva bereits sehr dezidiert auf Produktebene definiert haben, hält sich die EU-Kommission bisher bei der Definition sehr bedeckt und geht nicht produkt-, sondern in allgemeiner Form prinzipienorientiert vor. Es ist davon auszugehen, dass es bis 2013 eine gewisse Konvergenz hin zu den Baseler Empfehlungen geben wird. Die Diskussion zu konkreten Produkten wird in der Branche bereits in 2012 geführt werden, während sich zeitgleich die European Banking Authority (EBA) mit den technischen Standards befasst.

Darüber hinaus geht die CRD IV auf Investmentfonds ein: Diese sind nur anrechenbar, wenn sie ausschließlich in liquide Assets im Sinne der LCR investiert sind. Zudem dürfen sie nur bis zu 250 Millionen Euro angerechnet werden. Das ist eben eine Grenze, die die Sparkassen und Genossenschaftsbanken kaum betreffen wird. Weiterhin sind derivative Geschäfte nur zu Absicherungszwecken zugelassen (Zinsänderungs- und Adressenrisiken). Die konkrete Berechnung der NSFR wird nicht Gegenstand der CRD IV sein, lediglich die Einzelkomponenten der Kennzahl sind ab 2013 zu melden (ohne Anrechnungssätze).

In den nächsten Jahren wird es für Sparkassen und Genossenschaftsbanken vor dem Hintergrund künftiger Liquiditätsanforderungen unter anderem darum gehen, den Zähler und/oder Nenner der LCR zu optimieren. Für den Zähler ist die Asset-Management-Branche ein wichtiger Partner der regionalen Primärinstitute. Zum einen sind hier geschäftspolitische Maßnahmen vergleichsweise einfach und zeitnah einzuleiten, zum anderen wirken sich diese am stärksten auf die Kennzahl aus. Dabei ist es keine optimale Lösung, Staatsanleihen künftig direkt in den Eigenanlagen zu halten. Eine deutsche zehnjährige Staatsanleihe notiert unter der Swap-Kurve, die Refinanzierung für dieselbe Laufzeit liegt über der Swap-Kurve. Dieser Spread ist dann in der Bilanz erkennbar. Und auch hybride Mischfonds bleiben außen vor, da sie nicht 1:1 übernommen werden können.

Zudem differenziert die Aufsicht nicht zwischen Publikums- und Spezialfonds und greift damit den deutschen Sonderfall des Ein-Investor-Spezialfonds, bei dem der Investor de facto das gesamte Liquiditätsrisiko trägt, nicht adäquat auf.

Zusammenarbeit mit Investmentbanking

Demzufolge werden sich die Anlagerichtlinien institutioneller Fonds zukünftig verstärkt auch an den Liquiditätskennziffern orientieren (müssen). Aktiv gemanagte Staatsanleihen werden deutlich an Bedeutung gewinnen - zumal das Screening von Ländern und Staatsanleihen in den vergangenen Jahren deutlich anspruchsvoller geworden ist. So hat beispielsweise die Deka Investment bereits vor einigen Jahren den Investmentprozess des Rentenfondsmanagements auf die zunehmend heterogenen und komplexer werdenden Anforderungen ausgerichtet.

LCR-fähige Fonds sind frühestens Ende 2012 zu erwarten. Es gibt dort vielfältige Möglichkeiten: Entweder werden Fonds mit einer bestimmten Duration aufgelegt, die unter anderem auch zur Zinsbuchsteuerung genutzt werden können. Oder es werden sogenannte Laufzeitfonds mit Endfälligkeit emittiert. Diese Fonds werden dann Jahr für Jahr quasi fällig und können nach Bedarf gerollt beziehungsweise wieder angelegt werden. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Zusammenarbeit von Fondsmanagement und Investmentbanking künftig intensiviert wird. So könnten Derivate eine wichtige Lösungsoption sein, um Ertragseinbußen in LCR-konformen Fonds und Diversifikationsverluste in nicht LCR-konformen Fonds aufzuheben. Aber auch innerhalb der Fonds-Hülle ist der gezielte Einsatz von Derivaten zur Steuerung von Zins- und Adressrisiken im Rahmen der Derivateverordnung bereits weit fortgeschritten und wird im Kontext von Basel III ebenso alternative Lösungen der Fondsbranche unterstützen.

Ganzheitliche Vermögensverwaltung

Das Asset Management für Kreditinstitute wird durch die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen zwar deutlich beeinflusst, jedoch wird sich dadurch die Zusammenarbeit zwischen Kapitalanlagegesellschaften und Sparkassen sowie Genossenschaftsbanken nicht vollständig verändern. Die Übergangsfristen bieten hier einen ausreichenden zeitlichen Rahmen, um geschäftspolitische Maßnahmen rechtzeitig einleiten zu können, die nicht nur den regulatorischen Anforderungen genügen, sondern vor allem Ertrags- und Risikogesichtspunkten Rechnung tragen.

Die Asset-Management-Branche wird den Regionalbanken in Zukunft vor allem einen Mehrwert liefern, wenn sie sich nicht nur als reiner Fondsanbieter versteht, sondern als ganzheitlicher Vermögensverwalter agiert, der dem Treasury des Mandanten beratend zur Seite steht. Grundsätzlich bleiben die Argumente für ein Asset-Management-Mandat die gleichen: Nutzung von Diversifikationseffekten, Schonung von Risikokapital, Minimierung von Abschreibungsrisiken, gezielte Steuerung der Ausschüttungen, Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit. Ein Institut sollte aber immer individuell prüfen, ob die Anrechnung eines Investmentfonds als (hoch-)liquide Aktiva tatsächlich notwendig ist oder ob das nicht effizienter über die Direktanlage dargestellt werden kann.

Bestehende und zukünftige Konzepte der Fondsgesellschaften bieten im institutionellen Geschäft unabhängig von den genannten Vorteilen vielfältige Möglichkeiten, den anstehenden Anforderungen zu begegnen.

Fußnoten

1) Basel III: International framework for liquidity risk measurement, standards and monitoring (bcbs 188) und Basel III: A global regulatory framework for more resilient banks and banking systems (bcbs 189).

2) Kapitaladäquanzrichtlinie (Capital Requirement Directive, CRD IV).

3) Verordnung über die Liquidität der Institute (Liquiditätsverordnung - LiqV) vom 14. 12. 2006.

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