Gespräch des Tages

Deutsche Bank - Schnell verblasster Glanz

Sie sind angetreten, um dieser Bank eine neues Gesicht zu geben. Sie wollten eine Bank schaffen, in der Legitimität vor Legalität geht, die nicht mehr von kaltem Kapitalismus und Profitstreben geprägt ist, die sich in der Mitte der Gesellschaft bewegt, die sich durch eine maßvolle Leistungskultur auszeichnet, echten Unternehmergeist beweist und durch kulturelle Vielfalt Vorbild für andere ist. Es waren große Ziele, mit denen Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Deutsche Bank übernommen haben. Aufbruchstimmung sollte innen erzeugt werden, eine besseres Image außen. Das war vor gut einem halben Jahr. Was ist heute noch davon geblieben?

"Vorenthaltung von Akten - Deutsche Bank provoziert Ermittler". "Gericht in Italien verurteilt Deutsche Bank wegen schweren Betrugs". "Großrazzia bei Deutscher Bank". "Ermittlungen erreichen Vorstand der Deutschen Bank". "Deutsche Bank muss Schadenersatz an Kirch-Erben leisten". "Bilanztrickserei bei der Deutschen Bank?" "Gewinnwarnung: Deutsche Bank verschreckt Anleger". Beinahe täglich macht Deutschlands größte und mächtigste Bank seit Wochen Negativschlagzeilen. All das zeigt, dass die beiden neuen Chefs auf dem langen Weg des Umbaus und der Neuausrichtung noch nicht wirklich weit vorangekommen sind. Natürlich sind viele der Widrigkeiten Schatten der Vergangenheit. Aber diese Vergangenheit ist eben auch die Vergangenheit von Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Anshu Jain beispielsweise verantwortet in den vergangenen Jahren als Chef des Investmentbanking sehr viel von dem, das sich heute in der Kritik, wenn nicht gar im Mittelpunkt von staatsan waltschaftlichen Ermittlungen befindet. Nicht jeder nimmt den beiden daher eine unvoreingenommene Sicht der Dinge und eine zweifelsfreie Rolle ab.

Bleiben aber noch die Dinge, die nun wirklich in der Hand der beiden Vorstandsvorsitzenden liegen. Die moderat klingenden, aber durchaus ambitionierten Gewinnziele sorgen in der Belegschaft für Unruhe, gehen sie doch mit massiven Einsparungen einher. Mehr Mitarbeiter als bislang nach außen angekündigt sollen ihren Job verlieren. Ist das nötig, wird gefragt? Warum verzichtet man nicht auf eine halbe Milliarde Gewinn und sichert damit Arbeitsplätze? Und kann man Deutschlands größtem Geldhaus wirklich glauben, dass es weniger ertragsorientiert und nachhaltiger agieren möchte, wenn entgegen dem allgemeinen Trend bei Dax- und sonstigen größeren Unternehmen der Zinsfuß für die Pensionsverpflichtungen nicht gesenkt wird, um die daraus resultierenden Belastungen sofort zu verarbeiten? Im Gegenteil: Die Deutsche Bank hat ihn 2012 von 4 auf 4,7 Prozent erhöht, was ihr Berechnungen von Experten zufolge pro Quartal rund 300 Millionen Euro einspart beziehungsweise zusätzlichen Ertrag bringt - zulasten späterer Generationen versteht sich. Es rumort ob der Handlungen der beiden Vorstandschefs und der Schlagzeilen. Der erfahrene Jürgen Fitschen hat das gespürt und die Mitarbeiter spontan zu einer Town Hall zusammengerufen. Man könne weiterhin stolz sein, für die Deutsche Bank arbeiten zu dürfen, war die Botschaft. Nun ja.

All das wirft aber auch die Frage hinsichtlich der Regierbarkeit eines Gebildes von der Größe der Deutschen Bank auf. Sowohl das Römische Reich als auch das Reich Alexanders des Großen gingen irgendwann unter, weil sie nicht mehr zu steuern und damit nicht mehr zu kontrollieren waren. Daimler scheiterte wegen der Komplexität und Größe am Aufbau eines automobilen Weltkonzerns mit Chrysler. All das wissen sicherlich auch Jain und Fitschen, aber sie müssen den Worten nun Taten folgen lassen und ein verlässliches System aus Haftung und Kontrolle in der Bank verankern. Zunächst ist ihr Glanz ziemlich schnell verblasst. Aber frei nach dem Vorbild aus der Formel 1 darf man gewisse Hoffnung machen: Auch hier ist für die wirklich guten Teams nach einem missglückten Start noch ein gutes Rennen mit einer Top-Platzierung zu erreichen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X