Aufsätze

Finanzierung Transeuropäischer Netze - die Rolle der Europäischen Investitionsbank

Als Bank der Europäischen Union ist es Aufgabe der Europäischen Investitionsbank (EIB), die Finanzierung vorrangiger Ziele in der Union mit Hilfe von Darlehen zu gewährleisten. Die Bank stellt langfristige Darlehen für Projekte bereit, die sinnvoll, wirtschaftlich tragfähig und technisch machbar sind sowie den Zielen der EU entsprechen. Die Projekte decken dabei ein breites sektorales Spektrum ab. Schwerpunkte sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Forschung, Entwicklung und Innovation, der Energiesektor - vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien, aber genauso bei der Gewährleistung einer sicheren und wettbewerbsfähigen Energieversorgung - sowie die strategische Infrastruktur.

Kapitalerhöhung als Signal

Die EIB genießt das Vertrauen ihrer Anteilseigner, der EU-Mitgliedstaaten. Mit beeindruckender Geschlossenheit hat dies die im vergangenen Jahr verabschiedete Kapitalerhöhung bewiesen. Die EU-Staaten erhöhten das Eigenkapital der EIB um zehn Milliarden Euro an eingezahltem Kapital - ein Signal, das angesichts der sehr angespannten Haushaltslage in vielen Mitgliedstaaten nicht hoch genug geschätzt werden kann. Der Vertrauensbeweis geht mit großen Erwartungen einher: Die Bank ist gefordert, ihre Darlehensvergabe in den EU-Mitgliedstaaten im laufenden Jahr sowie den kommenden zwei Jahren um insgesamt 60 Milliarden Euro auszuweiten. Das Gesamtvolumen der zwischen 2013 und 2015 herausgelegten Kredite wird dann bei rund 200 Milliarden Euro liegen. Mit einer Bilanzsumme von 508 Milliarden Euro ist die EIB schon heute die größte multilaterale Förderbank der Welt. War die Bank lange Zeit vor allem ein Finanzierungspartner für die öffentliche Hand, verteilt sich heute der Anteil von öffentlichen und privaten Darlehensnehmern fast paritätisch. Etwa 46 Prozent der von der EIB finanzierten Projekte werden vom öffentlichen Sektor betrieben, 36 Prozent der Projekte fallen in die Verantwortung privater Unternehmen. Die verbleibenden Projekte verteilen sich etwa auf ÖPP, Öffentlich-Private Partnerschaften, oder Projektgesellschaften sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors. Dabei stellt die Bank Darlehen zur Verfügung, deren Laufzeiten bei Industrievorhaben zwischen fünf und zwölf Jahren betragen.

Handelt es sich um Infrastruktur- und Energieprojekte, liegen die Laufzeiten zwischen 15 und 25 Jahren, in einzelnen Fällen können sie sogar 30 oder auch 40 Jahre erreichen. Die EIB kann bis zu 50 Prozent der gesamten Investitionen finanzieren, in der Regel liegt der Anteil der Bank bei 30 Prozent.

Aktivitäten im Bereich der Infrastruktur

Die Darlehen der EIB ergänzen somit die Eigenmittel des Investors und Finanzierungen aus anderen Quellen. Zu den Vorteilen eines EIB-Darlehens gehören die wettbewerbsfähigen Konditionen. Denn dank ihrer ausgezeichneten Bonität - Moody's, Fitch und Standard & Poor's bestätigen der EIB weiterhin die Bestnote Triple-A - genießt die EIB das Vertrauen internationaler Investoren und kann sich ihrerseits zu günstigen Bedingungen an den Kapitalmärkten refinanzieren. Diese Konditionen gibt sie wiederum an ihre Darlehensnehmer weiter. Neben der klassischen Darlehensvergabe ergänzen seit einigen Jahren weitere Leistungen das Portfolio der EIB: Dazu gehören die Kombination von EIB-Darlehen mit Mitteln aus dem EU-Budget (blending) und die Bereitstellung umfassender finanzieller und technischer Beratungsleistungen (advising).

Langfristige Finanzierungen und hohe Investitionsvolumina sind gerade für den Verkehrs- und Infrastrukturbereich von entscheidender Bedeutung. Seit ihrer Gründung im Jahr 1958 gehört dieser Sektor deshalb zu den zentralen Finanzierungsschwerpunkten der EIB. Mit einem bisherigen Gesamtvolumen von 243 Milliarden Euro an Darlehen stellt er den bei Weitem umfangreichsten Tätigkeitsbereich der Bank dar. Das spiegelt die herausragende Rolle dieses Sektors für den gemeinsamen Markt der EU wider: Ein integriertes, intermodales und technologiebasiertes Verkehrssystem, das sowohl nutzer- als auch umweltfreundlich ist, trägt entscheidend zur Wettbewerbsfähigkeit der EU und damit zu Wachstum und Beschäftigung in der Union bei. Es verbindet die Mitgliedstaaten untereinander und die EU mit ihren Nachbarn, es ermöglicht den freien Personen- und Warenverkehr und somit die wirtschaftliche und soziale Integration der Union. Europas Infrastruktur ist zentral für den europäischen Binnenmarkt.

Die Transeuropäischen Netze

Seit 1993 sind die Transeuropäischen Netze (TEN) Teil der EU-Politik. Die derzeit 30 vorrangigen TEN-Projekte beinhalten sowohl Vorhaben im Verkehrs- als auch im Energiesektor. Mit insgesamt 21 Projekten steht der Eisenbahnverkehr klar im Vordergrund, die weiteren Projekte verteilen sich auf Vorhaben im Straßenbereich, auf Häfen und Binnenschifffahrt sowie Flughäfen. Der Ausbau der TEN wird durch EU-Zuschüsse sowie durch Darlehen der EIB unterstützt. Zu den EU-Instrumenten, die für TEN zur Verfügung stehen, gehören die TEN-Haushaltslinie sowie die Struktur- und Kohäsionsfonds, die Hauptinstrumente der EU zur Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den Mitgliedstaaten.

Nach Schätzungen der Europäischen Kommission müssen bis 2020 zwei Billionen Euro für den Ausbau der Verkehrsnetze (TEN-V), der Energienetze (TEN-E) und der Informations- und Kommunikationsnetze (IKT) in der EU aufgebracht werden. Während in den "alten" Mitgliedstaaten (EU-12) ein erheblicher Teil der bestehenden Anlagen modernisiert werden muss, besteht in den "neuen" Mitgliedstaaten (EU-15) weiterhin Bedarf am Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.

Die öffentliche Hand - jahrzehntelang selbstverständlicher Finanzierer von Infrastrukturmaßnahmen - ist aufgrund von Finanz- und Staatsschuldenkrise sowie der in der Folge installierten Schuldenbremsen massiv unter Druck geraten. Entsprechend hat die Bedeutung privater Finanzierungsmittel für Infrastrukturinvestitionen kontinuierlich zugenommen. Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) gehören zu den schon seit Längerem etablierten Formen bei der Projektrealisierung. Hier kooperieren öffentliche Auftraggeber und private Unternehmen oder Investoren bei Finanzierung, Planung, Errichtung und Instandhaltung von Infrastrukturprojekten.

Die EIB verfügt über umfangreiche Fachkenntnisse und Erfahrungen im Bereich ÖPP-Finanzierungen. Sie hat das Europäische ÖPP-Kompetenzzentrum (EPEC - European PPP Expertise Centre) mitgegründet. Dieses Netzwerk umfasst 39 Mitglieder, darunter die EIB und die Europäische Kommission, EU-Mitgliedstaaten sowie viele Regionen. Das EPEC fördert den effizienten Austausch von Erfahrung und Fachwissen und unterstützt und berät öffentliche Träger von ÖPP-Verkehrsprojekten.

Darüber hinaus verfügt die EIB über eine Bandbreite von Finanzinstrumenten, die sie für den Verkehrssektor bereitstellt: von herkömmlichen besicherten oder unbesicherten vorrangigen Darlehen über Eigenkapitalbeteiligungen bis hin zu Infrastrukturfonds, in die die EIB investiert. Hierzu zählen auch das Kreditgarantieinstrument für TEN-Verkehrsprojekte (LGTT) sowie in jüngster Zeit auch die sogenannten EU-Projektanleihen.

Instrument zur Kreditgarantie: LGTT

LGTT steht für Loan Guarantee Instrument for Trans-European Transport Network Projects (Kreditgarantieinstrument für TEN-Verkehrsprojekte). Dieses Instrument wurde gemeinsam von Europäischer Kommission und EIB entwickelt und eingeführt. Ziel ist, die Beteiligung der Privatwirtschaft an der Finanzierung der Transeuropäischen Verkehrsnetze zu erleichtern, indem das Risikoprofil vorrangiger Darlehensgeber erheblich verbessert wird. Das Instrument erleichtert die Beteiligung des Privatsektors an wichtigen europäischen Verkehrsinfrastrukturen, für die es oft aufgrund der mit dem Verkehrsaufkommen verbundenen Risiken vor allem in der anfänglichen Betriebsphase der Projektanlagen schwierig ist, Finanzierungsmittel der Privatwirtschaft zu mobilisieren. Durch das LGTT werden vorrangige Fremdmittel in der Regel bis zu zehn Prozent (in Ausnahmefällen bis zu 20 Prozent) besichert. Die Kapazität eines Vorhabens, auch Verkehrsaufkommen zu überstehen, die niedriger ausfallen als erwartet, lässt sich so beträchtlich verbessern. In Einklang mit den Vorschriften der EIB im Rahmen der Fazilität für strukturierte Finanzierungen gilt dabei pro Vorhaben eine Obergrenze von 200 Millionen Euro.

Ist die EIB Gläubiger eines Vorhabens, sind die im Rahmen des LGTT fälligen Beträge gegenüber anderen Verbindlichkeiten nachrangig. Diese Einschaltung der Bank bewirkt eine erhebliche Verbesserung der Kreditqualität, wodurch für die vorrangigen Darlehen niedrigere Risikoaufschläge für das Projekt erhoben werden. Die resultierenden Einsparungen dürften höher sein als die Kosten der Garantie für den Darlehensnehmer. Die Garantie wird für fünf bis sieben Jahre ab Projektfertigstellung gewährt. Die EIB und die Europäische Kommission haben gemeinsam eine Milliarde Euro bereitgestellt, sodass Garantien für vorrangige Darlehen von bis zu 20 Milliarden Euro gestellt werden können.

EU-Initiative für Projektanleihen

Wie kann der enorme Bedarf an Investitionen in Infrastrukturprojekte gedeckt werden, ohne den Anteil der direkten öffentlichen Finanzierung und damit die öffentliche Verschuldung zu erhöhen? Der Weg führt über eine stärkere Einbindung des privaten Finanzsektors. Dieses Ziel verfolgt auch das neue Instrument der EU-Projektanleihen. Sie sind nicht mit den oft diskutierten "Euro-Bonds" zu verwechseln, die auf eine Vergemeinschaftung der Schulden in der Eurozone zielen. Bei EU-Projektanleihen geht es vielmehr darum, Kapitalmarktmittel für große Verkehrsprojekte im Bereich der Transeuropäischen Netze sowie der Energie- und Breitbandtelekommunikationsprojekte zu mobilisieren. Die Initiative soll es Projektträgern im Infrastruktursektor ermöglichen, mehr Mittel von institutionellen Geldgebern wie Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds zu erhalten. Dabei sind es die Projektgesellschaften, die die Anleihen begeben, nicht die EIB oder die Mitgliedstaaten.

Kapitalmarktemissionen stellten in der Vergangenheit eine wichtige Finanzierungsquelle für Infrastrukturprojekte. Sogenannte Monoliner versicherten dabei das Risiko der vorrangigen Gläubiger in vollem Umfang. Seit der Finanzkrise haben diese Kreditversicherer jedoch nur noch sehr wenige neue Emissionen abgesichert. Gleichzeitig haben die Staatsschuldenkrise und der Druck durch höhere Eigenkapitalforderungen (Basel II und III) auf die Bilanzen von Banken andere Quellen von langfristigen Finanzierungen für Infrastrukturprojekte eingeschränkt. Hier setzt die EU-Initiative für Projektanleihen an. Projektträger im Infrastruktursektor sollen mithilfe von Projektanleihen mehr Mittel von institutionellen Investoren erhalten. Nachdem die Initiative offiziell Ende vergangenen Jahres an den Start gegangen ist, wird ihre Markttauglichkeit zurzeit in einer Pilotphase getestet. Bewährt sich das Instrument am Markt, soll es im kommenden mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2014 bis 2020 stärker berücksichtigt werden.

Zentraler Aspekt der gemeinsam von EU-Kommission und EIB verantworteten Projektanleihen ist dabei die Verbesserung der Bonität vorrangiger Anleihen, die von Projektgesellschaften zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten begeben werden. Die erhöhte Bonität der Anleihen soll deren Platzierung bei institutionellen Anlegern ermöglichen. Aufgabe der EIB ist es, die Qualität der Projektfinanzierung zu verbessern, indem sie ein Nachrangdarlehen oder eine vorsorgliche Kreditlinie gewährt. In der Regel werden der Bau, die Finanzierung und der Betrieb der Infrastruktureinrichtungen über Öffentlich-Private Partnerschaften durchgeführt.

Auswahl - Prüfung - Überwachung

Für die Testphase werden ungenutzte 230 Millionen Euro aus EU-Haushaltsmitteln für bestehende Programme eingesetzt: 200 Millionen Euro für transeuropäische Verkehrsnetze, zehn Millionen Euro für transeuropäische Energienetze und 20 Millionen Euro für schnelle Breitbandnetze. Auf Basis der 230 Millionen Euro dürfte die EIB letztlich mehr als vier Milliarden Euro für Infrastrukturvorhaben in den drei Sektoren mobilisieren können. Während die EU-Kommission die Förderkrite rien für die Sektoren festlegt und der EIB das erforderliche Kapital zur Verbesserung der Qualität der Projektanleihen zur Verfügung stellt, wird die EIB die Projekte in Einklang mit ihren hohen Standards auswählen und genau prüfen. Sie wird das Instrument zur Bonitätsverbesserung strukturieren und eine Vergütung dafür festsetzen. Schließlich kommt ihr die Aufgabe zu, die Umsetzung der Projekte zu überwachen. Gegenwärtig entscheidet die Bank über erste Vorhaben im Rahmen der Pilotphase.

Strategische Infrastruktur für mehr Wachstum in Europa

EU-Projektanleihen gehören zu den Finanzinstrumenten, die in der Fazilität "Connecting Europe" (CEF) vorgesehen sind, die Bestandteil der Strategie Europa 2020 ist. Diese in der nächsten Haushaltsperiode der Europäischen Kommission vorgesehene Fazilität soll helfen, Infrastrukturfinanzierungen langfristig auf eine solide Grundlage zu stellen. Energie-, Verkehrs- und Telekommunikationsprojekte sollen zügig und effektiv entwickelt und umgesetzt werden. Die CEF könnte darüber hinaus auch einen Rahmen bieten, um bei der Finanzierung von Projekten - bei geeigneter Strukturierung - EU-Mittel (wie beispielsweise aus den Strukturfonds) mit Projektanleihen zu kombinieren.

Dank der Kapitalerhöhung wird die EIB ihre Kreditvergabe in den Jahren 2013 bis 2015 um zusätzliche 60 Milliarden Euro ausweiten. Davon werden bis zu 15 Milliarden Euro für den Schwerpunkt "Strategische Infrastruktur in der EU" bereitstehen. Dieser umfasst den Auf- und Ausbau moderner Breitbandnetze sowie die zügige Umstellung der Kommunikationsinfrastruktur in der EU auf Hochgeschwindigkeits-Breitbandtechnologie.

Weiterhin gehören dazu die grenzüberschreitende Infrastruktur zur Energieübertragung sowie der umfassende Ausbau der Verkehrsnetze. Bestehende Lücken sollen geschlossen und intermodale Verbindungen gefördert werden. Für die weitere Integration der EU leisten die Transeuropäischen Netze einen entscheidenden Beitrag. Das gilt für den europäischen Binnenmarkt genauso wie für die Entwicklung benachteiligter Regionen in der EU. Heute gilt dies aber umso mehr auch, wenn es darum geht, die für Europa so dringend erforderlichen Wachstumsimpulse zu schaffen.

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