Aufsätze

Das internationale Firmenkundengeschäft der Sparkassen

Das Erfolgsmodell der deutschen Wirtschaft basiert auf mehreren Säulen. Eine der wichtigsten ist die Exportstärke der deutschen Wirtschaft, die in diesen Tagen aufgrund ihrer Leistungsbilanzüberschüsse von verschiedenen Seiten zum Teil heftig kritisiert wird. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle: Die Exportstärke ist ein Ausdruck der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit vieler deutscher kleiner und großer Exporteure, also einzelwirtschaftlicher Erfolge und kein Ergebnis planwirtschaftlichen Verhaltens. Die Exportkraft der deutschen Wirtschaft ist dabei schon seit Langem nicht alleine auf den Erfolg nur von Großunternehmen zurückzuführen. Das Erfolgsmodell der mittelständischen sogenannten "Hidden Champions" steht hierfür Pate. Je stärker im Rahmen der fortschreitenden Globalisierung mittelständische Unternehmen ins Ausland expandieren, desto größer wird die Herausforderung für die Sparkassen als regionale Institute, hierauf zu reagieren.

Die Globalisierung als Motor der Wirtschaft

Vor etwa 50 Jahren gab es weltweit im Wesentlichen zwei große Handelsräume: Europa und Nordamerika. Asien spielte seinerzeit noch eine untergeordnete Rolle; gleiches galt für Lateinamerika. Der Anteil der Exporte betrug entsprechend weltweit weniger als zehn Prozent des globalen Bruttoinlandproduktes (BIP).

50 Jahre später hat sich dieses Bild stark verändert. Zwar sind Europa und Nordamerika noch bedeutende Wirtschaftsräume, aber ihre Vormachtstellung wird längst von anderen streitig gemacht. So ist Asien heute einer der führenden Wirtschaftsräume in der Welt. Die Exporte von Asien nach Europa haben sich in den letzten 50 Jahren um das vierhundertfache vermehrt. Damit stieg aber nicht nur der interregionale Handel an, auch der intraregionale Handel weist starke Zuwächse auf. Wie wichtig eine politische Integration mit einem grundlegenden Freihandelsverständnis ist, zeigt übrigens die Entwicklung Europas: Der innereuropäische Handel hat sich in dem Zeitraum mehr als vertausendfacht. Die Exporte sind heute eine treibende wirtschaftliche Kraft: Sie machen heute mehr als 20 Prozent des weltweiten BIP aus. In den Fokus der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung rücken dabei immer neue Länder. Wurden bislang vor allem die "BRIC-Staaten" (Brasilien, Russland, Indien, China) betrachtet, prägen sich wieder neue Begrifflichkeiten in Form der "Next-11" und der MIST-Staaten (Mexiko, Indonesien, Südkorea, Türkei). Begriffspräger ist der "Globalisierungspapst" Jim O'Neill von Goldman Sachs.

Der zunehmende Welthandel ist dabei nicht nur ein Resultat der ständigen Integration neuer Länder als Produktionsstandorte und Absatzmärkte in den Handel, sondern auch Resultat einer Verringerung der Wertschöpfungstiefe in den Unternehmen und damit einer Verlagerung von Teilen der Wertschöpfungskette auf andere Unternehmen und in andere Länder.

Gewinner und Verlierer

Der Trend der Globalisierung scheint unumkehrbar. Die Frage ist lediglich, in welcher Stärke sie voranschreitet, wer die Gewinner und wer die Verlierer sind. Eine sehr optimistische Prognose zeichnete unlängst die global agierende Bank HSBC. In einer von ihr und Oxford Economics erstellten Studie ist von einer Vervierfachung des Welthandels bis zum Jahr 2030 die Rede.

Als ein Gewinner der Globalisierung hat sich bislang die deutsche Wirtschaft gezeigt. Sollte sie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht in unerwarteter Weise einbüßen, wird sich hieran auch in absehbarer Zeit nichts ändern; auch wenn der politische Druck auf Deutschland hinsichtlich ihrer damit verbundenen dauerhaften Leistungsbilanzüberschüsse gestiegen ist. Eng involviert in die Globalisierung ist auch der deutsche Mittelstand. Er sucht selber seine Chancen in neuen Absatzmärkten - sprichwörtlich sind die Hidden Champions. Insbesondere durch ihre Rolle als Zulieferer in Wertschöpfungsketten nutzen sie auch verstärkt ausländische Märkte als Produktionsstandorte. Letzteres erfolgt oft auch als regionaler Zulieferer großer Konzerne. Am deutschen Exportvolumen machen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro bereits fast 30 Prozent aus.

Internationalität des Mittelstands

Seit der Finanzkrise hat sich das Geschäftsmodell vieler Banken wieder grundlegend geändert. War früher Investment Banking das Gebot der Stunde, so ist es heute wieder eine stärkere Ausrichtung auf die Begleitung der Realwirtschaft. Der Mittelstand steht dabei wieder im Fokus. Es gibt zurzeit kaum eine Bank, die nicht mittelständische Unternehmen als ihre Zielgruppe definiert hat. Allen voran ist die Commerzbank zu nennen. Der Konzernteil "Mittelstandsbank" fällt im Moment nicht nur durch ihre Werbung, sondern auch durch einen sehr offensiven Marktantritt auf. Auch wenn die wirtschaftlichen Kennzahlen in diesem Jahr nicht mehr so gut sind wie in den vergangenen Jahren, ist die Mittelstandsbank der erfolgreichste Konzernteil der Commerzbank.

Auch die Deutsche Bank hat zuletzt immer wieder betont, dass sie Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 2,5 Millionen Euro als Zielkundschaft definiert. Abgerundet wird das wettbewerbsintensive Marktumfeld im Mittelstand durch diverse Auslandsbanken, die den deutschen Markt für sich wiederentdecken.

Die Sparkassen sind in Deutschland der Hauptfinanzierer des Mittelstands. 40 Prozent der mittelständischen Unternehmen bezeichnen die Sparkassen als ihre erste Hausbank. Wettbewerber, die im Mittelstand wachsen wollen, werden dies im Wesentlichen nur zulasten der Sparkassen tun können. Am leichtesten wird ihnen das dort gelingen, wo sie sich zumindest in der subjektiven Wahrnehmung der Kunden in ihrer Leistungsfähigkeit von den Sparkassen abheben. Die internationale Kompetenz und Ausrichtung ist hier besonders zu nennen. Um dieses latente Einfallstor dauerhaft zu schließen, ist eine aktive Firmenkundenbetreuung im internationalen Geschäft daher zu einem Muss im Angebot der Sparkassen geworden. Auslandsgeschäft im Sinne eines internationalen Firmenkundengeschäfts ist längst kein "nice to have" mehr, es ist ein "must".

Eine erfolgreiche Kundenbetreuung fängt auch im internationalen Geschäft zu Hause in der Region an. Mittelständische Kunden, für die die finanztechnische Abwicklung des Auslandsgeschäfts nicht ihr tägliches Brot ist, schätzen die räumliche Nähe ihrer Hausbanken. Nach wie vor ist dies ein komparativer Vorteil der Sparkassen - auch im Auslandsgeschäft. Die Sparkassen dürften bundesweit in den Regionen beispielsweise die größten Kapazitäten für das beratungsintensive Dokumentengeschäft vorhalten.

1. Begleitung im kommerziellen Auslandsgeschäft: Sparkassen, die für eine eigenständige Betreuung im Auslandsgeschäft zu klein sind, nutzen verstärkt die Option, regional sparkassenübergreifend in sogenannten Kompetenzcentern (S-International) zusammenzuarbeiten. Ob Auslandsabteilung oder sparkassenübergreifende Kooperationen, entscheidend ist das enge Zusammenspiel zwischen Firmenkundenbetreuer der Sparkassen und den Auslandsfachberatern der Institute beziehungsweise der Kompetenzcenter als "Spezialisten". Die Spezialisteneinbindung ist somit ein Kernelement der Konzepte der Sparkassen-Finanzgruppe in der Firmenkundenbetreuung. Die entsprechenden Finanzkonzepte zur Führung strukturierter Beratungsgespräche berücksichtigen somit explizit das internationale Geschäft zur Ersterkennung durch den Firmenkundenbetreuer.

Die Kundenbedürfnisse im internationalen Geschäft sind vielfältig. Sie umfassen verschiedene Beratungsleistungen, die mit den ersten Überlegungen zu Markterschließungen beginnen und zum Beispiel mit der Abwicklung oder der Finanzierung der Transaktionen schließen. Die Sparkassen sind somit im Idealfall sowohl in der pre-sale, als auch der sale und after-sale-Phase des Grundgeschäfts eng eingebunden.

Abwicklung der Zahlungstransaktionen und Risikoabsicherung

Neben reinen Beratungsleistungen sind insbesondere die Abwicklung der Zahlungstransaktionen ebenso erforderlich wie unter Umständen deren Finanzierung und die Absicherung diverser Risiken, die im Auslandsgeschäft vielfältiger sind als bei reinen auf das Inland bezogenen Geschäften. Dies gilt insbesondere für das sogenannte Länderrisiko, also ein in der Zahlungswilligkeit und -fähigkeit des Schuldnerlandes begründetes Risiko. Bedeutsam ist zudem das Managen von Währungsrisiken.

Viele Sparkassen, insbesondere diejenigen, die aufgrund ihrer Größe keinen eigenen Swift-Anschluss besitzen und auch nicht mit Auslandsbanken im Sinne eines Correspondent Banking zusammenarbeiten, nutzen für die Abwicklung ihres Auslandsgeschäfts die Verbundzusammenarbeit mit den Landesbanken. Um die Kunden der Sparkassen-Finanzgruppe weltweit betreuen zu können, ist die Sparkassen-Finanzgruppe durch ihre Landesbanken in 28 Ländern mit 53 Standorten vertreten. Zu vielen Banken weltweit werden Kontoverbindungen unterhalten, damit Zahlungen und Dokumentengeschäftsabwicklungen schnell und zielgenau abgewickelt werden können.

2. Begleitung der Kunden in das und im Ausland: Seitdem deutsche mittelständische Unternehmen nicht nur im Import- und Exportgeschäft tätig sind, sondern auch direkt im Ausland investieren, hat sich ihr Anforderungsprofil an die Kreditwirtschaft noch einmal verändert. Auch wenn bisher nur drei Prozent der mittelständischen Unternehmen im nennenswerten Umfang direkt im Ausland investieren, erwarten gerade diese Kunden somit unmittelbare Dienstleistungen der begleitenden Banken und Sparkassen vor Ort im Ausland.

Internationales Netzwerk

Die Sparkassen begleiten diesen Schritt in der Entwicklung der Unternehmen, indem sie die lokale Betreuung am Stammsitz in Deutschland mit der globalen Reichweite ihres Netzwerkes, das sich auf über 100 Länder erstreckt, verbindet. Es stützt sich auf spezialisierte Einrichtungen und Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe im In- und Ausland ebenso wie auf ausgewählte Partnerinstitute in den wichtigsten Zielmärkten des deutschen Mittelstands. Unter der Bezeichnung "S-Country-Desk" stellen die Sparkassen dieses internationale Netzwerk in den Dienst ihrer Kunden.

Die Sparkasse vor Ort kann ihren Firmenkunden über den S-Country-Desk Bankbegleitung, Know-how und persönliche Betreuung vermitteln. Gegründet wurde der S-Country-Desk vor etwa zehn Jahren durch die deutschen 25 größten Sparkassen. Mitgetragen wird er inzwischen unter anderem auch von den Landesbanken, der Deutschen Leasing und der Deutschen Factoringbank. Die Betreuung eines Landes obliegt dabei einer ausgewählten großen Sparkasse oder einer Landesbank, die diese Dienstleistung damit für alle anderen Institute der Sparkassen-Finanzgruppe erbringt. Das Leistungsspektrum des S-Country-Desk umfasst:

- Kontoeröffnungen in fast allen Ländern der Welt.

- Liquiditäts- und Debitorenmanagement und internationale Finanzierungsangebote sowie Absatz- und Investitionsfinanzierung.

- Kreditwirtschaftliche Betreuung am Zielstandort durch ausgewählte Partnerinstitute.

- Regelmäßig aktualisierte Länderinformationen und Außenwirtschaftsinformationen sowie individuelle Außenmarktrecherchen.

- Standortberatung und Ansiedlungshilfen, zum Beispiel fertige Büroflächen für einen einfachen und schnellen Markteinstieg sowie Unterstützung bei der Suche nach Kooperationspartnern vor Ort.

- Hilfestellung bei der Markterschließung auch außerhalb der wirtschaftlichen und politischen Zentren.

Zusammenarbeit mit ausländischen Banken vor Ort

Ergänzt wird das eigene Netz der Auslandsstützpunkte der Landesbanken durch ein engmaschiges Netz der Zusammenarbeit mit ausländischen Banken vor Ort - zum Teil bestehen Kooperationsvereinbarungen, wie zum Beispiel mit der Ersten Bank Gruppe für die Betreuung der Kunden in Österreich und in Osteuropa.

Der S-Country-Desk legt bei der Auswahl der Partnerbanken großen Wert darauf, dass sie ähnlich wie die deutschen Sparkassen mittelständisches Geschäft als Kerngeschäftsfeld betrachten und in der Fläche präsent sind, denn mittelständische Unternehmen wählen ihre Produktions- und Verkaufsstandorte nicht unbedingt nach den Finanzzentren eines Landes aus. Da es sich vielfach um lokale Banken handelt, besteht nicht die Gefahr, dass sie morgen Wettbewerber der Sparkassen am heimischen Markt werden.

Ein wichtiger Partner der Sparkassen, ihre Kunden international zu begleiten, ist die Deutsche Leasing. Von der Begleitung von Direktinvestitionen bis zu durchdachten Lösungen für die Absatzfinanzierung, vom klassischen Finance Lease bis zu individuellen Konzepten mit Integration von Fördermitteln bietet die Deutsche Leasing in 23 Ländern ein umfassendes Leistungsangebot für deutsche Unternehmen im Bereich Asset Finance. Einen Mehrwert erbringt sie zusätzlich dadurch, dass sie in den Ländern mit eigenen Stützpunkten vertreten ist.

Eine Dienstleistung der besonderen Art bieten die sogenannten German Centres den mittelständischen Kunden. Die im Wesentlichen von der LBBW und Bayern-LB getragenen Einrichtungen in den Emerging Markets stehen unter dem Motto "ein Dach über dem Kopf und einen großen Erfahrungsschatz vor Ort". Fertige Büroinfrastrukturen stellen die German Centres ihren Kunden zur Verfügung. Das Centre-Management vermittelt zudem auch Kontakte zu möglichen Geschäftspartnern und Unternehmen in den Regionen. German Centres gibt es bereits in Beijing, Shanghai, Singapur, Jakarta, Mexiko-Stadt, sowie in Gurgaon bei Delhi.

Weitere wichtige Partner für S-Country Desk und den Sparkassen sind die Deutsche Factoringbank in Bremen, das Deutsch-Polnische Kooperationsbüro mit Sitz in Frankfurt/Oder und Warschau und der beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband ansässige Europa Service. Da die Sparkassen-Finanzgruppe die größte Kundenbasis im Mittelstandsgeschäft hat, hat sie eine gute Ausgangsposition in diesem zunehmend kompetitiveren Umfeld, gleichzeitig bieten sie damit auch die größte Angriffsfläche.

Kundenbindende Funktion für die gesamte Kundenbeziehung

Für die Sparkassen ist die Internationalisierung des Mittelstands somit eine große Herausforderung. Es wird in Zukunft im Firmenkundengeschäft immer weniger möglich sein, in der Kundenbetreuung "das Inland zu kennen und das Ausland auszublenden". Dies ist nicht nur eine Herausforderung für den einzelnen Firmenkundenbetreuer, diese Betrachtung muss eingebettet sein in die grundsätzliche Firmenkundenstrategie.

Kompetenz im internationalen Geschäft wird immer mehr zu einem Wettbewerbsfaktor im Firmenkundengeschäft. Kompetenz vorzuhalten hat somit nicht nur einen originären Ertragsgesichtspunkt im Auslandsgeschäft, sondern hat eine wichtige kundenbindende Funktion für die gesamte Kundenbeziehung.

Auch wenn die Landesbanken in den letzten Jahren einen Teil ihrer Auslandsstützpunkte aus verschiedenen Gründen haben aufgeben müssen, so verfügt die Sparkassen-Finanzgruppe insgesamt doch über eine gute Ausgangslage, ihre Kunden weltweit bei ihren Aktivitäten begleiten zu können. Hierbei hilft auch, dass das Auslandsgeschäft - gemeint ist das internationale Geschäft mit deutschen Kunden und nicht das Vor-Ort-Geschäft mit ausländischen Kunden ohne Deutschlandbezug - bei einigen Landesbanken wieder eine Renaissance erlebt. Ein Erfolgsfaktor für die Sparkassen-Finanzgruppe wird sein, inwieweit es ihr gelingt, kompetente Vor-Ort-Betreuung in den Sparkassen mit der internationalen Ausrichtung ihrer Verbundpartner und Partnerinstituten zu verbinden. Ein geschlossenerer Auftritt im Ausland insbesondere der Landesbanken würde ihr hierbei insgesamt weiterhelfen. So wie die mittelständischen Unternehmen in Deutschland Gewinner der Globalisierung sind, so können auch die Sparkassen als lokale und regionale Banken und Finanzierer des Mittelstands ihre Marktposition durch den Megatrend der Globalisierung stärken.

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