"Die Jungs haben ein Lagerfeuer im Wohnzimmer gemacht!", seufzte Edith Haart vor Jahren. Einer dieser Jungs war Johannes Haart (Jahrgang 1983). Heute, den Kinderschuhen entwachsen, ist er im Begriff, die Leitung von Piesports führendem Weingut zu übernehmen. So ändern sich die Dinge, bei Winzern nicht weniger als in anderen Familien. Was hier noch brennt, ist einzig die Mittagssonne über den Weinbergen von Piesport. Das rebbedeckte Amphitheater wurde schon vor 1700 Jahren von dem römischen Dichter Ausonius besungen, dem das Ufer, an dem das Weingut liegt, seinen Namen verdankt. Diese einzigartige Lage mit ihren tiefgründigen Böden verleiht den Piesporter Rieslingen ihre Kraft und ihren Aromenreichtum. Die große Herausforderung für Johannes besteht jetzt darin, vermehrt auch grandiose herbe Weine mit dieser typischen Kraft auszustatten, was sein Vater Theo nur in Ausnahmejahren wie 1990 und 1993 versuchte. Das ist ihm in den letzten Jahren gelungen, auch wenn diese Weine etwas mehr Geduld erfordern, als Weinkritiker sie normalerweise haben.
Familie Haart kann auf eine Weinbaugeschichte verweisen, die auf das Jahr 1337 zurückgeht. Seit vielen Generationen setzt man sich hier mit dem Riesling im Piesporter Terroir auseinander. Heute werden acht Hektar in den besten Steillagen gepflegt: Ohligsberg, Grafenberg, Domherr, Kreuzwingert und natürlich Goldtröpfchen, das den einzigartigen Ruf des Gutes begründet. Theo Haart hat in den letzten Dekaden das Weingut wieder ganz nach oben gebracht. Sohn Johannes Haart ist seit 2007 als Kellermeister in das Gut hineingewachsen; zudem kümmert er sich um die Vermarktung.
Im Weingut Künstler im Rheingau und im Schlossgut Diel an der Nahe hat sich Johannes Haart zum Winzer ausbilden lassen. Anschließend studierte er Önologie in Geisenheim und absolvierte ein halbjähriges Praktikum in Australien. Ins väterliche Weingut ist er nicht nur zurückgekehrt, weil er sich der Familientradition verpflichtet sah: Die Liebe zum Weinbau ist ihm quasi in die Wiege gelegt worden.
Sein persönlicher Lieblingswein ist der Piesporter Goldtröpfchen Riesling Spätlese, ein Klassiker oder, wie Johannes Haart es selbstbewusst ausdrückt, "Moselriesling at its best". Das Goldtröpfchen ist ein nach Süden ausgerichteter Steilhang aus tonigem Schiefer, der auch in heißen und trockenen Jahren ausreichende Wasserversorgung und eine ideale Zufuhr mit Nähr- und Mineralstoffen gewährleistet.
Die Erträge dieser Spitzenlage werden extrem reduziert, um ein Maximum an Aromen und eine größtmögliche Dichte im Wein zu erzielen; so kann er viele Jahre in der Flasche reifen. Die reichhaltige und reife Spätlese mit edlen Steinfrucht- und Lychee-Aromen und erdigen Schiefernoten hat Mineral und Körper, ein üppiges Süße-Säure-Spiel und erfrischenden, ananasartigen Fruchtcharakter.
Weintipp aus der Zeitschrift:
FINE Das Weinmagazin - Special No.2
Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag