Interview

Redaktionsgespräch mit Peter König - "Ein Berufsverband steht für ein besonderes Berufsbild, dessen Präzisierung und Pflege."

Welches Selbstverständnis hat die DVFA? Wo liegen die wichtigsten Aufgabenfelder? Und wie haben sich die Gewichte in den vergangenen Jahren verschoben?

Die DVFA hat rund 1200 persönliche Mitglieder und versteht sich heute als Berufsverband der Investment Professionals. Ein Schwerpunkt unserer Aktivitäten ist dabei die Aus- und Weiterbildung.

Daneben spielt die themenorientierte Finanzkommunikation eine große Rolle. Und wir beschäftigen uns mit Regulierungsfragen. Insbesondere junge Mitglieder stoßen zunächst über die Ausbildungsschiene zur DVFA. Nachdem sie dann im Beruf in Führungspositionen hineingewachsen sind, werden unsere anderen Betätigungsfelder wie Regulierungsfragen, Standardsetzung und Finanzkommunikation für sie immer wichtiger.

Im Laufe unserer inzwischen genau 50-jährigen Geschichte hat es deutliche Veränderungen der inhaltlichen Ausrichtung gegeben, aber diese spiegeln letztlich nur den Wandel in der Finanzbranche wider. So sind das Asset Management und das Private Wealth Management in den letzten 15 Jahren in Deutschland stark gewachsen, während die klassische Finanzanalyse insbesondere von den weltweit agierenden Häusern teilweise in die Finanzzentren anderer Länder verlagert wurde und damit ein wenig an Gewicht verloren hat. Auf die gesamten 50 Jahre betrachtet ist die DVFA so vom ehemaligen Analystenverband mehr in andere Bereiche hineingewachsen. Seit der Namensänderung von Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung zum heutigen Namen Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management im Jahre 2000 haben sich die Gewichte freilich gar nicht mehr so sehr verschoben. Wenn man das an den Ausbildungsprogrammen und somit an den neuen Mitgliedern festmacht, haben wir heute rund 40 Prozent Asset und Wealth Manager, 25 Prozent entfallen auf Analysten, ein nennenswerter Anteil ist den Investment Bankern zuzurechnen. Und der Rest kommt aus anderen Berufszweigen - von Consultants bis hin zu Wirtschaftsprüfern.

Weshalb brauchen Investment Professionals einen Berufsverband mit persönlicher Mitgliedschaft?

Anders als ein Unternehmensverband steht ein Berufsverband in erster Linie für ein besonderes Berufsbild, dessen Präzisierung und Pflege. Insofern lässt sich diese Frage im Zuge der aktuellen Debatte zur Regulierung besonders gut am Beispiel der Anlageberatung festmachen. Es ist für Finanzdienstleister wie für Kunden einfach sinnvoll, wenn die in diesem Bereich tätigen Mitarbeiter über ein ordentlich definiertes Berufsbild mit entsprechender Qualifikation verfügen. Anlageberatung sollte höchst professionell von entsprechend ausgebildeten Leuten ausgeübt werden. Denn das ist ein relativ kompliziertes Geschäft, die Produkte sind komplex, die Menschen, die den Beratern begegnen, haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Wenn die Qualifizierung nicht stimmt, wird nichts daraus. In diese Richtung laufen derzeit alle Regulierungsvorgaben.

Zu den Berufen, von denen man Ähnliches sagen würde, zählen Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, oder auch Ärzte, also vorwiegend akademisch vorgeprägte Berufe mit notwendiger Qualifizierung. Alle diese Berufe haben Berufsverbände, und so passt dies auch zu Finanzexperten, oder "Investment Professionals".

Wo liegen heute die Schwerpunkte im Ausbildungsangebot der DVFA?

Entsprechend unseres Selbstverständnisses hat es eine gewisse Verlagerung von der Analystenausbildung zur Ausbildung von Investment Professionals gegeben. Es ist heute eine ganze Bandbreite von angehenden Fach- und Führungskräften, die sich bei uns das notwendige Finanz-Know-how aneignen. Seit 2004 verstärkt hinzugekommen ist beispielsweise der Ausbildungsgang zum Vermögensverwalter beziehungsweise Private Banker. In diesem Bereich, der vor dem Hintergrund der laufenden Regulierungsdebatte und der Pflichtqualifizierung von Anlageberatern stark an Aktualität gewonnen hat, werden die Analyse der Kundenseite und die rechtlichen Vorgaben in die Ausbildung einbezogen. Neu aufgelegt haben wir im Frühjahr dieses Jahres dann auch das Programm für Risikomanager in Banken, das sehr gut nachgefragt wird.

Wieso ist gerade das Private Banking in den Fokus Ihrer Ausbildung gerückt?

Diese Disziplin hat in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewonnen und führt im Übrigen die DVFA ein wenig zu ihren Wurzeln zurück, die im früheren Namen verankert waren. Anlageberatung umfasst im Grunde genommen Analyse der Märkte und Instrumente plus Kenntnis der Kunden. Genau so soll das heute auch in der Regulierung definiert werden.

Ausbildungsprogramme legt man freilich nur dann auf, wenn es dafür am Markt eine Nachfrage gibt. Neben dem Relationship Management verlangt heute das moderne Private Banking auch die Kenntnis konzeptioneller Zusammenhänge. Vor zwanzig Jahren waren Begriffe wie Alpha, Beta und Korrelation nur in Teilen des institutionellen Geschäftes verbreitet. Inzwischen werden sie aber längst auch im Private Banking genutzt, ebenso die Methodik der Finanzplanung. Die Ausbildung hierfür, die von den klassischen Universitäten immer noch nicht dargestellt wird, bieten wir mit unserem europäisch akkreditierten Ausbildungsgang zum EFA - European Financial Advisor.

Wie ist die DVFA über ihre Mitglieder in den einzelnen Berufs- und Bankengruppen vertreten? Haben Sie beispielsweise auch Mitglieder aus Sparkassen und Volksbanken?

Wir haben keinen Schwerpunkt bezüglich der Institutsgruppen, vielleicht einen gewissen regionalen Schwerpunkt rund um den Finanzplatz Frankfurt. Bei den dezentral aufgestellten Bankengruppen, etwa Volksbanken und Sparkassen, sind deshalb die Mitarbeiter der zentral hier angesiedelten Einheiten stärker vertreten. Insgesamt kommt rund die Hälfte unserer Mitglieder aus größeren Finanzdienstleistungsunternehmen, die zweite Hälfte aus kleinen Firmen, oft aus dem Bereich der Selbstständigen. Im Übrigen ist die Mitgliederstruktur nach allen Kriterien durchaus mit anderen Ländern vergleichbar. Eine große Ausnahme in Europa bildet freilich die Schweiz, in der schon die Mitgliederzahl gemessen an der Bevölkerung deutlich höher ist als in Deutschland und anderen Ländern.

Wie ist die Altersstruktur der DVFA-Mitglieder?

Im Moment erleben wir einen guten und gesunden Verjüngungsprozess. Bei den Ausbildungsprogrammen haben wir einen sehr guten Zuspruch. Und ein Großteil der Absolventen bleibt der DVFA erfreulicherweise auch als Mitglied erhalten. Im Januar 2009 haben wir zudem eine Alumni-Organisation gegründet, die schon knapp 100 Mitglieder hat. Die DVFA ist in diesem Jahr fünfzig Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt deutlich darunter.

Wie finanziert sich die DVFA? Trägt sich das Konzept?

Der Verband finanziert sich zum einen durch den Mitgliedsbeitrag in Höhe von jährlich 250 Euro. Und zum Zweiten ist er an den Ergebnissen der Tochtergesellschaft beteiligt, die auch die Ausbildung durchführt. Wenn die Ausbildung gut nachgefragt wird, kann der Mitgliedsbeitrag entsprechend niedrig gehalten werden. Dabei erhalten wir anders als andere Ausbildungsstätten keine öffentlichen Fördermittel, wir müssen uns also im Markt beweisen.

Wie hat sich die Nachfrage nach Ausbildung entwickelt? Spürt die DVFA die Finanzkrise?

Das größte Kapital einer Bank sind die Mitarbeiter, dies hat der höchste Repräsentant einer Großbank einmal gesagt. Zwar haben wir in der Krise gelernt, dass Banken auch Finanzkapital brauchen, aber nichtsdestotrotz ist das Humankapital unverändert wichtig. Bei all dieser erfreulichen Einsicht betrachten Banken diese Dinge aber mittel- oder langfristig. Das heißt, wenn die Ertragslage schwierig wird, werden ziemlich schnell auch Ausbildungsausgaben gekürzt. Sie werden freilich nicht komplett gestrichen, wohl aber aufgeschoben. Insofern waren wir von der Finanzkrise betroffen, aber gar nicht so sehr in der Breite, sondern vor allem durch Sondereffekte in einzelnen Häusern. Nachdem das Jahr 2009 schwierig war, liegen wir bei der Nachfrage nach Ausbildung nun wieder in der Nähe der Zahlen von 2006 und 2007.

Sind die Banken mit Ihren Ausbildungsstandards zufrieden oder spüren Sie bei einigen Gruppen Vorbehalte?

Der Zuspruch kommt aus allen Gruppen. Und die Herkunft der Teilnehmer ist eher stärker diversifiziert als noch vor fünf Jahren. Zum Teil liegt das an unseren neuen Programmen Private Wealth Manager und Risikomanager. Und zum Teil ist die Nachfrage nach Ausbildung in der Fläche stärker geworden, im Filialbereich und bei spezialisierten Banken und Finanzdienstleistern. Dazu kommt neuerdings verstärkt Nachfrage von anderen Gruppen rund um die Finanzbranche, etwa von Wirtschaftsprüfern, Anwaltskanzleien, institutionellen Investoren und Consultants.

Wie nehmen Sie das Image der Analysten wahr? Wieso hat diese Berufsgruppe ebenso wie Anlageberater oder wie die Ratingbranche ein solch schlechtes Bild in der Öffentlichkeit?

An dieser Stelle muss man einige Dinge auseinanderhalten. Analysten, Anlageberater oder auch die Mitarbeiter der Ratingagenturen sind Menschen, die - hoffentlich gut ausgebildet - Unternehmen oder Entwicklungen am Finanzmarkt analysieren und dazu dann ihre Einschätzung abgeben. Sie sollten dank ihrer guten Ausbildung und Erfahrung sicherlich zu mehr als 50 Prozent der Fälle richtig liegen. Aber sie werden nicht die Welt vorhersehen können, schon gar nicht in Zeiten massiver Strukturbrüche, die zu Entwicklungen führen, die man in der Historie bisher noch nicht hat beobachten können.

Die fachlichen Grundlagen für die Berufsausübung werden dabei über die Ausbildung gelegt sowie durch Standards, die auch von unseren Kommissionen erarbeitet werden. Wir haben an dieser Stelle als Beurteilungsgrundlage zum Beispiel Standards für die Erstellung von Ratings für Anleihen und auch für Strukturierte Produkte, Standards für Finanzanalysen, Standards für Finanzkommunikation oder auch Standards für die Performance-Messung von Asset Managern.

Auf der anderen Seite müssen wir darauf schauen und daran mitarbeiten, dass der Beruf nach ethischen Grundsätzen ausgeübt wird. Interessenkonflikte müssen möglichst vermieden oder zumindest transparent gemacht und richtig abgearbeitet werden. Dies haben wir als DVFA bei unseren Mitgliedern im Blick. Unser Verhaltenskodex verlangt, dass die jeweilige Tätigkeit unabhängig und frei im Interesse der Anleger und Kunden durchgeführt wird.

Wir haben aber keinen Einfluss auf Mitarbeiter in der Branche, die sich anders verhalten und auch mit dem Berufsverband nichts zu tun haben wollen. Da stoßen wir an Grenzen, da sind eben der Gesetzgeber und die Aufsicht gefordert. Wir können nur dafür werben, dass viele Mitarbeiter der Finanzbranche und auch verwandter Bereiche bei uns mitarbeiten, Mitglied werden oder sich zumindest so verhalten wie unsere Leitlinien und Standards das vorsehen.

Was tut die DVFA, um dieses Image zu verbessern beziehungsweise insgesamt die Konturen zu schärfen?

Wir machen sowohl Öffentlichkeitsarbeit als auch fachliche Arbeit in Kommissionen und Arbeitskreisen, in denen aktuell an den Berufsstandards gearbeitet wird. Als Beispiel seien die vor wenigen Monaten erstellten Mindestanforderungen an Ratings für Strukturierte Produkte genannt. Solche Dinge finden nicht in der Gesetzgebung Niederschlag, geben aber den Mitgliedern und anderen Marktteilnehmern Leitplanken für die tägliche Arbeit.

Die eben angesprochenen DVFA-Standards sind ja Elemente von Erfolgskontrollen für Analysten und andere Berufsgruppen? Gibt es dazu Rankings am Markt?

An dieser Stelle muss man differenzieren: Die Branche selbst hat ein Auge für solche Rankings, auch die Arbeitgeber können natürlich ihre Mitarbeiter beurteilen und feststellen, ob sie gut oder weniger gut sind. Es existieren entsprechende Bewertungen und Rankings für Analysten beziehungsweise Analysehäuser, und ebenso können institutionelle Investoren die Performance von Asset Managern über die Standards gut vergleichen. In der Breite und insbesondere im Retailbereich ist aber sicher nicht klar und objektiv feststellbar, wer gut oder weniger gut ist. Auch wenn man die Produkte betrachtet, sind Rankings nicht so einfach ableitbar wie manche sich das vorstellen. Das zeigt nicht zuletzt der beliebte Versuch, alle Finanzprodukte mit drei Ampelfarben zu kategorisieren. Die Welt der Finanzprodukte ist aber komplexer, und auch international sind Standards und Selbstregulierung noch schwieriger umzusetzen als Regulierung. So betrachtet gibt es insgesamt im Markt nicht das eindeutig definierte Qualitätskriterium, aber unsere und andere Standards ermöglichen es vor allem institutionellen Investoren, die einzelnen Finanzdienstleister miteinander zu vergleichen.

Ist denn die Ausbildungsqualität international vergleichbar?

Wir haben verschiedenste Länder und unterschiedliche Entwicklungsstadien der Kapitalmärkte. Mit dem Certified International Investment Analyst (CIIA) gibt es aber zumindest einen Ausbildungsgang mit einer weltweit identischen Abschlussprüfung, vergleichbar dem Zentralabitur. Jedes Jahr gibt es hier insgesamt etwa 1 000 Teilnehmer, mit steigender Tendenz. Und die deutschen Absolventen liegen dabei ganz weit vorne und können sich mit jedem anderen Land messen.

Gleichwohl ist der Finanzberuf eben in Deutschland nicht so verankert und hat zurzeit auch einen vergleichsweise schlechten Ruf. Das ist nicht zuletzt eine Frage der bisher nicht gestellten Qualifikationsanforderungen. Dadurch fällt möglicherweise das Mittelfeld gegenüber dem Mittelfeld in anderen Ländern - insbesondere den angelsächsisch geprägten - ab, in denen einfach die gesetzlichen Voraussetzungen allgemeingültig und anspruchsvoller sind.

Wie eng ist die Vernetzung der DVFA zu vergleichbaren Organisationen im Ausland?

Beim Ausbildungsprogramm zum CIIA ist sie ganz fest. Es ist in rund 30 Ländern etabliert, mit Verbänden von insgesamt knapp 60 000 Mitgliedern über die Association of Certified International Investment Analysts (ACIIA). Dazu gehören beispielsweise Japan, China, Argentinien, Brasilien und die meisten europäischen Länder. Der Ausbildungsstand zum CIIA ist einheitlich und wird im Übrigen auch in Großbritannien von der Aufsicht als Berufsausbildung anerkannt. Dieses Netzwerk beziehungsweise die Organisation existiert aber erst seit 2000 als eingetragener Verein in der Schweiz. Das ist auch der Grund, weshalb die Teilnehmerzahlen noch vergleichbar niedrig sind und in Deutschland erst 600 Absolventen diesen Titel führen. Wir sind noch in einer frühen Phase, aber davor gab es ja auch nationale oder europäische Ausbildungsprogramme. So haben wir in Deutschland rund 2 500 Absolventen mit dem Vorläufertitel Certified European Financial Analyst. Die Vernetzung im europäischen Dachverband EFFAS, der European Federation of Financial Analysts Societies, besteht bereits fast 50 Jahre.

Zurück zum Stichwort Ausbildung, speziell zum Certified Risk Manager (CRM): Haben aus Ihrer Sicht zu wenig Praktiker das notwendige Knowhow? Und weshalb haben all die Anstrengungen in diese Richtung in den vergangenen zehn Jahren so wenig genutzt?

Risikomanagement wurde in der Vergangenheit über weite Strecken falsch verstanden. Das ist kein spezifisches Urteil aus Sicht der DVFA, sondern zeigt sich in nahezu jeder Studie zur Entstehung der Finanzkrise. Zum Ersten wurde bei der Risikomessung über weite Strecken mit Value at Risk nur ein naiv auf die Historie ausgerichtetes Risikomaß verwendet, ebenso wurden Ratings als Risikokategorisierung falsch interpretiert. Heute arbeitet man hingegen stärker mit Szenarien über zukünftige Entwicklungen und mit Stresstests. Ebenso werden komplexe Produkte zerlegt und so die Bedeutung von Ratings verringert. Zum Zweiten kommt heute der Messung und Berücksichtigung von Liquiditätsrisiken und operationellen Risiken eine größere Bedeutung zu. Zum Dritten haben wir heute eine andere Vorstellung von systemischen Risiken als vor drei Jahren.

Welche inhaltlichen Auswirkungen haben diese Einsichten auf die sonstigen Ausbildungsprogramme der DVFA?

Im Ergebnis entwickelt sich damit ein ganz anderes Verständnis von Risikomanagement. Anders als man das bei einer DVFA vielleicht vermuten würde, ist der Schwerpunkt unseres Programms gar nicht mal so sehr auf die methodischen Einzelheiten, sprich klassischen Risikomaße, angelegt. Es geht uns vielmehr darum, Risikomanager auszubilden, die eine Bank ganzheitlich beurteilen können. Dementsprechend spielen auch die Themen Gesamtbanksteuerung und Bilanzierung eine große Rolle.

Wir kommen zunehmend weg von dem Gedanken, nur Risikokennzahlen wie in der Physik zu berechnen und damit das Risikomanagement der Bank zu bestücken. Man muss vielmehr die einzelnen Geschäftsbereiche und die einzelnen Risikotypen im Auge haben und genau überlegen, mit welchen Zahlen man letztere am besten greifen kann.

Inwieweit können sich diese Dinge schon in Ihren Ausbildungsprogrammen niederschlagen?

Wir haben intensiv daran gearbeitet, die in unseren bestehenden Ausbildungsprogrammen bereits vorhandenen Einzelbausteine wie die Kreditportfolioanalyse, die Risikomessung und die Regulierung zusammenzufügen und damit die Entwicklung in der Branche in den vergangenen zwei Jahren aufzugreifen. So konnten wir ein Programm zum Risikomanagement mit der Ausrichtung auf die ganzheitliche Betrachtung einer Gesamtbanksteuerung neu zusammenstellen. Seit April dieses Jahres läuft der erste Ausbildungsjahrgang zum CRM. Und der war erfreulicherweise sogar überbucht.

Ein solches Programm passt im Übrigen sehr gut zu einem Berufsverband wie der DVFA. Wir vermitteln zwar auch die fachlichen Fähigkeiten, um besondere Produkte zu konstruieren und auf der Renditedimension etwas zu leisten. Aber Risikomanagement ist sehr neutral und mahnt zur Vorsicht und einem bedachtsamen Umgang mit der Materie.

Wie ist das Verhältnis und gegebenenfalls die Arbeitsteilung zu anderen Institutionen des Kapitalmarktgeschehens, etwa zum BVI, DAI und DIRK?

Mit allen drei Verbänden arbeiten wir eng und gut zusammen, ebenso wie beispielsweise auch mit dem VuV. Unternehmensverbände und Berufsverbände weichen dabei zuweilen von ihrer Aufgabenstellung her in ihren Interessenlagen bei bestimmten Themen voneinander ab. Das erschwert manchmal eine Koordination. Aber oft haben beide Verbandsgruppen aus fachlicher Sicht ähnliche Vorstellungen.

Auf der Ebene von einzelnen Kommissionen und Arbeitsgruppen gibt es insofern überhaupt keine Konkurrenz. Alle sind daran interessiert, möglichst gute Ergebnisse zu produzieren. Deswegen haben wir eine offene Plattform und sind in der Zusammenarbeit offen für die Mitarbeit Dritter. Es gibt keine Pflicht, Mitglied im Verband zu sein, um in einer unserer Arbeitsgruppen oder Kommissionen mitzuarbeiten. Das bestmögliche Ergebnis zählt.

Wie weit erstreckt sich das Netzwerk der DVFA, und wie ist es organisiert?

Wir kennen unsere Mitglieder und haben dadurch Zugang zu vielen ihrer Arbeitgeber. Unsere Vorstände und Beiräte sind in führenden Positionen in und um die Finanzbranche tätig. Und über die Ausbildungsschiene haben wir gute, eingespielte Kontakte in den wissenschaftlichen Bereich. So hat jedes unserer Ausbildungsprogramme einen Universitätsprofessor als wissenschaftlichen Leiter. Und unter den 130 Referenten sind Universitätsprofessoren wie auch Fach- und Führungskräfte aus der Praxis, die uns so verbunden sind. Mit einigen Einrichtungen wie der WHU, der IREBS und der Deutschen Börse haben wir feste Kooperationen, und auch zum House of Finance haben wir eine enge Verbindung. Darüber hinaus arbeiten wir mit anderen Verbänden zusammen, etwa mit dem BVI im German Asset Management Standards Committee (GAMSC). Und wir sind Mitglied bei Frankfurt Main Finance und im Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung. Wir sind im Fachbeirat der BaFin vertreten, im Deutschen Standardisierungsrat DRSC und im Börsenrat.

Das sind allein die nationalen formalisierten Prozesse. Zudem sind wir europa- und weltweit wie schon beschrieben Mitglied in einschlägigen Dachverbänden. Und nicht zuletzt kennt man natürlich viele Kollegen und Fachleute in der Branche und hat ein soziales Netzwerk, das die Zu sammenarbeit leichter macht.

Wie ist die Verankerung der DVFA in der Politik? Wie bleiben Sie bei den politischen Entscheidungsträgern am Ball?

Es gibt auch an dieser Stelle viele Kontakte. Und wir sind gerade auch aktuell in die Erörterung vieler Regulierungsfragen eingebunden, wenngleich diese Verbindungen für einen Berufsverband nicht so institutionalisiert sind wie für viele Industrieverbände. Deshalb bedarf es in diesem Feld oft eines besonderen persönlichen Einsatzes der Mitglieder unserer Kommissionen, um unsere fachlich ausgerichteten Kommentierungen einzubringen.

Welche Wirkung erzielen die Papiere der DVFA in der Beratung und politischen Umsetzung von Finanzregularien? Gibt es besondere Erfolgserlebnisse?

Der Klassiker in dem Bereich war für die DVFA zweifellos die Umsetzung der Market Abuse Directive, die im Wertpapierhandelsgesetz und in der Finanzanalyseverordnung ihren Niederschlag fand. Wir haben seinerzeit Grundsätze für die Finanzanalyse und das Investment Research erarbeitet und mit der Aufsicht erörtert, die die BaFin dann durch ein Schreiben an uns als Best Practice anerkannt hat.

Schwieriger zu beurteilen ist dahingehend schon der zweite große Regulierungskomplex der letzten Jahre, die MiFID. Aber in diesem Fall sind die Erkenntnisse noch nicht abgeschlossen. Vieles was jetzt an Regulierung neu ansteht, gehört noch in diesen Zusammenhang, etwa die Vorgaben rund um die Anlageberatung, die Einbeziehung anderer Finanzinstrumente und die Regelungen für einzelne Produkte, wie etwa Immobilienfonds. Das ist ein noch laufender Prozess.

Fühlt sich die DVFA von der Politik hinreichend in die anstehende Finanzmarktgesetzgebung eingebunden?

In die Konsultationen zu den anstehenden Gesetzgebungsverfahren sind wir durchaus einbezogen. Wir werden vor dem parlamentarischen Verfahren aufgefordert, in einer schriftlichen oder mündlichen Eingabe Stellung zu nehmen. Aber man muss sich zuweilen fragen, ob drei Wochen Zeit für die schriftliche Kommentierung und drei Stunden Anhörung zu verschiedenen komplexen Fragen ausreichen, um zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen. Eher würde eine Einberufung von Fachkommissionen, wie es sie in früheren Jahren etwa für die Reform der Altersvorsorge weitaus häufiger gab, fachlich zu ausgewogeneren Ergebnissen führen.

Gerade heute gibt es Fragestellungen, über die man ausführlich sprechen und diskutieren muss. Dazu sollten alle Beteiligten an einem Tisch sein, denn zum Erreichen guter Ergebnisse braucht man mehr koordinierte Arbeit und längere Zeit.

Im Übrigen müsste der zeitliche Druck gar nicht so groß sein, denn die meisten Themen und Fragestellungen sind seit Jahren bekannt. Solche formellen Prozesse können aber nur in den seltensten Fällen von der Branche selbst oder gar von einem Berufsverband angestoßen werden. Dazu bedarf es eigentlich der Regierungsebene.

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