Aufsätze

Risikoprofile regionaler Banken auf Basis der SolvV-Offenlegungsberichte - eine Fallstudie

Das Grundkonzept der Eigenkapitalvereinbarung nach "Basel II" besteht aus drei sich ergänzenden Säulen mit dem Ziel, die Stabilität des nationalen und des internationalen Bankensystems besser abzusichern. Mit der dritten Säule1) wird das Ziel verfolgt, die Marktdisziplin durch Markttransparenz auf Institutsebene zu erhöhen. Die Grundidee ist, dass ein die Beherrschbarkeit der Risiken garantierendes, gut funktionierendes Risikomanagementsystem sowie eine gute Eigenkapitalausstattung von den Marktteilnehmern positiv bewertet und risikoreiches Verhalten umgekehrt sanktioniert wird. Insbesondere soll es externen Adressaten ermöglicht werden, Kreditinstitute untereinander im Hinblick auf den Risikogehalt ihrer Geschäfte und deren Kapitalabdeckung vergleichen zu können.2)

Veröffentlichung häufig im Internet

In Deutschland wurden die erweiterten Offenlegungsanforderungen der dritten Säule zum 1. Januar 2007 mit dem neuen § 26a KWG und der Einführung der Solvabilitätsverordnung (SolvV) in nationales Recht umgesetzt. § 321 SolvV fordert eine in der Regel jährliche Berichterstattung im Rahmen des Jahresabschlusses.3) Für die Berichtsjahre 2008 bis 2010 liegen Offenlegungsberichte der Kreditinstitute vor. Hinsichtlich des Offenlegungsmediums können Kreditinstitute gemäß § 320 SolvV auf das Internet oder andere Medien zurückgreifen. Die meisten Kreditinstitute veröffentlichen die Berichte auf ihren Internetseiten.4) Allerdings finden sich häufig auch Ausführungen von Teilen der von der SolvV geforderten qualitativen Angaben bereits im Lagebericht nach §289 HGB.5)

Basel II beziehungsweise die SolvV unterscheiden die qualitative von der quantitativen Offenlegung. Die qualitativen Informationen sollen hierbei Erläuterungen und Beschreibungen liefern, die es dem Leser ermöglichen, die quantitativen Informationen zu verstehen und einzuordnen. Die Kreditgenossenschaften haben im Hinblick auf die qualitative Offenlegung Standardformulierungen entwickelt.6) Zurückzuführen sind diese weitgehend identischen Formulierungen wohl auf den Muster-Solvabilitätsbericht des Fachausschusses des DGRV, der als Vorlage für die individuelle Berichterstattung nach § 26 a KWG dienen soll.

Die quantitativen Angaben werden bis auf wenige Ausnahmen von den genossenschaftlichen Rechenzentralen elektronisch bereitgestellt.7) Aufgrund der Verwendung von "Mustertextbausteinen für die vorgeschriebenen qualitativen Angaben"8) ist die Aussagekraft der Texte für einen zwischenbetrieblichen Vergleich jedoch ungenügend. Dies gilt vor allem auch deswegen, weil über weite Strecken Lehrbuchformulierungen wiedergegeben werden. Die folgende Abhandlung setzt sich zum Ziel, zu überprüfen, inwieweit die offengelegten Daten anhand von Kennzahlen geeignet sind, Unterschiede der Institute bezüglich der Risikolage festzustellen. Die aufsichtsrechtliche Offenlegung bezieht sich zum einen auf Informationen bezüglich des Eigenkapitals, zum anderen auf Informationen zur Risikosituation des berichtspflichtigen Instituts. Zur Veranschaulichung werden beispielhaft die Offenlegungsberichte von Kreditgenossenschaften als Regionalinstitute herangezogen.9) Der Fokus liegt dabei auf zwei von der Größe her ähnliche brandenburgische Kreditinstitute10), die je Informationsbereich unter zusätzlichem Rückgriff auf Jahresabschlussdaten für die Jahre 2008 bis 2010 vergleichend gegenübergestellt werden.

Offengelegte quantitative Daten bezüglich Eigenmittel und Adressrisiken

Im Folgenden werden zunächst die Eigenmittelausstattung und deren Struktur sowie die Kapitalquoten und die Quellen der Kapitalanforderungen für die untersuchten Banken ermittelt und in Tabellen dargestellt. Dann werden Kennzahlen definiert, die das Adressenausfallrisiko - das zentral ist für Kreditgenossenschaften zum Ausdruck bringen können. Es handelt sich um Kredit- und Forderungsstrukturkennzahlen, Quoten zur Höhe der notleidenden Kredite, Einzelwertberichtigungs- und Pauschalwertberichtigungsquoten sowie Kenngrößen aus dem Adressrisikovorsorgespiegel und dem Kreditrisiko-Standardansatz (KSA).

Verfügbares Eigenkapital, Eigenmittelstruktur und Angemessenheit der Eigenmittel: Die Offenlegung der Eigenmittelstruktur und der angemessenen Eigenmittelausstattung stellt einen der zentralen Informationsbereiche dar. Ein Institut verfügt aufgrund der Systematik des § 10 KWG und des § 2 SolvV über angemessene Eigenmittel, wenn die Gesamtkennziffer nach § 2 Abs. 6 SolvV täglich zum Geschäftsschluss acht Prozent nicht unterschreitet. Bei der Berechnung des haftenden Eigenkapitals kann Ergänzungskapital allerdings nur bis zur Höhe des Kernkapitals berücksichtigt werden (§ 10 Abs. 2 Satz 3 KWG; zentrale Kappungsregel). Hieraus leitet sich die Verpflichtung zu einer Kernkapitalquote (Tier-1) von mindestens vier Prozent ab. Die Kernkapitalquote ergibt sich aus der Summe des Tier-[1]-Kapitals, geteilt durch den Anrechnungsbetrag aller (Adress-)Risikopositionen (zuzüglich der Anrechnungsbeträge für das Marktrisiko und das operationelle Risiko) multipliziert mit 100.11)

Die Eigenkapitalausstattung der beiden hier im Fokus stehenden Banken zeigt (Tabelle 1), dass beide untersuchten Häuser völlig unterschiedlich hohe Kapitalquoten aufwiesen: die RVB Oder-Spree besaß eine wesentlich höhere Kernkapital- und Gesamtkapitalquote sowie auch eine höhere bilanzielle EK-Quote (Leverage Ratio).

Struktur der Kapitalanforderungen

Nach § 325 II SolvV müssen die Institute im KSA die Eigenkapitalanforderung aus dem Adressenausfallrisiko des Anlagebuchs, gegliedert nach den KSA-Forderungsklassen, offenlegen. Da innerhalb der einzelnen Forderungsklassen unterschiedliche Risikogewichte zum Tragen kommen können, lässt sich hier insoweit nur ein durchschnittlicher Risikogehalt je Klasse ableiten. Die übliche Einteilung im Hinblick auf ihr Kreditrisiko ist bei den Genossenschaftsbanken die in Institute, Unternehmen, Mengengeschäft, durch Immobilien besicherte Positionen, Investmentanteile, Beteiligungen, sonstige Positionen und üfbäellrige Positionen.12) Hinzu kommen die Kapitalanforderungen aus den Marktrisiken und den operationellen Risiken.

Vergleicht man die Struktur der Kapitalanforderungen, so wird deutlich, dass die VB Rathenow ihre Eigenmittel in 2010 überwiegend im Mengengeschäft (zu 53 Prozent) und im Unternehmenskundengeschäft (zu 20 Prozent) gebunden hat. Die RVB Oder-Spree hält ihre Eigenmittel zu 41 Prozent im Mengengeschäft, zu zwölf Prozent im Unternehmenskundengeschäft, aber zu fast 19 Prozent im Institutsgeschäft. Von Bedeutung ist, dass die Eigenkapitalanforderungen bei der VB Rathenow zu fast neun Prozent in 2009 und zu 5,5 Prozent in 2010 auf überfälligen Positionen beruhten, bei der RVB Oder-Spree hingegen nur zu zirka ein bis zwei Prozent (siehe Tabelle 2 die absoluten Werte hierzu).

Die Marktrisiken binden bei den relativ kleinen Volks- und Raiffeisenbanken wegen des nur rudimentären Handelsgeschäfts fast keine Eigenmittel. Die Operationellen Risiken besitzen hingegen einen Anteil zwischen zwölf und 20 Prozent, wobei hier bei allen Banken der Basisindikatoransatz (gemäß §§ 269 II, 270 SolvV) gewählt worden ist.

Kenngrößen zur Kredit- und Forderungsstruktur: Unabhängig vom gewählten Ansatz zur Hinterlegung von Eigenkapital gibt es zunächst allgemeine Ausweispflichten. Im Bereich der Angaben beispielsweise zum Adressrisiko stehen die Berichtspflichten gemäß § 327 II Nr. 5 und 6 SolvV im Mittelpunkt. Danach haben die Kreditinstitute den Gesamtbetrag der Forderungen ohne Berücksichtigung von Kreditrisikominderungstechniken, aufgeschlüsselt nach Forderungsarten (Kredite, Wertpapiere, Derivate) offenzulegen. Sie müssen die Verteilung der Forderungen auf bedeutende Schuldnergruppen angeben sowie eine Darstellung der notleidenden und in Verzug geratenen Forderungen nach Branchen und Regionen (inklusive der zuzuordnenden EWB und PWB sowie der Rückstellungen) geben. Schließlich müssen sie auch eine Art Risikovorsorgespiegel erstellen, aus dem die Veränderungen der EWB, der PWB sowie der Rückstellungen im Kreditgeschäft erkennbar sind.13)

Gemäß § 327 II S. 1 SolvV ist das Bruttokreditvolumen als Gesamtbetrag der Forderungen ohne Berücksichtigung von Kreditrisikominderungstechniken zu interpretieren, allerdings nach der Anrechnung von Abschreibungen.14) Ziel ist es, die Größenordnung des Kreditrisikos und mögliche Konzentrationsrisiken im Kreditportfolio transparent zu machen.

Aus Tabelle 3 sind die Kundengruppenschwerpunkte im Kreditgeschäft zu erkennen. Interessant ist, dass die VB Rathenow einen wesentlich kleineren Anteil an Krediten an Kreditinstitute (KI) besitzt als die Vergleichsbank und umgekehrt der Anteil an Firmenkrediten bei ihr deutlich höher ist. Das bedeutet also, dass ein Großteil der Unternehmenskredite an Nicht-Banken vergeben wird, die normalerweise ein höheres Risiko beinhalten.

Anteil der grundpfandrechtlichen Sicherungen an den Kundenforderungen

Eine wichtige Kenngröße zum Risikogehalt der Forderungen ist der Anteil an grundpfandrechtlich gesicherten Forderungen und Kommunalkrediten an der Position Forderungen an Kunden. Je größer der Anteil, umso geringer ist in aller Regel ceteris paribus das Kreditausfallrisiko. Die Daten werden der Handelsbilanz entnommen.

Man erkennt aus Tabelle 4, dass die RV-Bank Oder-Spree im Vergleich zur VB Rathenow einen wesentlich geringeren Anteil an Forderungen an der Bilanzsumme hält. Zugleich ist auch ihr Anteil an grundpfandrechtlich gesicherten Krediten und Kommunalkrediten, also den normalerweise recht gut besicherten Krediten, erheblich höher. Die VB Rathenow weist im Gegensatz dazu nur einen minimalen Bestand an diesen so besicherten Kreditarten auf.

Höhe und Struktur der notleidenden Kredite und Wertberichtigungen: Eine informative Kennzahl ist die Struktur der Gesamtinanspruchnahme von notleidenden Krediten.15) "Die gesonderte Offenlegung der notleidenden Forderungen einerseits und der in Verzug befindlichen Forderungen (ohne Wertberichtigungsbedarf) andererseits und ihre Untergliederung nach Branchen/Schuldnergruppen sowie nach Regionen stellt Transparenz hinsichtlich der Größenordnung der notleidenden und in Verzug befindlichen Forderungen und ihrer Zusammensetzung her."16)

Schaut man sich diese Kennzahl Höhe der notleidenden Kredite in Prozent der Bruttoforderungen an, so wird abermals deutlich, dass die VB Rathenow erheblich schlechtere Werte aufwies (zirka sechs bis acht Prozent gegenüber zirka zwei bis drei Prozent; siehe Tabelle 5).

Erhebliche Ermessensspielräume bei der Bewertung

Eine weitere wichtige Relation ist die der EWB im Verhältnis zu der Gesamtinanspruchnahme an notleidenden Krediten. "Die Zuordnung der Bestände an Einzel- und Pauschalwertberichtigungen und Rückstellungen im Kreditgeschäft auf die Forderungen an die einzelnen Schuldnergruppen et cetera ermöglicht Rückschlüsse auf die Verteilung des Wertberichtigungsbedarfs und der nicht durch Risikovorsorge abgedeckten Risiken, wobei die mögliche Abschirmung der Risiken durch hereingenommene Sicherheiten einer ergänzenden Offenlegung auf freiwilliger Basis ... überlassen bleibt."17)

Zu beachten ist allerdings, dass die Banken bei der Bewertung ihrer Forderungen ein nicht unerhebliches Ermessen haben. So könnte bedeuten, dass die VB Rathenow bei der Bewertung ihrer notleidenden Forderungen konservativ vorgegangen ist. Es kann aber auch sein, dass die notleidenden Forderungen in einem relativ größeren Ausmaße gefährdet sind. Für die PWB-Quote kann Ähnliches beobachtet werden.

Bei den beiden untersuchten Banken lag die Kennzahl EWB-Quote (EWB/Notleidende Kredite) um die 40 Prozent. Allerdings hat sich die EWB-Quote bei der RVB Oder-Spree in 2009 und 2010 verringert (siehe Tabelle 6). Die PWB-Quote (PWB/Intakte Forderungen) ist bei der Oder-Spree-Bank mit 0,1 Prozent niedriger als bei der Vergleichsbank.

Durchschnittliche Risikogewichte

Abschließend sollen die jeweiligen Summen der Positionswerte, die einem festen aufsichtsrechtlichen Risikogewicht zugeordnet sind, zur Beurteilung herangezogen werden. Dabei erfolgt die Darstellung der Positionswerte vor und nach Einbeziehung von Kreditrisikominderungseffekten aus Sicherheiten (§328 II SolvV).

Zunächst werden die durchschnittlichen Risikogewichte nach dem Kreditrisiko-Standardansatz (KSA), den alle untersuchten Banken anwenden, dargestellt (siehe Tabelle 7). Die VB Rathenow hatte in den beobachteten Jahren einen relativ hohen Wert von über 48 Prozent, die VR-Bank Oder-Spree wies mit etwa 35 Prozent niedrigere durchschnittliche Risikogewichte auf. In der zeitlichen Entwicklung aber verschlechtert sich die Kennzahl bei der RVB Oder-Spree, die der VB Rathenow verbessert sich hingegen. Wenn man den Anteil der Positionen mit einem Risikogewicht von 150 Prozent heranzieht, kommt man zu ähnlichen Aussagen: VB Rathenow 2,5 Prozent in 2009 und 1,2 Prozent in 2010, bei der RVB Oder-Spree nur bei 0,3 Prozent beziehungsweise 0,2 Prozent. Auffällig ist zudem, dass die VB Rathenow keine Kreditrisikominderungstechniken einsetzt, während die RV-Bank Oder-Spree dies tut und damit das durchschnittliche Risikogewicht um mehr als drei Prozentpunkte senkt.

Adressrisikobewertung

In ihren jeweiligen Lageberichten 2009 und 2010 äußern sich die beiden Banken wie folgt zur Adressrisikobewertung:

RV-Bank Oder-Spree: "Die Struktur und der räumliche Umfang unseres Geschäftsgebietes ermöglichen uns weiterhin eine ausgewogene branchen- und größenmäßige Streuung unserer Ausleihungen. Die durch die Generalversammlung festgesetzten Kredithöchstgrenzen für einzelne Kreditnehmer sowie die Kreditvorschriften des Kreditwesengesetzes wurden während des gesamten Berichtszeitraumes eingehalten. Die Forderungen an unsere Kunden haben wir auch zum Jahresende 2009 (beziehungsweise 2010, d. Verf.) mit besonderer Vorsicht bewertet. Akute Risiken wurden in voller Höhe durch Einzelwertberichtigungen abgeschirmt. Latente Risiken sind durch angemessene Vorsorgereserven abgedeckt." "Aufgrund unserer soliden und risikobewussten Geschäftspolitik sowie der installierten Instrumentarien zur Risikosteuerung und-überwachung bewegen sich die derzeit erkennbaren Risiken der künftigen Entwicklung in einem überschaubaren und für unser Haus tragbaren Rahmen."

VB Rathenow: "Durch die wirtschaftliche Entwicklung unserer Kreditnehmer in den vergangenen Jahren macht der Anteil der nicht einwandfreien Engagements einen nicht unwesentlichen Teil unseres Kreditvolumens aus. Durch die intensive Betreuung und Überwachung dieser Engagements halten wir die Risiken für überschaubar." Das bedeutet, dass in diesem Fall schon der Vergleich der Lageberichte einen Hinweis auf das unterschiedliche Risiko der beiden Banken gibt.

Hervorzuheben ist aber auch, dass die VB Rathenow die besseren Rentabilitätskennziffern aufweist. So ist ihre Betriebsergebnisspanne in 2010 mit 1,35 Prozent höher als die der RVB Oder-Spree mit 1,16 Prozent; Analoges gilt für die Spanne der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (0,46 Prozent versus 0,33 Prozent in 2010) beziehungsweise der Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern (JÜ/Bilanzsumme) (0,14 Prozent versus 0,07 Prozent; siehe Tabelle 8).

Inwieweit allerdings die beiden zuletzt genannten Kennzahlen durch die Bildung beziehungsweise Auflösung stiller Reserven beeinflusst wurde, ist durch den Offenlegungsbericht nicht hinreichend zu belegen.

Unnötig erschwerte Zeitvergleiche

Die Vergleichbarkeit von Informationen bezieht sich auf zwei Aspekte: zum einen auf den zeitlichen Vergleich, zum anderen auf die Vergleichbarkeit von Banken untereinander. Hinsichtlich des zeitlichen Aspektes sollen nicht nur Informationen der aktuellen Berichtsperiode, sondern zumindest auch die der vorhergehenden Periode offengelegt werden, und zwar in unmittelbarer Nähe zu den aktuellen Daten. Anderenfalls ist ein zeitlicher Vergleich nicht beziehungsweise nur schwer möglich. Das ist bislang nicht gegeben! Im Gegenteil werden die alten Offenlegungsberichte von der Homepage der Bank genommen, sobald die neuen Berichte eingestellt wurden. Ein Zeitvergleich wird mithin erschwert beziehungsweise ist gar nicht möglich, wenn man sich den alten Bericht nicht bereits beschafft hat. Es bleibt dann nur, sich den alten Bericht (beziehungsweise für einen längeren Vergleich die alten Berichte) vom Institut selbst anzufordern, wobei man vereinzelt lange Wartezeiten und mehrmaliges Nachfragen in Kauf nehmen muss. Das ist ein unhaltbarer Zustand!

Resümierend kann festgehalten werden, dass die in der Studie eingesetzten Kennzahlen aus dem Offenlegungsbericht (und zusätzlich aus dem Jahresabschluss) eine recht gute Beurteilung der relativen Risikolage der Kreditinstitute einer Bankengruppe untereinander gestatten. Die Eigenmittelstruktur und der Kernkapital- und Gesamtkapitalkoeffizient stehen dabei an prominenter Stelle der Analyse. Von der Adressrisikoseite verstärken die Struktur des Kreditgeschäftes, die Höhe der notleidenden Forderungen in Prozent der Bruttokredite, die EWB- und PWB-Quote im Zusammenspiel mit bestimmten Jahresabschlussdaten, wie die Quote der grundpfandrechtlich besicherten Kredite und Kommunalkredite, die Risikoeinschätzung. Auch das durchschnittliche Risikogewicht nach dem Kreditrisiko-Standardansatz gibt deutliche Hinweise auf die Risikostruktur des Kreditportfolios.

Fußnoten

1) Die dritte Säule ergänzt die Mindesteigenkapitalanforderungen (erste Säule) und das Überprüfungsverfahren der Bankenaufsicht (zweite Säule).

2) Kommt ein Institut seinen Offenlegungspflichten gar nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nach, kann die BaFin im Einzelfall geeignete und erforderliche Anordnungen treffen, um die ordnungsgemäße Offenlegung der Informationen zu veranlassen.

3) Vgl. Grünberger, D./Klein, HH., Offenlegung im Bankabschluss, Herne 2008, S. 29f.

4) Wichtig ist hierbei, dass die Bank die BaFin sowie die Deutsche Bundesbank über das Veröffentlichungsmedium zu unterrichten hat sowie einen entsprechenden Hinweis im elektronischen Bundesanzeiger hinterlässt. Anm.: Bei einigen Banken gestaltet sich die Suche nach dem Bericht auf deren Homepage äußerst schwierig und kann nur durch die Benutzung der Suchfunktion gefunden werden. Man wird den Eindruck nicht los, dass diese Banken ihren Risikobericht bewusst verstecken wollen.

5) An den entsprechenden Stellen des Offenlegungsberichts wird dann auf den Lagebericht verwiesen.

6) Ähnlich verfahren die Sparkassen, auch wenn es bei ihnen oft einen ausführlicheren und keinen untereinander gleichlautenden "Prosa-Text" gibt.

7) Vgl. Walter, K.-F./Weller, H., Neue Transparenzanforderungen für Banken. Muster-Solvabilitätsbericht: Praktische Hilfe zur Umsetzung der Säule 3 aus Basel II, in: BI 5 / 2008, S. 72f.

8) Ebd., S. 73.

9) Eine repräsentative Analyse der Säule-[3]-Offenlegungsberichte führt der Deutschen Bundesbank zufolge zu dem Ergebnis, dass die Institute den neuen aufsichtlichen Anforderungen "zwar im Großen und Ganzen gerecht werden". Gleichwohl bestünde im Einzelfall noch Verbesserungspotenzial. Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 9/2010, Seite 69. Auch eine Studie von Deloitte (Aengenheister, M./Schauff, J.), Basel II Säule 3. Benchmarking Survey 2009, White Paper Nr. 38 kommt zu dem ähnlichen Ergebnis, dass bei der Umsetzung der Säule 3 noch großes Verbesserungspotenzial bestehe. Zwar würden bereits umfängliche Informationen veröffentlicht und zahlreiche Anforderungen der Säule 3 entsprechend der Richtlinien erfüllt. "Ein nicht unwesentlicher Teil der Anforderungen wird aktuell jedoch nicht erreicht beziehungsweise nicht wie vorgegeben adressiert."

10) Ausgewählt wurden hierfür zum einen die Volksbank Rathenow und zum anderen die Raiffeisen-Volksbank Oder-Spree (Beeskow). Beide Kreditgenossenschaften besitzen eine Bilanzsumme von etwas über 200 Millionen Euro. Die RV-Bank Oder-Spree verfügt über 56 Vollzeit- und sechs Teilzeitbeschäftigte, zehn Filialen und zirka 900 Mitglieder, die Volksbank Rathenow über 50 Vollzeit- und 24 Teilzeitbeschäftigte, elf Filialen und zirka 2250 Mitglieder.

11) Der Gesamtbetrag des modifizierten verfügbaren Eigenkapitals ist maßgeblich für die Beurteilung der Angemessenheit der Eigenmittelausstattung zur Unterlegung von Adressrisiken (Adressenausfallrisiken, Abwicklungsrisiken, Veritätsrisiken) und operationellen Risiken sowie zur Unterlegung der Anrechnungsbeträge für Marktpreisrisiken. Vgl. Boss/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz - Kommentar, 3. Auflage, München 2008, §324 SolvV, Tz. 12.

12) Das KSA-Risikogewicht für eine KSA-Position der KSA-Forderungsklasse überfällige Positionen beträgt 150 Prozent. Betragen die Einzelwertberichtigungen für diese Position mindestens 25 Prozent des unbesicherten Teils der KSA-Bemessungsgrundlage nach § 49 Abs. 2 dieser Position, beträgt das KSA-Risikogewicht 100 Prozent. (§39 SolvV).

13) Vgl. Weller, H./Hoffmann, J.-A., Marktdisziplin durch neue Offenlegungsvorschriften. Anforderungen an die erstmalige Offenlegung nach § 26a KWG, in: Bank-Praktiker 10/2008, S. 436 mit einem Beispiel zum Risikovorsorgespiegel.

14) Entsprechend Fachgremium-Anwendungsbeispiele Tabelle 4b, zitiert nach Weber, D., Risikopublizität von Kreditinstituten. Integrative Umsetzung der Transparenzanforderungen, Wiesbaden 2009, S. 178.

15) Eine Forderung wird "notleidend", wenn sie entweder über mehr als 90 aufeinander folgende Kalendertage überfällig ist oder die Bank aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Ansicht ist, dass es unwahrscheinlich ist, dass der Schuldner ohne Rückgriff der Bank auf Maßnahmen wie die Verwertung vorhandener Sicherheiten vollständig seine Zahlungsverpflichtungen aus Kreditgewährung gegenüber der Bank erfüllt.

16) Boss/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz - Kommentar, 3. Auflage, München 2008, §327 Tz. 7. 17)Ebd.

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