Der Beteiligungsmarkt in Deutschland: Wachstumsmotor für die Zukunft

Abbildung 3: Kriterien für die Investitionsentscheidung

Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e. V. (BVK), Berlin - Sowohl als Finanzierungform wie auch als Anlageklasse registriert die Autorin eine wachsende volkswirtschaftliche Bedeutung von Beteiligungskapital. Mit Blick auf die Marktsegmente sieht sie derzeit zwar insbesondere die Venture-Capital-Gesellschaften von der politischen Stimmung in Deutschland und Europa begünstigt, vermisst aber über die Grundsympathie hinaus konkrete Schritte, um mehr ausländisches Kapital anzulocken. Den mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen bescheinigt sie einer neueren Studie zufolge eine tendenziell bessere Entwicklung als anderen. Neben dem Gründungsbereich erwartet sie nicht zuletzt bei der Nachfolgeregelung in den kommenden Jahren eine weiter wachsende Nachfrage nach Beteiligungskapital. (Red.)

Beteiligungskapital bringt Innovationen voran, stärkt mittelständische Unternehmen bei der Expansion und fördert die Hidden Champions auf dem Weltmarkt. Beteiligungsgesellschaften haben für die deutsche Wirtschaft eine wichtige Finanzierungsform und gewinnen als alternative Anlageklasse neben dem Bankkredit immer mehr an Bedeutung. Allein im Jahr 2015 haben Beteiligungsgesellschaften gut 1 200 Unternehmen mit Investitionen in Höhe von 5,3 Milliarden Euro finanziert.

Bedeutung für den deutschen Mittelstand

Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 zeigt sich die Bedeutung von Beteiligungskapital für den deutschen Mittelstand mehr denn je. Beteiligungsinvestitionen lagen kontinuierlich auf hohem Niveau, Beteiligungsgesellschaften zeigten sich in der schwierigen Zeit als besonders starke Partner für die Unternehmen. Blickt man auf die letzten Jahre wird dieses Bild bestätigt. 2012 wurden 6,6 Milliarden Euro investiert, 2013 waren es 5,1 Milliarden Euro und 2014 lag das Investitionsniveau sogar bei 7,1 Milliarden Euro. Die Investitionen unterstreichen die wichtige Rolle, die Beteiligungsgesellschaften für kleine und mittlere Unternehmen spielen.

Hierzulande sind fast 5 000 Unternehmen mit Beteiligungskapital finanziert. Von den im vergangenen Jahr finanzierten Unternehmen beschäftigen 96 Prozent weniger als 500 Mitarbeiter, 84 Prozent sogar weniger als 100 Mitarbeiter. Drei Viertel der Unter nehmen setzten weniger als 10 Millionen Euro um, weitere 18 Prozent zwischen 10 und 100 Millionen Euro. Insgesamt beschäftigen die Portfoliounternehmen etwa 900 000 Mitarbeiter und setzen zusammen rund 180 Milliarden Euro um.

Beteiligungskapital lässt sich in drei Segmente unterteilen: Venture Capital, Wachstumsfinanzierung und Buy-out. Mit Venture Capital, oder auch Wagniskapital genannt, werden Jungunternehmen von Anfang an unterstützt. Damit macht Wagniskapital aus Ideen innovative Produkte. Wachstumskapital begleitet Unternehmen auf dem Weg der Digitalisierung und schafft damit die Industrie 4.0. Mit Buyout-Finanzierungen können Nachfolgen geregelt, Unternehmen modernisiert und mit finanziellen Mitteln für die Globalisierung fit gemacht werden.

Im letzten Jahr sanken die Buy-out-Investitionen zwar um 22 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro, dafür investierten Venture-Capital-Gesellschaften so viel wie seit 2008 nicht mehr. Mit 0,78 Milliarden Euro wurde der Vorjahreswert um 16 Prozent übertroffen. Die 724 Venture-Capital-finanzierten Unternehmen machten zudem deutlich mehr als die Hälfte aller im Jahr 2015 finanzierten Unternehmen aus. Wagniskapitalfinanzierungen hängen aber auch stark von politischen Entscheidungen ab.

Zwar hatte die Großen Koalition bereits Signale zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Venture-Capital-Investitionen gegeben, doch konkrete Schritte blieben aus, um mehr ausländisches Kapital nach Deutschland zu locken. Die Branche setzt sich schon seit vielen Jahren für ein Maßnahmenpaket mit Verbesserungen für die Investoren ein, um Kapital zu mobilisieren und die Investitionen in Start-ups zu erleichtern.

Neue Studie zum Beteiligungskapital

Wie wachstumsfördernd Beteiligungsinvestitionen für die Unternehmen sind, zeigt eine aktuelle Studie der Otto Küsters & Company (OKC) und AFC Management Consulting (AFC) in Kooperation mit dem Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), die die Entwicklung von "beteiligungskapitalfinanzierten" Unternehmen in Deutschland im Zeitraum von 2006 bis 2012 untersucht und mit Referenzgruppen (Bundesdurchschnitt) vergleicht. Der Zeitraum wurde gewählt, da nur für diesen entsprechende Vergleichsdaten des Statistischen Bundesamtes und der Deutschen Bundesbank vorlagen.

Die Ergebnisse zeigen: Mit beteiligungskapitalfinanzierten Unternehmen entwickeln sich deutlich besser als vergleichbare Unternehmen, die keine Beteiligungsgesellschaft mit an Bord haben. Die Schlüsselindikatoren wie Umsatz, Beschäftigtenzahl und Eigenkapitalquote weisen deutlich positivere Ergebnisse bei den Portfoliounternehmen auf als bei ihrer gesamtwirtschaftlichen Referenzgruppe.

Beteiligungskapitalfinanzierte Unternehmen weisen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ein doppeltes bis dreifaches jährliches Umsatzwachstum auf (Abbildung 1). Die jährlichen Beschäftigtenwachstumsraten erreichten im Untersuchungszeitraum zwischen 9 Prozent und 17 Prozent und lagen damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Zudem verfügen beteiligungskapitalfinanzierte Unternehmen mit Eigenkapitalquoten zwischen 38 Prozent und 41 Prozent über eine hervorragende bilanzielle Eigenkapitalausstattung, während die Gesamtwirtschaft im Betrachtungszeitraum Eigenkapitalquoten von 27 Prozent bis 31 Prozent vorweist. Ihre Kompetenz auf ausländischen Märkten unterstreichen die Portfoliounternehmen mit einer Exportquote zwischen 41 Prozent im Jahr 2006 und 51 Prozent im Jahr 2012.

Drei Beteiligungsschwerpunkte erfasst

In der Studie wurden Angaben von insgesamt 46 Beteiligungsgesellschaften mit Marktpräsenz in Deutschland ausgewertet. Insgesamt wurden unter Verwendung eines standardisierten Fragebogens Selbstauskünfte über insgesamt 555 Portfoliounternehmen mitgeteilt, die zwischen 2006 und 2011 erstmals mit Beteiligungskapital finanziert wurden. Aus jedem Marktsegment wurden Beteiligungsgesellschaften befragt. Je etwa ein Drittel teilen sich auf die Beteiligungsschwerpunkte Venture Capital (37 Prozent), Buy-outs (33 Prozent) und Wachstums-/ Mittelstandsfinanzierer (30 Prozent) auf (Abbildung 2).

Beteiligungsgesellschaften verfolgen den Anspruch, besonders wachstumsstarke und potenziell erfolgreiche Unternehmen zu identifizieren und zu finanzieren und stellen damit hohe Anforderungen an ihre Zielunternehmen. Die Entscheidung für eine Beteiligung hängt dabei von verschiedenen Kriterien ab (Abbildung 3). Im Fokus stehen das Management, das Geschäftsmodell, das Produkt, der Wettbewerb und der Markt, auf dem das Unternehmen aktiv ist. Die Studie hat die Wichtigkeit dieser Kriterien untersucht und dabei analysiert, dass die Branchenerfahrungen im Management, eine überzeugende Unternehmerpersönlichkeit sowie kaufmännische und technische Kompetenzen im Management am meisten Bedeutung bei der Investitionsentscheidung haben. Ebenfalls eine Rolle spielen aber auch das Alleinstellungsmerkmal von Produkt beziehungsweise Dienstleistung sowie Wertsteigerungs- und Wachstumspotenziale des Unternehmens und der gesamten Branche.

Beteiligungsgesellschaften bringen nicht nur Kapital mit, sie liefern den Unternehmen auch ihr Know-how und ihre Expertise (Abbildung 4). Als Gesellschafter und Partner der Unternehmen bieten sie damit einen Added Value, der unter anderem in der Rolle als Diskussionspartner und in der Managementunterstützung liegt. Auch als Entscheidungshilfe und für die Vermittlung von Kontakten sowie den Zugang zu weiteren Kapitalquellen sind Beteiligungsgesellschaften an Bord nützlich.

Positive Effekte für die gesamte Wirtschaft

Hier spielt natürlich auch eine Rolle, in welchem Entwicklungs- und Reifegrad das Unternehmen steckt. Bei den Venture Capital-Finanzierungen schätzen 90 Prozent der Befragten die Vermittlung von Kontakten und die Unterstützung durch das Netzwerk als wichtigste Zusatzleistung ein. Bei Minderheitsbeteiligungen/Expansionsfinanzierungen hingegen steht die Stärkung der Eigenkapitalbasis mit 75 Prozent deutlich an der Spitze.

Die Studie unterstreicht einmal mehr die Bedeutung von Beteiligungskapital für die wirtschaftliche Entwicklung der damit finanzierten Unternehmen in Deutschland und auch deren Besonderheit: Denn Beteiligungskapital unterscheidet sich von anderen Finanzierungsformen vor allem dadurch, dass es mehr ist als nur Kapital. Beteiligungskapital bedeutet, eine Partnerschaft eingehen, das Unternehmen unterstützen und aktiv voranbringen.

Diese positiven Effekte von Beteiligungskapital werden auch zunehmend von Unternehmen, Politik und Öffentlichkeit anerkannt. Wie Umfragen des BVK unter seinen Mitgliedern zeigen, wächst das Interesse an Beteiligungskapital unter den Unternehmern stetig. Und in Zukunft wird hier nicht nur im Gründungsbereich, sondern auch bei der Nachfolgeregelung die Nachfrage nach Beteiligungskapital noch weiter wachsen.

Laut Studien des DIW werden in den nächsten zehn Jahren zahlreiche Unternehmer die Nachfolge regeln müssen und oftmals haben die eigenen Kinder andere Interessen und Berufswünsche. Hier können Beteiligungsgesellschaften helfen und die Unternehmenszukunft wie auch die der deutschen Wirtschaft sichern.

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X