Perspektiven der künftigen Bankenstruktur

Prof. Dr. Hannes Rehm, Geschäftsführer, Nord-Ostdeutsche Bankbeteiligungsgesellschaft mbH, Hannover, Honorarprofessor an der Universität Münster - Vier Entwicklungslinien hat der Autor als wesentliche Einflussfaktoren auf die künftige Bankenstruktur identifiziert, nämlich Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen, das anhaltende Niedrigzinsumfeld, die Verschiebungen der Nachfrage nach Bankdienstleistungen und neue Angebotsstrukturen durch Einsatz neuer Technologien. Nach Darstellung dieser Entwicklungen geht er der Frage nach, welche Konsequenzen das Zusammenspiel dieser Entwicklungslinien auf die Ausformung künftiger Geschäftsmodelle hat. Seine Botschaft: Es wird auch künftig eine vitale Finanzindustrie geben, aber eine andere als heute. (Red.)

Die Diskussion über die möglichen Entwicklungen der Bankenstruktur erinnert an das bekannte Wort von Heinrich Heine: "Es ist eine alte Geschichte, doch ist sie ewig neu." Auch in den zurückliegenden Jahrzehnten war der Blick in die Zukunft der Kreditwirtschaft von Skepsis begleitet. Mitte der siebziger Jahre stellte die "Bankenstrukturkommission" fest, dass sie den erreichten Grad der Konzentration im Kreditgewerbe zwar nicht für besorgniserregend halte, aber der Ansicht sei, dass eine weitere Entwicklung in dieser Hinsicht kritisch betrachtet werden müsse.1) Der frühere Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, urteilte Anfang der achtziger Jahre: "Der Wettbewerb in der deutschen Kreditwirtschaft ist so hart wie in keinem anderen Land und wie in keiner anderen Branche."2) Auch gegenwärtig prägen eher skeptische Prognosen die Einschätzung der Zukunft.3)

Unterschiedliches Tempo der Rekonvaleszenz

Tatsächlich haben andere Entwicklungen seitdem den Weg der Bankindustrie geprägt: Zu erinnern ist an die Liberalisierung der Finanzmärkte, ausgelöst durch die Aufgabe des Trennbanken-Systems in den USA zur Jahrtausendwende, monetär getrieben von einer permissiven Geldpolitik der US-amerikanischen Notenbank, intellektuell unterlegt durch angelsächsische Ökonomen, die in der Freiheit der Märkte und der angeblichen Berechenbarkeit von Risiken den Schlüssel für alles sahen. Von dem Bruch in den Jahren 2008/2009 haben sich die westeuropäischen, auch die deutschen Banken bislang nur partiell erholt. Erfreulicher verlief die Entwicklung der US-amerikanischen Institute, die bereits 2010/2011 die Verwerfungen überwunden hatten.

Was war der Grund für dieses unterschiedliche Tempo der Rekonvaleszenz? In den USA, in Westeuropa, in Deutschland hat der Staat gleichermaßen beachtliche Rettungspakete geschnürt. In den USA mussten die Banken diese allerdings zwangsweise umsetzen, verbunden mit staatlichen Restrukturierungsauflagen und entsprechenden Kontrollen über die Durchführung der alimentierten Maßnahmen. Die Konsequenz war nicht nur eine relativ rasche Erholung der Bankindustrie, sondern auch eine nachhaltige Ausdünnung auf der Angebotsseite.4)

Anders in Deutschland: Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) von 2009 stellte rund 500 Milliarden Euro zur Verfügung, zunächst für sofortige Liquiditätshilfen. Das zweite, wesentlichere Motiv des Gesetzgebers war, den Banken die Möglichkeit für eine umfassende Restrukturierung und für den Aufbau zukunftsfähiger Geschäftsmodelle zu geben. Dafür hatte das FMStG bis zu 80 Milliarden Euro zum Einsatz von Eigenmitteln im "Sonderfonds für Finanzmarktstabilisierung (Soffin)" reserviert. Diese Möglichkeit wurde ergänzt durch die im Herbst 2009 verabschiedete "Erste Novelle zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz". Dieses "Bad-Bank-Gesetz" stellte Instrumente zur Verfügung, um aus der Krise heraus nach vorn gerichtete Geschäftsmodelle zu entwickeln. Mit beiden Ansätzen sollten einerseits die Voraussetzungen für die Neuausrichtung neuer Kernbanken geschaffen werden, während andererseits über die Abwicklungsbanken die ausgesonderten Portfolios über einen längeren Zeitraum wertschonend abgebaut werden konnten.

Veränderte Ertragsverhältnisse

Nur wenige Institute haben diese Möglichkeit genutzt. Eigenkapitalleistungen des Soffin haben nur die Commerzbank und die Aareal Bank beansprucht. Auf die staatlich gestützte Gründung von Abwicklungsbanken haben nur die WestLB und die Hypo Real Estate (HRE) zurückgegriffen. Warum diese Chance von der deutschen Kreditwirtschaft relativ zurückhaltend genutzt wurde, ist eine Frage, die nur aus der Verantwortlichkeit des Managements und der Eigentümer zu beantworten ist.

Die deutsche Bankwirtschaft hat damit allerdings auf die Option verzichtet, mit staatlicher Flankierung Voraussetzungen für zukünftige Geschäftsmodelle im Hinblick auf die Eigenkapitalausstattung, Portfoliobereinigung und auch für Strukturanpassungen zu schaffen. Sicher war nicht alles, was seit 2009 kam, vorauszusehen. Gleichwohl musste bewusst sein, dass zum einen die Bankordnungspolitik künftig durch die Intention geprägt sein wird, einen erneuten Kraftakt staatlicher Hilfe auszuschließen. Gleichermaßen war erkennbar, dass in Konsequenz der Krise Verwerfungen in der Struktur des Bankensektors zu erwarten sind.

Vier Entwicklungslinien

So ist es auch gekommen: Nach der Analyse von McKinsey haben sich im Zeitraum 2004 bis 2013 die Anteile der einzelnen deutschen Bankengruppen an den gesamten Aktiva des Sektors kaum verschoben. Deutlich verändert haben sich dagegen die Ertragsverhältnisse: Die Anteile der Sparkassen und der Genossenschaftsorganisationen stiegen, gemessen am Gewinn nach Steuern, im deutschen Bankenmarkt von 41 Prozent zwischen 2004 und 2007 auf 85 Prozent in den Jahren 2010 bis 2013. Die Vergleichsziffer für die einheimischen und ausländischen privaten Banken ist im gleichen Zeitraum von 52 Prozent auf 6 Prozent eingebrochen.5) Die Verbund-Organisationen sind insofern vergleichsweise stärker aus der Krise gekommen als die Privatbanken.

Dies alles ist Vergangenheit. Die Frage nach der Entwicklung der Branche ist nach vorn gerichtet. Für deren Beantwortung ist zunächst zu klären, welche Veränderungen des Umfelds künftige Tendenzen prägen und treiben werden. Darauf aufbauend kann abgeschätzt werden, in welche Richtung und in welchen Schrittfolgen der Sektor sich entwickeln wird. Deshalb sollte man mit den künftigen Herausforderungen an die Bankwirtschaft beginnen. Vier Entwicklungslinien sind hier zu nennen: Die Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen, die anhaltende Kulisse niedriger Zinsen, die Verschiebungen der Nachfrage nach Bankdienstleistungen und schließlich die Veränderungen in den Angebotsstrukturen der Finanzindustrie, insbesondere durch die Anwendung neuer Technologien. Diese vier Komplexe werden im Folgenden dargestellt. In einem zweiten Schritt wird dann der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen das Zusammenspiel dieser Entwicklungslinien auf die Ausformung künftiger Geschäftsmodelle hat.

Neue institutionelle Rahmenbedingungen

Zunächst zu den sich weiter verändernden institutionellen Rahmenbedingungen: Hier sind vor allem die wachsenden Anforderungen an das regulatorische Eigenkapital zu nennen. Die Stichworte sind Basel III, aufsichtsrechtliche Normierung der Risikomodelle, Eigenkapitalpuffer für die Gewährleistung der "Loss Absorption Capacity", konjunkturabhängige und institutsspezifische Eigenkapitalzuschläge. Zu diesem Komplex zählt ab 2019 auch die Leverage Ratio, welche die Summe der Aktiva in einem bestimmten Verhältnis zu den haftenden Mitteln begrenzt. Darüber hinaus bleibt abzuwarten, welche zusätzlichen Anforderungen durch den für das laufende Jahr vorgesehenen Stresstest der EBA ausgelöst werden. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang weiterhin die Ansätze zur Liquiditätsregulierung, die sogenannte "Liquidity Coverage Ratio" und die "Net Stable Funding Ratio". Die erste Norm, die "LCR", ist 2015 eingeführt worden, die zweite Regel, die "NSFR", soll im Jahr 2018 verbindlich werden.

Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit diese Kennziffern die Liquiditätssteuerung beeinflussen. Die restriktiven Effekte dieser Regeln auf die Refinanzierungsseite werden verstärkt durch die mittelbaren Konsequenzen aus "Solvency II": Unbesicherte Bankschuldverschreibungen werden durch eine hohe, ratingabhängig vorzunehmende Eigenkapitalunterlegung für die Assekuranz unattraktiver. Damit sinkt deren Bereitschaft zur Refinanzierung von Banken. Zusätzliche Bedeutung erhält dieser Effekt durch das Instrument des "Bail-in", mit dem die unbesicherten Schuldverschreibungen im europäischen Abwicklungssystem zur Rekapitalisierung der emittierenden Bank herangezogen werden sollen.

Aus der europäischen Bankordnungspolitik sind weitere Belastungen zu erwarten: Deutlich höhere Aufwände werden sich aus der Intensivierung der Europäischen Bankenaufsicht bis hin zur Einführung eines "Europäischen Kreditregisters" sowie aus der Dotierung eines harmonisierten Einlagensicherungsfonds und einer europäischen Abwicklungsfazilität ergeben. Schließlich wird die in Rede stehende, in Deutschland bereits durch das "Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen" angestoßene regulatorische Separierung von Geschäftsfeldern, zunächst Transformations- und dann auch zusätzlichen Steuerungsaufwand auslösen. Zusammenfassend bedeutet der künftige institutionelle Rahmen: höhere Eigenkapitalanforderungen und damit Anstieg der Eigenkapitalkosten, zunehmenden Steuerungsaufwand, tendenziell abnehmende Bedeutung bestimmter Bereiche des langfristigen Aktivgeschäftes, da institutionelle Anleger und Versicherer künftig dafür bessere regulatorische Voraussetzungen haben.

Geldpolitisches Konzept einer dauerhaften Niedrigzinspolitik

Ein weiterer Bestimmungsfaktor ist das geldpolitische Konzept einer dauerhaften Niedrigzinspolitik, das die Angebotspalette der Banken und deren Ertragslage nachhaltig verändert. Die Struktur der Refinanzierungsseite wird kurzfristiger. Der Anteil der Sichteinlagen und anderer täglich fälliger Refinanzierungsmittel an den gesamten Passiva der deutschen Banken ist von 2007 bis heute von rund 17 Prozent auf rund 35 Prozent gestiegen. Dem steht ein hoher Anteil langfristiger Kredite von rund 46 Prozent aller Buchkredite gegenüber. Neben dem Zinsänderungsrisiko wächst damit auch das Zinsertragsrisiko: Bei einem wieder ansteigenden Zinsniveau würden die Refinanzierungskosten schneller zunehmen, da wegen der anderen Laufzeitenstruktur Zinsanpassungen auf der Aktivseite nur mit Verzögerungen möglich sind.

Hinzu kommt die strukturelle Belastung der Ertragsseite durch die Niedrigzinspolitik: Die Zinsspanne ist nicht beliebig dehnbar und der Einbruch im Zinsergebnis ist durch die Erhöhung von Provisionen und Gebühren nur teilweise kompensierbar.6) Zu allem addieren sich - letztlich auch infolge der Niedrigzinspolitik - die Effekte aus den Pensionsverpflichtungen für die Rücklagen-Dotierung in den Bankbilanzen. Der niedrige Zins führt bei der IFRS-Rechnungslegung durch das Absinken des Barwertes gebildeter Vorsorge zu Aufstockungen der Rückstellungen; in der HGB-Bilanzierung müssen die Direktzusagen erhöht werden.

Veränderungen sind auf der Nachfrageseite

Welche Veränderungen sind auf der Nachfrageseite zu erwarten? Hier sind bereits jetzt zwei Tendenzen festzustellen, die auch künftig bestimmend sein werden: Zum einen bewegen sich die Kunden zunehmend flotierend. Die Haltung, sich nur einem Bankpartner anzuvertrauen, das Hausbankprinzip, hat sich nahezu verflüchtigt. Die Auswahl des Anbieters wird in Ansehung von Umfang und Struktur des einzelnen Geschäftes fallweise getroffen.

Entgegen ihres propagierten Selbstverständnisses stellen die Banken ihrerseits den Kunden nicht immer in den Mittelpunkt des Vertriebs. Wo das Profit-Center-Denken die Organisationsstruktur prägt, verschiebt sich der Fokus vom Kunden auf andere Steuerungsgrößen. Die Banken selbst haben den Kunden zu Vagabunden gemacht: Ist das Geschäft "Deal"-getrieben, hat ein Verständnis als Hausbank wenig Platz. Und wo aus Gründen der Portfolio- und Risikosteuerung Teile des Aktivgeschäftes gebündelt, verbrieft und an Dritte mit dem Argument weiterveräußert werden, der Kapitalmarkt könne auf diese Weise am Geschäftsmodell der verbriefenden Bank teilhaben, löst sich auch deshalb die Kundenbindung auf.

Auch die Demografie wird künftig das Verhalten der Bankkunden deutlich beeinflussen. Die derzeitige Rentnergeneration hat zwar eine niedrige, im Durchschnitt aber positive Sparquote. Künftige Kohorten werden dagegen stärker darauf angewiesen sein, Teile ihres angesparten Vermögens zu verbrauchen, um den Lebensstandard aufrechtzuerhalten, auch weil infolge der Niedrigzinsphase die Leistungen der Altersvorsorge geringer werden.7) Als Konsequenz wird die Sparquote der Älteren tendenziell sinken, mit deutlichen Rückwirkungen auf die Refinanzierungsseite der Banken. Das relative Gewicht der Einlagenseite an den gesamten Passiva wird auch aus diesen Gründen künftig noch stärker als in den vergangenen Jahren zurückgehen.

Veränderungen auf der Angebotsseite

Nun zu den Veränderungen auf der Angebotsseite: Hier wird - generell gesprochen - der Druck durch neue Wettbewerber zunehmen. Zum einen wird - wie erwähnt - die anhaltende Niedrigzinsphase Versicherungen, institutionelle Anleger und Vermögensverwalter veranlassen, ihren Aktionsradius zu erweitern, zumal die regulatorischen Voraussetzungen für diese Expansion, etwa durch die Anpassung der Anlagevorschriften bei der Assekuranz, geschaffen werden. Zum anderen wird die Konkurrenz durch Schattenbanken zunehmen. Der Begriff "Schattenbanken" verdeckt, dass diese Institute am Markt durchaus sichtbar als Mittler bei der Bereitstellung von Finanzierungsmitteln und bei der Geldvermögensbildung im Zuge der Finanzintermediation agieren.8) Sie betreiben aber ihr Bankgeschäft weitgehend außerhalb der Aufsichtsnormen und ohne den Schirm einer Einlagensicherung.

Die in Umfang und Intensität zunehmende Regulierung bei den Banken hat das Wachstum dieser Institute befördert. Ihr Geschäftsvolumen ist weltweit vom Anfang des Jahrtausends bis heute von rund 22 Billiarden Dollar auf rund 75 Billiarden Dollar gewachsen. Der Sektor ist mittlerweile halb so groß wie der reguläre Bankensektor. Neuere Ausprägungen des Schattenbanken-Sektors sind Finanzierungsformen, die sich der Möglichkeit des Internets und der Digitalisierung bedienen.9) Dazu zählen zum Beispiel die Vermittlung von Krediten zwischen Privatpersonen oder Banken (Peer to Peer), die gemeinsame Finanzierung von Projekten durch Kleinanleger (Crowdfunding), das Angebot von Kreditfonds und Zahlungen über mobile Endgeräte. Andere Varianten spezifischer Finanzdienstleistungen bedienen sich der Möglichkeit der Blockchain-Technologie, etwa im Zahlungsverkehr und in der Vermögensverwaltung und -anlage.

Vor allem Internetriesen wie Apple, Google, Facebook und Alibaba zeichnen sich als künftige Konkurrenten des Bankensektors ab. Für diese sind finanzwirtschaftliche Dienstleistungen eine attraktive Ergänzung ihrer Plattform-Ökonomie. Die neuen Wettbewerber verfügen über Datenmengen, die ihnen einen entscheidenden Vorteil verschaffen: Sie sind unmittelbarer am Kunden als die Banken. Viele Informationen, die der Bankberater oder der Vermögensverwalter bislang erst mühsam erfragen musste und welche die Kunden vielleicht nicht über sich preisgeben wollen, können diese Anbieter aus deren Netzprofil und -verhalten ablesen. Es wird ein umfassender Zugriff auf die Kunden-Schnittstelle möglich. Die Digitalisierung greift aber nicht nur nach vorn zum Markt und zum Kunden. Sie bietet auch erhebliche Potenziale im Backoffice, bei der Risikosteuerung, für die regulatorische Infrastruktur und für Kreditbearbeitung und -abwicklung.

Weiterer Rückgang der Eigenkapitalrentabilität

Fasst man die genannten Entwicklungen zusammen, so ist ein weiterer Rückgang der Eigenkapitalrentabilität in der Bankindustrie zu erwarten. Für die von der EZB beaufsichtigten deutschen Banken errechnete sich für 2014 ein aufsichtsrechtlicher "RORAC" (Return on Risk Adjusted Capital) von durchschnittlich 5,4 Prozent. Die Bundesbank10) gibt die Eigenkapitalrentabilität aller deutschen Banken für 2014 nach der GuV-Statistik vor Steuern mit 5,66 Prozent, nach Steuern mit 3,28 Prozent an. Das relativ niedrige Niveau dieser Kennziffer ist teilweise auf Nachwehen der Finanzkrise, auf die aufsichtsrechtlich geforderten Erhöhungen des Eigenkapitals und auf die anhaltende Niedrigzinsphase zurückzuführen. Aber auch unabhängig von diesen "Sonderfaktoren" spricht mit Blick auf die erwähnten zusätzlichen Anforderungen an das Eigenkapital und an die veränderte Refinanzierungsstruktur wenig für einen künftigen Anstieg dieser Quote.

Welche Perspektiven ergeben sich daraus für die künftige Angebots- und Bankenstruktur? Die volkswirtschaftlichen Funktionen der Banken - Fristentransformation, Risikotransformation und Losgrößentransformation - werden zunehmend nicht mehr in einem Geschäftsmodell gebündelt werden. Sie werden Kern des Marktantritts entsprechend spezialisierter Institute, die so die regulatorischen Kosten besser steuern und entsprechende Degressions- und Skaleneffekte verwirklichen können. Dies wird mit einer Spezialisierung als "Vertriebsbank", "Produkterstellungsbank" und "Transaktionsbank" einhergehen. Das Geschäftsmodell der Universalbank wird auch deshalb an Bedeutung verlieren, weil die Kreditinstitute vom Markt immer weniger als Hausbank gefordert werden.

Die erwähnten Veränderungen in den Refinanzierungsbedingungen werden die langfristigen Ausleihungen zunehmend in den Bereich der Versicherungen, Fonds und institutionellen Anleger verlagern. Auch Fusionen zwischen Banken werden künftig eher durch die Absicht veranlasst sein, Kernkompetenzen zu bündeln und so Degressionseffekte zu verwirklichen als durch das Motiv, zusätzliche Marktanteile zu sichern. Die für einen zusätzlichen Marktantritt notwendigen Investitionen in die Steuerungsfähigkeit der damit komplexer werdenden Strukturen und die höheren regulatorisch bedingten Kosten, etwa für zusätzliches Eigenkapital, werden hier deutlich retardierend wirken. Die anhaltende Niedrigzinsphase und die damit verbundene strukturelle Ertragsschwäche sind mit Zusammenschlüssen allein nicht zu überwinden. Anstatt - wie jüngst die EZB - europäische Bankenfusionen als Perspektive der künftigen Bankenstruktur zu empfehlen, sollte man die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors durch konsequente Anwendung der europäischen Abwicklungsinstrumente erhöhen.

Bereinigtes Angebot von Investmentbanken

Das traditionelle Angebot von Investment-Banken angelsächsischer Prägung wird bereinigt werden: Das Austrocknen der Verbriefungsmärkte und regulatorische Normen stellen das Geschäftsmodell des "By-Management-Sale" beziehungsweise des "Originate and Distribute" nachhaltig infrage. Die Märkte absorbieren bereits heute die gehebelten Produkte wegen der intransparenten Risiken nur noch eingeschränkt und die Bankenaufsicht wird deren Vertrieb künftig eher noch schärferen Restriktionen und Sanktionen als bislang unterwerfen. Das Angebot dieser Produkte, auch in der Funktion des "Market-Maker", ist mit Blick auf die Eigenkapital-Oppor tunität und wegen der hohen Kosten der Beherrschung der diesen Produkten inhärenten Risiken kaum noch attraktiv. Dazu kommt, dass durch den Ankauf der Finanzierungstitel öffentlicher und privater Emittenten durch die EZB der Markt in diesen Segmenten immer enger wird.

Die Verbünde, also die Sparkassenorganisation und die Gruppe der Volks- und Raiffeisenbanken, sind zwar - wie erwähnt - relativ stabil durch die Krise gekommen. Aber auch sie stehen vor Herausforderungen: Die regulatorischen Vorgaben belasten offensichtlich kleine und mittlere Institute stärker11), kompensatorisch werden noch konsequentere Schnitte auf der Kostenseite notwendig werden. Der strukturelle Passivüberhang erfordert eine noch stärkere Verzahnung der Verbundpartner im zinstragenden Geschäft.

Die neuen Medien werden Anlass sein, dass gesamte Vertriebskonzept zu überdenken, gleichzeitig müssen mit der Ausdünnung des Filialnetzes die Kundenberatung und die Erbringung der Dienstleistungen onlinefähig gestaltet und in Potenziale wie Web 2.0, Big Data, E- oder Mobil-Web transformiert werden. Schließlich werden die Verbundpartner (Landesbanken, Versicherungen, Fondsgesellschaften, Bausparkassen) noch stärker kooperieren müssen. Im Genossenschaftsbereich sind diese Prozesse bereits relativ weit fortgeschritten und sie werden mit der Zusammenfügung der DZ-Bank und der WGZ-Bank einen vorläufigen Abschluss finden.

Die sogenannte Konsolidierung des Bankensektors, das heißt die "Bereinigung" der Angebotsseite durch Ausscheiden von Instituten aus der Konkurrenz, sollte in einer marktwirtschaftlichen Ordnung dem Wettbewerb überlassen bleiben.12) Dessen Funktionsfähigkeit ist nicht nach der Anzahl der Wettbewerber, sondern nach dem Marktergebnis zu beurteilen. Insofern geht die immer wiederkehrende Diskussion darüber, ob Märkte "overbanked" sind, an der Sache vorbei. Angesichts der geplanten Überprüfung auch der Geschäftsmodelle durch die Europäische Bankenaufsicht besteht eher die Gefahr der strategischen Angleichung der Wettbewerber mit der Konsequenz einer neuen Kategorie systemischer Risiken. Künftig wird für wett bewerbsfähige Strukturen die Frage entscheidend sein, dass die in der EU geschaffenen Instrumente zur Restrukturierung und Abwicklung nicht lebensfähiger Banken auch tatsächlich eingesetzt werden.

Risikotragfähigkeit im Blick

Bislang ist dies zu bezweifeln.13) Zum einen enthält die dafür auf den Weg gebrachte Richtlinie eine ganze Reihe von Ausnahmeklauseln, mit denen ein solcher Schritt aufgeschoben oder ganz suspendiert werden kann. Zum anderen zeigt sich, dass selbst deutlich negative Befunde des EZB-Stresstests von 2014 nicht Anlass für eine Abwicklung der zum Beispiel betroffenen vier italienischen Banken, sondern für eine staatlich organisierte Restrukturierung sind. Die im Zusammenhang mit einer gesamtwirtschaftlich wünschenswerten Bankenstruktur immer wieder vorgetragene Behauptung, die Realwirtschaft großer Industrienationen bedürfe bankwirtschaftlicher Begleiter in der Dimension eines "Global Player" ignoriert die Wirkungskräfte des Marktes auf die Risikotragfähigkeit. Diese sollte das Geschäftsmodell einer Bank entscheidend bestimmen.

Eine normative Kategorie der Bankordnungspolitik sollte dieser Banktyp schon deshalb nicht sein, weil er die Gefahr der abnehmenden Steuerbarkeit in sich birgt, und mit dem Argument "too big to fail" schließlich die Risiken seiner Geschäftspolitik auf den Steuerzahler abgewälzt werden. Worum es geht, zeigen jüngste Entwicklungen in den USA. Hier haben die Bankenaufsicht und die Einlagensicherung die von fünf US-amerikanischen Großbanken (darunter Wells Fargo und JP Morgan) eingereichten "Testamente" mit der Begründung zurückgewiesen, sie seien nicht nachvollziehbar. Dies ist im Kern ein bankordnungspolitischer Offenbarungseid und lässt wenig Gutes ahnen.

Verquickung zwischen öffentlichen Händen und Finanzindustrie

Ordnungspolitischer Handlungsbedarf besteht auch bei der unheilvollen Verquickung zwischen den öffentlichen Händen und der Finanzindustrie. Die regulatorische Privilegierung der Staatskredite führt dazu, dass allein durch die Finanzierung des öffentlichen Sektors auch solche Banken lebensfähig bleiben, die im Kern kein tragfähiges Geschäftsmodell aufweisen. Diese Fehlentwicklung wird zusätzlich gestützt durch das geldpolitisch motivierte Ankaufsprogramm der EZB, bei dem - mit tendenziell sinkenden Bonitätsanforderungen hinsichtlich der angekauften Wertpapiere - risikolose (weil bei der EZB einreichbare) Aktiva erworben und diese gegen preisgünstige Refinanzierungsmittel der EZB wieder angedient werden können. Die so geschützten Banken haben deshalb keinen Anlass, ihre Strukturen zu verändern. Es hat sich gezeigt, dass auch Staatspapiere nicht risikolos sind. Insofern ist deren Unterlegung mit Eigenkapital keine Frage des "Ob", sondern nur eine des "Wie" des notwendigen Anpassungsprozesses.

Eine völlig neue Strukturperspektive wird mit der Digitalisierung der Bankindustrie eröffnet. Diese wird keine gradlinige Entwicklung sein. Einige der neuen "Fintech"-Anbieter werden - und das ist schon zu beobachten - das Feld wieder verlassen. Andere dieser "Player" werden mit den traditionellen Banken kooperieren, die ihrerseits interessiert sind, ihre Angebots- und Abwicklungsmöglichkeiten zu ergänzen. Die se Prozesse sind in vollem Gang, Beispiele sind die Ing-Diba, die Commerzbank, die Bank Santander und die norwegische DNB Nord. Die Bedeutung der filialisierten Universalbank wird auch deshalb stetig zurückgehen.

Zur Erinnerung: Die Zahl der Bankfilialen betrug in Deutschland vor 20 Jahren rund 68 000, im Jahr 2014 lag sie bei 35 000, für 2035 schätzt die KfW deren Anzahl auf rund 20 000. Selbst zur Kontoeröffnung wird die Filiale in absehbarer Zeit nicht mehr gebraucht. In vier bis fünf Jahren werden für die Mehrheit der Bankkunden die Daten dafür zum Beispiel auf Apps herunter geladen, statt Konten in einer Filiale zu eröffnen. Bereits heute können Kunden ein Konto in rechtskonformer Online-Kommunikation per Video-Chat erhalten, indem sie ihren Pass in die Kamera von Rechnern oder Smartphones halten. Die Filialen werden bei diesem Prozess nicht überflüssig, sie erhalten aber eine neue Funktion. Sie sind weiter Anlaufstelle der persönlichen Beratung. Dieser geht in den ersten Phasen vermutlich aber eine Kundenauswahl durch Multikanalberater per Chat und Video voraus.

"Blockchain"-Ansatz und "Distributed Ledger"-Technologie

Die Digitalisierung findet dann in der Filiale selbst statt, wo der Kunde mit der neuen Technik vertraut gemacht wird. Die Bonität von Kreditnehmern wird zum Beispiel mit einem selbstlernenden Computerprogramm anhand von Spuren der Nutzer im Internet ermittelt. Es wird aber nicht nur um den Markt, den Marktzugang und um den Dialog mit den Kunden gehen - es wird eine höhere Effizienz in den Backoffice-Bereich möglich, etwa in der Wertpapier- und Zahlungsverkehrsabwicklung. Hier werden der "Blockchain"-Ansatz und die "Distributed Ledger"-Technologie neue Perspektiven eröffnen: Sie bieten Werkzeuge zur Aufzeichnung, Abwicklung und Sicherung von Transaktionen.

Dies alles hat zu einer Hype der Einschätzung des Wachstumspotenzials der Fintechs im Banken- und Versicherungsbereich geführt. Der weltweite Umsatz dieser Unternehmen stieg von 5 Milliarden Euro 2013 auf 25 Milliarden Euro 2015, in Deutschland lag er im gleichen Jahr bei rund 580 Millionen Euro. Ähnliche Wachstumsraten weist die Attrahierung von Kapital für Investitionen in diese Segmente auf. Welche unternehmerischen Strukturen stehen hinter diesem Befund? Das Geschäftsmodell der Fintechs beruht auf dem direkten Zugriff von Kundendaten, deren Kombination und Konfiguration. Damit erkennen oder erzeugen sie Nachfrage. Sie werden zum unmittelbaren Partner des Kunden, zu dessen direkten Lie feranten der Leistung. Diese erstellen sie nicht selbst und sie halten diese auch nicht vor. Sie verschaffen sich vielmehr Verfügungsrechte über entsprechende Infrastrukturen.

Die Wertschöpfung besteht in der Identifizierung der Nachfrage und in der Organisation der dafür notwendigen Produktion. Das unternehmerische Risiko übernehmen sie nur für die Phase 2, das heißt für die Vermarktung, nicht aber für die Phase 1 des Prozesses, für die Erstellung. Für die Phase 1, und für die dort notwendigen Investitionen in Steuerungs-, Kontroll- und Abwicklungsfunktionen, versuchen sie zunehmend, Banken als Partner zu gewinnen, die diese Leistungen, angefangen von der Kontoführung, in Gemeinschaftsunternehmen oder Kooperationen erbringen. Für diese Bankpartner stellt sich dann die Frage des Haftungs- und Reputationsrisikos. Sowohl aus diesen Gründen als auch mit Blick auf eine einheitliche kundenzentrierte Steuerung werden diese Partner die Fintechs wirtschaftlich und rechtlich zunehmend in einem unternehmerischen Verbund integrieren.

Perspektivischer Korridor

Versucht man, die genannten Ansätze in einen perspektivischem Korridor zusammenzufassen, so zeichnet sich auf mittlere Sicht folgendes Bild ab: Der Weg der Vertriebsstruktur führt über die Online-Kontoeröffnung zu einer Multikanal-Bank. Dabei steht hinter dem Kundenkontakt eine einzige digitale Plattform, die mit einer ebenfalls einheitlichen IT-Basis verknüpft ist. Der Kunde kann mit seiner App oder mit seinem Computer auf die gleiche Datenbank zurückgreifen wie die Bank. Die Papier- und Postwege fallen weg, der Regulator genehmigt für ein Produkt nur noch einen Prozess und nicht mehrere. Aus den Daten der Kunden werden - deren Zustimmung vorausgesetzt - in einer zweiten Phase passgenaue Angebote entwickelt.

Der folgende Schritt in dieser Kette ist die Einbettung des Bankgeschäfts in die Geschäftssoftware der Kunden und die Abwicklung der Transaktion über Mobiltelefon. Das ist zum Beispiel das Geschäftsmodell der australischen Gesellschaft "Tyro Payments", die als Abwickler von Kreditkartenzahlungen aus dem Stand heraus eine große Anzahl von Kunden mit diesem Angebot bedienen kann. Wie überhaupt mit der Digitalisierung neue Anbieter auf den Plan treten, die bereits jetzt über eine kritische Kundenmasse verfügen. So wird die "Telefónica" mit 53 Millionen Mobilfunkanschlüssen über ihre Tochter O2 in Kooperation mit der Fidor-Bank in München mit einer App ein Konto für eine Reihe von Bankdienstleistungen offerieren. Der Wettbewerb reagiert darauf, zum Beispiel mit einem vergleichbaren Angebot der Deutschen Bank und mit einer Giro-App acht deutscher Großsparkassen (Your Money).

Maxime der Gleichbehandlung

Diese Beispiele mögen genügen, um Tempo und Richtung der Prozesse zu kennzeichnen. Diese Entwicklungen stellen erhebliche Anforderungen an die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit in den tradierten Abläufen. In der Organisation der Banken wird die bislang prägende vertikale Struktur durch ein System horizontaler Informations- und Reaktionswege abgelöst werden. Die Grenzen zwischen Front-, Middle- und Backoffice werden fließend. Die Herausforderung wird darin bestehen, eine Fülle von Prozessen in einem einzigen System zu integrieren und dieses flexibel für neue Bedarfe der Kunden zu gestalten. Über die damit einhergehenden Chancen der Digitalisierung für das künftige Finanzdienstleistungsgeschäft sollte man allerdings nicht die Bedingungen vergessen, an denen die Hebung dieser Potenziale gebunden ist.

Eine entscheidende Voraussetzung für die Akzeptanz und die Penetration dieser neuen Angebotsmöglichkeiten in den Markt wird die Reaktion des Normengebers auf diese neuen Formen des Bankings sein. Hier kann mittel- und langfristig nur die Maxime gelten "gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regeln", auch um systemische Risiken zu vermeiden. "Fintechs" können nicht dauerhaft im rechtsfreien Raum agieren. Sofern sie rechtlich selbstständig sind, benötigen sie Genehmigungen nach dem Kreditwesengesetz, nach dem Versicherungsaufsichts-, nach dem Zahlungsdienstaufsichtsgesetz oder nach der Gewerbeordnung. Zurzeit genießen die Fintechs teilweise aufsichtsrechtliche Privilegien, so zum Beispiel durch das im Juni 2015 verabschiedete "Kleinanlegerschutzgesetz". Die BaFin hat darüber hinaus im Mai 2015 in einem Rundschreiben ihre bisherige Verwaltungspraxis für Kreditfonds angepasst, sodass diese künftig nach rangige Direktdarlehen an Dritte vergeben dürfen.

Mittel- und langfristig kann allerdings nur die Maxime der Gleichbehandlung gelten. Dies ist auch deshalb geboten, weil kontoführende Banken die Geschäftsmodelle flankieren und damit die Einlagensicherung angesprochen ist. Es liegt noch nicht lange zurück, dass man mit zwei Finanzmarktförderungsgesetzen bewährte Regeln des Gewerbes außer Kraft gesetzt und damit einen Brandbeschleuniger für die Krise 2008/2009 geschaffen hat. Dies sollte sich nicht wiederholen. Die jüngsten Entwicklungen bei "Lending Club" und "Cash cloud" signalisieren Handlungsbedarf. Insgesamt muss der Gesetzgeber eine vernünftige Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit der neuen Ansätze und dem Anlegerschutz schaffen. Der ordnungspolitische Ansatzpunkt sollte nicht die institutionelle Verfasstheit der Anbieter, sondern die wirtschaftliche Struktur der von ihnen betriebenen Geschäfte und der entsprechenden Produkte sein.

Vertrauen

Der rechtliche Rahmen ist das Eine. Mindestens genauso entscheidend für die Akzeptanz des Neuen wird das Vertrauen der Klientel in Qualität, Geschwindigkeit und Sicherheit der neuen Prozesse sein. Langfristig wird das Kundenverhalten vom künftigen individuellen Stellenwert persönlicher Daten und von einem effektiven Schutz vor Cyber-Kriminalität abhängen. Analysen zeigen, dass in Deutschland, im Vergleich etwa zu den USA und Groß britannien, die Affinität für elektronische Medien bei der Versorgung mit Finanzdienstleistungen noch nicht sehr aus geprägt ist. Auch insofern sollte man mit Extrapolationen hinsichtlich der Diffusion dieser Ansätze vorsichtig sein. Allerdings wird der Aufgabenkatalog deutlich, der auf dem Weg in die neuen Wettbewerbsstrukturen von den Banken abgearbeitet werden muss: Anpassung der Geschäftsportfolien durch radikale Reduktion der Komplexität und Fokussierung auf Geschäftsfelder mit klarem Wettbewerbsvorteil, durchgehende Automatisierung aller Kernprozesse "end to end" bei gleichzeitiger Stärkung der digitalen Kanäle und der Interaktion mit den Kunden, Verringerung der organisatorischen Komplexität und der Wertschöpfungs tiefe, Modernisierung der IT-Infrastruktur, Abbau der fragmentierten Altsysteme und Investitionen in die Digi talisierung, Bereitstellung offener Schnittstellen zur Einbindung bankfremder Lösungen zur Optimierung operativer Prozesse.

Zurück zur Ausgangsfrage: Muss der Blick in die Zukunft von Kassandra-Rufen begleitet sein? Nein. Es wird auch künftig eine vitale Finanzindustrie geben, aber eine andere als heute. Bill Gates hat bereits 1994 prophezeit: "Banking wird es immer geben, dazu braucht man künftig aber keine Banken." Wahrscheinlich werden wir ein Beispiel für den Schumpeter'schen Prozess einer produktiven Zerstörung erleben. Die Herausforderung der Finanzindustrie wird es sein, sich in der Metamorphose zwischen Regulierung und Digitalisierung neu zu erfinden.

Fußnoten

1) Vgl. Studienkommission für Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft, Bonn 1979, Tz. 641.

2) A. Herrhausen: Wettbewerb und Regulierung in der Kreditwirtschaft, Tübingen 1983, S. 8.

3) Vgl. Bain u. Company: Deutschlands Banken 2015 - Die 25 Milliarden-Ergebnislücke, München 2015; McKinsey u. Company: The road ahead - Perspectives on German Banking, Düsseldorf 2016.

4) Vgl. A. Dübel: The Capital Structure of Banks and Practice of Bank Restructuring, Center of Financial Studies, Frankfurt/M. 2014.

5) Vgl. McKinsey, a.a.O.

6) Vgl. Deutsche Bundesbank: Strukturelle Entwicklungen im deutschen Bankensektor, Monatsbericht April 2015, S. 15ff.

7) Vgl. Dies.: Das Spar- und Anlageverhalten privater Haushalte in Deutschland vor dem Hintergrund des Niedrigzinsumfelds, Monatsbericht Oktober 2015, S. 13ff.

8) Vgl. Dies.: Finanzstabilitätsbericht, Frankfurt/M. 2015, S. 59ff.

9) Vgl. PwC: FinTech-Background, Marktverknüpfungen, Regulierung, Frankfurt/M. 2015; vgl. auch die Beiträge von P. Laucks, R. Freitag, R. Hoffmann, M. Schnell, B. Rose, S. Paxmann, S. Rossbach in Bank und Markt, Jg. 2015, Heft 12.

10) Vgl. Deutsche Bundesbank: Eigenkapitalrentabilität deutscher Banken - Interpretation und Einflussfaktoren, Monatsbericht September 2015, S. 62ff.

11) Vgl. A. Hackethal, R. Inders: Auswirkungen der Regulatorik auf kleine und mittlere Banken, Frankfurt/M. 2015.

12) Vgl. K. Koehler: Market Structure and Competition in German Banking, Deutsche Bundesbank, Frankfurt/M. 2013.

13) Vgl. H. Rehm: Die Europäische Bankenunion - Ein Beitrag zur internationalen Bankordnungspolitik, Frankfurt/M. 2015, S. 39ff.

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