Konsolidierung

The same procedure

Auch in dieser Hinsicht wird das neue Jahr eine Fortsetzung des alten sein: Die Welt im Allgemeinen und die Bundesrepublik im Besonderen hat zu viele Banken. Das ist überhaupt keine neue Erkenntnis. Mindestens schon eine halbe Generation von Diplomanden, Doktoranden und Habilitanden durfte sie vorstellen und begründen. Und auch Berater wie Bankenaufseher, Politiker wie Medien arbeiten sich seit vielen Jahren an dieser Feststellung ab. Denn die verantwortlichen Praktiker wollen den klugen Empfehlungen einfach nicht in ausreichender Zahl folgen. So der allgemeine Eindruck.

Doch der kann auch täuschen. So ist die absolute Zahl an Banken und Sparkassen in Deutschland europaweit zwar immer noch nahezu einsame Spitze. Von den über 4 000 Instituten in der Eurozone und knapp 6 000 Häusern in den 28 Ländern der Europäischen Union kamen 2019 laut Zahlen der Deutschen Bundesbank 1 511 aus der Bundesrepublik. Zum Vergleich: Ende des Jahres 2019 waren laut European Banking Federation in Italien 485 Banken und Sparkassen aktiv, in Frankreich 340, in Großbritannien 364, von denen aber nur 120 ihr Hauptquartier im Vereinigten Königreich haben, und in Spanien 115. So weit mag die Eingangsthese also stimmen. Die Spitzenposition hat Deutschland aber auch bei Konsolidierungen inne. Allein 2019 sank die Zahl der Banken hierzulande um 51. Es folgen mit weitem Abstand Österreich mit 23 Abgängen sowie Polen und Italien mit jeweils 18. In den vergangenen 30 Jahren sind in Deutschland mehr als 2 700 Institute aus dem Markt ausgeschieden, allein seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 waren es rund 500. Und das alles mit wenigen Ausnahmen mit sehr geringen Auswirkungen auf die Finanzstabilität und die Kunden durch Zusammenschlüsse mit anderen Häusern.

Diese Häufung von Fusionen in den vergangenen Jahren ist natürlich eine Folge des allgemeinen Marktumfelds. Die niedrigen bis kaum mehr vorhandenen Zinsen nehmen fast alle auskömmlichen Ertragspotenziale. Bleibt das, was sich allgemein unter der Größe "Rationalisierungspotenzial" zusammenfassen lässt. Doch diese Möglichkeiten werden bei allen noch vorhandenen Optimierungen immer kleiner. Die bedingungslos marktorientierte Bank des fortschreitenden 21. Jahrhunderts hat längst ihre wesentlichen Hausaufgaben gemacht. Intensität und Extensität ihrer Marktleistungen sind so gut organsiert wie noch nie. Doch unangenehmerweise verlangt der erbarmungslose Wettbewerb bei Finanzdienstleistungen mittlerweile auch sehr hohe Servicequalitäten. Die Bank kann nicht mehr nur "ein bisschen" in die interessanten Bereiche investieren, sondern sie braucht unbedingt schon als Mindestausstattung eine hervorragende Technik und ebensolches Personal. Weniger geht nicht mehr.

Wo die Überschüsse also bisher schon knapp waren, drohen sie durch die Mindestanforderungen an "modernes Banking" gar nicht mehr zu reichen. Wo die Ergebnisse bislang noch einigermaßen auskömmlich waren, werden sie durch die vielen neuen Investitionen nicht zwangsläufig besser. Der Ausweg sind Zusammenschlüsse. Denn ganz gleich, was Vorstände ihrer Öffentlichkeit und ihrer Belegschaft erzählen müssen, wenn fusioniert werden soll - im Kern geht es doch immer darum, dass jeder effiziente Bankbetrieb das meiste jedes anderen miterledigen kann. Leider funktioniert das. Auch weil es der Kundschaft von morgen zunehmend gleichgültiger wird, vom wem sie ihre Bankdienstleistung bezieht, solange alles funktioniert. Hier kann nur wirklich gute Markenpflege ein ganz klein wenig helfen. Die Fusionen werden aber weitergehen. Und wie immer werden viele sagen: Nicht schnell genug!

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