Commerzbank

Spekulativ

Quelle: Commerzbank

Die deutsche Bankencommunity horcht auf. Der amerikanische Finanzinvestor, der sich selbst den Namen "Höllenhund" gegeben hat, investiert im Sommer 2017 in eine deutsche Großbank. So geschehen durch die mindestens 5,01-Prozent-Beteiligung, die Cerberus Capital Management Ende Juli an der Commerzbank erwarb. 1992 von Stephen Feinberg gegründet gehört das in New York ansässige Unternehmen längst zu den großen Finanzhaien dieser Welt. Feinberg selbst wurde bereits 1999 von Fortune als einer der 40 reichsten Amerikaner unter 40 Jahren aufgelistet. Seit 2006 ist der frühere US-Finanzminister John W. Snow CEO des Finanzfonds. Zum Vorstand gehört außerdem der ehemalige US-Vizepräsident Dan Quayle. Cerberus lebt davon, sich an Unternehmen zu beteiligen und diese nach einer Umstrukturierung mit ordentlichem Gewinn weiterzuveräußern. Cerberus ist kein strategischer Investor, der Unternehmen mit Fremdkapital unterstützt.

Genau an diesem Punkt beginnen aber die Spekulationen. Was sieht Cerberus im deutschen Bankenmarkt, was andere nicht sehen? Wo sind derzeit hierzulande die Wachstumschancen? Lauscht man den deutschen Verantwortlichen, klingt die Lage nämlich alles andere als rosig. Die Gewinne sinken, die Umstellung auf Digitalisierung kostet viel Geld, die Regulatorik behindert das Geschäft und erhöht den Aufwand ...

Das alles hat auch das Objekt der Begierde zu spüren bekommen. Das Vorsteuerergebnis der Commerzbank brach bedingt durch Restrukturierungsaufwendungen in Höhe von 807 Millionen Euro im Zuge verhaltener Märkte ein, das Frankfurter Geldhaus verbuchte per 30. Juni 2017 einen Verlust von fast 300 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr 2016 betrug das Vorsteuerergebnis noch 593 Millionen Euro. Unter dem Strich steht für das erste Halbjahr sogar ein Verlust von über 600 Millionen Euro. Und auch das operative Ergebnis zeigte deutliche Bremsspuren und fiel von 633 Millionen Euro auf 515 Millionen Euro. Im zweiten Quartal betrug das operative Ergebnis nur noch 183 Millionen Euro, weil sowohl der Zinsüberschuss als auch der Provisionsüberschuss als Hauptertragstreiber die Erwartungen weit verfehlten. Und trotzdem investiert Cerberus. Das ist doch zunächst mal ein positives Signal, dass eine deutsche Bank wieder attraktiv genug für einen solchen Schritt ist.

Spekulation 1: Man kann aus Sicht eines wachstumsorientierten Investors auf eine Zinswende wetten. Die Commerzbank legt ihren Fokus auf das Privatkunden- und Mittelstandsgeschäft in Deutschland, ist dabei stark wachstumsorientiert, allein im ersten Halbjahr wurden 500 000 neue Kunden gewonnen, und kann dadurch von höheren Zinsen und (hoffentlich) auch besseren Margen profitieren. Wann die EZB von ihrer expansiven Geldpolitik abrückt, ist allerdings ebenso schwer zu beantworten wie die Frage, wie sich ein Zinsanstieg im Ergebnis der Commerzbank niederschlagen wird. Denn das Frankfurter Geldhaus ist bereits heute sehr aktiv auf der Kreditseite unterwegs, hat sich enorme Volumina in der Baufinanzierung eingekauft, die dann natürlich angesichts höherer Refinanzierungskosten zu einer Belastung werden könnten. Vermutlich ist das selbst Cerberus zu spekulativ.

Bleibt Spekulation 2: Der Bund strebt nach der Bundestagswahl einen baldigen Ausstieg aus der Commerzbank an. Aktuell hält die Bundesrepublik Deutschland noch 15,6 Prozent an Deutschlands viertgrößtem Geldhaus, die dank der Kursverdoppelung in den vergangenen sechs Monaten wieder rund 2,2 Milliarden Euro wert sind. Das ist natürlich weit unter den Einstiegskursen: In der Finanzkrise hat sich die Bundesrepublik mit über 18 Milliarden Euro beteiligt, um eine Pleite der Commerzbank zu verhindern. 16,4 Milliarden Euro hat die Commerzbank bereits an den Bankenrettungsfonds zurückgezahlt, die noch verbliebene offene Position beläuft sich auf rund 5 Milliarden Euro. Die Wirtschaftswoche berichtet nun, dass der Bund nur noch 3,5 Milliarden Euro erlösen wolle, also auf rund 1,5 Milliarden Euro verzichtet. Dazu müsste die Aktie auf rund 18 Euro steigen.

Für den Ausstieg kommt sowohl eine Veräußerung über die Börse als auch der Verkauf an einen Interessenten in Betracht. Genannt werden schon seit Längerem die spanische Banco Santander oder die französische BNP Paribas, die ihre Position im deutschen Markt mit einem solchen Schritt natürlich deutlich stärken würden. Doch egal ob Verkauf oder (Teil-)Börsengang, ein solches Szenario schmeckt Cerberus, das gerade seine Beteiligung an der österreichischen Bawag, die jüngst die Südwestbank übernommen hat, an die Börse bringen will, natürlich deutlich besser: Überschaubarer Zeitrahmen und ein Plus von etwa 50 Prozent auf des Investment. So wird man reich. Für die Commerzbank selbst aber auch den Bankenmarkt in Deutschland ist es natürlich weniger schön. Der Blick nach München zeigt, was der Verlust der Eigenständigkeit aus einer ehedem stolzen und erfolgreichen Bank machen kann. Dabei braucht die Bundesrepublik angesichts ihrer Wirtschaftsstrukturen dringend mehrere große und erfolgreiche einheimische Banken, will sie den Amerikanern nicht gänzlich das Spielfeld auf den globalen Märkten überlassen.

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