Geschlossene Fonds: ausgebremst

Barbara Hummel

In den Zahlen des Fondsverbandes BVI, der den seit langem stark regulierten Teil der offenen Investmentfonds vertritt, haben die Neuerungen des KAGB ab dem überarbeiteten Grundgesetz der deutschen Fondsbranche keinen Einschnitt hinterlassen. Für das Jahr 2013 vermeldete der BVI für Investmentfonds einen neuen Höchstwert von 2 105 Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen, nach 2 036 Milliarden Euro im Jahr 2012. Und auch die bisher veröffentlichten Zahlen für 2014 muten positiv an. Das Neugeschäft der Fondsgesellschaften für die ersten zehn Monate des zurückliegenden Jahres 2014 summierte sich auf rund 80 Milliarden Euro.

Insgesamt erhöhte sich das von Fondsgesellschaften verwaltete Vermögen von 2 105 Milliarden Euro zu Jahresbeginn 2014 auf 2 326 Milliarden Euro Ende Oktober 2014. Auf Spezialfonds entfiel mit rund 1 200 Milliarden Euro knapp die Hälfte des Vermögens.

Hingegen hat das Kapitalanlagegesetzbuch die Branche der geschlossenen Fonds nach den deutlichen Einschnitten bei den platzierten Volumina während der Finanzkrise (vor allem 2007 bis 2009) seit Mitte 2013 ein weiteres Mal arg ausgebremst. Auch wenn aktuelle Zahlen Mangelware sind, zeigt sich doch eine Tendenz: Nach Daten des Bundesverbandes Sachwerte und Investmentvermögen (bsi, früher: Verband geschlossener Fonds, VGF) haben private Anleger im Jahr 2012 noch 3,1 Milliarden Euro in geschlossene Fonds investiert, 2013 waren es 2,3 Milliarden Euro. Bei Institutionellen wurden 1,9 Milliarden Euro Eigenkapital platziert, nach 1,4 Milliarden Euro im Jahr 2012. Für das Jahr 2014 steht eine Veröffentlichung der Daten in wenigen Wochen an. Eine Erhöhung der Gesamtzuflüsse gegenüber dem Vorjahr wäre jedoch eine Überraschung.

Die Zahlen verdeutlichen: Die neue Gesetzgebung hat das Umfeld zwar für alle Fondsgesellschaften verändert, am stärksten betroffen waren aber wie erwartet die geschlossenen Fonds. Sie sind mit dem KAGB vom wenig bis gar nicht regulierten in den voll regulierten Bereich übergegangen - mit allen Konsequenzen. Die Auswirkungen in den Bereichen Risikomanagement, Reporting, aber auch beim Vertrieb an Privatkunden waren dabei am größten. Zudem sticht die erstarkte Rolle der Verwahrstellen ins Auge, zu der die Unternehmen neue Schnittstellen ausbilden müssen.

Seit Inkrafttreten des KAGB waren die Anbieter geschlossener Investmentvermögen nun offenbar stärker mit Regulierung beschäftigt und durch sie lahmgelegt als mit dem Auflegen und dem Vertrieb neuer Produkte. Für die Unternehmen war und ist die Umstellung ein Kraftakt. Laut einer Umfrage des bsi unter seinen Mitgliedern aus dem Jahr 2014 (siehe Beitrag Eric Romba auf Seite 76) beliefen sich allein die anfänglichen Umsetzungskosten für die Unternehmen auf einen zweistelligen Millionenbetrag in Euro. Für die Zukunft wird der finanzielle Aufwand pro Unternehmen für die laufende Einhaltung der Vorgaben auf etwa eine halbe bis zwei Millionen Euro pro Jahr veranschlagt - insbesondere für die vielen kleinen Emissionshäuser, die geschlossene Fonds auflegen, ist das eine große Belastung.

Doch nicht nur die Kosten haben die Unternehmen in den zurückliegenden Monaten ausgebremst, die Zulassung der neuen Kapitalverwaltungsgesellschaften durch die BaFin hat auch lange gedauert, teilweise länger als ein halbes Jahr. Allein diese zeitliche Entschleunigung hat gemessen an der Zahl der Anbieter schon zu einer Verkleinerung dieses Marktbereiches geführt. Und diese dürfte auch dauerhaft sein: Unabhängig von Sichtweise und der Datenquelle der absoluten Zahlen wird sich die frühere Zahl der Initiatoren geschlossener Fonds von geschätzt rund 300 bis 360 vor dem Inkrafttreten des KAGB deutlich reduzieren. Caceis-Geschäftsführer Holger Sepp beispielsweise rechnet nicht damit, dass mehr als 60 bis 80 Häuser als zugelassene Kapitalverwaltungsgesellschaften für geschlossene Fonds auf Dauer übrig bleiben (siehe Redaktionsgespräch auf Seite 64). Und auch die Zulassung der einzelnen Produkte gestaltete sich anfangs zäher als erwartet. Nach Daten des bsi waren bis Ende 2014 erst 19 geschlossene Investmentvermögen für Privatanleger, sogenannte Publikums-AIF, im Vertrieb.

Für die einzelnen betroffenen Marktteilnehmer ist diese Entwicklung sicherlich schmerzhaft, mit ihr verbunden ist aber im Markt die Hoffnung, dass aufgrund der hohen Hürden, die alle diejenigen nehmen müssen, die neu zugelassen werden wollen, eine Verbesserung der Anbieterseite insgesamt einhergeht. Dadurch könnten sich auf lange Sicht auch die Imageprobleme lösen, die die Branche aufgrund einiger schwarzer Schafe unter den Anbietern durchaus noch plagen. Dass dieses Problem des zum Teil eher zweifelhaften Rufs noch vorhanden ist, machte gerade Anfang Dezember 2014 ein Beitrag in einer großen deutschen Tageszeitung deutlich, in dem geschlossene Fonds beziehungsweise Beteiligungen als "gefährliche Blendgranaten" bezeichnet werden.

Inzwischen signalisiert der Branchenverband bsi immerhin, dass sich die Arbeitsabläufe zwischen Regulierern und Anbietern zunehmend einspielen. Für die kommenden Monate und den Verlauf des Jahres 2015 wird daher mit einer Belebung der Produktwelt auch für Privatanleger gerechnet. Doch an dieser Stelle tut sich dann offenbar eine weitere Schwierigkeit auf. Die neuen Vertriebsprozesse über Banken sind anscheinend noch nicht flächendeckend etabliert. Erfolge vermelden hier die Volksund Raiffeisenbanken. Über ihren Dienstleister Pacta haben sie seit Ende Oktober 2014 einen ersten geschlossenen AIF im Vertrieb. Andreas Mense beschreibt in einem Beitrag in diesem Heft (siehe Seite 78), wie sich die Haftungsrisiken in der Beratung zu geschlossenen Investmentvermögen verhalten und wie die Vertriebe damit umgehen können.

Ob die Regulierung also dazu führen kann, dass Privatanleger sich noch weiter zurückziehen und stattdessen die professionellen Investoren die Oberhand gewinnen? Laut einer Befragung des bsi unter Marktteilnehmern sehen diese die höchste Nachfrage nach AIF im institutionellen Geschäft. Demgegenüber wird ein Rückgang oder Gleichbleiben der Nachfrage nach alternativen Investmentprodukten bei privaten Anlegern erwartet. Damit würde sich jedoch vor allem ein Trend verstärken, der sich schon in den vergangenen Jahren abzeichnete: Seit dem Jahr 2010 ist nach bsi-Daten der Anteil der Institutionellen an den jährlichen Mittelzuflüssen bereits von zehn auf über 40 Prozent gestiegen. Das hat der Branche keineswegs geschadet, eher ihre Professionalisierung unterstützt. Zudem vollziehen die geschlossenen Fonds damit eine Entwicklung nach, die die offenen Fonds bereits vor Jahren durchgemacht haben. Dort stammt heute im Neugeschäft der Löwenanteil der Gelder von professionellen Anlegern. Für die geschlossenen Fonds dürften sich durch ein gesteigertes Interesse institutioneller Investoren in einem Umfeld mit viel Liquidität und Anlagedruck denn auch durchaus Chancen ergeben. Die Branche bleibt in Bewegung.

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