Auswirkungen von KAGB und AIFMD auf die Marktstrategie und Branchenstruktur

Abbildung: Regulierung geschlossener alternativer Investmentfonds Quelle: bsi Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen e.V.

Eric Romba, Hauptgeschäftsführer, bsi Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen e. V., Berlin Für die Anbieter von geschlossenen Fonds war und ist die Umsetzung des KAGB in die Praxis eine teure und zeitaufwändige Herausforderung. In Bezug auf eine steigende Nachfrage privater Anleger nach geschlossenen Investmentvermögen gibt sich der Autor optimistisch. Den in den vergangenen Jahren gestiegenen Anteil institutioneller Gelder an den Mittelzuflüssen betrachtet er als Anstoß für eine Professionalisierung der Branche. (Red.)

Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist seit Juli 2013 in Kraft. In den rund 18 Monaten, die seitdem vergangen sind, hat die Branche der ehemaligen geschlossenen Fonds eine enorme Entwicklung gemacht. Gewissermaßen von null auf hundert hat sie den Sprung in die voll regulierte Welt des weißen Kapitalmarktes vollzogen.

Denn die Hauptleistung des KAGB besteht darin, dass es die regulatorischen Anforderungen für alle indirekten Kapitalan lagen grundlegend vereinheitlicht hat. Da gibt es, was Compliance, Berichtswesen, Liquiditätsmanagement, Mittelverwendungskontrolle und Aufsicht angeht, kein Gefälle mehr. Das ist vor allem für Banken ein enormer Vorteil: Sie können ihren Kunden im anhaltenden Niedrigzinsumfeld nun Sachwerte über geschlossene Investmentvermögen anbieten, die mit langer Laufzeit und unternehmerischem Rendite-Risiko-Profil eine bedenkenswerte Portfolio-Beimischung sind, wenn es darum geht, Vermögenserhalt und Vermögensmehrung zu fördern. Und weil mit dem KAGB auch wesentliche Vorgaben zum Vertrieb vereinheitlicht wurden, können die entsprechenden Prozesse effizienter werden. In dieser Konstellation ist das ein echtes Novum.

Langer Weg vom Gesetz zur Praxis

Für die Anbieter der neuen geschlossenen Investmentvermögen war es allerdings ein langer und anspruchsvoller Weg bis hierhin. Die Branche hatte das Regulierungsverfahren von Anfang an aktiv unterstützt. Mit dem Inkrafttreten des KAGB zeigte sich dann aber, welch besondere Herausforderung die Umsetzung eines so umfangreichen Gesetzes in die Praxis ist. Es war zunächst vor allem eine Kostenfrage. In einer Umfrage unter seinen Mitgliedsunternehmen hat der bsi Mitte des Jahres 2014 ermittelt, dass allein die Anfangskosten der Regulierungsumsetzung insgesamt im zweistelligen Millionenbereich lagen. Für die laufende Einhaltung der Vorgaben werden die Unternehmen Schätzungen zufolge jährlich jeweils weiterhin zwischen einer halben und zwei Millionen Euro aufwenden müssen.

Viele Unternehmen haben zudem sechs Monate und mehr allein auf die Zulassung als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) gewartet. Und auch die Produktzulassungsverfahren, für die viele Unternehmen erst die erfolgreiche KVG-Zulassung abgewartet haben, dauern teilweise deutlich länger als vorgesehen und erwartet. Bis Ende des Jahres 2014 waren erst 19 geschlossene Investmentvermögen für Privatanleger, sogenannte Publikums-AIF, im Vertrieb. Die Verzögerungen sind durchaus nachvollziehbar: Nicht nur die Anbieter haben mit dem KAGB Neuland betreten, sondern auch die Finanzaufsicht. Viele Prozesse, auch im Zusammenwirken mit den Anbieterunternehmen, mussten sich erst einspielen. Inzwischen signalisieren die Mitglieder des bsi, dass sich vieles zunehmend einspielt. Für die kommenden Monate und den Verlauf des Jahres 2015 ist daher mit einer deutlichen Belebung der Produktwelt zu rechnen. Viele Anbieterunternehmen haben neue Produkte für Privatanleger in Vorbereitung.

Fundamentaler Paradigmenwechsel

Und das Produkt selbst? Dessen Kern ist, wie vor der Regulierung auch, ein echter Sachwert. Doch die Verpackung dieses Sachwertes ist unter dem KAGB, besonders für Privatanleger, besser denn je. Denn der Gesetzgeber sieht Anleger von Publikums-AIF als besonders schützenswert an. Daher hat er in einzelnen Bereichen besondere Vorschriften erlassen. Dazu gehört zum Beispiel die Begrenzung der Fremdkapitalaufnahme auf maximal 60 Prozent, die Pflicht zur Risikostreuung bei Anlagen mit weniger als 20 000 Euro Mindestbeteiligung und eine klare Eingrenzung der zulässigen Vermögensgegenstände.

Hinzu kommt für alle Arten von geschlossenen AIF die Pflicht zur Bestellung einer Verwahrstelle, die unabhängig und selbst haftend die Verwendung der Anlegergelder und die vertragsgemäße Bewirtschaftung des Assets überwacht. Weitere Neuerungen, wie die kontinuierliche Wertermittlung, das erweiterte Reporting, Compliance-Regelungen und Anforderungen an das Risikomanagement bieten viele weitere Punkte, mit denen Anleger von der verbesserten Verpackung des Produktes überzeugt werden können.

Dass das Interesse von Privatanlegern an geschlossenen Investmentvermögen wieder steigen wird, steht für viele Marktbeobachter außer Frage: Es sind nicht mehr nur die professionellen Investoren, die den Anlagedruck spüren, um einmal gemachte Zinszusagen erwirtschaften zu können. Auch Privatanleger denken angesichts von Niedrig- und Negativzins um. Natürlich geht es nicht darum, alles auf eine Karte und alles auf geschlossene Sachwertinvestmentvermögen zu setzen. Aber Risiken zu streuen und Chancen mit langfristigen Investments auszubauen, sind wichtige Themen für Privatanleger.

Ein Mix aus kurzfristig verfügbaren Anlagen und lang laufenden, unternehmerischen Investments ist sinnvoll. Sinnvoller zumal, als auf dem aktuell hohen Preisniveau womöglich das ganze Ersparte in eine einzige Immobilie zu investieren. Geschlossene Investmentvermögen eröffnen die Möglichkeiten auf viele unterschiedliche Sachwerte wie Flugzeuge, Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien, Container, Infrastruktur und eben auch Immobilien. Sie alle haben den Vorteil, dass sie von Profis bewirtschaftet und verwaltet werden. Auch das sind Dienstleistungen und Expertisen, auf die beim Erwerb der eigenen Immobilie in der Regel nicht zurückgegriffen werden kann.

Die Frage, wie sich die Branche nun, da die Regulierung umgesetzt ist, weiterentwickeln wird, steht durchaus im Raum. Ob die Regulierung nicht dazu führen wird, dass Privatanleger sich noch weiter zurückziehen und stattdessen die professionellen Investoren die Oberhand gewinnen, wird oft vermutet. Zum einen hat das stärkere Engagement der Institutionellen bereits sehr positive Effekte gehabt. Seit 2010 ist ihr Anteil an den jährlichen Mittelzuflüssen bereits von zehn auf über 40 Prozent gestiegen. Das hat die Branche gestärkt und ihre Professionalisierung zusätzlich unterstützt. Davon profitieren auch die Produkte für Privatanleger.

Zum anderen sprechen die Zahlen aber auch eine andere Sprache: Von derzeit 189 zugelassenen Kapitalverwaltungsgesellschaften sind 72 sogenannte externe KVGen. Von diesen wiederum haben 33 die Zulassung für geschlossene Publikums-AIF beantragt, das entspricht einem Anteil von 46 Prozent. Geschlossene Spezial-AIF wollen hingegen 26 KVGen realisieren, das sind 36 Prozent. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als wahrscheinlich, dass das Angebot für Privatanleger weiter wachsen wird. Die Frage wird sein, ob auch der Banken- und Sparkassen-Vertrieb die Chancen sieht, die in diesem neuen, regulierten Produkt stecken.

Bei den Assetklassen erwartet der bsi für das zurückliegende Jahr erneut eine Dominanz von Angeboten aus dem Immobilien-Bereich. Dies wird sich auch 2015 noch fortsetzen. Es gibt jedoch ein Preisniveau, oberhalb dessen sich eine Immobilie in einem Investmentvermögen nicht mehr rechnen kann, auch wenn der Fremdkapitaldienst historisch günstig ist. Die Branche wird deshalb sicher auch Alternativen noch stärker entwickeln. Die Anbieter haben gute Sensoren für attraktive Märkte. Viele haben KVG-Zulassungen für durchschnittlich fünf Assetklassen beantragt. Die organisatorischen Möglichkeiten, Produkte in anderen Märkten aufzulegen, sind also da.

Aufgaben der Politik

Aus politischer Sicht fehlt es derzeit noch an der Anpassung weiterer Rahmenbedingungen. So ist die Anlageverordnung, die insbesondere den Umfang der Engagements professioneller Investoren regelt, noch nicht auf das KAGB und die Tatsache, dass geschlossene Investmentvermögen dort gleichberechtigt neben anderen Anlageformen stehen, angepasst. Ähnlich ist es beim Investmentsteuerrecht. Auch hier wird sich der bsi dafür einsetzen, dass die Anpassung an die neue KAGB-Welt zügig vorgenommen wird.

Alles in allem haben die Anbieter geschlossener Investmentvermögen die Regulierung mit viel Energie und Durchhaltewillen umgesetzt. Heute kann man davon ausgehen, dass es die seriösen Anbieter sind, die sich den deutlich höheren Anforderungen des KAGB gestellt haben. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Zahl der Anbieter ab jetzt weitgehend stabil bleiben wird. Tatsächlich gibt es sogar einzelne Unternehmen aus dem vormals offenen Bereich, die sich künftig auch im Sektor der geschlossenen Produkte engagieren wollen. Das ist für 2015 ein ermutigendes Signal.

Eric Romba , Partner , Osborne Clarke Germany, Berlin
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