Altersvorsorge treibt das Fondsgeschäft

Wenn es um Altersvorsorge ging, war in Deutschland jahrzehntelang die Lebensversicherung das Instrument der Wahl. Das lag zum einen an den lebenslangen Garantien, die dem Sicherheitsbedürfnis der Deutschen entgegen kommen. Es lag - zumindest in der Wahrnehmung der Fondsindustrie - aber immer auch an den steuerlichen Rahmenbedingungen, durch die sich die Fondsanbieter im Vergleich zu den Lebensversicherern benachteiligt sahen. Ärgernis Nummer eins war das "Steuerprivileg" für Lebensversicherungen, dank dem die Erträge aus Policen mit einer Laufzeit von mindestens zwölf Jahren nicht besteuert wurden. Dies ist seit In krafttreten des Alterseinkünftegesetzes Geschichte. Seit dem 1. Januar 2005 unterliegen alle nach dem Stichtag neu abgeschlossenen Verträge auch der Kapitalertragssteuer.

Dies gilt allerdings nur für die Hälfte der Erträge, sofern der Vertrag eine mindestens zwölfjährige Laufzeit hat und die Leistungen erst nach dem 60. Lebensjahr des Versicherten gezahlt werden. Im Vergleich dazu sah sich die Fondsbranche weiterhin benachteiligt. Schließlich wird bei der Fondsanlage beim Verkauf die gesamte Differenz aus Kauf- und Verkaufskurs besteuert, zusätzlich zu der Steuer auf Ausschüttungen während der Laufzeit. Einzige Ausnahme: Fondspolicen, die sich aber über Jahre hinweg eher zäh verkauften.

Mit dem Thema Steuern ist der BVI noch immer nicht zufrieden. Zwar bringt die zum 1. Januar 2018 in Kraft tretende Investmentsteuerreform nach Einschätzung von BVI-Vorstandsmitglied Tobias C. Pross aus Sicht der Sparer eine Vereinfachung. Dafür wird die Diskussion um die Abschaffung der Abgeltungssteuer kritisch gesehen wie eine Finanztransaktionssteuer. Und statt einer Eigenheimzulage würde die Fondsbranche lieber eine stärkere Förderung des VL-Sparens sehen. Schließlich kann ihr eine neue Bevorzugung einer bestimmten Vorsorgeform gar nicht recht sein.

Versicherungen und Pensionskassen investieren stärker in Fonds

Zumindest in Sachen Altersvorsorge ist aber Bewegung ins Geschehen gekommen. In einem Umfeld, in dem sich die Privatanleger im letzten Jahr mit der Fondsanlage auffallend zurückgehalten haben und das Nettomittelaufkommen der vom BVI erfassten Publikumsfonds von 72 Milliarden Euro 2015 auf nur noch 6,5 Milliarden Euro eingebrochen ist, haben Versorgungswerke und die Assekuranz kräftig in Fonds investiert. 37,5 Milliarden Euro betrug das Nettomittelaufkommen bei den Versorgungswerten, 25,1 Milliarden Euro kamen von den Versicherern. Zusammen verwalten beide Gruppen ein Vermögen von 878 Mililarden Euro. Damit sind 60 Prozent der Spezialfonds dem Bereich Altersvorsorge zuzuordnen. 33 Prozent der Kapitalanlagen von Lebensversicherern sind in Fonds investiert, bei den Pensionskassen sind es 39 Prozent.

Die betriebliche Altersversorgung, die die Bundesregierung mit dem Betriebsrentengesetz weiter stärken will, trägt zu diesem Standbein bei. Dass deren Verbreitung der Fondsbranche ein großes Anliegen ist, wie es der BVI formuliert, versteht sich von selbst. Der Regierungsentwurf zum Betriebsrentenstärkungsgesetz wird deshalb als "Meilenstein" für die Weiterentwicklung der bAV bewertet. Das Gesetz habe das Potenzial, diese Säule im Vorsorgemix deutlich zu stärken und durch den Opt-out-Ansatz die Durchdringung zu verbessern.

Die wachsenden Fondsinvestitionen der Assekuranz sind nicht zuletzt dem Paradigmenwechsel der Lebensversicherer mit Blick auf die Garantien geschuldet. Der Umbau der Produktpalette - weg von den klassischen Garantien Langzeitgarantien zu stärker kapitalmarktorientierte Produkten ohne feste Garantien - ist im Neugeschäft angekommen. Und dahinter stehen zum großen Teil Fondsanlagen. Mit 552 Milliarden Euro Fondsvermögen sind Versicherer die größten Anleger in Spezialfonds, so der BVI. Ihr Anteil beträgt 37 Prozent des Spezialfondsvermögens. So kommen die Verbraucher gewissermaßen durch die Hintertür zur Fondsanlage.

Wünsche an die Politik

Natürlich könnte das alles noch sehr viel besser laufen, wenn bislang gesetzlich festgeschriebene Garantien für Vorsorgeprodukte gelockert oder abgeschafft würden, gibt nicht nur der BVI zu bedenken. Denn die Umschichtungen, die zur Sicherung der Garantien immer wieder notwendig sind, kosten bekanntlich Rendite. Deshalb sieht die Fondsbranche auch beim Betriebsrentenstärkungsgesetz noch Verbesserungsbedarf. Die reine Beitragszusage sollte (ebenso wie ein freiwilliges Opting-out) auch nichttarifvertraglich organisierten Arbeitgebern ermöglicht werden und zudem für alle Durchführungswege gelten. Dabei dürfe es kein Wahlrecht für die Produktanbieter geben, um kein Gefälle entstehen zu lassen. Und natürlich gehören die Garantien auch bei Riester auf den Prüfstand.

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