Familienunternehmen

Der Unternehmer als Privatkunde

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Die Verbindung zwischen Private Banking und Firmenkundengeschäft ist bisher vielfach nur unzureichend gelungen. Eine Ursache hierfür macht Christian W. Rother im falschen Vertriebsansatz aus. Ansprechpartner für den Unternehmer in der Bank ist nämlich in erster Linie der Firmenkundenbetreuer. Für eine erfolgreiche ganzheitliche Betreuung, die mittlerweile von den Unternehmern durchaus geschätzt werde, müsse deshalb der Private-Banking-Bereich dem Firmenkundengeschäft zugeordnet werden. Hier sieht der Autor einen neuen Trend. Red.

Mittelständische Unternehmen bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie erwirtschaften knapp ein Drittel des deutschen Bruttoinlandsproduktes und beschäftigen mehr als ein Drittel der Arbeitnehmer in Deutschland. Noch eindrucksvoller werden die Zahlen, wenn man das Augenmerk auf familien- und eigentümergeführte Unternehmer lenkt. 91 Prozent aller deutschen Unternehmen sind familienkontrollierte Unternehmen.

- Laut der Stiftung Familienunternehmen erzielen sie 48 Prozent der Umsätze der deutschen Wirtschaft und stellen etwa 56 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland.

- Rein eigentümergeführte Unternehmen stellen 88 Prozent des gesamten Unternehmensbestands, 53 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten hier.

- Eigentümergeführte Familienunternehmen tragen 44 Prozent zum deutschen Gesamtumsatz bei.

Gute Zeiten für die Nachfolgersuche

Die überwiegende Mehrheit der mittelständischen Familienunternehmen erfreut sich seit mittlerweile sieben Jahren einer sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung. Dank der robusten Konjunktur und der steigenden Exporte werden ordentliche Gewinne erwirtschaftet, wodurch das Vermögen der Inhaber wächst.

Dazu kommt eine zweite Entwicklung, die eigentümergeführte Unternehmen betrifft. Gerade in kleineren Firmen fehlt es immer häufiger an Nachfolgern, weshalb viele Inhaber einen Verkauf erwägen. Der Zeitpunkt dafür ist günstig, die aktuellen Entwicklungen am Kapitalmarkt schlagen sich auf die Unternehmensbewertungen durch und dank der niedrigen Zinsen sind die Käufer (seien es Wettbewerber auf der Suche nach Wachstum oder Investoren auf der Suche nach Rendite) auch bereit, die entsprechenden Summen zu bezahlen.

Ein deutliches Indiz für diesen Trend: Allein im vergangenen Jahr zählten die Statistiker die neue Rekordzahl von 798 M&A-Transaktionen auf dem deutschen Markt, wobei viele kleinere Übernahmen gar nicht erfasst werden. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth Klein Grant Thornton spricht gar von einem "Übernahmefieber" in Deutschland".

Unternehmer für Private Banking schwer erreichbar

Für Banken und Sparkassen bedeutet diese Entwicklung eine neue Herausforderung. Bislang stützten sie sich beim Aufbau ihrer Private-Banking-Einheiten schwerpunktmäßig auf den Privatkunden-Bereich. Doch die Klientel der aktiven Unternehmensinhaber ist auf diesem Weg in der Regel gar nicht erreichbar. Ein Gesellschafter oder geschäftsführender Inhaber hat einen anderen Ansprechpartner in der Bank, nämlich den Berater aus dem Bereich Firmenkunden. Die sollen zwar auch das Private Banking betreuen und haben in ihren Zielvereinbarungen festgelegt, einen bestimmten Umsatz mit dem Verkauf von Wertpapieren zu erzielen. Doch die Erfahrung zeigt, dass diese Quoten nur selten erfüllt werden. Ein Grund dafür ist auch darin zu suchen, dass Firmenkundenbetreuer und Private-Banking-Berater von grundverschiedener Natur sind.

- Der Firmenkundenberater hat die klassische Kreditschule durchlaufen, die vornehmlich darauf ausgerichtet ist, Risiken zu erkennen und sie einzugrenzen.

- Der Private-Banking-Berater dagegen ist kapitalmarktorientiert und muss einem Kunden die Chancen einer Kapitalanlage verdeutlichen. Diese unterschiedlichen Anforderungen sind nur selten unter einen Hut zu bekommen.

Zuordnung des Private Banking zum Firmenkundenbereich

Viele Institute haben dieses Dilemma erkannt, auch die schrumpfenden Volumina im Privatkundenmarkt und damit die geringer werdenden Möglichkeiten, Wachstum zu generieren, bringen Überlegungen mit sich, das Private Banking dem Firmenkundenmarkt stärker zuzuwenden. In den Geschäftsverteilungen bei Bankvorständen nimmt man daher zunehmend wahr, dass Firmenkundenvorstände die Verantwortung für Private Banking übernehmen.

Die Sparkasse Aachen etwa ordnete schon im Jahr 2011 das Private Banking dem Firmenkundenbereich zu - gemäß der Leitlinie: "Der heute erfolgreiche Unternehmer ist der vermögende Privatkunde von morgen." Die Erfahrungen sind positiv: Ohne Frage ist eine enge und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Firmenkundenbereich für jede Private-Banking-Einheit eine der besten Möglichkeiten zur Neukundenakquise, heißt es zu den Ergebnissen.

Im Vorstand der Stadtsparkasse Düsseldorf liegt die Zuständigkeit für das Private Banking seit dem 1. Januar 2014 im Dezernat "Firmenkunden, Immobilien und Treasury". Diese Organisationsstruktur ermöglicht eine notwendige und größere Verzahnung zwischen den in Unternehmen und Firmen verantwortlichen Personen auf der einen Seite und der Idee des Private Bankings auf der anderen Seite. Insbesondere bei inhabergeführten Unternehmen ist es wichtig, dass sämtliche Wechselwirkungen zwischen privaten und unternehmerischen Vermögensfragen berücksichtigt werden.

Für die Stadtsparkasse war die Verknüpfung auch organisatorisch sinnvoll, da die Beratungsansätze zwar unterschiedlich, von der Philosophie her aber identisch sind. Das Private Banking ist ein sehr individuelles Kundengeschäft. In seiner Beratungsintensität ist es stark mit dem Firmenkundengeschäft und dem Asset Management verwandt. Zudem gibt es überlappende Kundensegmente und Produkte.

In der Praxis bedeutet die neue Organisationsstruktur, dass die Berater ihre Erfahrungen mit Firmenkunden in das Private Banking einbringen. Ebenso fließt die Expertise des Bereichs Immobilienkunden ein. Das alles sind Aspekte, die es so bei keinem Wettbewerber am Finanzplatz Düsseldorf gibt. "Ganzheitlich" bedeutet vor allem Beratung "Hand in Hand" durch den Firmenkundenbetreuer und den Private-Banking-Berater. So kann ein vollständiger Überblick gewährleistet werden, um den Kunden ein maßgeschneidertes Konzept zu erstellen.

Verjüngung der Altersstruktur der Private-Banking-Kunden

Auch bei der Deutschen Bank wird die Expertise in der ganzheitlichen Beratung gut angenommen. Die Kunden schätzen die Kompetenz der Mitarbeiter, die verbunden ist mit der Kontinuität in der Beratung und einer nachhaltigen Strategie. Ziel ist es, vor allem die Kundenzufriedenheit in Einklang zu bringen mit einer sowohl systematischen als auch strategischen Marktanteilsentwicklung und Qualitätsoptimierung der Erträge.

Bei der Deutschen Bank sieht man durch die neue Zuordnung noch einen weiteren Vorteil: Die erfolgreiche Akquise aus dem Bereich der Firmenkunden führt zu einer Verjüngung der Altersstruktur der Private-Banking-Kunden.

Die Erfahrung zeigt, dass sich gerade Unternehmer in ihrer aktiven Zeit nur wenig um ihren Vermögensaufbau kümmern, in der Regel stecken sie so tief im Alltagsgeschäft, dass für die privaten Vermögensentscheidungen vielfach zu wenig Zeit bleibt.

Kann man sie aber über die Ansprache über die Firmenkundenseite frühzeitig erreichen, bietet die Vermögensverwaltung ganz andere Möglichkeiten: Da die Kunden jünger sind, ist der Anlagehorizont größer und es kann in andere Risikoklassen investiert werden als das bei einer älteren Klientel empfehlenswert ist. Außerdem eröffnet sich mit einer jüngeren Klientel auch die Aussicht auf eine länger anhaltende Kundenbeziehung. Umso wichtiger ist es, dass sich die Berater um die private Geldanlage ge nauso professionell kümmern wie um betrieblichen Belange.

Einstellung gegenüber einheitlicher Beratung wandelt sich

"Unsere Firmenkunden schätzen es sehr, dass sie am Expertenwissen unseres Hauses auch für ihre privaten Belange profitieren können. Die tiefe Kenntnis aus der Firmenverbindung führt häufig zu individuellen Lösungen auf der privaten Seite", sagt etwa Martin Renker, Vorsitzender der Regionalen Geschäftsleitung West und Mitglied des Management Committee Deutschland der Deutschen Bank.

Voraussetzung für diese Arbeit ist auch eine Einstellungsveränderung bei den Unternehmern. Lange Zeit zögerten sie, ihrer Hausbank der Firma auch in die privaten Konten Einblick geben zu lassen, man wollte sich seiner Bank gegenüber nicht vollständig öffnen. Doch das hat sich weitgehend gewandelt, es hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass eine einheitliche Beratung die sinnvollste Lösung darstellt.

Spielregeln in der Bank klären

Um die einheitliche Beratung auch bankseitig zum Erfolg zu führen, sind jedoch die entsprechenden Voraussetzungen aufseiten der Bank zu lösen. Dies betrifft insbesondere die organisatorische Fragen zwischen dem Bereich Firmenkunden und Private Banking und hier Punkte wie Zielvereinbarung, Ertragsverrechnung, Kundenzuordnung oder Kundenbetreuung. Nur wenn hier Klarheit herrscht, kann eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Beratern wachsen, die sich dann letztendlich im Erfolg beim Kunden niederschlägt.

Basis der erfolgreichen Zusammenarbeit sind fixierte Spielregeln zur Kommunikation sowie etwa die konsequente Spiegelung aller Erträge in den Erfolgsrechnungen beider Seiten, sodass jede Seite - Firmenkunden wie Private Banking - gleichermaßen vom Erfolg profitiert. Musterlösungen gibt es hier jedoch nicht. Vielmehr sind Einzelfallentscheidungen gefragt, die sich an den jeweiligen gewachsenen Verhältnissen im Hause orientieren.

Fazit: Trotz aller Vermögensvermehrung im Privatsektor muss sich heute eine Bankleitung mit dem Thema Vermögensanlage/ Vermögensbetreuung für Firmenkunden auseinandersetzen. Bislang haben dies erst wenige Institute getan. Und dort, wo es bereits geschehen ist, gibt es gerade heute wieder Optimierungsbedarf, weil sich die Voraussetzungen dramatisch geändert haben.

Zum Autor

Christian W. Rother, Inhaber, ROTHER-FINANCIAL-ADVISORY, Aachen

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