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Bücher Regulatorische Eingriffe verändern das europäische Kartengeschäft

Das Kartengeschäft hat sich in den letzten Jahren/Jahrzehnten dramatisch verändert. Diese Veränderungen haben sich durch die Veränderung des Marktes ergeben: Es gab neue Produkte, es gab Produktverbesserungen, es gab eine sukzessive breitere Akzeptanz.

Doch seit einigen Jahren und auch in den kommenden Jahren läuft wieder ein massiver Veränderungsprozess. Dieser ist allerdings nicht auf den Markt beziehungsweise im Kartengeschäft, wo es sich ja um einen zweiseitigen Markt handelt, auf die Märkte zurückzuführen, sondern auf regulatorische Eingriffe. Dies waren einerseits Verfahren der Europäischen Kommission gegen Mastercard und gegen Visa und anderseits der von europäischen Instanzen angeregte und von den Banken umgesetzte Sepa-Prozess zur Schaffung einer Single Euro Payments Area und die PSD (Payment Services Directive) des Europäischen Parlaments und des Rates. Getroffen haben diese Maßnahmen das europäische Kartengeschäft massiv.

Diesen Maßnahmen, der darauf zurückführenden Transformation des Kartengeschäfts und deren Folgen widmet sich die umfassende Studie von Stefan Huch. In der Monografie, die auf seiner an der Universität Leipzig 2013 angenommenen Dissertation beruht, untersucht er das europäische Kartengeschäft unter dem Einfluss von Sepa und PSD anhand dessen Ökonomie. Entlang der Wertschöpfungskette werden die unterschiedlichen Interessengruppen identifiziert und abgebildet.

Nach einer Einleitung wird im zweiten Kapitel auf einige Cluster des Kartengeschäfts, (so auf die Einbeziehung des Kartengeschäfts in das Gesamtgefüge einer Volkswirtschaft, den (unbefriedigenden) Wissensstand über die Auswirkungen von Sepa und PSD oder die Interchange Fee als finanzielle Balance zwischen Acquirern und Issuern eingegangen. In den nächsten Kapiteln geht Stefan Huch auf die Charakteristika des europäischen Zahlungsverkehrs und des europäischen Kartengeschäfts sowie den einheitlichen europäischen Zahlungsverkehr auf Basis von Sepa und PSD ein. Dabei werden die zugehörige Struktur, die Wertschöpfungskette (Architektur, Marktteilnehmer, Abwicklungsprozesse) und die Ökonomie der einzelnen Glieder der Wertschöpfungskette ausführlich analysiert.

Komplexität als Hauptproblem des Transformationsprozesses

Den Hauptteil der Arbeit bildet Kapitel 6, wo es um die Transformation des europäischen Kartengeschäfts geht, dessen Notwendigkeit der Autor im nicht liberalen und heterogenen Marktzustand vor Sepa und PSD sieht. Das größte Problem bei dieser Transformation stellt sich für ihn im hohen Grad an Komplexität der Wertschöpfungskette.

Diese Komplexität ist zum einen durch die unterschiedlichen Typen von Zahlungsinstrumenten mit unterschiedlichen Produkteigenschaften und zum anderen durch die unterschiedlichen Architekturen und Abwicklungsprozesse der einzelnen Kartentypen gekennzeichnet, weshalb der europäischen Kartenmarkt (immer noch) durch eine Vielzahl nationaler Differenzierungsmerkmale geprägt ist. Die Auswirkungen dieser Transformation sind unterschiedlich: Für die Händler sieht der Autor sinkende Kosten (bedingt durch eine reduzierte Interchange Fee), für die Acquirer einen Verdrängungswettbewerb und einen Preiskampf durch die Öffnung der Märkte, für die Issuer das Problem sinkender Erlöse durch reduzierte Interchange Fees und für die Karteninhaber aufgrund der Situation der Issuer wohl früher oder später höhere Kosten.

Aktueller Status und mögliche Entwicklungstendenzen

Andere angesprochene Themen sind zum Beispiel Surcharging, nationale Exoten und ein (wohl kaum kommendes) europäisches Zahlungssystem. Ein interessanter Punkt, der in diesem Kapitel auch behandelt wird, beschäftigt sich mit vergleichbaren Transformationsansätzen in anderen Netzindustrien. Im letzten Teil dieses Kapitels wird eine empirische Analyse der Auswirkungen von Sepa und PSD auf das Kartengeschäft anhand einer Expertenbefragung vorgenommen. Eine zusammenfassende Würdigung und einen Ausblick liefert Stefan Huch im letzten Kapitel.

Die (interessante und umfassende) Studie liefert einen aktuellen Status des europäischen Kartengeschäfts und zeigt mögliche Entwicklungstendenzen angesichts der regulatorischen Eingriffe auf, wobei allerdings noch nicht ganz abzusehen ist, wie groß die Auswirkungen auf die verschiedenen Player tatsächlich sein werden.

Dr. Ewald Judt

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