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Interchange-Rechtsstreit: Keine echte Überraschung

sb - Im Kampf um die Interchange hat Mastercard einen langen Atem bewiesen. Nun ist der Rechtsstreit, der sich an die Entscheidung der EU-Kommission vom 19. Dezember 2007 anschloss, zum Abschluss gekommen. Damals hatte die Kommission die von zur Anwendung gebrachten Interbankenentgelte für wettbewerbswidrig erklärt. Diese Rechtsauffassung hatte das Gericht der Europäischen Union am 24. Mai 2012 bestätigt. Am 11. September 2014 hat nun der Europäische Gerichtshof der EU in der Causa Mastercard gegen EU-Kommission das letzte Wort gesprochen und die Revision von Mastercard zurückgewiesen. Das Urteil von 2012 und die Entscheidung der Kommission sind damit rechtskräftig.

Eine allzu große Überraschung ist diese Entscheidung in letzter Instanz vermutlich nicht. Und ihre praktischen Auswirkungen auf das aktuelle Kartengeschäft dürften sich sehr in Grenzen halten. Schließlich arbeiten Emittenten längst unter den neuen Rahmenbedingungen, mit Interchange-Sätzen von 0,2 Prozent für intereuropäische Debitkartenzahlungen und 0,3 Prozent für grenzüberscheitende Kreditkartenzahlungen innerhalb der EU.

Neuerlicher Schlag ins Genick der Kartenbranche

Gleichwohl ist die von Mastercard geäußerte Enttäuschung über das Unterliegen im Rechtsstreit nachvollziehbar. Denn hätte der Gerichtshof der Europäischen Union Mastercard in der Interchange-Frage Recht gegeben, hätte das möglicherweise auch die Voraussetzungen für das anstehende Gesetzesvorhaben verändert, mit dem der europäische Gesetzgeber diese Sätze auch für nationale Zahlungen zur Anwendung bringen will. Zwar hätte das Urteil auch im Falle eines Sieges der Kartenorganisation keinen unmittelbaren Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren gehabt. Denn selbst wenn der EuGH zu dem Schluss gekommen wäre, dass die Entscheidung der EU-Kommission von 2007 unberechtigt war, müsste das den Gesetzgeber nicht daran hindern, die Interchange-Frage gesetzlich zu regeln, wie er es für richtig hält. Und gegen Gesetze kann man nun einmal nicht klagen.

Dennoch hätte die Feststellung, dass ein Eingriff in die Interchange die Funktionsfähigkeit des Kartenzahlungssystems gefährdet, möglicherweise zu einem Umdenken beim Gesetzgeber führen können. So aber werden sich EU-Kommission wie auch das Parlament in der grundsätzlichen Stoßrichtung eher bestätigt fühlen. Dass das neue EU-Parlament den in der vergangenen Legislaturperiode auf den Weg gebrachten Gesetzesentwurf an dieser Stelle deutlich zugunsten der Emittentenseite verändert, wird somit unwahrscheinlicher denn je. Insofern darf das Urteil trotz des Anscheins, als sei die Zeit längst über diesen Rechtsstreit hinweggegangen, als neuerlicher Schlag ins Genick der Kartenemittenten der Marken von Mastercard und auch Visa gewertet werden. Schließlich betrifft der Gesetzesentwurf beide Netzwerke.

American Express konnte es sich am 11. September nicht versagen, eine gewisse Genugtuung über das Urteil zum Ausdruck zu bringen. Die Zurückweisung der Berufung von Mastercard zeige erneut, dass das eigentliche Problem im europäischen Zahlungssektor in der Dominanz und den kollektiven Preisfestsetzungspraktiken der beiden großen Interbanken-Netzwerke liege. Und er unterstreiche die Notwendigkeit, dass sich der momentan diskutierte Gesetzesentwurf direkt auf diese Probleme konzentriere, anstatt kleinere Akteure zu bestrafen, die keine Wettbewerbsprobleme verursachen und nicht auf der Basis gemeinsamer Preisfestsetzungspraktiken agieren. An den Gesetzgeber richtet American Express damit die ausdrückliche Mahnung, sich für die Förderung von kleineren Akteuren einzusetzen, anstatt die Gesetzesvorschläge so zu gestalten, dass sie in der gesamten Branche ohne Unterschied Anwendung finden, wie es der Handel fordert.

Drei-Parteien-Systeme als Gewinner?

Ob Drei-Parteien-Systeme in der Interchange-Frage tatsächlich zu den Gewinnern zählen werden, ist aber sicher noch offen. Wenn es um Kooperationen mit Banken geht, die sich hier höhere Ertragschancen ausrechnen als bei den regulierten Kartensystemen, mag das durchaus so sein.

Auf der Akzeptanzseite sieht das aber sicher ganz anders aus: Beim Handel werden nicht regulierte Kartenmarken sicher keinen Aufwind erfahren, wenn sich ihre Preisgestaltung nicht an die regulierten Konditionen von Visa und Mastercard angleichen. Bevor dieser Fall eintritt, müssten die Emittenten schon in beträchtlichem Umfang ihre Portfolien umstellen, sodass sich der Handel der Akzeptanz betreffenden Kartemarken nicht mehr entziehen könnte. Dann aber wäre auch für Amex oder JCB die Regulierung vorprogrammiert.

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