"One Visa" - Keine Sorge um Europa

sb - "One Visa" lautet der Projektname für die Re-Integration von Visa Europe in die globale Visa-Organisation. Der Zeitpunkt dafür ist ein guter, meint Albrecht Kiel, Regional Managing Director Central Europe bei Visa, sicher zu Recht. Schließlich ist der Wettbewerb global, das Kundenverhalten zunehmend auch. Und bei zunehmender Regulierung und Wettbewerbsintensität zählen Größe, Investitionsfähigkeit und Schnelligkeit bei der Markteinführung von Innovationen und dem Knüpfen von strategischen Partnerschaften etwa mit Technologieunternehmen wie Apple oder mit Mobilfunkbetreibern. All das wird ein weltweites Visa-Unternehmen vermutlich auf Dauer besser leisten können - auch zugunsten der Emittenten in Europa.

V.me wird Visa Checkout

Ein gutes Beispiel dafür ist die von Visa Europe geschaffene Wallet-Lösung V.me, die im Wesentlichen nicht über das Stadium von Projektgesprächen hinausgekommen ist, während Mastercard für den vergleichbaren Ansatz "Masterpass" schon mit Erfolgsmeldungen aufwarten konnte. V.me wird deshalb aufgegeben - zugunsten von "Visa Checkout", einer Lösung die es Banken erlauben soll, die eigene Marke in der Wallet viel prominenter darzustellen, die leichter einzurichten und zudem bereits global in der Umsetzung und gelebte Realität ist.

Natürlich mag man den bereits in die Entwicklung von V.me geflossenen Aufwand beklagen, der nun vergeblich gewesen ist. Die Anwendung ist aber doch - oder vielleicht gerade deswegen - ein Beispiel für die Vorteile, die eine gemeinsame Entwicklung von Produkten und Innovationen bieten kann.

Optimismus für V-Pay

Ein anderer europäischer Sonderweg wird nach Einschätzung von Kiel nicht auf dem Altar von "One Visa" geopfert werden: V-Pay. Zwar ist die europäische Debitlösung ein originär für Europa entwickeltes Produkt, das sich zudem nicht einmal an ganz Europa, sondern hier ganz speziell an die alten eurocheque-Länder richtet und im Wesentlichen auch nur dort eingeführt ist. Doch hat Visa in einigen Märkten, darunter auch Deutschland, lange genug darum gerungen, auch im Debitmarkt eine Rolle spielen zu können, als dass man das Produkt leichtfertig aufgeben würde. Schließlich sind in Deutschland mittlerweile deutlich mehr V-Pay-Karten ausgegeben als Visa-Karten. 34,1 Millionen V-Pay-Karten waren es 2015, gegenüber 20,2 Millionen Visa-Karten.

Abgeschafft wird V-Pay vor diesem Hintergrund vermutlich nicht, wenngleich noch völlig offen ist, ob es jemals zu einem globalen Produkt werden wird. Immerhin: Das Hemmnis einer auf Europa beschränkten Akzeptanz beginnt zu bröckeln. Denn obwohl V-Pay-Karten nur in Europa herausgegeben werden, werden sie immer häufiger weltweit akzeptiert, sofern denn die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Schließlich ist die europäische Debitkarte ein reine Chip-und-PIN-basierte Karte. Ohne EMV-fähiges Terminal geht deshalb nichts. Doch hier holen schließlich selbst die US-Amerikaner auf. Insgesamt können Karteninhaber mittlerweile in rund 100 Ländern auf eine V-Pay-Akzeptanz hoffen.

Das Beispiel EMV-Chip zeigt auch, dass Europa in Sachen Innovationen für Visa immer wieder eine wichtige Rolle gespielt hat - wenngleich das eher für Märkte wie Großbritannien oder Polen als ausgerechnet für Deutschland gilt.

Zudem gilt Europa als Region mit enormem Wachstumspotenzial. Zwar entfallen derzeit schon 28 Prozent der PoS-Umsätze mit Visa-Karten weltweit und 18 Prozent der globalen Kartenbasis auf Europa. Doch angesichts des nach wie vor hohen Bargeldanteils im Zahlungsverkehr ist noch mehr möglich - vorausgesetzt, die lokalen Bedürfnisse werden adäquat adressiert. Europa werde deshalb auch weiterhin eine wichtige Rolle in der globalen Strategie von Visa spielen.

"Das Beste aus zwei Welten"

"One Visa" verspricht deshalb, das Beste aus beiden Welten zu verbinden, die globalen Vorteile zu nutzen und gleichzeitig die lokale Marktnähe weiter auszubauen. Dazu gehören "starke regionale Zentren" in London und Frankfurt am Main, wie es Kiel formuliert. "Lokal relevante Produkte und Services" sollen gemeinsam entwickelt werden. Das soll auch mit "Collabs" genannten Innovationslaboren in London, Tel Aviv und - tatsächlich - Berlin geschehen.

Natürlich werden sich auch Dinge ändern. Ob Visa künftig zum Beispiel noch Zahlen zur Entwicklung auf dem deutschen Markt wird veröffentlichen dürfen, scheint eher fraglich. Für den Markterfolg der Emittenten ist das aber sicher zweitrangig.

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