Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit als Schlüssel zum Erfolg

Interview mit Rudolf Wohlfarth

Rudolf Wohlfarth

Das Kerngeschäft der Emil-Frey-Gruppe Deutschland bildet der Kfz-Einzelhandel, der Import von Fahrzeugen, der Großhandel mit Teilen und Zubehör sowie die dazugehörigen Logistik- und Finanzdienstleistungen. Die Firmengruppe vertreibt 21 Automobilmarken und beschäftigt an bundesweit über 80 Standorten rund 3 800 Menschen. Der Umsatz betrug im Jahr 2014 insgesamt 2,36 Milliarden Euro, davon allein im Einzelhandel 1,48 Milliarden.

FLF Im vergangenen Jahr war die Emil-Frey-Gruppe mit einem Umsatz von rund 1,48 Milliarden Euro der größte Autohändler in Deutschland. Wie lautet Ihr Erfolgsrezept?

Die vier wesentlichen Faktoren für den Erfolg definierte Firmengründer Emil Frey bereits 1935 in einem Kundenbrief. Darin galten als zentrale Werte ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, das Angebot erstklassiger Produkte, exzellente Facharbeit sowie persönliche Betreuung. Die Unternehmensphilosophie basiert auf absoluter Kundenorientierung und höchster Kundenzufriedenheit. Von diesem Gedanken lassen sich noch heute unsere Betriebe leiten.

FLF Wie steht es um die Ertragschancen aus der Vermittlung von Finanzdienstleistungen im Vergleich zu anderen Ertragsquellen?

Die Erträge aus Leasing- und Kreditverträgen sowie Kraftfahrzeug-Versicherungen spielen schon seit geraumer Zeit eine wichtige Rolle im Verkaufsgeschäft, neben den Erträgen aus dem Bereich After Sales. In Anbetracht der sinkenden Margen im Neuwagenverkauf wollen wir darauf nicht verzichten.

FLF Sie verkaufen Premium- und Volumenmarken. Gibt es hier Unterschiede beim Einsatz der Finanzdienstleistungen?

Der Anteil der Finanzdienstleistungen ist bei den Premium- und Volumenmarken in etwa gleich. Leichte Verschiebungen hin zum Leasing-Geschäft oder zur Absatzfinanzierung gibt es natürlich.

FLF Und wo liegen die Unterschiede bei der Nutzung von Finanz- und Serviceprodukten im Geschäft mit Neu- und Gebrauchtwagen?

Hier fließen die Grenzen, aber in der Regel unterstützt im Neuwagengeschäft der Hersteller die Finanzdienstleistungsangebote, was meistens auf das Gebrauchtwagengeschäft nicht zutrifft. Es handelt sich um die gleichen Produkte, allerdings haben sich "Mobilitätspakete" im Gebrauchtwagengeschäft bisher nicht durchgesetzt. Meiner Meinung sind sie für den Handel zum einen noch zu kompliziert in der Handhabung, und zum anderen sind gerade die Gebrauchtwagenkäufer preissensibel.

FLF Was hat Sie dazu bewogen, vor 20 Jahren selbst in das Bankgeschäft einzusteigen?

Das war damals für uns ganz naheliegend: 1991 errichteten wir die Importgesellschaft Hyundai Motor Deutschland GmbH. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, und als Importeur war es uns wichtig, der Händlerschaft entsprechend Liquidität für den Einkauf und Finanzdienstleistungen für den Absatz der Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Um das Geschäft in unserem Sinne abzuwickeln, wurde 1995 die damalige SG Bank AG (heute FFS Bank GmbH) gegründet, die zum 2. Januar 1996 ihre Vollbanklizenz erhielt und taggleich die Zusammenarbeit mit den Hyundai-Händlern aufgenommen hat.

FLF 2013 haben Sie das Einlagengeschäft aufgenommen. Was waren Ihre Überlegungen dabei?

Das trifft zu. Wir haben das Einlagengeschäft vor zwei Jahren vor allem initiiert, um als Bank unabhängiger vom Refinanzierungsmarkt zu sein. Zum anderen bieten uns die Produkte, allen voran das FFS-Tagesgeld, die Möglichkeit, beispielsweise Kautionskonten unserer Händler einfacher und attraktiv zu verzinsen. Nicht zuletzt gewähren wir unseren Händlern und ihren Mitarbeitern für alle FFS-Anlageprodukte exklusive, attraktive Konditionen.

FLF Was bestimmt die Auswahl des Risikoträgers in der Kredit- und Leasing-Finanzierung?

Ihre Frage zielt sicherlich auf unsere strategische Allianz mit der BDK, der Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. Hintergrund für diesen Schulterschluss waren und sind die aktuellen Trends und Veränderungen im Automobilmarkt, die den Handel und den Finanzpartner vor neue Herausforderungen stellen. Der zunehmende Bedarf an innovativen und komplexen Mobilitätsdienstleistungen, wie zum Beispiel Full-Service-Leasing auch im Privatbereich oder Carsharing-Konzepte, erfordert intelligente Finanzierungskonzepte und umfassende Services, die dem Handel den nötigen Spielraum für seine Entwicklung bieten. Mit der BDK fand sich ein idealer Partner, denn in Frankreich hat sich die Zusammenarbeit zwischen der Emil-Frey-Gruppe Frankreich und der Société Générale längst bewährt. Für uns als Finanzdienstleister bot sich so die Chance, uns durch die Kooperation mit einem finanzstarken und erfahrenen Partner entscheidend zu verstärken.

FLF Nutzen Sie denn Aktionsangebote der Herstellerbanken?

Wir verhalten uns gegenüber den Captives der jeweiligen Hersteller sehr loyal. Selbstverständlich nutzen wir auch ihre Aktionsangebote, die sie in der Regel regional oder überregional bewerben. Jeder Kunde soll in unseren Betrieben von den Angeboten der Herstellerbanken profitieren. Wir gehen den Weg, zusammen mit dem Hersteller und der Herstellerbank unter Anwendung von Aktionsangeboten natürlich gerne mit, um so gemeinsam mehr Fahrzeuge verkaufen zu können.

FLF Die Kundenloyalität steht im Zentrum des Automobilgeschäftes. Welche Rolle spielen für Sie Finanzierung, Leasing und Versicherungen?

Neben einer exzellenten Betreuung des Kunden durch persönlichen Kontakt, Kompetenz, Zuverlässigkeit und Beratung spielen sie für uns eine wichtige Rolle. Der Abschluss von Finanzdienstleistungsprodukten bedingt großes Vertrauen in den Verkaufsberater, denn schließlich leitet er zahlreiche persönliche Daten an die Bank beziehungsweise an die Versicherungsgesellschaft weiter. Dem Verkaufsberater bietet dieses Vertrauen die Möglichkeit, seinen Kunden optimal zu beraten.

Aber in der Branche wissen wir schließlich: Nach der Auslieferung heißt es nicht nur warten auf den nächsten Autokauf. Wer seinen Kunden engagiert betreut und regelmäßig Kontakt sucht, der bindet ihn an das Autohaus - mit Herz und Verstand. Und das zeigt sich unter anderem in der Werkstattqualität. Also, wie können wir dem Kunden bei einem Unfall helfen, wie informieren wir ihn beispielsweise, wenn seine Garantie abläuft oder wie gehen wir mit einem neuen Angebot auf ihn zu, wenn sein Leasing-Vertrag endet. Summa summarum: Finanzdienstleistungen sind unabdingbar und sehr gute Instrumente, den Kunden positiv zu binden.

FLF Gerade im Leasing und in der Drei-Wege-Finanzierung wird es wichtig, den Kunden am Vertragsende nicht zu verlieren. Wie managen Sie die Kundenbindung? Wo liegt Ihre Retention Rate?

Beide Produkte eignen sich natürlich hervorragend dafür, den Kunden am Ende der Vertragslaufzeit wieder in den Showroom zu bringen; er muss kommen. Ein guter Verkaufsberater pflegt schon während der Vertragslaufzeit regelmäßigen Kontakt zum Kunden. Dennoch bilden die frühzeitigen Informationen der Finanzdienstleister zu auslaufenden Verträgen eine wichtige Unterstützung und Erinnerung für den Verkäufer. Da die Markenloyalität heute nicht mehr so groß ist, messen wir die Retention Rate nicht in jedem Fall. Hauptsache, der Kunde kauft wieder ein Fahrzeug in einem unserer Betriebe.

FLF Welche Rolle spielt die Monatsrate im Verkaufsgespräch? Lässt sich der Kunde vom Budget treiben?

Hier bekommen wir es auf der einen Seite mit den sogenannten Schnäppchenjägern zu tun, die ein Fahrzeug zum allergünstigsten Preis suchen und darüber hinaus noch die günstige Sonderfinanzierung oder -leasing haben wollen. Beides lässt sich in den seltensten Fällen vereinbaren. Andererseits gibt es Kunden, die über ein Monatsbudget verfügen und über genaue Vorstellungen, wie das neue Fahrzeug aussehen soll. Es liegt nun im Geschick des Verkaufsberaters, die Wünsche des Kunden weitgehend zu erfüllen. Vielfach lassen sich höherwertig ausgestattete Fahrzeuge über die Finanzierung verkaufen; das bringt mehr Umsatz.

FLF Einige Autohäuser erzielen Penetrationsraten von 50 Prozent im Kredit- und Leasing-Geschäft und von 30 Prozent bei Kfz- Versicherungen. Wo liegen Sie?

Wir bewegen uns durchaus in dem von Ihnen genannten Rahmen, allerdings abhängig von den unterschiedlichen Fabrikaten. Auf jeden Fall gibt es immer Luft nach oben. Genauso verhält es sich bei den Kfz-Versicherungen. In einigen unserer Häuser liegen wir deutlich über 50 Prozent, in anderen auch darunter. Überall wo Menschen miteinander arbeiten, kann es zu solchen Abweichungen kommen.

FLF Und wie sieht das bei Serviceverträgen aus?

Ein Großteil der Neuwagen wird heutzutage bereits mit einer Flatrate "All Inclusive" verkauft. Diese Finanzierung enthält bereits alle Wartungsarbeiten sowie eine Garantieverlängerung bis zum Ende der Laufzeit. Die Vorteile liegen vor allem in der Kundenbindung über die gesamte Laufzeit und im Anschluss natürlich im möglichen Neugeschäft. Nachteile liegen vor allem in der Marge, da hierbei die Teile- und Stundensätze rabattiert werden.

FLF Wie beurteilen Sie diese Flatrates im Hinblick auf Kundenbindung, Werkstattauslastung und Ertrag?

Der Kunde bekommt in den Komplettangeboten sorgenfreie Mobilität vom Profi und braucht sich nicht mit den verschiedenen Angeboten für eine Finanzierung, Wartung und Versicherung befassen. Die Erfahrungen von den Herstellern und Banken sind in den Komplettangeboten umgesetzt und auf den Kunden zugeschnitten. An der konstanten monatlichen Rate erkennt der Kunde sofort, wie viel ihn das Auto im Monat kostet, transparent und absolut planbar. Für uns liegt der Reiz dieser Produkte darin, dass der Kunde zu uns ins Autohaus kommt, selbst dann noch, wenn die Garantiezeit abläuft und er die Inspektion bei uns durchführen lässt.

Ein Kontakt zum Kunde ist stets von Vorteil: So kann man etwa auf ein besonderes Reifenangebot aufmerksam machen, der Verkaufsberater kann zum Beispiel den Kunden persönlich begrüßen. Bei einem Verkehrsunfall wendet sich der Kunde zuerst an sein Autohaus und nicht an die Versicherungsgesellschaft, ein wertvoller Kontakt für die Werkstatt und eventuell auch für den Verkauf. Was die Erträge aus den inkludierten Inspektionen betrifft, halten sich diese sehr in Grenzen. Aber zur Kundenbindung eignet sich ein Mobilitätspaket sehr.

FLF Vor dem Kaufabschluss erwartet der Kunde vom Verkäufer umfassende und kompetente Beratung zu Fahrzeug und Finanzdienstleistungen. Überfordert das den Verkäufer möglicherweise?

Der Kunde kommt heute schon sehr informiert in das Autohaus. Er hat sich in den verschiedenen Medien sehr genau über sein Wunschfahrzeug informiert. Deshalb nimmt dieser Teil beim Verkaufsgespräch nur noch wenig Zeit in Anspruch. So verbleibt ausreichend Zeit für die Informationen zur Finanzierung oder Versicherung. Die Verkaufsberater regelmäßig und umfassend von den Banken zu diesen Themen schulen zu lassen, ist natürlich wichtig und notwendig.

FLF Wie beurteilen Sie den Einsatz von eigenen Finanzierungs- und Versicherungsspezialisten?

Damit machen wir nur gute Erfahrungen. Der Einsatz rechnet sich in den Betrieben, die ein gewisses Umsatzvolumen im Bereich der Finanzdienstleistungen erbringen können. Die Verkäufer können in Teilbereichen entlastet werden, und der F&V-Spezialist trägt seinen Teil zur Kundenbindung bei.

FLF Das Internet stellt für viele Kunden eine wichtige Informationsquelle dar, und sie nutzen es zunehmend für Verkaufsabschlüsse. Welche Rolle spielen die digitalen Vertriebswege für den Verkauf von Finanzdienstleistungen?

Das Internet bietet zahlreiche Informationsquellen; dem stimme ich voll zu. Dass es im Internet vermehrt zu Verkaufsabschlüssen kommt, stelle ich trotz der großen Anzahl von Untersuchungen und Studien in Frage. Beim Online-Prozess wird und muss immer wieder unterbrochen werden - schon aus rechtlichen Anforderungen. Ein kompletter Verkaufsprozess einschließlich eines Finanzproduktes ohne Unterbrechung ist online bislang nicht möglich. Trotzdem sind die Kunden natürlich über Finanzierungs- und Versicherungsangebote informiert. Im Netz stehen verschiedene Tools zur Verfügung - von der Ratenberechnung bis hin zu einem Leasing- oder Versicherungsangebot. Der Kunde ist informiert, aber das auf ihn maßgeschneiderte Angebot bekommt er nur bei uns im Autohaus, und zwar alles aus einer Hand.

FLF Das Kundenverhalten ändert sich. Statt ein Fahrzeug zu kaufen, mietet man das jeweils passende Modell. Wird über kurz oder lang aus dem Autohaus ein Buchungszentrum für Dienstleistungen?

Das veränderte Kundenverhalten, insbesondere der jüngeren Generation, stellt uns natürlich vor neue Herausforderungen. Unsere Kernaufgabe bleibt es aber, Fahrzeuge zu verkaufen. Inwieweit man die Buchungsdienstleistung anbietet, bedarf der ständigen Beobachtung des Marktes. In den Metropolen muss man sich sicher früher mit dem Thema beschäftigen als in den ländlich strukturierten Gebieten.

FLF Welche Rolle sehen Sie für den Autohandel im Carsharing?

Das Carsharing-System ist in unseren Augen im Autohandel derzeit nicht profitabel einsetzbar und in der praktischen Abwicklung äußerst schwierig. Stellen Sie sich nur einmal vor, wer sich ständig um Beschädigungen, die Reinhaltung und einen vollen Tank kümmern soll. Und zum guten Schluss war es dann leider keiner gewesen. Wir selbst haben dieses System bisher nicht getestet, das war nicht nötig. Die großen Metropolen verfügen innerstädtisch über meist gute bis sehr gute Anbindungen, und für die weiten Strecken kommt Carsharing nicht in Frage. Wer für den Weg zur Arbeit das Auto braucht, fährt mit dem eigenen Wagen oder mit Fahrgemeinschaften besser. Denn Carsharing wird auch über die Nutzungsdauer abgerechnet, und während der Arbeitszeit würden dadurch unnötig hohe Nutzungsgebühren anfallen. Und weiter gilt, dass der typische Nutzer das Auto nicht jeden Tag braucht.

FLF Können Finanzdienstleistungen dem Elektroauto zum Durchbruch verhelfen?

Ob allein Finanzdienstleistungen die Kaufbereitschaft für Elektroautos stark beeinflussen können, bezweifle ich. Es handelt sich vielmehr um ein Gesamtpaket, das es zu formen und zu fördern gilt. Sicherlich begünstigen attraktive Finanzdienstleistungen den Kauf von Elektroautos - das unterscheidet sich nicht vom konventionellen Fahrzeug. Aber vor allem muss erst einmal die entsprechende Infrastruktur bereitgestellt werden, und die Fahrzeugpreise müssen so attraktiv sein, dass der Käufer ein Elektrofahrzeug überhaupt in seine Anschaffungspläne mit einbezieht. Und letztendlich ist unbedingt die Frage zu klären, welche Art von Strom lässt das Elektroauto fahren?

FLF Worin sehen Sie Ihre drei größten unternehmerischen Herausforderungen?

Eigentlich gibt es nur eine Herausforderung: Die Kunden im Sinne des eingangs erwähnten Kundenbriefes von Emil Frey zufriedenzustellen, damit diese unsere Leistungen weiterhin in Anspruch nehmen.

FLF Herr Wohlfarth, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Dr. Frank Stenner, Redaktionsbeirat FLF.

Rudolf Wohlfarth gehört seit 20 Jahren der Emil-Frey-Gruppe mit Sitz in Zürich an. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung und seit 2008 als CEO für Deutschland zuständig.
Prof. Dr. Frank Stenner , Honorarprofessor und Lehrbeauftragter , Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen
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