Im Blickfeld

Baseler Gefahren

Es steht außer Frage, dass die Kreditinstitute krisenresistenter werden müssen. Dafür muss das Baseler Rahmenwerk überarbeitet werden, doch was jetzt als Basel III diskutiert wird, droht genau das Gegenteil des Beabsichtigten zur erreichen. Vor allem die Einführung einer Verschuldungsobergrenze (Leverage Ratio), nach der die Bilanzsumme und die außerbilanziellen Geschäfte das 33,3-fache des Kernkapitals nicht übersteigen darf, würde die Pfandbriefbanken doppelt belasten. Einerseits sind diese Institute in der Regel überwiegend in der margenarmen Immobilien- und Staatsfinanzierung tätig, sodass sie erhebliche Volumina auf der Bilanz halten müssen, um genügend Erträge zu erwirtschaften. Als harte Kennziffer differenziert die Schuldengrenze jedoch nicht nach Risiken. In der Folge müssten die Pfandbriefbanken margen- und risikoarmes Geschäft durch risikoreichere Kredite ersetzen. Damit aber würde die Leverage Ratio zumindest für die Pfandbriefbanken genau den Anreiz setzen, den sie eigentlich beseitigen will.

Dies hätte vor allem auf die Finanzierung der öffentlichen Hand dramatische Auswirkungen. Denn in der Staatsfinanzierung haben die Pfandbriefbanken gegenwärtig einen Marktanteil von 44 Prozent. Käme die Leverage Ratio, müsste sich diese Bankengruppe noch weiter aus der Staatsfinanzierung zurückziehen, als sie das bisher schon tut. Weniger Anbieter und geringere Finanzierungsbereitschaft würden die Kredite speziell an Kommunen spürbar verteuern. Die entstehende Lücke dürften weder Förderbanken noch eigene Emissionen der Kommunen - sofern sie überhaupt Zugang zum Kapitalmarkt haben - füllen können. In letzter Konsequenz müsste der Steuerzahler herangezogen werden - mit höheren Abgaben bei geringeren Leistungen. Wie das bei den ohnehin unerträglich hoch verschuldeten Städten, Gemeinden und Kreisen funktionieren soll, ist derzeit schwer vorstellbar. Daher ist die Forderung des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken nachvollziehbar, die Verschuldungsobergrenze nicht als harte Kennzahl, sondern als Beobachtungskennziffer nur melden zu müssen. Dies würde den Transparenzwünschen der Aufsicht und der Investoren entgegenkommen, gefährdet aber nicht das Geschäftsmodell der Pfandbriefbanken. Alternativ schlägt der Verband eine Risikodifferenzierung der Kredite vor, mit entsprechender Privilegierung. Dass die Überlegungen zur Leverage Ratio in sich inkonsistent sind, zeigt sich auch beim geplanten Liquiditätspuffer (LCR), wonach Kreditinstitute unter Basel III hoch liquide Aktiva vorhalten müssen, um ein 30 Tage andauerndes Stressszenario zu bestehen. Diese Liquidität erhöht jedoch die Bilanzsumme und verschlechtert damit die Leverage Ratio der Institute. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass entsprechend der letzten Novelle des Pfandbriefgesetzes vom November 2010 bereits 180 Tage vor Fälligkeit der Pfandbriefe die volle Liquidität für deren Rückzahlung bereitgehalten werden muss. Pfandbriefemittenten würden daher doppelt belastet.

Erreicht haben die Pfandbriefbanken immerhin schon, dass Covered Bonds im Liquiditätspuffer überhaupt berücksichtigt werden. Bis zu einer Höhe von 40 Prozent des Liquiditätspuffers und mit einem Abschlag von 15 Prozent (Haircut) sind sie nach aktuellem Stand anerkennungsfähig. Trotzdem arbeitet der Verband auf einen höheren Grenzwert hin, der bei 50 bis 60 Prozent liegen könnte. Zudem will er durchsetzen, dass der Abschlag deutlich gesenkt wird. Ein weiterer Erfolg: Auf Drängen der Pfandbriefbanken wurde bereits die Vorgabe, über einen Zeitraum von zehn Jahren bestimmte Geld-Brief-Spannen für die Covered Bonds nachzuweisen, fallen gelassen. Es ist also durchaus noch Bewegung im Baseler Regulierungsprozess. L. H.

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