Im Blickfeld

Fehlender Aufschrei

Etliche Bundesländer haben eine neue bequeme Methode entdeckt, mehr Geld in ihre leeren Kassen zu spülen: Sie schrauben die Grunderwerbsteuer nach oben. Seit der Bund den Ländern 2006 die Hoheit über diese Steuer übertragen hat, wurde vielerorts kräftig erhöht. Dreizehn Bundesländer haben inzwischen den zuvor gültigen Satz von 3,5 Prozent auf zumeist 4,5 oder 5,0 Prozent angehoben. Während der Koalitionsverhandlungen in Berlin sprengte ein Vorschlag aus der SPD dann jegliche Dimensionen: Einige Genossen brachten einen Steuersatz von sieben Prozent ins Spiel.

Die andauernde Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist jedoch ein Fehler. Sie erschwert den Erwerb von Immobilien durch private Käufer und das in einem Land, das eine niedrige Wohneigentumsquote hat und die Bildung von Wohneigentum an anderen Stellen finanziell fördert. Die Erhöhung bereitet aber auch der Immobilienwirtschaft heftige Kopfschmerzen. Denn sie greift in Kalkulationen langjähriger Projekte ein und entfaltet hier regelrecht eine Rückwirkung. Ein Beispiel macht das deutlich: Entwickelt ein Unternehmen eine Immobilie, für die ein "Bruttokaufpreis" von 100 Millionen Euro angesetzt ist, so schmälert eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5,0 Prozent den Ertrag um 1,5 Millionen Euro. Der künftige Erwerber des Gebäudes ist nämlich grundsätzlich nicht bereit, einen höheren Kaufpreis infolge der Steuererhöhung zu akzeptieren, da sich dies wiederum mit seinen Kalkulationen nicht vereinbaren lässt.

Der Projektentwickler ist deshalb der Dumme, seine Einnahmen verringern sich beträchtlich. Rechnet er zum Beispiel mit einer Marge von 15 Prozent, so verpuffen durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1,5 Prozentpunkte zehn Prozent des avisierten Ertrags. Es muss verwundern, dass die Branche trotz dieser dreisten Erhöhung relativ ruhig bleibt. Würden in anderen Wirtschaftszweigen, seien es nun Landwirte, Apotheker oder Hoteliers, die Einnahmen derart drastisch beschnitten beziehungsweise ihre Abgabeleistungen am Markt einer derartigen Steuererhöhung unterzogen, ginge ein Aufschrei sondergleichen durchs Land. Die Immobilienwirtschaft nimmt die Erhöhung dagegen willfährig hin. Sie sollte sich endlich wehren.

Wolfgang Heid, Sprecher der Geschäftsführung, Fay Projects GmbH, Frankfurt am Main

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