Messeausgabe 2008

Handelsimmobilien - weniger Investitionen, höhere Mieten

Das Investmentvolumen bei handelsgenutzten Gewerbeimmobilien in Kontinentaleuropa ist im ersten Halbjahr 2008 rückläufig. Insgesamt sank das Transaktionsvolumen von 13,1 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum auf 7,5 Milliarden Euro. In Deutschland liegt der Investmentmarkt für handelsgenutzte Gewerbeimmobilien mit 4,5 Milliarden Euro Transaktionsvolumen nur leicht unter dem Niveau des ersten Halbjahres 2007 mit etwa fünf Milliarden Euro. Grund ist allerdings die Einbeziehung des Karstadt-Portfolios, ohne das der Rückgang deutlicher ausgefallen wäre.

Gute Gründe für Investments in Handelsimmobilien

Im Zuge der Kapitalmarktkrise machen sich Risikodiversifizierung und Qualitätsbewusstsein wieder stärker bemerkbar. Zugespitzt formuliert könnte man auch von einer Flucht in die Qualität sprechen. Die Vermarktung von Immobilien ohne klare Positionierung, beispielsweise eine in ungünstigem Verhältnis stehende Mischnutzung aus Büro und Einzelhandel, ist schwieriger geworden. Gleiches gilt für Objekte mit nicht optimaler Lagequalität.

Während sich für Immobilien in erstklassigen Lagen keine gravierenden Preisreduzierungen feststellen lassen, sind auf der Käuferseite die Renditeanforderungen aufgrund der inzwischen nötigen höheren Eigenkapitalquoten leicht gestiegen. Gleichzeitig hat der Renditevorsprung im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern an Bedeutung verloren. Ein entscheidender Vorteil deutscher Immobilien ist geblieben: die größere Auswahl an Großstädten und damit geeigneten Objekten. Kein anderes Land in Europa weist eine ähnlich hohe Dezentralisierung auf, die auf dem Investmentmarkt für hochwertige Immobilien ein entscheidender Vorteil ist.

Bei der Fremdfinanzierung entscheidet die Qualität. Immobilien mit guter Bonität werden seitens der Banken weiter gut finanziert. Entscheidend sind dabei die Frage nach der Drittverwendungsfähigkeit, die Immobilienqualität als solche, die Lage und der Mietfluss. Prinzipiell sind die Banken nicht länger gewillt, Finanzierungen zu mehr als 100 Prozent zu gewähren, die 2006 und 2007 durchaus möglich waren. Derzeit stellen Finanzierungszusagen oberhalb von 80 Prozent die absolute Ausnahme dar.

Ein weiterer Pluspunkt sind die steigenden Mieten. In den wichtigsten Einkaufsstraßen ist im Zehn-Jahresverlauf mit Ausnahme des Jahres 2003 ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen. Neben der guten Flächennachfrage verleiht die hohe Inflation über die Indizes dem Mietpreisanstieg zusätzliche Dynamik. Die Finanzierungsbedingungen haben sich durch die Krise auf den Kapitalmärkten prinzipiell verschlechtert. Eigenkapitalstarke Investoren gewinnen deshalb klar die Oberhand. Alle deutschen Anleger, die sich zu Beginn des Investmentbooms in Deutschland zurückhaltend zeigten, treten wieder verstärkt in Erscheinung. Offene Fonds kehren nach einer gesunden Portfoliobereinigung auf den deutschen Markt zurück. Pensionskassen, Versicherungen und Spezialfonds sind wieder verstärkt als Kaufinteressenten wahrnehmbar. Ansatzweise zieht auch die Nachfrage Geschlossener Fonds wieder an, wobei diese aufgrund der direkten Konkurrenz zu Bankanlageprodukten mit höheren Renditeerwartungen operieren.

Interessen von institutionellen und privaten Investoren

Zudem interessieren sich internationale Käufer unverändert stark für erstklassige "Trophy Buildings" in Bestlagen. Hinzu kommt ein Erstarken der Immobilien-Entwickler und Investor-Developer, die auf die Auflösung größerer Immobilienpakete spekulieren. Bei kleineren und mittleren Volumina sind Privatinvestoren wieder verstärkt zu beobachten. Bei dieser Investorengruppe tragen natürlich auch die derzeitigen Börsenturbulenzen zu einem steigenden Interesse an Immobilieninvestments bei.

Bei den Finanzinvestoren erlebt der Markt dagegen eine Korrektur. Fundierte Unternehmen treten weiterhin als Käufer am Markt auf. Kurzfristig orientierte Investoren, die sehr stark auf Fremdkapital und die damit verbundene Hebelwirkung gesetzt hatten, geraten dagegen zum Teil unter Zugzwang.

Innerstädtische Einkaufsstraßen im Fokus

Einzelhandelsimmobilien in den 1a-Lagen der Metropolen sind eine der wertbeständigsten Immobilienkategorien überhaupt. In den sieben größten deutschen Städten, die Kemper's Jones Lang Lasalle untersucht, - den sogenannten "Big 7" - liegen die Nettoanfangsrenditen im Oktober 2008 in der Spitze unverändert zwischen 4,0 und 4,25 Prozent. Das Wertsteigerungspo-tenzial in 1a-Lagen ist weiterhin gut. Zumal bei einer rückblickenden Betrachtung deutlich wird, dass dieses überwiegend mietpreisgetrieben ist. Auf lange Sicht treiben Mietpreiszuwächse die Wertentwicklung stärker und nachhaltiger als die Auf- und Abwärtsbewegungen der Investorennachfrage. Zwischen 1998 und 2008 sind die Mie-ten in den "Big 7" durchschnittlich um fast 40 Prozent gestiegen. In München, Frankfurt und Stuttgart liegen die Zuwachsraten sogar bei über 50 Prozent.

Die Faktoren, welche als Vervielfältiger der Jahresnettomiete Auskunft über den Immobilienwert geben, zeigten sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich weniger volatil als die Mieten. Bezogen auf die Mittelwerte der "Big 7" bewegt sich die Bandbreite in den Jahren 1998 bis 2008 zwischen dem 20,5- bis 22,5-fachen der Jahresnettomiete. Nach der vorübergehenden Delle im vierten Quartal 2007 ist derzeit ein relativ stabiles Bild auf dem hohen Niveau der Jahre 2006 und 2007 zu beobachten.

Auf dem Vermietungsmarkt in 1a-Lagen ist bislang kein Durchschlagen der Finanzkrise festzustellen. Im Gegenteil. Dieser zeigte sich in den ersten drei Quartalen des Jahres 2008 überaus stabil. Die Flächennachfrage ist gut, konzentriert sich aber fast ausschließlich auf die Top-Einkaufsstraßen.

Vermietungsmarkt von Finanzkrise bislang unberührt

Die Mieten für Einzelhandelsflächen in 1a-Citylagen lagen nach den Berechnungen von Kemper's Jones Lang Lasalle im ersten Halbjahr 2008 rund 5,1 Prozent (2007: 2,5 Prozent) über dem Vorjahreszeitraum. In den "Big 7" war der durchschnittliche Mietpreiszuwachs mit elf Prozent (2007/2006: 5,0 Prozent) sogar noch höher. Bis zum Jahresende wird sich die Mietpreissteigerung verlangsamen, zumindest aber eine stabile Seitwärtsbewegung zeigen. Für 2009 ist ein moderater Anstieg in den Top-Standorten zu erwarten. In den weniger exponierten Mittelstädten erwarten wir eine stabile Mietpreissituation.

Die starken Mietpreissteigerungen in den Metropolen spiegeln die Fokussierung der Einzelhandelsfilialisten auf die Toplagen wider. Aber auch in Mittel- und Kleinstädten mit starker Zentralität sind steigende Mieten zu beobachten. So liegen die Mieten etwa in den 15 wichtigsten Städten mit 250 000 bis 500 000 Einwohnern im Schnitt um 4,1 Prozent über dem Vorjahr. In der Kategorie 100 000 bis 250 000 Einwohner steigen sie um durchschnittlich 4,3 Prozent.

Insgesamt ist die Stimmung auf dem Vermietungsmarkt von Verdrängung und Standortverlagerungen geprägt. Erfolgreiche und bonitätsstarke Einzelhandelskonzepte treiben ihre Expansion voran. Vor diesem Hintergrund ist auch für den weiteren Verlauf des Jahres mit einem gesunden Vermietungsmarkt zu rechnen. Der Flächenzuwachs in deutschen Innenstädten setzt sich auch 2008 fort. Noch für dieses Jahr sind 15 neue Shoppingcenter in Innenstädten und Stadtteillagen geplant. Bis 2010 sind neue Centerprojekte in 40 Innenstädten Deutschlands mit einer Gesamtverkaufsfläche von rund einer Million Quadratmeter geplant. Mit durchschnittlich 27 000 Quadratmeter hält der Trend zu kleineren Gesamtflächen an. Bei der Standortwahl setzen sich die Innenstädte immer stärker durch. Diese Standortpräferenz beruht auf der Suche nach Unverwechselbarkeit, höherer Qualität, Lifestyle- und Freizeit-Ausrichtung. Zudem spiegelt sie die politisch gewollte Renaissance der Innenstädte wider.

Die Investorennachfrage bei Shoppingcentern ist gut. Die Qualitätsansprüche sind im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen. Entscheidend für die Vermarktungschancen sind die Lagequalität, eine klare Positionierung sowie ein guter Mietermix. Dies macht auch deutlich, dass die bauliche und architektonische Qualität neu entwickelter Einkaufszentren steigt. Im Mittelpunkt stehen die Baumaterialien, die Flächenkonzeption, der Einsatz von natürlichem Licht und möglichst maximale Deckenhöhen. Auch Luxuslabels entdecken die Center deshalb verstärkt als Standortoption. Objekte, die bei den genannten Kriterien nicht optimal abschneiden, lassen sich anders als in den vergangenen beiden Jahren nur noch unter erschwerten Bedingungen vermarkten.

Große Fachmarktzentren stehen weiter im Fokus der Investoren. Die Kategorie konnte ihren prozentualen Anteil am Transaktionsvolumen für einzelhandelsgenutzte Gewerbeimmobilien im ersten Halbjahr 2008 sogar ausdehnen. So wurden in dieser Zeit in Kontinentaleuropa 7,5 Milliarden Euro in Einkaufs-, Fachmarktzentren und Fachmärkte investiert (1. Halbjahr 2007: 13,1 Milliarden Euro). Großflächige Fachmarktzentren konnten ihren Anteil an diesem Gesamtvolumen von zehn auf 18 Prozent steigern. Sie stehen damit für ein Transaktionsvolumen von 1,35 Milliarden Euro.

Dieses Szenario lässt sich auch auf den deutschen Markt übertragen. Deutschland ist im ersten Halbjahr 2008 mit einem Anteil von 26 Prozent am gesamten Transaktionsvolumen der aktivste Investmentmarkt für Fachmarktzentren und Fachmärkte in Kontinentaleuropa. Im genannten Zeitraum wurden hierzulande über 700 Millionen Euro in diese Immobilienkategorie investiert.

Besonders Kaufpreisvolumina über 20 Millionen Euro werden stark nachgefragt und erzielen Nettorenditen zwischen 5,75 und 6,0 Prozent. In den nächsten Monaten ist ein Anstieg auf die Bandbreite 6,0 bis 6,25 Prozent zu erwarten. Bei kleineren Fachmarktobjekten, Supermärkten und Discountern hat die Nachfrage dagegen etwas nachgelassen. Auch Portfolios entsprechender Objekte lassen sich weniger gut vermitteln als noch vor Jahresfrist. Die Multiplikatoren für Fachmärkte liegen derzeit beim 12,5bis 13-fachen der Jahresnettomiete. Zuletzt waren Werte bis zum 15- oder gar 16-fachen realistisch.

Differenzierte Nachfrage

Insgesamt ist das Interesse der Investoren an handelsgenutzten Gewerbeimmobilien weiterhin gut. Wesentliche Kriterien für Investitionsentscheidungen sind die Liquidität und Handelbarkeit entsprechender Anlageprodukte sowie lange Restlaufzeiten bei den Mieten. Insgesamt ist ein klarer Trend zur Produktkategorisierung zu beobachten. Erstklassige Handelsimmobilien werden im Vergleich zu anderen Nutzungsarten auch 2008 eine überdurchschnittliche Wertentwicklung aufweisen. Das Marktumfeld bietet längerfristig orientierten Anlegern weiterhin exzellente Chancen.

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