Schwerpunkt: Fonds im Umbruch

Neue Gesetze und ihre Folgen für die Fondsbranche

Bundestag und Bundesrat haben die Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts (VermAnlG) im November des vergangenen Jahres verabschiedet. Es wird vor allem den bankenunabhängigen Vertrieb von Anteilen Geschlossener Fonds maßgeblich verändern. Kern des neuen Gesetzes: Geschlossene Beteiligungen werden zu sogenannten Finanzinstrumenten. Vom Grundsatz her gelten somit die gleichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen wie für Investmentfonds oder Aktien.

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So müssen die rund 80000 freien Vermittler beispielsweise Beratungsprotokolle erstellen und Provisionen offenlegen. Außerdem müssen sie eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abschließen und ihre Sachkunde durch eine Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer nachweisen. Während für den überwiegenden Teil der freien Vermittler diese Pflichten neu sind, sind sie für Bankberater hingegen längst gängige Praxis. Nach Umsetzung des VermAnlG gelten auf Vertriebsebene somit die gleichen Regeln für Bankberater wie auch für freie Vermittler.

Über die Regulierung des Vertriebs hinaus sieht das neue VermAnlG eine Reihe von zusätzlichen Publikationspflichten für die Emittenten vor. So muss der Emittent beispielsweise einen sogenannten Beipackzettel beziehungsweise ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) erstellen. Damit sollen Anleger auf drei DIN-A4-Seiten kurz und verständlich über die wesentlichen Eigenschaften und Risiken des Produkts aufgeklärt werden. Außerdem soll der Vergleich mit anderen Kapitalanlageprodukten erleichtert werden.

Ein weiteres Novum im Bereich der Geschlossenen Fonds ist außerdem die Kohärenzprüfung des Emissionsprospektes. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird die Prospekte künftig nicht nur auf Vollständigkeit, sondern auch auf Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit der dargestellten Informationen überprüfen.

Kontroverse um Aufsicht: Gewerbeamt oder BaFin

Ob die wirtschaftlichen Annahmen der Prognoserechnung plausibel sind, ist jedoch nicht Gegenstand der Kohärenzprüfung. Das heißt, qualitativ schlecht konzipierte Produkte werden auch weiterhin von der BaFin genehmigt, solange die Angaben im Prospekt vollständig und widerspruchsfrei sind.

Der wohl strittigste Aspekt im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens war die Frage nach der zuständigen Aufsichtsbehörde. Finanzminister Wolfgang Schäuble wollte die 80000 freien Vermittler von der BaFin beaufsichtigen lassen. Mit diesem Vorschlag scheiterte er jedoch am Widerstand der FDP. Stattdessen erfolgt die Aufsicht der bankenunabhängigen Berater künftig durch die Gewerbeämter.

Zahlreiche Verbraucherschützer halten eine derartige Aufsicht für nicht sachgerecht, da die Gewerbeämter weder personell noch fachlich in der Lage seien, eine wirksame Aufsicht leisten zu können. Die Branche der freien Vermittler hingegen wird es freuen, dass sie der strengeren Aufsicht durch die BaFin entgangen ist. Ob die Gewerbeämter dem in sie gesetzten Anspruch gerecht werden, wird sich zeigen müssen.

Regulierung als Chance für den Imagewandel

Das erklärte Ziel der gesetzlichen Bestrebungen ist es, schwarze Schafe aus dem Markt zu drängen. Der "graue" soll damit zum "weißen" Kapitalmarkt werden. Genau darin liegt die große Chance für die Branche der Geschlossenen Fonds, sich von dem negativen Image abzusetzen. Auf lange Sicht kann die Wahrnehmung des Geschlossenen Fonds als reguliertes Kapitalanlageprodukt Vertrauen auf der Anlegerseite erzeugen.

Ob das Gesetz das Beratungsniveau insgesamt anheben wird, darf jedoch bezweifelt werden. Dass ein hohes regulatorisches Niveau Anleger nicht vor schlechter Beratung schützt, haben in der Vergangenheit zahlreiche Banken immer wieder unter Beweis gestellt.

Ebenso werden Fonds mit wirtschaftlich viel zu optimistischen Annahmen nicht am Vertrieb gehindert. Einen Regulierungsschub für die Branche stellen nicht nur das VermAnlG, sondern vor allem auch die Richtlinie für Manager alternativer Investmentfonds (AIFM) dar. Anders als das VermAnlG, das primär den Vertrieb reguliert, richtet sich die AIFM-Richtlinie an die Manager von Kapitalanlageprodukten.

Fondsmanager, die bislang noch nicht den Regelungen von MiFID, OGAW oder Investmentgesetz unterliegen, müssen künftig bei der BaFin eine Zulassung beantragen und einen umfangreichen Anforderungskatalog erfüllen. Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung einer Verwahrstelle, die unter anderem die rechtmäßige Verwendung aller Gelder ex post überprüft.

Höhere Anforderungen an Initiatoren

Neben der Verwahrstelle müssen AIFM künftig Risikomanagementsysteme vorhalten und deutlich höhere Reporting-Standards erfüllen - sowohl gegenüber Anlegern als auch gegenüber der BaFin. Ebenfalls ein Novum für den Bereich der Geschlossenen Fonds ist die Verpflichtung, Fondsobjekte mindestens einmal pro Jahr zu bewerten.

Die AIFM-Richtlinie ist zwar bereits im Juli des vergangenen Jahres in der Europäischen Union in Kraft getreten. Trotzdem bedarf die allgemein gehaltene Richtlinie weiterer Konkretisierung. So bleibt beispielsweise weiterhin unklar, inwieweit bereits bestehende Fonds von den Regelungen betroffen sein werden oder ob für sie Bestandsschutz gilt. Ebenfalls nicht beantwortet ist die Frage, wer bei einer geschlossenen Beteiligung in der Form der GmbH & Co. KG überhaupt der Fondsmanager ist.

Umsetzung in deutsches Recht entscheidend

Dass die bisher geschaffenen Regeln zum Teil kaum zu Geschlossenen Fonds passen, verwundert nicht. Der eigentliche Adressat der AIFM-Richtlinie sind schließlich Hedge- und Private-Equity-Fonds. Die Regelungen der Richtlinie sind daher primär auf sie zugeschnitten. Die Aufgabe des deutschen Gesetzgebers ist es nun, sinnvolle Lösungen zu finden, um die Anforderungen der Richtlinie auf Geschlossene Fonds zu übertragen.

Mit einem ersten Diskussionsentwurf ist im Frühjahr 2012 zu rechnen. Wie dieser aussehen wird, ist derzeit noch nicht klar. Allerdings gibt es bereits erste Anzeichen dafür, dass das KG-Modell bald der Vergangenheit angehören und auch der Geschlossene Fonds im Rahmen des Investmentgesetzes reguliert werden könnte.

Nach zahlreichen Fondsschließungen und -auflösungen sollen die Neuregelungen des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (AnsFuG) das Produkt "Offener Immobilienfonds" wieder auf ein stabiles Fundament stellen.

Zu diesem Zweck wurden Mindesthalte- und Kündigungsfristen eingeführt. Ausgenommen davon sind lediglich Anteile im Wert von 30000 Euro pro Kalenderjahr, die ohne Beachtung von Fristen zurückgegeben werden dürfen. Mit dieser Regelung möchte der Gesetzgeber den Produktcharakter auf Kleinanleger fokussieren. Die ab 2013 in Kraft tretenden neuen Regelungen sollen dem Produkt zusätzlich Stabilität verleihen.

Neustart der Offenen Immobilienfonds

Ob die Hoffnungen, die Anleger und Anbieter mit den neuen Regeln verbinden, sich erfüllen werden, ist allerdings noch nicht absehbar. Komplett auszuschließen sind Probleme auch mit dem neuen Gesetz nicht. Vor allem die Entnahmemöglichkeit von 30000 Euro pro Halbjahr könnte alle anderen beschlossenen Schutzmaßnahmen konterkarieren. Denn der durchschnittliche Anleger ist mit weniger als 30000 Euro investiert.

Wenn der Großteil der privaten Anleger innerhalb eines halben Jahres seine gesamten Fondsanteile veräußert - sei es aufgrund von politischen Entscheidungen oder, wie im vergangenen Jahr bei der Katastrophe in Japan, aufgrund exogener Marktschocks - kann das Kapitalanlagegesellschaften (KAG) erneut in ernste Liquiditätsprobleme bringen.

Nachteile einer begrenzten Kreditaufnahme

Eine weitere wesentliche Veränderung ist die Reduzierung der maximalen Kreditquoten. Bislang dürfen bis zu 50 Prozent des Immobilienportfolios fremdfinanziert sein. Künftig sind es nur noch 30 Prozent. Ziel dieser Änderung ist es, Offene Immobilienfonds für Anleger sicherer zu gestalten. Gleichzeitig wird den Fonds jedoch viel Flexibilität genommen. Denn die Absicherung von Währungsrisiken bei global operieren-den Fonds kann nicht mehr im gewohnten Umfang über die Aufnahme von Krediten in der Fremdwährung erfolgen.

Als Ersatz müssen stattdessen Devisentermingeschäfte getätigt werden. Diese sind jedoch mit Kosten verbunden. Damit wird Druck auf die Renditen insbesondere bei Globalfonds ausgeübt. Es ist zu erwarten, dass Offene Immobilienfonds infolge der neuen Regelung weniger in Fremdwährungsräumen investieren werden. Verstärkte Ankäufe und Umschichtungen in europäische Märkte wären eine mögliche Folge. Scope hat im vergangenen Jahr die Kapitalanlagegesellschaften zu den neuen gesetzlichen Regelungen be-fragt. Das Ergebnis: Fast zwei Drittel der befragten Fondsmanager planen, Kredite zurückzuführen und damit die Kreditquote zu reduzieren. Fast jeder Zweite erwägt außerdem den Verkauf von Objekten mit hohem Fremdkapitalanteil.

Vorteile für große privatkundenorientierte Fonds

Vor allem die großen Fonds, die vorwiegend über Banken vertrieben werden, können mit dem Gesetz gut leben. Bei ihnen sind vorwiegend Kleinsparer investiert. Probleme dürften dagegen kleinere Fonds bekommen, die ohne bankengestützten Vertrieb auskommen müssen und bisher stark durch institutionelle oder semi-institutionelle Anleger geprägt waren. Diese Anlegergruppen investieren in der Regel deutlich höhere Beträge. Durch die Halte- und Kündigungsfristen sind Offene Publikumsfonds für sie kaum noch interessant. Sie werden daher verstärkt auf alternative Vehikel wie beispielsweise Spezialfonds ausweichen.

Auswirkungen einer längeren Kündigungsfrist

Einem Teil der Institutionellen ist es künftig sogar unmöglich, weiterhin in Offene Immobilienfonds zu investieren. Der Grund: Nach der Anlageverordnung dürfen zum Beispiel Versicherungen das Kapital der Versicherten nur in Vehikel mit maximal sechsmonatiger Kündigungsfrist investieren. Da Offene Immobilien-Publikumsfonds künftig eine zwölfmonatige Kündigungsfrist haben werden, sind sie für einen Großteil der Versicherungen dann nicht mehr geeignet. Auch andere Institutionelle haben in Marktumfragen erklärt, nicht länger in Publikumsfonds investieren zu wollen.

Grundsätzlich sind die Trennung von institutionellen und privaten Anlegern sowie die Einführung einer Mindesthaltedauer zu begrüßen. In der Vergangenheit waren es gerade Institutionelle, die Offene Immobilienfonds als kurzfristigen Geldparkplatz nutzten, ihr Kapital nach der Lehman-Insolvenz dann rasch abzogen und damit zahlreiche Fonds in Liquiditätsnöte brachten. Das Investmentverhalten institutioneller Investoren ist - so eine Erkenntnis der Ereignisse des Jahres 2008 - häufig nicht konform mit dem langfristigen Anlagehorizont eines idealtypischen Immobilienfonds-Anlegers. Nichtsdestotrotz gab es auch zahlreiche institutionelle Investoren, die das Produkt in der Vergangenheit nicht als Geldmarktinstrument missbraucht haben. Dies trifft insbesondere auf kleinere Institutionelle wie beispielsweise Stiftungen oder Family Offices zu, für die der klassische Spezialfonds aufgrund der hohen Mindestanlagesummen keine Alternative ist. In welchem Umfang diese Investoren dem Offenen Immobili-en-Publikumsfonds mit den neuen Halte- und Kündigungsfristen die Treue halten werden, bleibt abzuwarten.

Weitere Regelwerke

Neben dem VermAnlG, dem AnsFuG und der AIFM-Richtlinie werden sich noch weitere regulatorische Änderungen auf die Geschlossenen und Offenen Immobilienfonds auswirken. Solvency II beispielsweise wird das Anlageverhalten von Versicherungen maßgeblich verändern. In welchem Umfang und in welcher Form Versicherungen nach Umsetzung der Richtlinie in Immobilien investieren werden, ist noch nicht absehbar. Basel III wiederum wird das Finanzierungsgebaren der Kreditinstitute verändern. Es besteht die Gefahr, dass die Finanzierung von Immobilienin-vestments für Banken an Attraktivität verliert und zu einer grundsätzlich restriktiveren Kreditvergabepraxis führt. Fest steht: Der Wandel des regulatorischen Umfelds für indirekte Immobilienanlagen ist noch nicht abgeschlossen.

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