Expo Real Messeausgabe 2009

Die Offenen Immobilienfonds am Scheideweg?

Die Situation der Offenen Immobilienfonds ist zwiespältig. Einerseits hat sich die Lage der Fonds merklich entspannt. Von den Fonds, die im Oktober 2008 die Anteilrücknahme ausgesetzt hatten, ist mittlerweile die Mehrzahl wieder geöffnet. Bei diesen Fondsgesellschaften hielten sich die Mittelabflüsse im Rahmen. Auch die Mittelzuflüsse der Offenen Immobilienfonds insgesamt haben sich offensichtlich stabilisiert. Nach einer aktuellen Auskunft des Branchenverbandes BVI flossen den Grundstücks-Sondervermögen allein im ersten halben Jahr 2009 wieder knapp vier Milliarden Euro frischer Anlegergelder zu.

Offene Fonds als Stabilitätsanker

Auf der anderen Seite ist die Krise der Offenen Immobilienfonds keineswegs ausgestanden. Noch immer können Anleger bei einigen Fonds nicht auf ihre Mittel zugreifen. Zudem werteten mittlerweile zwei Gesellschaften ihre Fondsportfolios zum Teil deutlich ab. Dies hat viele Anleger verunsichert und Fondsgesellschaften sehen sich nicht erst seitdem mit der Auffassung einiger Kritiker konfrontiert, der Offene Immobilienfonds sei ein Auslaufmodell. Wie steht es denn nun aber um die Chancen des Produkts?

Festzuhalten bleibt: Trotz aller Probleme, die die Branche derzeit hat, wird es den Offenen Immobilienfonds auch in vielen Jahren noch geben. Dafür gibt es einen guten Grund. Das Konzept, weltweit Qualitätsimmobilien bereits zu geringen Beträgen für Anleger verfügbar zu machen, ist unvermindert interessant. Trotz aller Turbulenzen, die es auf den internationalen Immobilienmärkten und damit bei den Offenen Immobilienfonds gibt, sind die Fonds noch immer ein Stabilitätsanker in den Portfolios der meisten Anleger. Den tiefgreifenden Verlust von Vertrauen in das Produkt hat es nicht gegeben. Die meisten Anleger - sowohl private als auch institutionelle - suchen heute wieder Investitionen, die ihnen Schutz vor der Wirtschaftskrise und insbesondere eine Absicherung gegen Inflationsverluste bieten. Für diese Anleger ist und bleibt der Offene Immobilienfonds die erste Wahl.

Klar ist aber auch, der Offene Immobilienfonds wird sich verändern. Schon jetzt hat er nicht mehr viel mit dem Offenen Immobilienfonds der Vergangenheit gemein. Während die Fonds vor zehn Jahren - ähnlich sicheren Staatsanleihen - als sogenannte Witwen- und Waisenpapiere galten, sind die Fonds mittlerweile sehr unterschiedlich. So gibt es Fonds, die eher stabilitätsorientiert vorgehen und vor allem auf schwankungsarmen Märkten und in wenig volatile Nutzungsarten investieren. Sie entsprechen in etwa noch dem Offenen Immobilienfonds der alten Prägung. Andere Fonds hingegen agieren auf weit volatileren Märkten und setzen dabei verstärkt auf Investitionen mit höheren Chancen und Risiken. Bei ihnen ist das Risiko von Wert- und Liquiditätsverlusten erkennbar höher als bei anderen, gleichzeitig steigt aber auch ihr Renditepotenzial. Für die Anleger bietet dies eine völlig neue Palette an Anlagemöglichkeiten. Diese Ausdifferenzierung wird sich künftig fortsetzen, was auch ein Umdenken bei vielen Anlegern mit sich bringen wird. Ein Umdenken wird es auch hinsichtlich der Fungibilität geben. Anleger müssen sich darüber bewusst werden, dass der Offene Immobilienfonds in Zeiten hoher Verunsicherung die grundsätzlich jederzeitige Verfügbarkeit der Mittel aufheben und die Rücknahme von Fondsanteilen vorübergehend einstellen kann. Dies ist jedoch per se nichts Dramatisches, sondern dient vielmehr dem Schutz der langfristig in den Fonds investierten Anleger. Sie sollen auch weiterhin nicht um ihr Geld fürchten müssen. Zwar könnten die Fonds beispielsweise gegenüber Immobilienaktien künftig noch etwas weniger fungibel sein, dafür sind sie aber weiterhin deutlich weniger volatil. So findet der Offene Immobilienfonds seinen berechtigten Platz im Wettbewerb mit anderen indirekten Immobilienanlagen.

Gesetzgeber am Zug

Die aktuelle Krise der Offenen Immobilienfonds ist tiefgreifend, bietet aber die Chance, das Produkt zukunftsfähig zu machen. So muss insbesondere das Problem der Fristentransformation gelöst werden. Hierzu hat der Branchenverband BVI bereits sinnvolle Maßnahmen wie etwa längere und einheitliche Kündigungsfristen für institutionelle Anleger vorgeschlagen. Nun ist es am Gesetzgeber, die Vorschläge des BVI aufzugreifen und zeitnah gesetzlich zu verankern. Auch in der Bewertungsdebatte müssen die Fondsgesellschaften vorankommen. Die Immobilien sind in der Regel fair und transparent bewertet. Jedoch muss viel offener kommuniziert werden, dass der Offene Immobilienfonds auf Basis der nachhaltigen Erträge und nicht etwa vor dem Hintergrund kurzfristiger Marktschwankungen bewertet wird.

Bewertung auf Basis von Erträgen bedeutet allerdings nicht, dass sich die Werte der Fonds stetig nach oben entwickeln werden. Kurzfristig ist zum Beispiel mit einer rückläufigen Wertentwicklung zu rechnen. Nach der 2008 erzielten Wertentwicklung von durchschnittlich 4,7 Prozent werden die Offenen Immobilienfonds im laufenden Jahr aufgrund der global angespannten Mietmärkte wohl eine geringere Rendite erwirtschaften. Eine nachhaltige Erholung der Märkte und damit auch der Renditen dürfte frühestens wieder ab 2010 zu erwarten sein.

Allerdings müssen sich Anleger nicht völlig neu orientieren. Nach wie vor ist der Offene Immobilienfonds eine langfristige Investition. Er eignet sich nicht als kurzfristiger Liquiditätsparkplatz. Die Fonds bleiben ein sehr gutes Instrument zur Stabilisierung eines Gesamtdepots, weil sie sich ganz wesentlich von den Schwankungen des Aktienmarktes abheben und zum Anker im Portfolio des Anlegers werden, der auf einen langfristigen soliden Vermögensaufbau setzt. Die anhaltenden Mittelzuflüsse versetzen die eigenkapitalstarken Fonds in die Lage, auf den nationalen und internationalen Immobilienmärkten von attraktiven Investmentchancen zu profitieren - ganz im Gegensatz zu vielen hochfremdfinanzierten Investoren. Diese sind noch immer von den Transaktionsmärkten verschwunden.

Damit leisten die Offenen Immobilienfonds einen wesentlichen Beitrag zur Belebung der nahezu weltweit zum Stillstand gekommenen Immobilienmärkte. Dabei befinden sie sich in einer ungleich komfortableren Position als noch vor wenigen Jahren. Zum einen ist die Nachfrage nach hochpreisigen Gewerbeobjekten derzeit begrenzt. Auf der anderen Seite sind die wenigen Investoren, die noch investieren können, erkennbar preissensibler geworden. Folglich können Immobilien zu deutlich niedrigeren Preisen gekauft werden, als es noch vor der Finanzkrise der Fall war. Zudem bekommen die Fondsmanager mehr noch als zu Boomzeiten Objekte in hervorragenden Lagen, mit einer hohen Gebäudequalität und mit bonitätsstarken Mietern angeboten.

Marktentwicklung mit Vor- und Nachteilen

Abgeschlossen sind die Preiskorrekturen auf den meisten Märkten noch nicht. Weltweit dürfte dieser Prozess wohl noch bis weit ins Jahr 2010 hinein andauern. Es gibt jedoch schon wieder einzelne Regionen, bei denen sich ein genaueres Hinsehen lohnt. Hinsichtlich der Preisniveaus ergeben sich dort aktuell gute Investitionsmöglichkeiten. London etwa gehört zu den Märkten, die im historischen Durchschnitt gesehen bereits 2008 wieder gute Einstiegschancen boten. Seitdem sind die Preise noch einmal deutlich gefallen. Die preisliche Bodenbildung dürfte erreicht sein. So sind in der City von London wieder Renditen von deutlich mehr als sechs Prozent möglich. Hinzu kommt, dass der historisch günstige Wechselkurs des Euro zum Pfund Investitionen derzeit noch attraktiver macht. Dieses Zeitfenster lohnender Investitionen dürfte bis 2010 offen bleiben. Neben London sind aber auch regionale Zentren wie Manchester und Liverpool äußerst attraktiv und historisch günstig bewertet.

Frankreich ist ein weiterer Markt, auf dem die Immobilienpreise bereits jetzt wieder günstig und fair bewertet sind und sich eine entsprechende Stabilisierung abzeichnet. Dies gilt insbesondere für Paris. Auch hier sollten sich schon jetzt wieder antizyklische Investments lohnen, da das Renditeniveau bereits über dem zehnjährigen Mittel liegt.

Deutschland hat sich in der jüngsten Zeit erfreulicherweise relativ robust präsentiert. Wertsteigerungen in den Größenordnungen, wie es sie zwischen 2005 und 2008 in London oder Paris gegeben hatte, sind hier weitestgehend ausgeblieben. Folglich sind die Preise, wenn auch mit leichter Tendenz nach unten, vergleichsweise stabil geblieben. Interessant am deutschen Markt ist zudem, dass die Kluft zwischen den Käufer- und den Verkäufervorstellungen derzeit größer ist als anderswo in Europa. Der Grund: Die Objekte sind in der Regel stabiler durchfinanziert worden. Finanzierungen um die 100 Prozent oder gar darüber hinaus sind in der Regel ausgeblieben. Insofern stehen Investoren nun nicht unter einem hohen Druck, unbedingt verkaufen zu müssen, weil die Kreditprolongationen zu teuer werden oder Umfinanzierungen scheitern. Daher ist damit zu rechnen, dass es in Deutschland nur vereinzelt zu den sogenannten Notverkäufen kommen wird.

Schwierig hingegen ist die Situation in Zentral- und Osteuropa sowie in Asien und in Nordamerika. In diesen Märkten dürfte derzeit kaum ein Offener Immobilienfonds als Käufer auftreten. Es wird noch einige Monate dauern, bis sich die Lage an diesen Immobilienmärkten wieder normalisiert hat. Vor allem in Osteuropa übersteigen die Risiken noch deutlich die erzielbaren Renditen.

Bei den meisten Märkten gilt aber auch, was schon vor der Krise galt: In Mikrolagen ergeben sich oftmals hervorragende Investitionsmöglichkeiten, auch wenn der Gesamtmarkt möglicherweise noch nicht interessant erscheint. Daher wird es auch in den kommenden Monaten sicher wieder Ankaufsmeldungen von Offenen Immobilienfonds geben, die ein Beleg für die auch unter schwierigen Marktbedingungen anhaltende Vitalität dieses Anlagesegments sind.

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