Baufinanzierung

Sharia-konforme Baufinanzierung für Eigenheimerwerber

Die eigenen vier Wände stehen auch bei muslimischen Kunden sehr hoch im Kurs. Dies lässt verstärkt den Wunsch aufkommen, die Immobilienfinanzierung Sharia-konform auszugestalten. Die Grundlage einer solchen Sharia-konformen Baufinanzierung ist eine islamische Finanzierungstechnik. Diese ist nach muslimischen Gesichtspunkten auch notwendig, denn es gilt das Verbot des Riba, was auf Arabisch "Zuwachs" bedeutet.1)

Verzicht auf Wohnungskauf mit Hypothek

Dagegen finden sich Begriffe wie Gewinne, Mieten und Verwaltungskosten nicht im Sinne des Verbotenen im Koran wieder und bleiben somit zulässig (halal). Sie ermöglichen damit eine Vielzahl von Finanzprodukten, die im Einklang mit der Glaubenslehre stehen. Das Verbot des Geldzinses ist aus allen abrahamitischen Religionen bekannt.2) Bis ins Mittelalter hinein war die Erhebung von Zinsen auch unter Christen verpönt. Klassische Bankkredite auf Basis des Geldzinses sind nicht mit dem Islam vereinbar. Die hier lebenden Muslime müssten - zumindest ganz streng genommen - entweder auf einen Wohnungskauf mit Hypothek verzichten oder eine Verletzung religiöser Grundsätze in Kauf nehmen.

In der Praxis werden sowohl Murabahah, Ijarah als auch Musharakah angewendet. Murabahah (Abzahlungskauf) und Ijarah (Leasingfinanzierung mit Kaufoption) funktionieren grundsätzlich wie Shariakonforme (also zinslose) Konsumentenkredite. Es ist an dieser Stelle vorwegzuschicken, dass sich der Koran einer bildhaften Sprache bedient und überhaupt das Miteinander bevorzugt in eine bildhafte Form gegossen wird.3) Betrachtet man dementsprechend das Finanzdienstleistungsgeschehen, so gilt nämlich auch hier das Bild, dass die Bank auf ihren guten Namen hin erst einmal die Bereitschaft Dritter finden muss, gerade bei ihr Geld anzulegen, sprich: regelrecht ihr anzuvertrauen.

Dafür entsendet die Bank ihre Mitarbeiter und gibt - eben im Erfolgsfall des Fündigwerdens - hierfür dann eine Dankesgratifikation; schließlich soll Vertrauen ja belohnt werden. Diese Dankesgratifikation wie auch der Personaleinsatz, um erst einmal zur Einlage Bereite "draußen" zu finden, hat dann natürlich der Kreditkunde zu tragen. Prägend in diesem Zusammenhang ist grundsätzlich der genossenschaftliche Aspekt beziehungsweise jener der wirtschaftlichen Schicksalsgemeinschaft zwischen Kunde und Bank, wie es in abgewandelter Form auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken vorkommt.

Ein besonderes Wesensmerkmal ist, dass die Bank bei der Kreditierungsform des Murabahah zunächst die Immobilie selbst erwirbt und später dem Kunden verkauft. Dieser bedient dann die Forderung der Bank ratenzahlungsartig. Kennzeichnend hierbei ist der wirtschaftlich einheitliche Vertrag, der eine andere Risikoverteilung mit dem Kunden zur Folge hat. In Betrugsfällen bezüglich des Immobilienwertes umfasst die Rückabwicklung aller Voraussicht nach die Immobilie und die Finanzierung.

Der Abzahlungskauf erlaubt keine variablen Finanzierungskosten, sodass für die gesamte Zeitdauer eine Festschreibung erfolgen muss - auf den Aspekt einer somit eventuell zweimal fällig werdenden Grundsteuerzahlung wird noch einzugehen sein4). Anders als bei konventioneller Baufinanzierung mit in der Regel begrenzter Laufzeit hat hier der "Häuslebauer" im Gegensatz zu dynamischen Hypothekenzinsen bis zu seinem Eigentumserwerb Planungssicherheit. Auf der anderen Seite ist der Abzahlungskauf schwer planbar und birgt für die finanzierende Seite große Marktrisiken, die über höhere Raten zu kompensieren sind.

Die Finanzierung nach Ijarah bietet demgegenüber die größere Flexibilität bezüglich der Anpassung etwa nach fünf, zehn oder gar fünfzehn Jahren - wie in Deutschland marktüblich. Wesentliche Nachteile des Leasingtyps sind die Übernahme des Eigentums in die Bankbilanz sowie die hohe und kostenintensive Eigenkapitalgewichtung.5)

Das Dimishing Musharakah-Konzept

In Europa ist inzwischen nunmehr, eben aufgrund der bekannten Schwachstellen, eine Baufinanzierung nach dem sogenannten Dimishing Musharakah-Konzept verbreitet. Hierbei bildet der Kunde zusammen mit der islamischen Bank eine Musharakah-Partnerschaft zum Erwerb einer Wohnimmobilie; im Grundbuch kann dabei entweder der Kunde oder die Bank eingetragen sein.

Wichtig ist an dieser Stelle eher, dass die wirtschaftlichen Risiken und das Miteigentum zu gegebener Zeit übergehen. Der Kunde und die Bank stellen das Kapital zum Erwerb zur Verfügung, wobei der Kundenkapitalanteil in der Regel wenigstens 25 Prozent betragen sollte. Die restlichen 75 Prozent des gesamten Kaufpreises der Immobilie bringt die Bank auf. Ist das Kapital aufgebracht, kauft die Musharakah-Partnerschaft die Immobilie.

Mit dem Erwerb der Immobilien kann der Kunde - wie in einem Besitzmittlungsverhältnis - die Immobilie von Anfang an nutzen und zahlt anschließend monatliche Raten an die Bank. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um Zins- und Tilgungszahlungen für einen Baufinanzierungskredit, wie das bei einer konventionellen Bank der Fall wäre. Stattdessen besteht die Rate aus zwei Teilen: Der eine Teil ist quasi als Mietzahlung an die islamische Bank für deren 75-prozentigen Anteil an der

Immobilie zu verstehen. Für den anderen Teil der Rate kauft der Kunde Stück für Stück Anteile an der Musharakah-Partnerschaft von der Bank ab.

Betreffende Wohnimmobilie muss bereits bestehen

Dadurch steigt der Kundenanteil Monat für Monat, und der Anteil der Bank geht entsprechend zurück. Und damit sinken auch die monatlichen Mietzahlungen des Kunden für die Anteile der Bank. Der Kunde kann also Monat für Monat einen immer größeren Betrag für den Kauf von Anteilen aufwenden, und damit erhält dieser immer schneller einen immer größeren Anteil, bis die Immobilie schließlich allein dem Kunden gehört.6)

Eine wichtige Voraussetzung gilt es allerdings zu beachten, damit diese Transaktion als Sharia-konform anerkannt wird: Die betreffende Wohnimmobilie muss nämlich bereits bestehen. Für Immobilien, die erst noch gebaut werden müssen, können weder Musharakah noch Murabahah oder die Ijarah-Technik angewendet werden, weil aus Sicht des islamischen Rechts die Vertragsgrundlage, in diesem Fall also die Immobilie, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits bestehen muss.7)

Was tun ohne Sharia-konformen Anbieter?

Wenn ein islamisches Geldinstitut gefunden werden kann, das die Finanzierung auf eine Weise übernimmt, die von Religionsgelehrten geprüft und gebilligt wurde, kann ein überzeugt lebender Muslim problemlos hierauf eingehen, die Finanzierung wäre "halal". Falls ein solches Geldinstitut nicht gefunden werden kann und nur konventionell arbeitende Bausparkassen und Banken als Kreditgeber für eine Hypothek zur Verfügung stehen, müssen diese wegen der unabweisbaren Notwendigkeit in Anspruch genommen werden. Es gibt Religionsgelehrte, die dieser Auffassung widersprechen, aber bei genauerer Betrachtung ist der Schluss naheliegend, dass hier für die Muslime ein Nutzen besteht, ohne dass jemand dabei zu Schaden kommt.

Außerdem gibt es wesentliche Unterschiede zwischen einem Hypothekendarlehen und einem üblichen Zinskredit, der - wie schon erwähnt - als verboten (haram) angesehen wird.8) Diese Unterschiede darf man weder ignorieren noch als unwichtig abtun. Viele Rechtsgelehrte haben westliche Länder besucht und gerade diese Frage sorgfältig untersucht. Sie haben sich entschlossen, diese Vorgehensweise hinzunehmen, wobei ihre Zustimmung regelmäßig auf der unabweisbaren Notwendigkeit fußt.

Eine Baufinanzierung nach islamischem Modell ist in Deutschland bislang nicht im Angebot, dabei wird das Marktpotenzial in Deutschland auf rund 1,2 Milliarden Euro geschätzt. Gut 60 Prozent aller in Deutschland lebenden Muslime wären am Angebot von Sharia-konformen Finanzprodukten auch konkret interessiert.9) Viele Gelehrte akzeptieren daher, eben im Rahmen der bislang bestehenden Bedingungen, die normale Baufinanzierung über gewöhnliche Banken aus dem Grundsatz der Notwendigkeit. Letztlich ist eine derartige Entscheidung immer in eigener Verantwortung zu treffen.

Baufinanzierung nach islamischem Modell in Deutschland

Zu beachten ist, dass die Religiosität bei Muslimen eine stärkere Rolle einnimmt als bei anderen Teilen der Bevölkerung. Etwa 70 Prozent der Moslems besuchen regelmäßig oder häufig die Moschee, so die Repräsentativstudie des ehemaligen Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung aus dem Jahre 2001. Dagegen besuchen nur rund 14 Prozent der Katholiken und vier Prozent der Protestanten heute noch regelmäßig den Gottesdienst.10)

Von den 3,5 Millionen Muslimen in Deutschland sind etwa 2,6 Millionen türkischer Herkunft, vielfach bereits in dritter Generation.11) Nachdem anfänglich eher in der Türkei Immobilieneigentum erworben wurde, zeigt sich nunmehr eine Neubesinnung: nämlich ebenso in Deutschland nicht mehr zur Miete wohnen zu wollen. Schließlich lehrt der Islam, dass die Wohnung zu den grundlegenden Notwendigkeiten gehört.

Im Sinne einer alsbaldigen Abhilfe zu dieser Frage wäre die Anwendung des Europäischen Passes gemäß Europäischer Vorgabe denkbar. Dies ist durchaus auch kurzfristig möglich, denn nach den Vorgaben der Sharia arbeitende Banken gibt es am Bankenplatz London bereits seit 1982. Um dem islamischen Baufinanzierungswesen den Weg ebnen zu helfen, kam es sogar zu einer gesetzlichen Sonderregelung, nämlich dass bei einem dem Koran entsprechenden Immobiliengeschäft die Grundsteuer nur einmal anfällt (auch wenn es zu zwei Kauf-/Verkaufsaktionen kommt).12)

Zulassung und laufende Beaufsichtigung im Herkunftsland

Da es inzwischen mehrere Tochterbanken in London gibt, deren Mutterhäuser am Golf domizilieren und die den Regeln der Sharia entsprechen, könnten eben diese Töchter als juristisch selbstständige Personen - als vorläufige Ersatzlösung bis zu einer entsprechenden Regelung in Deutschland den EU-Pass nutzen und eine Anzeige zur Errichtung einer Zweigniederlassung in Deutschland beziehungsweise zur Erbringung von freiem Dienstleistungsverkehr stellen.13) Entscheidend ist in diesem Kontext nämlich die Zulassung und die laufende Beaufsichtigung im Herkunftsland.

Die wesentliche Gefahr bei gewöhnlicher Baufinanzierung ist die Zwangsversteigerung bei Zahlungsverzögerungen, die meist zu hohen Restschulden für die Betroffenen führt. Die Ursachen für Zahlungsstörungen können Krankheit, Arbeitslosigkeit oder eine Finanzierung bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers sein. Immer weniger ist in der heutigen Zeit eine Bank bereit, auf das Mittel der Zwangsversteigerung zu verzichten.

Zahlungsverpflichtungen sind unbedingt zu erbringen, von wirtschaftlicher Gemeinschaft zwischen Bank und Finanzierungskunde gibt es keine Spur.

Gegenwärtige Trends

Nach islamischer Auffassung gilt aber für alle gewährten Kredite, dass Zinsen, auch Verzugszinsen, unzulässig sind. Um keine willkürlichen Zahlungsverzögerungen hervorzurufen, wird daher vereinbart, eine Strafgebühr zugunsten einer wohltätigen Einrichtung durchzuleiten. So wird erreicht, dass pünktlich gezahlt wird, ohne sich an Notlagen

Noch keine Bewertungen vorhanden


X