Gespräch des Tages

BdB - Antritt gegen Aktionismus

Wie sich die Zeiten doch ändern. Wenn Andreas Schmitz als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken auftritt, gibt es längst wichtigere Themen als die unter seinen Vorgängern fast penetrant gepflegten Spitzen gegen den öffentlichrechtlichen Sektor - speziell die Landesbanken. Im Frühjahr 2012 hat sich der Fokus des privaten Bankenverbandes fast völlig auf die europäische Schuldenkrise verlagert. Wie verzweifelt dabei die Suche der europäischen Politik nach einer Lösung ist, zeigen die immer neuen Akzente der öffentlichen Diskussion, mit denen sich zwangsläufig auch der BdB beschäftigen muss. So hatte der hauptamtlich als Sprecher der HSBC Trinkaus tätige BdB-Präsident Ende Mai in seinem Plädoyer beim Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten noch vergleichsweise allgemein und auf abstrakter Ebene für vertrauensbildende Maßnahmen geworben. Dabei hatte er sich zwar klar für ein Festhalten an Reformen zur Haushaltskonsolidierung sowie für Maßnahmen zur Stärkung der Zahlungs- und Wettbewerbsfähigkeit eingesetzt, sich aber ebenso deutlich für eine Weiterentwicklung der europäischen Integration in Richtung einer politischen Union ausgesprochen.

Bestimmten seinerzeit nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland noch die Suche nach flankierenden Wachstumsimpulsen für Europa, die möglichen (europa-)politischen Folgen des neuen Wahlgangs in Griechenland sowie seine Skepsis gegenüber der Eignung von Eurobonds, die Argumentationslinie des BdB-Präsidenten, so haben vierzehn Tage später die akuten Probleme Spaniens bei der Kapitalbeschaffung der aktuellen Debatte schon wieder eine neue Richtung gegeben. Inzwischen muss er sich zusätzlich mit den Themen Bankenunion und europäische Einlagensicherung beschäftigen. Mit diesen jüngsten Zauberworten machen die Europäische Kommission, die EZB, die am stärksten betroffenen europäischen Krisenstaaten (einschließlich Großbritannien) und die USA Druck auf die Eurozone, speziell auf die deutsche Politik. Und das ist wirklich ärgerlich. Denn im Grunde genommen offenbaren die (geld-)politischen europäischen Instanzen im Vorfeld des ungewissen Ausgangs der griechischen Wahlen mit solchen Vorstößen ganz bewusst und immer wieder ihre Hilflosigkeit. Wie will man mit solchen Vorschlägen, die sich nahtlos an die ohnehin schon geläufigen Schreckensszenarien des Haftungsverbundes und/oder der Transferunion einreihen in der aufgeregten Bevölkerung das notwendige Vertrauen schaffen? Das genaue Gegenteil ist der Fall: Sie schüren in Ländern wie Deutschland Angst vor einer unkalkulierbaren Zukunft und wecken in den Krisenstaaten Hoffnungen, die sich so nicht werden erfüllen lassen.

Mit Blick auf die Bankenunion war sich denn auch die gesamte deutsche Kreditwirtschaft in ihrer Ablehnung schnell einig und sprach Anfang Juni von einer "Vergemeinschaftung von Risiken insbesondere zulasten der deutschen Kreditinstitute". Auch die deutsche Politik, die Finanzaufsicht und die Wissenschaft haben gleich reagiert und zu Recht als ersten Schritt die Umsetzung der Fiskalunion und damit die Beschränkung auf das politisch Machbare angemahnt. Zur Behebung der akuten Lage auf den Finanzmärkten kommen solche vertragsrechtlich komplizierten und nur mit hohem Zeitaufwand und intensiver Aufklärungsarbeit umsetzbaren Instrumente wie eine Bankenunion ohnehin zu spät. Sie disqualifizieren zudem die mühsam ausgehandelten Instrumente EFSF und ESM schon als wirkungslos, noch bevor sie zum Einsatz kommen. Und nicht zuletzt diskriminieren sie Länder wie Irland und Portugal, die EU-Hilfen unter strengen Auflagen bereits angenommen haben. Man kann auf Dauer keine Politik gegen die Bürger machen, hat Andreas Schmitz mit Blick auf die kommenden griechischen Wahlen gesagt. Das gilt auch für Deutschland und den anderen kleinen Rest an stabilitätsorientierten Ländern.

Besonders fatal ist nebenbei die langfristige Wirkung. Denn in dem derzeitigen globalen wirtschaftlichen und politischen Gefüge mit seinen sich rasch nach Asien oder Lateinamerika verschiebenden Gewichten dürfte Europa in der Tat auf mittlere und lange Sicht nur durch eine weitere Integration hin zu einer politischen Union ein nennenswerter Machtfaktor bleiben. Das ist eine Botschaft, die sich in Deutschland wahrscheinlich besser vermitteln lässt als in vielen anderen Ländern der Eurozone. Aber diese politische Vision muss dringlich erneuert werden, und dabei muss die Bevölkerung beruhigt werden, dass die politische Union nur in einem langfristigen demokratischen Prozess umgesetzt werden soll. Durch aktionistische Vorschläge wie sie derzeit ständig zur Lösung von Akutsituationen der europäischen Schuldenkrise gemacht werden, könnte eine solche Zukunft Europas auf Jahrzehnte hinaus verbaut werden.

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