XIX. Bankentag

Der Euro bleibt seiner Stabilitätskultur treu

Viel wurde in den letzten zwei Jahren über den Euro und die Krise geschrieben. Aber es sollte zu keinem Missverständnis kommen: Die Krise betrifft nicht den Euro. Die Preisstabilität im Euroraum ist gesichert. Der Außenwert der gemeinsamen Währung lässt keine Schwäche erkennen. Am festen Willen der Euro-Staaten an der gemeinsamen Währung festzuhalten sollte niemand zweifeln.

Entschlossene Weichenstellung der Euro-Staaten

Das Problem, dem wir gegenüberstehen, betrifft nicht den Euro, sondern die öffentlichen Finanzen einzelner Mitgliedstaaten. Die Gründe für jede dieser einzelnen Krisen und ihr Werdegang sind dabei höchst unterschiedlich und die Situation von Land zu Land demnach differenziert zu beurteilen. Auch wenn sowohl Griechenland wie Irland finanzielle Unterstützung von ihren Partnern erhalten haben, so sind die Ursachen für die aktuellen Probleme wie auch die Herausforderungen für die kommenden Jahre nur teilweise vergleichbar.

Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion ist nicht in Frage gestellt. Wenn überhaupt, hat die Krise vor allem bewiesen, wie entschieden die Euro-Staaten, ob groß oder klein, hinter der gemeinsamen Währung stehen. Wer darauf spekuliert hat, dass der Euro auseinanderbrechen wird, hat sich höchstens die Finger verbrannt. Ja, es gibt eine Krise im Euro-Raum. Aber der Euro-Raum als Gesamtes wird gestärkt aus ihr hervorgehen. Nie war der politische Wille, den Euro zu unterstützen, größer. Nie war auch die Entschlossenheit größer, sich der Problemfülle, die die letzten Monate aufgezeigt haben, in voller Breite zu stellen.

Vertrauen der Kapitalmärkte bestätigt

Diese Entschlossenheit zeigt sich bereits bei den kurzfristigen Maßnahmen, welche die Euro-Staaten im Laufe der letzten zwölf Monate getroffen haben. Griechenland wurde kurzfristig und flexibel, wenn auch unter strengsten Auflagen, mit bilateralen Krediten der übrigen Euro-Staaten unterstützt.

Mittelfristig wurden durch die Europäische Union, den Internationalen Währungsfonds und die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) bis zu 750 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um Kredite an Mitgliedstaaten zu erteilen, deren Zugang zu den Kapitalmärkten eingeschränkt ist.

Reges Interesse der Investoren an der Euro-Anleihe

Die erste Euro-Anleihe des EFSF ist auf reges Interesse bei den Investoren gestoßen, welches das Grundvertrauen der Kapitalmärkte in den Euro bestätigt. Die nötigen Maßnahmen um die Verfügbarkeit der gesamten 440 Milliarden Euro, welche der EFSF zur Verfügung stellen soll, zu sichern, wurden getroffen.

Auch langfristig sind die Weichen gestellt. Ende 2010 hat der Europäische Rat eine punktuelle Reform des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) beschlossen. Sie wird es erlauben ab 2013 mit dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) einen dauerhaften Rettungsschirm über die Eu-ro-Länder zu spannen.

Wichtiger noch als die finanztechnischen Hilfsmittel, welche sich der Euro-Raum gegeben hat, sind jedoch die grundsätzlichen Erkenntnisse, die in der Kreditkrise gewonnen wurden.

Fokus auf die Gesamtverschuldung

Nichts wäre falscher als zu behaupten, Europa wäre blauäugig in die Wirtschafts- und Währungsunion eingestiegen. Seit dem ersten Tag wacht der 1997 beschlossene Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) über die Entwicklung der öffentlichen Finanzen der Euro-Länder.

Durch die Reform des Paktes im Jahre 2005 wurden die wirtschaftlichen Zyklen besser berücksichtigt und die Maßgaben einer verstärkten Konsolidierung in wirtschaftlich guten Zeiten verstärkt. Der Fokus, welcher bisher vor allem auf dem Budgetdefizit und der Neuverschuldung lag, wird in Zukunft die Gesamtverschuldung verstärkt in Betracht ziehen.

Die Krise hat jedoch mehr denn je klargestellt, dass der Euro neben der Währungsunion vor allem auch auf einer Wirtschaftsunion basiert. Es haben sich seit 1999 makroökonomische Ungleichgewichte in der Euro-Zone gebildet, welche nicht nur zur Krise geführt haben, sondern auch den Genesungspfad aus der Krise heraus steil und äußerst mühsam gestalten.

Der Pakt für den Euro, auf welchen sich die Staats- und Regierungschefs der Euro- Zone am 11. März 2011 in seinen Grundsätzen geeinigt haben, läutet eine neue Ära in der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit der Euro-Länder ein. Der Pakt ist zwar kein dramatischer Politikwechsel, jedoch wird die Einbindung der Staats- und Regierungschefs in die Verstärkung der Koordinierung der Wirtschaftpolitiken eine neue Qualität geben.

Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik

Die Schuldenkrise in einzelnen Mitgliedstaaten wird im Endeffekt die Stabilitätskultur der Europäischen Union im Gesamten und der Wirtschafts- und Währungsunion im Speziellen nur verstärken. Die Notwendigkeit einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist grundlegender denn je bewiesen. Der Euro-Raum hat das Nötige getan, um sich die notwendigen Strukturen zu geben, um die langfristige Stabilität seiner Wirtschaft und seiner Währung zu gewährleisten.

Der Pakt für den Euro im Zusammenspiel mit dem Wachstums- und Stabilitätspakt sowie der Europa-2020-Strategie bieten den Rahmen für eine bedeutende Verstärkung der Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Euro-Länder. Neben den Haushaltsdefiziten werden das absolute Niveau sowie die Entwicklung der Gesamtschulden stärker in den Fokus rcüken.

Gegenseitige Überwachung in spezifischen Wirtschaftsfragen

Ergänzt wird dieser Prozess durch eine verbesserte gegenseitige Überwachung in spezifischen Wirtschaftsfragen wie die Entwicklung der Lohnstückkosten und der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit. Auch längerfristige Betrachtungen, wie zum Beispiel die Finanzierbarkeit der Rentensysteme, werden in diese Koordinierung einfließen.

Der Europäische Stabilisierungsmechanismus wird es des Weiteren erlauben, Euro-Länder vor Angriffen kurzfristig ausgerichteter Spekulanten zu schützen sowie, im Falle grundlegender Schieflagen, langfristig zu unterstützen und auf dem Weg zurück zum Stabilitätspfad zu begleiten.

Stärkung der Regulierung und Schaffung europäischer Aufsichtsorgane

Die Europäische Zentralbank (EZB) schließlich hat seit Anfang der Finanzkrise im Jahr 2007 sowohl ihre Umsichtigkeit wie ihre Vertrauenswürdigkeit als Garant für Preisstabilität unter Beweis gestellt. Nie war das Ansehen des Frankfurter Wächters über den Euro größer als nach der Prüfung durch die Krise. Die Stärkung der europäischen und nationalen Regulierung der Kreditinstitute und Finanzmärkte sowie die Schaffung europäischer Aufsichtsorgane werden einen weiteren wichtigen Beitrag leisten, um neuen Finanzkrisen entgegenzuwirken.

Die Euro-Zone bleibt der in den Verträgen vorgegebenen Stabilitätskultur treu. Die Schuldenkrise in einzelnen Euro-Ländern ist zweifelsohne eine große Herausforderung für die noch junge Währung. Die Verpflichtung, den Euro als stabile Währung zu gestalten, wird sie jedoch nicht in Frage stellen, sondern im Gegenteil noch verstärken.

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