Aufsätze

Kapitalanlage-Management bei Versicherern -Leistungsversprechen garantiert

Die Qualität eines Versicherers hängt maßgeblich auch vom Erfolg seiner Kapitalanlagepolitik ab. R+V setzt seit jeher auf eine solide und risikobewusste Anlagestrategie und garantiert ihren Kunden über Jahrzehnte hinweg verlässlichen und bezahlbaren Risikoschutz sowie stetige Erträge. Versicherungsunternehmen stellen ein in der Wirtschaft einzigartiges Gut zur Verfügung: Das Leistungsversprechen heißt "Sicherheit". Die Branche übernimmt für private Haushalte und Firmen in einer sich stetig verändernden Welt voller Risiken eine ganz besondere, vertraglich geregelte Schutzfunktion.

Besondere Leistung der Versicherer: die Glättung der Erträge

Während die Passivseite der Versicherungsbilanzen Auskunft über die eingegangenen Leistungsversprechen gegenüber den Versicherungsnehmern gibt, stehen auf der Aktivseite die Kapitalanlagen als Garant für deren Erfüllbarkeit. Das Versicherungsunternehmen legt den überwiegenden Teil der eingezahlten Prämien ertragbringend an und verwendet diese Mittel je nach Sparte zur Vermögens- und Reservebildung oder für mögliche Schadenzahlungen. Versicherer sind somit existenziell auf einen ausreichenden Kapitalanlagebestand angewiesen und müssen stets genügend Liquidität vorweisen, um den Verbindlichkeiten bei Abruf nachkommen zu können.

Obwohl oft im gleichen Atemzug genannt, gibt es doch gravierende Unterschiede in den Anlagezielen der unterschiedlichen Finanzdienstleister: Während Banken oder Investmentgesellschaften eine Ertragsmaximierung anstreben, ist es oberstes Ziel der Versicherer, über einen langen Zeitraum möglichst stabile Gesamterträge zu erwirtschaften. Auf diese Weise können sie im Bereich der Risikoversicherungen Puffer für Schaden- und Leistungsaufwendungen bilden und ihre Garantieverpflichtungen aus Vorsorgeverträgen über Jahrzehnte verlässlich erfüllen.

Die besondere Leistung zum Beispiel im Lebensversicherungsgeschäft ist die Glättung der Auf- und Abwärtsbewegungen an den Kapitalmärkten. Durch einen professionellen Mix verschiedener Assetklassen und eine Reservebildung für schlechte Zeiten wird eine attraktive und zuverlässige Verzinsung des anvertrauten Kapitals oberhalb der Garantierendite gewährleistet - und das unabhängig vom Fälligkeitsjahr und von Konjunkturschwankungen. Diese Investmentleistung bietet kein anderer Finanzdienstleister.

Dass der Kunde dabei mit niedrigeren Renditen vorliebnehmen müsse als bei der Anlage in Aktien oder Rentenpapieren, ist jedoch ein weit verbreiteter Irrglaube. So zeigen risikobereinigte Berechnungen (Sharpe Ratio) gemäß Berechnungen von Albrecht (2009)1) im 10- oder 20-Jahresdurchschnitt sogar einen Renditevorteil der Lebensversicherer: Während der Dax eine risikobereinigte Rendite von minus 0,13 beziehungsweise 0,07 Prozent und der Rex-P von 0,35 beziehungsweise 0,29 Prozent vorweisen, liegt die Nettoverzinsung der Lebensversicherungsbranche bei stolzen 1,27 beziehungsweise 1,60 Prozent.

Aufgrund der hohen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden unterliegt die Kapitalanlage der Versicherer seit jeher strengen gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Bestimmungen und Anlagegrundsätzen. So müssen die eingezahlten Beiträge im Lebensversicherungsgeschäft getrennt von den übrigen Kapitalanlagen des Versicherers im Sicherungsvermögen verwaltet werden. Im Insolvenzfall bleiben sie dann vor anderen Gläubigern geschützt. Dieses Prinzip gilt seit der VAG-Novelle im Jahr 2003 auch für alle Schadenversicherer.

Stresstests: Ein bewährtes Instrument

Wichtigstes Sicherheitspolster ist die Solvabilität des Versicherers. Hierfür verlangt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Durchführung standardisierter Stresstests: Mit einer Reihe von Marktszenarien und Investitionsbedingungen muss der Versicherer nachweisen, dass er auch bei extremen Kapitalmarktsituationen über eine ausreichende Risikotragfähigkeit und Solvabilität verfügt. R+V führt bereits seit vielen Jahren standardmäßig Szenarioanalysen durch, und alle ihre Gesellschaften haben die seit 2002 aufsichtsrechtlich geforderten Stresstests stets problemlos bestanden. In diesen Tests werden aktuell vier Szenarien gerechnet, die Wertverluste auf dem Aktien-, Renten- und Immobilienmarkt simulieren. Neben den gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen stellen die Kapitalmärkte selbst hohe Ansprüche an die Kapitalanlagemanager. Die Versicherungswirtschaft muss professionelle Antworten auf ein volatiles Aktienumfeld und ein seit Anfang der neunziger Jahre fallendes Zinsniveau im festverzinslichen Bereich finden.

Darüber hinaus hat die durch die Insolvenz der amerikanischen Investmentbank Lehman ausgelöste Finanzmarktkrise gezeigt, dass Versicherungsunternehmen bei ihrer Kapitalanlage erhebliche Risiken beherrschen müssen. Eine Erkenntnis aus der Finanzmarktkrise ist, dass die deutschen Versicherungsunternehmen die negativen Auswirkungen der Turbulenzen auf den Finanzmärkten durch die strikte Einhaltung des aufsichtsrechtlichen Grundsatzes einer größtmöglichen Sicherheit und Rentabilität bei einer angemessenen Mischung und Streuung der Kapitalanlagen begrenzen konnten. Von der Krise waren in erster Linie Banken und deutlich weniger die Versicherungsunternehmen betroffen.

Die Finanzmarktkrise hat vielmehr die Attraktivität der Lebens- und Rentenversicherungen nachhaltig demonstriert. Gerade in diesem schwierigen Finanzmarktumfeld wiesen sie eine attraktive und stabile Verzinsung im Verhältnis zu den eingegangenen Risiken auf. Besonders ihre Eignung als optimales Produkt im Rahmen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge wurde durch die Entwicklung auf dem Kapitalmarkt nachdrücklich belegt. Jedes höhere Renditeversprechen ist immer mit einem größeren Risiko verbunden, dem das auf langfristige Stabilität und Sicherheit ausgerichtete Prinzip der Lebensversicherung gegenübersteht.

Hauseigene Spezialisten

Das Ressort Finanzen managt mit rund 220 Spezialisten die komplette Aktivseite der Bilanzen von über 20 Gesellschaften der R+V Gruppe (mehr als 60 Milliarden Euro). In fünf Organisationseinheiten steuern und verwalten Spezialisten die Kapitalanlagen dieser Gesellschaften.

Das Portfoliomanagement des Ressorts ist nach Assetklassen gegliedert. Während das Aktienteam nach Branchen aufgestellt ist, fällen die Rentenspezialisten Anlageentscheidungen in festverzinslichen Papieren wie dem klassischen Pfandbrief, der Unternehmensanleihe oder strukturierten Produkten. Die Organisationseinheit wird ergänzt von Kollegen, die für das Cash-Management der Zahlungsströme der Versicherungsgruppe zuständig sind.

In der Immobilienfinanzierung arbeitet der Darlehensbereich eng mit über 700 Volksbanken und Raiffeisenbanken zusammen. Mit dem Vorsorgedarlehen Fix & Flex werden die regionalen Genossenschaftsbanken durch ein innovatives Produkt, mit langen Festzinsangeboten in der Marktbearbeitung unterstützt. Die rund 60000 Darlehenskunden werden gemeinsam mit den VR-Banken sowohl im Neugeschäft als auch in späteren Vertragsfragen betreut. Etwa 60 Mitarbeiter managen den Immobilienbesitz der R+V. Sie treffen Anlageentscheidungen, wickeln An- und Verkäufe ab und verwalten die Immobilienanlagen der Gesellschaft.

Diversifikation und fortlaufendes Controlling

Die beiden Einheiten Kapitalanlagecontrolling und Vermögensverwaltung schließlich haben übergreifende und unterstützende Funktionen: Erstere übernimmt die Planung der Kapitalanlagen sowie das Risiko- und Investmentcontrolling. Die Vermögensverwaltung ist für die Abwicklung und Verwaltung, die Betreuung der Bestände, die Meldepflichten sowie die Rechnungslegung der Kapitalanlagen verantwortlich.

Im Kapitalanlagemanagement arbeitet R+V mit modernen Asset-Liability-Management-Systemen. Durch entsprechende Portfoliokonstruktionen und eine detaillierte Analyse und Abstimmung zwischen Aktiv- und Passivseite wird die Erfüllbarkeit der eingegangenen Leistungsversprechen gesichert. Dabei ist das Asset-Liability-Management nicht nur als Recheninstrument zu verstehen, durch das die Auswirkungen unterschiedlicher Kapitalmarktszenarien auf die Höhe des Eigenkapitals, das versicherungstechnische Ergebnis und die Solvabilität simuliert werden, sondern als Prozess, der eine institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen dem Kapitalanleger auf der einen Seite sowie dem Aktuar und dem Produktentwickler auf der anderen Seite einschließt.

Entsprechend den Zielvorstellungen des Unternehmens erstellt der Kapitalanleger auf der Aktivseite über Diversifikation von Assetklassen, Regionen, Branchen, Emittenten und Managern ein möglichst effizientes Rendite-/Risikoprofil seines Portfolios. Mit einem fortlaufenden Controlling kann er die Risiken im Auge behalten und bewusst steuern.

Kapitalanlagen: 75 Prozent in Wertpapiere investiert

Betrachtet man die Struktur der Kapitalanlagen im R+V Konzern, nimmt der Wertpapiersektor inklusive der Aktienanlagen mit rund 75 Prozent den weitaus größten Teil ein. Die restlichen Anlagen verteilen sich auf Hypotheken, Immobilien, Beteiligungen und sonstige Kapitalanlagen.

Dabei wird konsequent auf die Risikotragfähigkeit der einzelnen Gesellschaften geachtet. Etwa ein Viertel der Kapitalanlagen entfallen auf den Bilanzposten Aktien, Investmentanteile (Aktien-, Renten- und Immobilienfonds) und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere. Attraktive Erträge erwirtschaftet R+V zudem im derivativen und strukturierten Produktmarkt. Das Strukturenportfolio ist immer so gestaltet, dass die eingebetteten Optionen sicher kalkuliert werden können. Zurückhaltend ist die Gesellschaft beim Engagement in den Bereichen Private Equity oder Hedgefonds. Hier muss das Unternehmen nicht jede Mode mitmachen. Selbstverständlich werden diese Märkte jedoch genau beobachtet und analysiert.

Individuelle Anlagestrategien

So unterschiedlich das Profil und die Zahlungsströme der über 20 Gesellschaften innerhalb der Gruppe sind, so individuell fallen die Anlagestrategien aus. Die nach Assetklassen aufgestellten Portfoliomanager operieren für jede Gesellschaft eigenständig und meiden beispielsweise Lösungen über Gemeinschaftsfonds. Dadurch kann für alle Gesellschaften eine individuelle, auf die Bedürfnisse zugeschnittene Ergebnisplanung und-steuerung durchgeführt werden.

Nach § 54 VAG ist das Vermögen nach Art des betriebenen Versicherungsgeschäftes sicher, rentabel und liquide unter angemessener Mischung und Streuung anzulegen. Für die jeweilige Anlagestrategie hat das - stets unter der Prämisse größtmöglicher Sicherheit - praktische Konsequenzen. So legt ein Personenversicherer deutlich mehr Wert auf Rentabilität als auf Liquidität und weist aufgrund seines Bedarfs an möglichst hohen und stabilen Erträgen eine niedrigere Aktienquote und längere Anlagelaufzeiten als der Sachversicherer aus. Beim Sachversicherer dagegen steht die Liquidität stärker im Vordergrund, da die Ergebnisansprüche auf der Passivseite wesentlich volatiler sind.

Die Managementbereiche treffen ihre Entscheidungen, ob Portfolios aufgestockt oder abgebaut werden sollen, für das neue Geschäftsjahr auf Grundlage einer Rahmenplanung am Vorjahresende. In den Planungsprozess gehen im intensiven Dialog sowohl die Vorstellungen und Marktprognosen der Managementbereiche auf der Aktivseite ein als auch die Anforderungen der Aktuare und Mathematiker auf der Passivseite, die eine detaillierte Bewertung der versicherungstechnischen Verpflichtungen vornehmen.

Professionelle Asset Allokation

In einem monatlichen Managementreporting kontrolliert das Kapitalanlagecontrolling mit Hilfe einer Ist-Berichterstattung und einer Erwartungswertrechnung zum Geschäftsjahresende für jede einzelne Gesellschaft, ob die Umsetzung mit der Anlagestrategie übereinstimmt, ob die Ziele erreichbar sind oder gegengesteuert werden muss. Ein vierteljährlicher Bericht geht darüber hinaus an den Finanzausschuss.

Von einer reinen Buy-and-hold-Strategie hat sich R+V mit einem jährlichen Bruttoanlagevolumen von über fünf Milliarden Euro bereits seit Langem verabschiedet. Die Portfoliospezialisten treffen ihre Selektionsentscheidungen aufgrund aktueller Analysen des Marktgeschehens und unter ständiger Beobachtung ihrer Portfolios. Die Taktische Allokation der Mittel erfolgt in der Regel vierteljährlich, sodass die Strategie zeitnah angepasst werden kann, wenn sich die Märkte anders entwickeln als erwartet. Hierbei erweist sich die Zusammenarbeit innerhalb des genossenschaftlichen Sektors als sehr effizient, indem der Großteil des Anlagevolumens über die DZ Bank und die WGZ Bank erfolgt.

Auch bei R+V nehmen Fonds einen gewichtigen Anteil am Gesamtvolumen der Kapitalanlagen ein. Während Fonds im Risikocontrolling auf Anteilsebene abzubilden, fließen bei der Gesellschaft sämtliche Einzelpositionen über eine elektronische Schnittstelle von der Union Asset Management Holding AG in das monatliche Reporting ein. Mit dem "Gläsernen Fonds" stellt die Gesellschaft ihren Fondsbestand mit dem direkten Bestand gleich und kann das Engagement in jeder einzelnen Position inklusive der Fonds bewerten.

Marktwertorientierte Steuerung

Eine marktwertorientierte Steuerung ist für die Kapitalanleger der R+V seit vielen Jahren Standard. Alle Managementeinheiten lassen sich monatlich an aktuellen Marktgrößen beziehungsweise an marktübliche Indizes messen. Die Bereiche müssen zu fairen Marktpreisen operieren, um wettbewerbsfähige Leistungen abzuliefern. Dies gilt auch - oder gerade - im Geschäft mit anderen Verbundpartnern. Dort, wo der Verbund eine gleich gute Leistung im Abgleich zu anderen Marktteilnehmern bieten kann, erhält er auch den Zuschlag.

Aus guten Gründen hat R+V seine Disponenten im Cash Management dem Wertpapierbereich angegliedert - mit entscheidenden Vorteilen für die Gruppe: Die Liquiditätsplanung und das Wissen um den Liquiditätsstatus sind essenziell für den Kapitalanleger und sein Timing in der Anlage. Auf diese Weise können auch die unterschiedlichen Zahlungsströme innerhalb der Gruppe bestmöglich ausgenutzt werden. Beitragseinnahmen der Sachversicherer, die wegen erwarteter Schadenzahlungen ohnehin auf dem Geldmarkt geparkt würden, werden innerhalb der Gruppe dort eingesetzt, wo Bedarf ist. Die Gesellschaft, die das Geld beispielsweise bei der R+V Allgemeine aufnimmt, zahlt ihr dafür einen marktgerechten Zins.

Die Kapitalanlage gehört unbestritten zu den Kernkompetenzen der Gesellschaft. Mit einer erfolgreichen Kapitalanlage, die Chancen nutzt und gleichzeitig das Risiko begrenzt, sichert die Gesellschaft ihren Kunden einen stetigen Ertrag. Der Erfolg gibt dieser Strategie recht. Die Kunden profitieren von ertragssicheren und beitragsstabilen Produkten.

Fußnote

1) Peter Albrecht, 2009, Die Kapitalanlageperformance der deutschen Lebensversicherer, Risiko-/Performanceprofile und risikobereinigte Performancekennzahlen, Versicherungswirtschaft 18/2009, 1405-1409.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X