Gespräch des Tages

Kreditgenossenschaften I - Mühsames Geduldsspiel

Dass die Dinge im genossenschaftlichen Bankenlager stets ein kleines bisschen mühsam sind und Entscheidungen einerseits zwar länger dauern bis sie getroffen sind, dann andererseits aber mit Vehemenz umgesetzt werden, ist keineswegs etwas Neues. Und doch vermag der neuerliche Fusionspoker zwischen der Frankfurter DZ Bank und der Düsseldorfer WGZ Bank zu überraschen. Denn eigentlich war alles auf einem guten Weg: Der Fahrplan stand, die Personalien bis in die ersten Führungsebenen hinein waren entschieden, der gegenseitige Blick in die Bücher läuft. Was fehlt, ist ein bindender Fusionsvertrag und die damit einhergehende Bewertung beider Häuser. Noch ist man zumindest in Frankfurt zuversichtlich, den Termin April für die Unterzeichnung einhalten zu können. Doch angesichts der spürbaren Zurückhaltung in Düsseldorf muss gefragt werden, ob dies noch realistisch ist. Dabei müsste doch beiden Beteiligten auch die persönliche Tragweite des Zustandekommens beziehungsweise des Scheiterns eines Zusammenschlusses bewusst sein. Zu viel Vorarbeit wurde bis an die Spitze des BVR geleistet.

Den absoluten Willen spürt man bislang jedoch nur in Frankfurt. Der Vorstandsvorsitzende der DZ Bank kämpft für diese Fusion. Dafür schluckt er manches herunter und stellt Persönliches hintenan. "Wir haben unseren Frieden gefunden nach in der Tat schwierigen Zeiten" und "Wir, DZ Bank und WGZ Bank, treten weiterhin mit vollem Engagement für die Fusion ein", sagt er auf der Bilanz-Pressekonferenz seines Hauses und sieht selbst in einem künftigen AR-Vorsitzenden, der dem Haus derzeit noch die notwendige Kapitalerhöhung verweigert, keinen Hindernisgrund. Werner Böhnke dagegen lässt - man muss sagen wieder mal - jedes eindeutige Bekenntnis vermissen. Der WGZ-Chef trifft keine klare Aussage zur Fusion, nur dass man wieder mal lieber abwarten und genau nachrechnen sollte. Es wird mehr laviert als agiert. Es wird hingehalten und verzögert, statt ein klarer Schulterschluss gesucht. Das hilft der Gruppe nicht, höchstens seinen Anteilseignern in Nordrhein-Westfalen, deren Liebe zur Zweistufigkeit nicht gerade ausgeprägt ist. Gerade deshalb bräuchte es dringend zweier Männer, die gemeinsame Überzeugungsarbeit leisten. Aber das sei eine "Naturellfrage", wie Kirsch anmerkte.

Denn natürlich bietet die DZ Bank mit ihrem grauenvollen Jahresergebnis genug Ansatzpunkte für einen Rückzieher. Der Verlust vor Steuern belief sich auf nahezu anderthalb Milliarden Euro für die eher kleinteilig ausgestellten Kreditgenossenschaften in der Fläche eine horrende Summe. Die Finanzmarktkrise hat tiefe Spuren im Zahlenwerk hinterlassen. Mit einem Minus von 364 Millionen Euro schlug die Lehman-Pleite zu Buche, 451 Millionen Euro kosteten die Engagements in Island, der französische Partner Natixis belastete mit weiteren 269 Millionen Euro, Wertberichtigungen für Bonds und Asset-Backed-Securities lagen bei 1,757 Milliarden Euro und sonstige Bewertungseffekte aus Kapitalanlagen beliefen sich auf 407 Millionen Euro. Weitere Belastungen in Höhe von 620 Millionen Euro wurden durch die seit Herbst vergangenen Jahres erlaubte Umwidmung eines 3,2 Milliarden Euro-Portfolios verhindert. "Das Problem dieser Tage sind groteske Bewertungen, nicht Ausfälle". Die Schwierigkeiten eines IAS-Abschlusses sind hier deutlich zu sehen. Da "gewisse weltweite Effekte nicht vor regionalen Grenzen haltmachen" und es "eine Frage ist, wie man damit umgeht", darf man auf den IAS-Abschluss der WGZ Bank, die bislang lediglich Zahlen nach HGB vorlegte, sicherlich gespannt sein. Kirsch und seine Kollegen jedenfalls bezeichnen den eigenen Abschluss als äußerst konservativ. Das Wertaufholungsgebot allein in den guten Beständen bei Bankbonds und Staatsanleihen bezifferte der Vorstandsvorsitzende auf 1,4 Milliarden Euro in den kommenden Jahren.

Um jedoch ausreichend Zeit zu haben, all das bewältigen zu können, braucht das Spitzeninstitut frisches Kapital und holt sich dieses aus dem Verbund, mit breiter Zustimmung von Berlin bis München (außer einem kleinen Dorf in Nordrhein-Westfalen). Die Schritte hierfür scheinen wohlüberlegt: Zunächst will man 500 Millionen Euro über die Platzierung einer Tier-I-Anleihe im Verbund einsammeln. Gleichzeitig wird ein Wertpapierportfolio im Volumen von 1,2 Milliarden Euro durch den BVR abgeschirmt, was das Eigenkapital der DZ Bank um weitere 320 Millionen Euro entlastet und ein weiteres Atmen der GuV-Rechnung des Instituts durch neuerliche Bewertungsänderungen ausblendet. Dies ist keineswegs ein verwerflicher oder gar erschreckender Schritt, sondern war auch in den vergangenen Jahren bei allen Banken erprobte Praxis. Man suchte sich dafür nur Investmentbanken wie Goldman Sachs als Partner, ohne dies an die große Glocke zu hängen. Die DZ Bank zahlt dem BVR für die Garantien marktübliche Gebühren und haftet für das First-Loss-Piece in Höhe von rund 200 Millionen Euro direkt. Sollte dieses nicht ausreichen, versprach Kirsch, "der Organisation nichts schuldig zu bleiben". Im letzten Schritt ist nach erfolgreicher Fusion eine Erhöhung des Grundkapitals um weitere 500 Millionen Euro geplant - nach erfolgreicher Fusion deshalb, weil die notwendigen Gremienbeschlüsse bei den Anteilseignern für einen solchen Schritt rein zeitlich den Zusammenschluss über den vorgesehenen Fahrplan hinaus verzögern würden. Natürlich wären dann auch die Aktionäre der WGZ Bank betroffen. Doch zum einen sollte bei allem Verständnis für lautes Zähneknirschen hier die sprichwörtliche Solidarität mehr zählen. Und zum anderen stellt es die Mehrzahl der Volks- und Raiffeisenbanken nicht vor unlösbare Herausforderungen. Das gesamte Eigenkapital der Gruppe beläuft sich auf über 60 Milliarden Euro.

Operativ hat die DZ Bank im Jahr 2008 Erfolge zu verzeichnen, ebenso wie die Verbundunternehmen und die vielen Primärgenossenschaften. Das sollte Mut machen - auch in Düsseldorf.

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