Aufsätze

Was ist pfandbrieftauglich? - Anmerkungen zur Erweiterung der deckungsfähigen Vermögenswerte und zum Risikomanagement

Der deutsche Pfandbrief ist national auch international eine Qualitätsmarke Kapitalmarkt. Diese Erfolgsgeschichte ruht gleichermaßen auf der Sicherheit der Liquidität des Pfandbriefes. Auch dem Hintergrund der jüngsten durch Subprime-Krise ausgelösten Liquiditätsturbulenzen an den internationalen Finanzmärkten bietet der deutsche Pfandbrief den Investoren die Möglichkeit einer lage in ein qualitativ hochwertiges sicheres Asset.

Qualitätsführerschaft erhalten

Mit der Einführung des Allgemeinen Pfandbriefgesetzes am 19. Juli 2005, die im Zusammenhang mit dem Wegfall der Gewährträgerhaftung für die Landesbanken sowie der modifizierten Anstaltslast notwendig wurde, sind die Zielsetzungen, den Anlegerschutz weiter zu verbessern den deutschen Kapitalmarkt zu stärken, erreicht worden. Der Pfandbrief ist ein einfach verständliches Produkt und erfüllt zugleich die hohen Qualitätsansprüche Investoren.

Für öffentlich-rechtliche Banken und für Hypothekenbanken ist der Pfandbrief ein Refinanzierungsinstrument von herausragender Bedeutung. Bereits seit längerer Zeit liegen die Zinssätze für Pfandbriefe unterhalb der Swapsätze und bieten den Pfandbriefbanken eine vergleichsweise günstige Refinanzierung. Davon profitieren beispielsweise Immobilien-, Wohnungsbaukunden und Kommunen über einen soliden Kundenzinssatz in erheblichem Maße. Insgesamt bietet das deutsche Pfandbriefrecht damit eine hervorragende Basis für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Pfandbriefbanken im internationalen Vergleich.

Inzwischen haben viele europäische Staaten die Wettbewerbsvorteile von Covered Bonds erkannt und ähnliche Produkte eingeführt. Beispielhaft seien die Cédulas in Spanien und die Asset Covered Securities in Irland genannt. Auch in Nordamerika können amerikanische und kanadische Banken auf der Grundlage von einzelvertraglichen Regelungen nunmehr Covered Bonds begeben. Der internationale Covered-Bond-Markt ist derzeit durch eine hohe Dynamik und einen intensiven Wettbewerb gekennzeichnet.

Das strategische Ziel für den deutschen Pfandbriefmarkt sollte unverändert in seiner Qualitätsführerschaft im internationalen Vergleich bestehen. Letztere basiert dabei auf vier Säulen, die sich wie folgt umschreiben lassen:

- höchste Anforderungen an die Deckungswerte,

- klare Vorschriften und Limitierungen im Risikomanagement,

- hohe Anforderungen an die Transparenz des Deckungsportfolios,

- klar fixierte organisatorische Regelungen und Kontrollinstanzen (zum Beispiel Treuhänder, Prüfungen der BaFin).

Neue Vorschläge prüfen

Gleichwohl ist es sachgerecht, ausgewählte Vorschläge zur weiteren Indeckungnahme von Assets zu diskutieren und konkrete Maßnahmen zur Optimierung des Risikomanagements zu überprüfen. Sämtliche Vorschläge sind vor dem Hintergrund der Beibehaltung der Qualitätsführerschaft im Pfandbriefmarkt zu beurteilen.

Zunächst stellt sich die Frage, ob als Deckungsmasse mit dem Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen1) eine weitere Assetklasse eingeführt werden kann, die ebenso wie die Schiffshypothek auf den Grundsätzen der Grundstückshypothek basiert. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass das Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen der Schiffshypothek beinahe identisch nachgebildet wurde und auch die zugrunde liegenden Gesetze größtenteils übereinstimmen. Mit dem öffentlichen Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen existiert ein dem Schiffsrechteregister entsprechendes öffentliches Verzeichnis zur Eintragung von Sicherungsrechten.

Aus rechtlicher Sicht ist der Haftungsinhalt, die rechtsgeschäftliche Bestellung, die Übertragung und Verwertung der Sicherungsrechte an Schiffen und Flugzeugen nahezu identisch. Auch ist bei Flugzeugen zumindest ebenso fundiert wie bei Schiffen eine verlässliche Ermittlung des Beleihungswerts möglich.

Ein bedeutender Anteil der von deutschen Banken im Geschäftsfeld "Aircraft Finance" begebenen Kredite dient der Finanzierung von Flugzeugen, die von ausländischen Fluglinien betrieben werden. Im Falle dieser Flugzeuge wird ein Darlehen (analog zum Schiffsfinanzierungsgeschäft) mittels einer Flugzeughypothek nach dem Recht des jeweiligen Heimatstaates der Fluglinie (das heißt des Registerstaates des Flugzeugs) besichert. Somit ist die internationale Anerkennung der Flugzeughypotheken von grundlegender Bedeutung.

Seit langem wurde die Anerkennung wie in der Schiffsfinanzierung über die Regelungen des internationalen Privatrechts sowie mittels eines flugzeugspezifischen Abkommens gewährleistet. Nach dem Inkrafttreten der sogenannten "Kapstadt-Konvention" in 2006 haben die Vertragsstaaten die Möglichkeit der Eintragung eines eigenständigen "internationalen Sicherungsrechts an Luftfahrzeugen" in ein zentrales, elektronisches Register - eine Möglichkeit, die es im Bezug auf Schiffshypotheken nicht gibt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich bei dem Registerpfandrecht für Luftfahrzeuge um ein aus Gläubigersicht äußerst verlässliches Sicherungsinstrument handelt.

Flugzeugindustrie: ein Geschäftsfeld mit hohem Fundingbedarf

Aus Marktsicht hat die Bedeutung der Flugzeugindustrie in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen und wird aufgrund des prognostizierten Wachstums des weltweiten Flugverkehrs weiter wachsen. Weiterhin werden die beiden wichtigsten Hersteller Airbus und Boeing in Kürze mit ihren neuesten Flugzeugmustern (unter anderem der Airbus A380 und der Boeing Dreamliner) in die Serienproduktion gehen.

Diese Flugzeugtypen sind aufgrund ihres technischen Entwicklungsgrades von den Fluglinien bereits heute auf Jahre vorbestellt. Dementsprechend ist die Flugzeugfinanzierung für zahlreiche deutsche Kreditinstitute ein Geschäftsfeld von wachsender Bedeutung mit einem entsprechend hohen Fundingbedarf. Die Möglichkeit einer Refinanzierung über einen Flugzeugpfandbrief würde einerseits die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Kreditinstitute stärken und andererseits dem Anleger die Möglichkeit bieten, in einen Wachstumsmarkt unter Nutzung der Sicherheit des Produktes Pfandbrief zu investieren.

Ausweitung des Länderkreises in Betracht ziehen

Eine weitere Möglichkeit zur Erweiterung der deckungsfähigen Vermögenswerte besteht in der Ausweitung der in die Deckung einzubeziehenden Länder auf die OECD. In der im Pfandbriefgesetz erfolgten Ausdehnung des Länderkreises auf die Schweiz, die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada und Japan spiegelt sich bereits die zunehmende Geschäftstätigkeit der Pfandbriefbanken im Ausland wider. Die Ausweitung des Länderkreises auf sämtliche OECD-Länder (zum Beispiel Südkorea, Mexiko) wäre folgerichtig und folgt dem Geschäftsmodell einiger Pfandbriefbanken. Für die Ausdehnung der Deckungsfähigkeit auf alle OECD-Staaten spricht vor allem, dass die Mitgliedschaft in der OECD an die Einhaltung einer Reihe von politischen und wirtschaftlichen Stabilitätskriterien geknüpft ist.

Diskutiert wird die Einbeziehung von aktivischen Pfandbriefen in die Deckungsmasse als eine weitere Option. Insbesondere kleinere Pfandbriefbanken würden von dieser Regelung profitieren, könnten sie doch über Zukäufe vergleichsweise schnell Größenordnungen für die Emission von Jumbo-Pfandbriefen erreichen. Dagegen spricht, dass Banken bei einer uneingeschränkten Einbeziehung von aktivischen Pfandbrieftiteln in die Deckungsmasse ausgehend von einem "Ursprungspool" an Hypothekendarlehen letztlich über Multiplikatoreffekte Ketten an Pfandbriefen aufbauen könnten, was unter dem Qualitätsgesichtspunkt nicht wünschenswert wäre.

Indeckungnahme von Mortgage Backed Securities (MBS)?

Vor dem Hintergrund des zunehmenden Verkaufs und der Verbriefung von Forderungen stellt sich des Weiteren die Frage nach der Indeckungnahme von Mortgage Backed Securities (MBS). Bei dieser Finanzkonstruktion erwirbt eine Zweckgesellschaft eine Vielzahl von Hypothekendarlehen. Dieser Pool an Hypothekendarlehen wird durch eine Residential-Mortgage- Backed-Securities-Anleihe (RMBS-Anleihe) refinanziert.

Die RMBS-Anleihe wird in mehrere Tranchen mit unterschiedlichem Rendite-Risikoprofil zerlegt. Die "Senior-Tranche" mit dem geringsten Risikoprofil erhielt zumeist von den Ratingagenturen die bestmögliche Bonitätsnote von Triple-A, da sie durch die unteren Tranchen gegen Verluste abgesichert ist. Zu diskutieren ist, ob die RMBS-Tranchen, die über die höchste Bonität verfügen, in die Deckungsmasse für Hypothekenpfandbriefe einzubeziehen sind.

Bezüglich einer Berücksichtigung von Triple-A gerateten RMBS-Tranchen in die Deckungsrechnung ist kritisch anzumerken, dass mangels einer Durchschaumöglichkeit auf die zugrunde liegenden Hypothekendarlehen die Werthaltigkeit dieser Assets letztlich aus Institutssicht über die Ratingnote und damit fremdbestimmt sein würde.

Die Pfandbriefbank und der Treuhänder könnten den Deckungswert folglich nicht mehr selbst prüfen. Zudem würden die Vorschriften der Beleihungswertermittlungsverordnung über die Konstruktion einer RMBS-Anleihe umgangen werden. Aus diesen Gründen ist die Einbeziehung von MBS-Anleihen in den Kreis der Deckungsforderungen strikt abzulehnen.

Optimierung des Risikomanagements

Standen bisher Möglichkeiten der Erweiterung der deckungsfähigen Vermögenswerte im Vordergrund, sollen abschließend weitere Maßnahmen zur Optimierung des Risikomanagements und der Erhöhung der Deckungseffizienz geprüft werden. Zunächst ist festzuhalten, dass im Allgemeinen Pfandbriefgesetz im Unterschied zum Zinsänderungs- und Währungsrisiko lediglich allgemeine Ausführungsbestimmungen zum Liquiditätsrisiko existieren. Zwar werden in der Liquiditätsverordnung und den MaRisk Anforderungen an ein Liquiditätsmanagement genannt, eine Konkretisierung für die Handhabung des Liquiditätsrisikos im Pfandbriefgeschäft liegt jedoch nicht vor.

Für einen Pfandbriefgläubiger muss im Insolvenzfall einer Pfandbriefbank sichergestellt sein, dass für jede Pfandbriefart einzeln (zum Beispiel Hypothekenpfandbrief) aus der Deckungsmasse ausreichende Liquidität zur Bedienung der fälligen Zins- und Tilgungszahlungen der gedeckten Emissionen zur Verfügung steht. Ein Mindestvolumen an liquiden Assets im Deckungsportfolio wird unter anderem aufgrund der in § 4 PfandBG vorgegebenen Schwelle von zwei Prozent (sichernder) Überdeckung erreicht.

Auch vor dem Hintergrund der allgemeinen Liquiditätsturbulenzen vor allem an den Geldmärkten sollten zur Ergänzung der Liquiditätsbetrachtung im Pfandbriefgeschäft die Liquiditätsabläufe für einen kürzerfristigen Zeitraum erfasst werden. Mit diesem Vorschlag ließe sich die ohnehin schon hohe Qualität des deutschen Pfandbriefs weiter steigern.

Daher sollte ein kurzfristiger Zeitraum definiert werden, für den stets ausreichende Liquidität im Deckungsportfolio der jeweiligen Pfandbriefart vorzuhalten wäre. Konkret würde die Liquidität der Deckungsmasse für den zu definierenden Liquiditätszeitraum derart gesteuert werden, dass ein sich aus dem Liquiditätsablauf ergebender Bedarf beziehungsweise Mittelabfluss stets durch Deckungsmasse oder liquide Wertpapiere in der jeweiligen Pfandbriefgattung (Mittelzufluss) vorzuhalten wäre, ohne dass hieraus im Going-Concern-Fall eine konkrete Anspruchsgrundlage für den Pfandbriefgläubiger abzuleiten wäre. Die Transparenz könnte durch die Einführung einer Liquiditätskennzahl für das Pfandbriefgeschäft erhöht werden, bei dem das Verhältnis aus Zahlungseingängen und Zahlungsverpflichtungen für den festzulegenden Zeitraum einen Wert (inklusive der sichernden Überdeckung) von 1,02 annehmen sollte.

Beibehaltung der nennwertigen Kapitaldeckung

Im Allgemeinen Pfandbriefgesetz und in der Pfandbrief-Barwertverordnung sind eine Vielzahl von Kongruenzregelungen vorhanden, die im Rahmen des Risikomanagements der Deckungsportfolios einzuhalten sind. Die Barwertdeckungsrechnung und die Stresstests sind ein wichtiger Indikator für das Zins- und Währungsrisiko des Deckungsportfolios, dazu eng an die Praxis der Risikosteuerung der Institute angelehnt und somit insgesamt für die Qualitätsmarke des deutschen Pfandbriefs unverzichtbar.

Der Nennwert der Deckungsmasse beziehungsweise der Deckungsverpflichtungen ist im Allgemeinen Pfandbriefgesetz ein Bezugspunkt für eine Vielzahl von Regelungen (zum Beispiel wird die Einbeziehung weiterer Deckungswerte an Prozentanteilen des Volumens der im Umlauf befindlichen Pfandbriefe festgemacht). Da sich auch in den Covered-Bond-Gesetzgebungen anderer Länder nennwertige Volumensgrenzen finden und generell die Transparenz durch eine nominale Angabe erhöht wird, ist für eine Beibehaltung der nennwertigen Kapitaldeckung zu plädieren.

Demgegenüber ist die Abschaffung der Zinsüberdeckung vorstellbar, da die Angabe des nominalen Zinsbetrags zu keinem Qualitätsgewinn führt. So ist bei gedeckten Roll-Over-Darlehen mit regelmäßigem Zinsfixing am Geldmarkt der Zinsertrag für die gesamte Kapitallaufzeit noch gar nicht bekannt. Dem Einwand, dass auch stets die Zinsen des Pfandbriefgläubigers bedient werden müssen, kann durch die Einführung der genannten Liquiditätsnorm begegnet werden. Zudem sorgen die Barwertdeckung und die Stresstests für eine komfortable Deckungssituation.

Flaggschiff Pfandbrief

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass der deutsche Pfandbrief das Flaggschiff im internationalen Covered-Bond-Markt ist und Qualitätsstandards setzt. Eine Erweiterung der deckungsfähigen Vermögenswerte und Veränderungen im Risikomanagement des Pfandbriefgeschäfts sind im Spannungsverhältnis zwischen einer besseren Wettbewerbssituation deutscher Pfandbriefbanken und dem hohen Qualitätsanspruch der "Marke" Pfandbrief zu beurteilen.

Mit der Zielsetzung einer Beibehaltung der Qualitätsführerschaft im Covered-Bond-Markt steht die Einführung eines Flugzeugpfandbriefs sowie die Ausweitung der einzubeziehenden Länder auf die OECD im Einklang. Durch eine Konkretisierung der Vorschriften zur Liquiditätssteuerung kann das Risikomanagement im Pfandbriefgeschäft optimiert werden. Dagegen ist die Einbeziehung von RMBS-Tranchen in die Deckungsmasse strikt abzulehnen.

Fußnote

1) Der gesetzliche Terminus lautet "Luftfahrzeug", wobei sich der Vorschlag nur auf das Asset "Flugzeug" bezieht, welches terminologisch eine Untergruppe der Luftfahrzeuge darstellt. Der Begriff "Registerpfandrecht" entspricht inhaltlich einer "Flugzeughypothek".

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