Aufsätze

Rating und Kundennähe - das Mittelstandsrating der S-Finanzgruppe

In den gemeinsamen Leitlinien "Sparkassen - fair, menschlich und nah am Kunden" ist das Ziel gesetzt, alle gesellschaftlichen Gruppen sowie den wirtschaftlichen Mittelstand mit modernen finanzwirtschaftlichen Leistungen zu versorgen. Die Sparkassen sind davon überzeugt, dass nur eine nachhaltige Geschäftspolitik den dauerhaften betriebswirtschaftlichen Erfolg sichert und das für die Kreditwirtschaft unverzichtbare Vertrauen der Kunden gewährleistet. Im Zentrum ihrer Geschäftspolitik stehen daher nicht schnelle Einmalgeschäfte, sondern langfristige Geschäftsbeziehungen mit ihren Privat- und Firmenkunden.

Richtige Mischung aus objektiver Bewertung und Kundennähe

Somit begleiten die Sparkassen als Marktführer ihre mittelständischen Firmenkunden in allen Phasen des Unternehmens. Dabei stehen sie als Finanzdienstleister aber auch in der Pflicht das eingegangene Finanzierungsrisiko zu bewerten und zu berücksichtigen. Solange es wirtschaftlich und aufsichtsrechtlich vertretbar ist, stehen sie auch in kritischen Phasen ihren Kunden zur Seite.

In der heutigen Zeit wird Rating häufig in Verbindung mit dem Vorwurf einer automatisierten Kreditvergabe und "Kreditklemme" genannt. Kunden würden automatisiert bewertet, ohne dass man auf das Unternehmen und den Mensch dahinter achtet, lautet der Vorwurf. Gerade in einer Wirtschaftskrise würde solch ein automatisiertes Vorgehen dann zu einem Engpass in der Kreditvergabe, einer "Kreditklemme", führen.

Grundsätzlich lehnen die Sparkassen einen solchen Automatismus ab. Die Informationen aus den aufsichtlich abgenommenen Rating-Verfahren bilden eine Basis für die Kreditentscheidung. Neben messbaren Kriterien, den sogenannten quantitativen Faktoren wie zum Beispiel Finanzkennzahlen, welche für eine adäquate Einschätzung des Risikos unerlässlich sind, sind die sogenannten qualitativen Faktoren mindestens genauso wichtig.

Bereits bei der Entwicklung der Rating-Verfahren haben die Sparkassen einen Schwerpunkt auf diese qualitativen Faktoren gelegt. Mit dieser Herangehensweise waren sie seinerzeit Vorreiter in der Finanzbranche. Und es hat sich klar bewährt, dass sie ihre Kunden kennen - über die bloßen Finanzkennzahlen hinaus. Der Kunde wird so viel besser eingeschätzt und verbessert zugleich die Qualität des Rating-Ergebnisses. Das kann anhand der Ergebnisse der jährlichen Überprüfung, der sogenannten Validierung der Rating-Verfahren, nachgewiesen werden. Letztendlich lohnt es sich nicht nur im Kunden-, sondern auch im eigenen Interesse, einen engen Kontakt zu pflegen, denn nur so kann die Bonität angemessen und fair beurteilt werden. Genau für diese Ansprüche wurde das Mittelstandsrating der Sparkassen entwickelt.

Seit 2002 im Einsatz: das Firmenkundenrating

Das Firmenkundenrating wurde unter der Federführung des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes e. V. (DSGV) gemeinsam mit Regionalverbänden, Sparkassen und Landesbanken entwickelt. Das Rating ist seit 2002 im Einsatz, wird zentral von einer Tochtergesellschaft des DSGV gepflegt und weiterentwickelt und ist seit Januar 2007 aufsichtlich abgenommen. Die aufsichtliche Abnahme ist ein Gütesiegel, das für die Institute bedeutet, dass sie mit diesem Verfahren den auf Internen Ratings Basierenden Ansatz (IRB-Ansatz) nutzen können. Auch für die Kunden ist die Anerkennung wichtig - heißt sie doch, dass das Rating der Sparkassen eine hohe Qualität hat und ihr Risiko fair beurteilt.

Weit über eine halbe Million Mittelständler wurden bereits einmal oder schon mehrmals geratet. Auf Grundlage dieser enormen, ständig wachsenden Datenmenge über drei Millionen Rating-Datensätze liegen bis jetzt vor - werden jährlich die Ergebnisse, die das Rating liefert, überprüft. Auf dieser Basis vergleicht man die prognostizierten Einjahres-Ausfallwahrscheinlichkeiten mit den tatsächlich eingetretenen. Damit bleiben die Sparkassen mit ihrem Rating an der Realität und somit auch "nah am Kunden".

Darüber hinaus geben jährlich in einer Online-Umfrage alle Nutzer der Rating- Verfahren ihr Feedback. Diese Umfragen zeigen einerseits, dass das Rating eine sehr hohe Akzeptanz bei den Firmenkundenbetreuern hat. Diese Akzeptanz resultiert nicht zuletzt daraus, dass das Rating- Ergebnis und die Expertenmeinung des jeweiligen Betreuers übereinstimmen. Andererseits wird auch Verbesserungspotenzial adressiert. Dadurch bleiben die Sparkassen mit der Rating-Weiterentwicklung mittelbar über den Firmenkundenbetreuer und sein Feedback "nah am Kunden".

Ziel eines Ratings ist die möglichst objektive Bewertung von Unternehmen und damit die optimale Trennung von "guten" und "stärker ausfallgefährdeten" Kunden. Um die Differenzierung kundengerecht vornehmen zu können, wurden verschiedene Module entwickelt: für kleine, mittlere und große Firmenkunden (über 2,5 Millionen Euro Nettoumsatz), für Gewerbe- und Geschäftskunden (unter 2,5 Millionen Euro Nettoumsatz), für Existenzgründer und für Freiberufler.

Module zur kundengerechten Differenzierung

So werden einerseits je nach Betriebsgröße nur die notwendigen und betriebswirtschaftlich sinnvollen beziehungsweise sachgerechten Bereiche analysiert. Andererseits wird der Rating-Prozess der Bedeutung der Kunden und deren Engagements angepasst. Ein kleines Unternehmen mit geringem Kreditvolumen wird nicht einer für beide Seiten zeitaufwendigen strategischen Geschäftsfeldanalyse unterzogen. Ebenso ist es betriebswirtschaftlich wenig sinnvoll, wenn kleine Einzelunternehmen ein umfangreiches Controlling aufbauen müssten, um ein gutes Rating zu erhalten. Damit würden sie ihre Ressourcen ineffizient in Backoffice-Prozesse investieren, anstatt sich auf den Vertrieb zu konzentrieren.

Das Rating erfolgt in einem vierstufigen Prozess. Quantitative Faktoren, qualitative Faktoren, Warnsignale und Unternehmensverflechtungen werden berücksichtigt, um ein umfassendes Bild vom Unternehmen zu erhalten (Abbildung 1).

Ganzheitliche Betrachtung zählt

Im qualitativen Bereich stehen Fragen zur Planung und Steuerung des Unternehmens, zur Unternehmensführung und Marktstellung sowie zum Produkt und zur Wertschöpfungskette des Unternehmens im Mittelpunkt. Während der Analyseumfang und die Anforderungen an den Kunden im "kleinen Segment" gering sind, nehmen in "größeren Segmenten" sowohl der Untersuchungsumfang als auch die Anforderungen zu (Abbildung 2).

Vor allem für die Beantwortung der qualitativen Fragen ist die Kundennähe unerlässlich. Darin sind die Sparkassen bestens aufgestellt. Durch lange Geschäftsbeziehungen kennen sie die Marktbedingungen vor Ort genau. Nicht zuletzt fließt dieses Wissen mit in das Rating ein.

Mittelständische Unternehmen unterscheiden sich in Bezug auf die Finanzprodukte, die sie von ihrer Bank benötigen wie auch in ihren Erwartungen an ihre Bank deutlich von Großunternehmen. Mit durchschnittlich drei Bankverbindungen unterhalten mittelständische Firmenkunden weniger Geschäftsbeziehungen zu Finanzdienstleistern als Großunternehmen, die im Schnitt mit fünf und mehr Banken zusammenarbeiten. Für Mittelständler ist es entscheidend, einen zuverlässigen Finanzpartner mit persönlichem Kontakt an seiner Seite zu haben, der das Unternehmen kontinuierlich in allen Entwicklungsphasen begleitet. Mittelständische Unternehmen erwarten von ihrer Sparkasse, sowohl qualitativ hochwertig als auch umfassend beraten zu werden. Zudem wünschen sich Firmenkunden, dass ihr Finanzdienstleister sie aktiv anspricht und dabei mit innovativen Lösungen auf sie zukommt.

In diesem Zusammenhang gewinnt die ganzheitliche Berücksichtigung der Bedürfnisse des Unternehmens an Bedeutung. Dabei geht es nicht nur darum, Kredite oder Anlagen des Unternehmens gemeinsam zu betrachten, sondern auch das Unternehmen in seinem Wachstum und bei der Erreichung seiner betrieblichen Ziele in allen Phasen der Unternehmensentwicklung zu unterstützen. Gerade in Zeiten der aktuellen Wirtschaftskrise ist ein Partner, der auch in schwierigen Situationen Lösungen anbietet, unerlässlich.

Ganzheitlich ausgerichtete Betreuungskonzepte, wie sie zum Beispiel die Sparkas-sen-Finanzgruppe mit dem Sparkassen- Finanzkonzept Firmenkunden einsetzen, haben sich als sehr erfolgreich in der Beratungspraxis bewährt. Kernpunkt dieses ganzheitlichen Beratungsansatzes ist die systematische und umfassende Analyse der Kundensituation.

Die Beratung mit dem Sparkassen-Finanzkonzept startet üblicherweise mit einem Grundsatzgespräch. Kernbestandteil dieses Gesprächs ist der Finanzcheck. Er dient der systematischen Bestandsaufnahme der finanziellen Situation des Unternehmers. Der aktuelle Finanzstatus des Kunden wird anhand von sechs Bedarfsfeldern erhoben. Ergebnis des Grundsatzgesprächs ist ein umfassender Fahrplan für die weitere Beratung und Begleitung des Unternehmens durch die Sparkasse (Abbildung 3).

Systematische Erfassung der Bedürfnisse im Grundsatzgespräch

Die im Grundsatzgespräch erarbeiteten Punkte werden dann in detaillierten Analysen gemeinsam vertieft. Nur so kann das für das Unternehmen am besten geeignete Lösungspaket bereitgestellt werden.

Im Rahmen des jährlichen, institutionalisierten Unternehmergespräches haben das Rating und die Rating-Kommunikation ihren festen Platz. Aufbauend auf einer betriebswirtschaftlichen Sicht auf das Unternehmen besprechen Kundenberater und Unternehmer die Hintergründe der ermittelten Rating-Note. Auch für das Jahresgespräch gibt es eine einheitliche, strukturierte Vorgehensweise in Form von Erfassungsbögen. Durch einen strukturierten Verlauf kann das Gespräch offen, systematisch und zielgerichtet geführt werden. Dabei werden alle relevanten Aspekte beleuchtet. Die gemeinsam erarbeiteten Informationen und Maßnahmen werden im Nachgang dem Kunden zur Verfügung gestellt.

Mit Recht fordern mittelständische Unternehmer zunehmend Transparenz und weiterführende Informationen über ihr Rating ein. Sie wollen einerseits die Bewertung ihres Unternehmens verstehen, andererseits wollen sie wissen, wie sie die Rating-Einschätzung, die im Allgemeinen Einfluss auf die Konditionengestaltung hat, verbessern können. Um die Gespräche über das Rating-Ergebnis mit dem Kunden kommunikativ zu unterstützen, steht den Instituten der Sparkassen-Finanzgruppe ein Werkzeug zur Verfügung: das Sparkassen-Stärken-Potenzial-Profil (SPP). Das SPP macht das individuelle Rating-Ergebnis des Unternehmens im Jahresgespräch transparent anschaulich. Die verschiedenen Faktoren, Gewichtungen und Berechnungen, aus denen sich letztendlich die Rating-Note zusammensetzt, werden für den Unternehmer nachvollziehbar erklärt.

Durch den "Rating-Tachometer" visualisiert

Die Kennzahlen werden durch den sogenannten Rating-Tachometer visualisiert. Er stellt auch die relative Bewertung des Unternehmens im Sinne des Ratings übersichtlich dar. Steht die Tachonadel in Richtung "+" ist der Unternehmer in diesem Faktor besonders stark. Zeigt sie in Richtung "-" signalisiert das Handlungsbedarf. Besonders interessant ist die Auswertung und Erläuterung der qualitativen Faktoren im SPP. Das Unternehmen erhält auch hierfür Benchmarks, beispielsweise zur Qualität der Unternehmensführung (Abbildung 4).

Zusätzlich zu den Rating-Tachometern für die Einzelperiode bieten die Sparkassen dem Unternehmer auch den Vergleich des Unternehmens in Zeitreihen und mit den Unternehmen seiner Branche (Abbildungen 5 und 6). Wissen, wo das Unternehmen steht und die Branche im Auge behalten: mit Hilfe des Branchenvergleichs im SPP ist das möglich. Der Branchenvergleich zeigt dem Unternehmen seine Ergebnisse im Vergleich zur Branche und über einen bestimmten Zeitraum.

Auch hier sind sie Sparkassen "nah am Kunden", denn sie: erklären dem Kunden seine Rating-Note, schaffen durch eine offene, transparente Kommunikation über das Rating eine Vertrauensbasis für eine langfristige Geschäftsbeziehung und leiten Maßnahmen zur Verbesserung der ganzheitlichen Unternehmenssituation des Kunden ab. Transparenz fordern und transparent sein

Von der systematischen und offenen Gesprächsführung profitieren beide Seiten: Der wirtschaftliche Erfolg des Kunden ist zugleich der Erfolg des Instituts. Risiken werden frühzeitig erkannt, sie können zuverlässiger eingeschätzt und rechtzeitig gemeinsam mit dem Kunden Maßnahmen eingeleitet werden, noch bevor es zu Krisen kommt. Der Mittelständler profitiert von der ganzheitlichen Betrachtung seiner individuellen Stärken, Potenziale und Bedürfnisse aus einer Hand. Letztlich wird eine bessere Kapitalausstattung erreicht und eine maßgeschneiderte Finanzierungslösung ermöglicht. Nicht zuletzt schlagen sich passgenaue Finanzierungen in fairen, auf Nachhaltigkeit und Stabilität basierenden Konditionen nieder.

Trotz tiefer Rezession gibt es keine Kreditklemme für mittelständische Unternehmen in Deutschland. Die Sparkassen bleiben verlässliche Finanzierungspartner. Auf den sich in der aktuellen konjunkturellen Situation ergebenden zusätzlichen Gesprächs- und Beratungsbedarf ihrer Kunden sind die Berater der Sparkassen mit eigens dafür entwickelten Beratungskonzepten vorbereitet. Ziel ist es auch hier, dass Berater und Kunde gemeinsam die aktuell drängenden betriebswirtschaftlichen Fragestellungen in den Blick nehmen, um das Unternehmen krisenfest zu machen.

Darüber hinaus stellen die Sparkassen für ihre Kunden verlässliche und konstante Finanzierungskonditionen bereit. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn in den letzten Jahren sind viele private Banken dazu übergegangen, Kredite so zu bewerten, als ob sie diese am Markt verkaufen. Der Markt für Kreditkäufe hat aber andere Regeln; die Preise sind grundsätzlich höher, denn Intransparenz hat ihren Preis! Und tatsächlich haben viele Großbanken ihre Kredite nur kurzfristig im Bestand gehalten und dann extern weitergegeben. Mittlerweile sind die Kreditverkaufsmärkte vielfach ausgetrocknet, aber für die Banken besteht nun die Notwendigkeit, zur Eigenkapitaleinsparung Kreditrisiken zu verkaufen. Dies zeigt auch ein Zeitungsartikel vom Oktober 2008.*

Explodierte Risikoaufschläge weitergeben?

All das trifft Sparkassenkunden nicht. Bei gleichbleibendem Rating sind die Kreditabsicherungskosten tendenziell konstant. Bei den Banken, die anders kalkulieren, springen diese erratisch hin und her - wie eben der externe Markt funktioniert, gerade auch für größere Mittelständler. Sparkassen sind nicht gezwungen, die Risikoaufschläge, die international geradezu explodiert sind, an die Kunden weiterzugeben. Sie machen das bewusst nicht! Und sie brauchen es aufgrund der guten Eigenkapitalausstattung und Refinanzierungsstärke auch nicht - zum Nutzen ihrer Kunden. Zudem können die Sparkassen auf ihre hochwertigen Kalkulationsinstrumente vertrauen.

So sichern die Sparkassen die Kreditversorgung ihrer Kunden zu stabilen von Marktstörungen weitgehend unabhängigen Konditionen. Allein im ersten Quartal 2009 haben sie ihre Kreditvergabe an Unternehmen und Selbstständige kräftig ausgedehnt. Die Darlehenszusagen stiegen im Vergleich zum ersten Quartal 2008 um 7,7 Prozent auf 14,2 Milliarden Euro.

Wie auch schon in der Krise 2002/2003 werden die Sparkassen auch jetzt zu ihren Kunden stehen, für sie da sein und möglichst gute, verlässliche Konditionen bieten, ohne gleichzeitig sich selbst zu überfordern: Denn die Sparkassen kennen ihre Kunden, ihr Business und ihr Geschäftsgebiet, wie es verlässlich kaum jemand sonst kennt. Die Krise kam nicht vom Mittelstand, aber wie üblich wird der Mittelstand den Weg aus der Krise vorangehen - und die Sparkassen werden dabei unterstützen!

* Banken sichern sich ab - Institute koppeln Kredite für Industriekunden an Ausfallswaps, Handelsblatt vom 30. Oktober 2008.

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