Gespräch des Tages

Sparkassen-Rating - Selbstbewusstsein durch Masse

Es gibt sicher eine Reihe von Kapitalmarktaktivitäten, die in der deutschen Sparkassenorganisation zwar aufgegriffen und umgesetzt, aber nicht besonders forsch in die Öffentlichkeit getragen werden. Denn die Gruppe weiß nur zu gut, dass die hiesigen Aktienbanken oder mehr noch die kapitalmarktgeprägten (angelsächsischen) Wettbewerber bei so schönen Dingen wie etwa der Verbriefung oder auch manchen Lösungen zur Unternehmensfinanzierung mindestens ebenso langjährige Erfahrung wie Sparkassen und Landesbanken haben und deshalb eine gewisse Zurückhaltung in der eigenen Außendarstellung angemessen sein kann. Ganz anders ist das in Fragen rund um das Unternehmensrating, besonders für Mittelständler. Dass auf diesem Feld das Selbstbewusstsein der Sparkassenorganisation spürbar ausgeprägter ist als in anderen Bereichen, liegt ganz einfach an der komfortablen Datenbasis als Marktführer. Seit dem Jahr 2002 ist dort bei Sparkassen und Landesbanken das sogenannte Sparkassen-Rating im Einsatz und hat für den Mittelstand von bis zu 500 Mitarbeitern und bis zu 500 Millionen Euro Umsatz mittlerweile eine Datenfülle erbracht, die zwangsläufig verfeinerte Auswertungen nahelegt. Mit einem selbst auf 43 Prozent veranschlagten Marktanteil bei Mittelstandskunden und einer immer besser werdenden Datenhistorie, das weiß auch der DSGV, lässt sich nach verschiedenen Auswertungskriterien eine Trennschärfe erreichen, wie sie andere Institute in diesem Segment mangels Masse gar nicht darstellen können.

Entsprechend offensiv nutzt die Sparkassenorganisation die vorhandenen Marktdaten denn auch seit einiger Zeit für ein neues Dienstleistungsangebot - das sogenannte Stärken-Potenzial- Profil (SPP). Über die reine Rating-Note hinaus kann dabei die gruppeneigene Datenbank den Firmenkunden der Sparkassen eine individuelle Standortbestimmung in ihrem jeweiligen Markt liefern. Konkret können in einem individuellen Rating-Feedback diverse Unternehmenskennziffern errechnet und im Vergleich zur Branche und/oder im Zeitablauf dargestellt werden. Das Ganze erfolgt auf Wunsch verbal oder visuell (grüner, gelber oder roter Bereich) und signalisiert dem Firmenkunden für unterschiedliche Kennziffern im günstigen Fall Stärke oder zumindest einen neutralen Entwicklungsstand, im ungünstigen Fall aber dringlichen Handlungsbedarf. Die Möglichkeit einer ausführlichen Situationsbeschreibung des Unternehmens bezieht sich nicht nur auf eine Momentaufnahme, sondern kann inzwischen auch historische Zeitreihen liefern und damit Verbesserungen beziehungsweise Verschlechterungen deutlich machen. Verglichen werden können die Unternehmen schließlich nicht nur mit der aktuellen Lage der Branche, sondern auch mit der Branchenentwicklung.

Dass dieser neue technische Tool den Sparkassen und Landesbanken als Türöffner zur Kundenakquise dienen könnte, glaubt man beim DSGV weniger. Aber natürlich darf man sich von der neuen Dienstleistung eine Intensivierung des Dialogs zwischen den Instituten und ihren Firmenkunden mit all seinen positiven Aussichten für ein Cross-Selling erhoffen. Wenn das neue Instrument im Laufe dieses Jahres in einem Roll-Out mehr und mehr über die gesamte Sparkassenorganisation verbreitet ist, sieht man gute Möglichkeiten, sich als geschätzter Sparringspartner für fundierte betriebswirtschaftliche Analysen zu positionieren. Insbesondere im Zuge der üblichen Jahresgespräche mit den Firmenkunden verspricht sich der DSGV für die S-Institute reichlich Möglichkeiten, langfristige, weil vertrauensvolle Kundenbeziehungen aufzubauen und zu erhalten.

Weil man bei solch intensiven Strategiegesprächen sehr schnell in die Grenzbereiche zur Unternehmens- und der Steuerberatung gerät, könnte sich bald die Frage stellen, ob und inwieweit man den Einsatz von SPP mit Gebühren belegen sollte. Auch wenn seitens des DSGV betont wird, die SPP als Ertragskomponente nicht einmal ansatzweise diskutiert zu haben, ist das in der praktischen Umsetzung sicherlich eine Frage des allgemeinen Zuspruchs beziehungsweise der Intensität der Beratung und damit letztlich auch des Aufwands. Solche Kosten/Nutzen-Überlegungen werden erfahrungsgemäß sowohl die Sparkassen als auch ihre Kunden anstellen müssen.

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