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... die Verbände der Finanzwirtschaft - Was erwartet die deutsche Finanzwirtschaft im neuen Jahr von Berlin und Brüssel?

Thomas R. Fischer (VÖB)

"Better Regulation muss als Dauerauftrag verstanden werden"

2007 wird ganz im Zeichen der deutschen Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union sowie dem deutschen Vorsitz der G8-Staaten stehen. Das Arbeitsprogramm der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 nennt neben den Grundsatzthemen "Europäische Verfassung", "Zukunft der Energieversorgung", "Soziale Sicherungssysteme" und "Bildungsfinanzierung" als weitere Schwerpunkte "Better Regulation", "Konvergenz bei der Finanzaufsicht" und "Schaffung eines einheitlichen Zahlungsverkehrsraums".

Intensive Anstrengungen zur Senkung der Bürokratiekosten

Nachdem die finnische Ratspräsidentschaft nicht alle für den Finanzsektor wichtigen Dossiers abarbeiten konnte, lastet auf dem deutschen Ratsvorsitz hoher Erwartungsdruck, der in der kurzen Zeitspanne von sechs Monaten kaum umfassend erfüllt werden kann. Aus Sicht der öffentlichen Banken sollten bei dem mit "Better Regulation" überschriebenen Ansatz zum Abbau von Überregulierung und Bürokratie sowie bei der zügigen Schaffung des für die Umsetzung des einheitlichen Zahlungsverkehrsraums erforderlichen Rechtsrahmens dringend Fortschritte erreicht werden.

Der Bankensektor gehört zu den am umfassendsten regulierten und durch administrative Anforderungen am intensivsten belasteten Branchen. So hat eine jüngst im Auftrag der deutschen Kreditwirtschaft durchgeführte Untersuchung neben den allgemeinen Bürokratiekosten jährliche branchenspezifische Bürokratiekosten der Banken und Sparkassen in Höhe von 3,14 Milliarden Euro ermittelt.

Eine echte Regulierungspause einhalten

Von daher müssen nun die im "Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik 2005 bis 2010" der EU-Kommission und im Programm der deutschen Ratspräsidentschaft bezeichneten konkreten Maßnahmen gegen Überregulierung, zum Abbau bürokratischer Hemmnisse sowie zur konsistenten Umsetzung und Konsolidierung bestehender EU-Vorgaben in Angriff genommen werden. Dabei muss eine "echte Regulierungspause", insbesondere wegen der anstehenden Implementierung von Basel II, der Einführung neuer Bilanzierungsregeln (IAS/IFRS), der Umsetzung zahlreicher Einzelmaßnahmen des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen und der Befolgung komplexer Vorgaben, zum Beispiel gegen Geldwäsche, dringend eingehalten werden. "Better Regulation" muss im Übrigen als langfristiges Projekt angelegt und als Dauerauftrag an alle EU-Institutionen verstanden und in seiner Umsetzung konsequent überwacht werden. Auf keinen Fall darf diese Anstrengung nach gut gemeinten Ankündigungen schnell wieder versanden.

Vermeidung von "Schattenregulierung"

"Bessere Rechtssetzung" ist in der Europäischen Union auch dort notwendig, wo europäische Regulierung zunehmend in Expertengremien außerhalb von Parlament, Kommission und Rat ausgearbeitet wird (so genanntes Lamfalussy- oder Komitologie-Verfahren). Für die Banken spielen dabei das Committee of European Banking Supervisors (CEBS) und das Committee of European Securities Regulators (CESR) eine besondere Rolle.

Diese Gremien beraten die Kommission bei der Ausarbeitung von Durchführungsbestimmungen zu Richtlinien. Außerdem erarbeiten sie Empfehlungen zur Anwendung und Auslegung von Richtlinien und Verordnungen und sollen damit zur Verbesserung und Angleichung der aufsichtsbehördlichen Praktiken in der Europäischen Union beitragen. Dieser grundlegenden Zielsetzung des Lamfalussy-Verfahrens pflichten die Öffentlichen Banken bei.

In der Praxis betätigt sich jedoch insbesondere CEBS immer mehr als "Schattenregulierer" und schafft Regelungen, die nicht nur selbstständig neben die eigentliche Rechtsetzung treten, sondern über deren bloße Auslegung und Angleichung hinausgehen und neues materielles Recht setzen. Wenn die EU-Kommission die in ihrem Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik angekündigte "Atempause" bei der Regulierung ernst nimmt, muss auch die Arbeit dieser Regulierungsgremien einer kritischeren Kontrolle unterzogen werden. "Schattenregulierung" durch CEBS wird an folgenden Beispielen deutlich:

Bankenrichtlinie: Die Zielrichtung der EU-Bankenrichtlinien, Mindestanforderungen für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten zu setzen, wird durch auf vollständige Konvergenz abzielende CEBS-Leitlinien in eine detaillierte Maximalharmonisierung "umgewidmet".

So wurden zum Beispiel die "schlanken" Regeln des aufsichtsrechtlichen Überprüfungsverfahrens der EU-Eigenkapitalrichtlinie durch ein 40-seitiges CEBS-Grundsätzepapier einer maximalen Detaillierung unterzogen. Spielräume und Wahlrechte für die nationale Umsetzung wurden beseitigt und damit neues materielles Recht geschaffen, das deutlich über die ursprünglichen Regelungen hinausgeht.

Meldewesen: Bei der Schaffung eines einheitlichen Solvenzmeldewesens in der EU (COREP) wurden die Einzelwünsche der nationalen Aufsichtsbehörden ohne Rücksicht darauf, dass es in der EU keine Meldeharmonisierung gibt, zu einem Katalog mit 70 000 Meldedaten aufaddiert. Damit konterkariert CEBS alle Bemühungen, Bürokratie im Interesse besserer Effizienz einzudämmen.

Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente: Die gegenwärtig in der nationalen Umsetzung befindliche Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) ist ein Musterbeispiel für das Zusammenspiel von Finanzmarktintegration und Regulierungsflut: Mit der MiFID, dem Herzstück des EU-Aktionsplans für Finanzdienstleistungen, sollen zentrale rechtliche Rahmenbedingungen des Kapitalmarktes harmonisiert und die Finanzmarktintegration gefördert werden. Allerdings entstehen hierbei hohe Anpassungskosten und eine weitere Bürokratisierung der Geschäftsabläufe.

So weisen die MiFID und ihre Durchführungsbestimmungen, zum Beispiel bei den Informationspflichten, einen sehr hohen Detaillierungsgrad auf, durch den die Anforderungen an die Ablauforganisation und die Überwachung dauerhaft steigen. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung ihren Entwurf für ein Umsetzungsgesetz weitgehend auf eine 1:1-Umsetzung beschränkt. Dieser sachgerechte Ansatz sollte im gesamten weiteren Verfahren konsequent durchgehalten werden. Von zentraler Bedeutung ist auch bei der MiFID, dass sich die Aufsichtsbehörden innerhalb des Regulierungsausschusses auf eine Vereinheitlichung der Aufsichtspraxis konzentrieren und auf zusätzliche quasi gesetzliche Vorgaben verzichten.

Nationale Zuständigkeit für Bankenaufsicht

Das Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft greift des Weiteren die "Konvergenz der Finanzaufsicht" auf. International tätige Großbanken verfolgen unter dieser Überschrift schon seit längerem die Absicht, eine EU-einheitliche Bankenaufsichtsbehörde zu schaffen. Allerdings fehlen hierfür in der EU elementare Voraussetzungen, insbesondere ein einheitliches Verwaltungs- und Verfahrensrecht sowie ein Rechtsschutzsystem. Weitere Hürden für eine europäische Aufsichtsbehörde sind die grundlegend unterschiedlichen, nur schwer zu harmonisierenden Aufsichtsphilosophien der Mitgliedstaaten. Außerdem würde eine neben die fortbestehenden nationalen Aufsichtsbehörden gestellte EU-Aufsicht zusätzliche Bürokratie ohne erkennbaren Mehrwert erzeugen.

Zudem wäre die Politisierung einer zentralen Aufsichtsbehörde nicht auszuschließen. Schließlich bieten nur nationale Aufsichtsbehörden die Gewähr für eine ortsnahe, mit den Spezifika des jeweiligen Marktes vertraute Aufsicht, die zügig, effizient und treffsicher handeln kann. Dem entspricht die in der Bankenrichtlinie angelegte Stärkung des "Home Supervisor". Dieser könnte bei der Durchführung der Aufsicht und der Annahme fortentwickelter Verfahren zum "Lead Supervisor" umfunktioniert werden.

Rechtsrahmen für den einheitlichen EU-Zahlungsverkehrsraum

Angesichts der zunehmenden Konsolidierung und Konzentration im Bankensektor muss dieser Prozess durch die Fortentwicklung der gerade erst etablierten Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden im Rahmen der Regulierungsausschüsse für den Banken-, Wertpapier- und Versicherungsbereich (CEBS, CESR, CEIOPS) begleitet werden. Damit kann die Kooperation der nationalen Aufsichtsbehörden vorangetrieben und die Konvergenz der Aufsichtspraktiken im EU-Binnenmarkt unter Wahrung der Interessen aller Marktakteure unterstützt werden. Der Schwerpunkt sollte hierbei auf der Entwicklung und Förderung gemeinsamer Aufsichtspraktiken liegen. Hierauf sollte sich die von der deutschen Ratspräsidentschaft angestrebte "Konvergenz" beschränken. Eine zentrale EU-Bankenaufsichtsbehörde wäre damit entbehrlich.

Unter dem Kürzel "Sepa" (Single Euro Payments Area) vollzieht sich die europäische Finanzmarktintegration auch im Zahlungsverkehr. Die Öffentlichen Banken unterstützen die Einführung der Sepa-Zahlverfahren und haben für die notwendigen Vorbereitungen bereits erhebliche Investitionen getätigt. Allerdings gerät das Ziel eines EU-Zahlungsverkehrsraums bis 2008 durch die jüngsten Rückschläge bei der Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens für die Einführung der Sepa-Lastschrift mittlerweile ins Wanken.

Ohne die durch die "Richtlinie für Zahlungsdienste im Binnenmarkt" geschaffene Rechtssicherheit bei Banken und Kunden wird es aber keine Sepa-Lastschrift geben. Damit der Sepa-Zeitplan nicht gefährdet wird, ist der deutsche EU-Ratsvorsitz gefordert, das Richtlinienvorhaben schnellstmöglich zum Abschluss zu bringen.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat die Chance, die Akzeptanz der fortschreitenden europäischen Integration und der Erweiterung der Union um neue Mitgliedstaaten bei den Bürgern durch eine nachhaltig wirkende Verpflichtung zum Abbau von Bürokratie und Überregulierung deutlich zu verbessern.

Die öffentlichen Banken sind bereit, jede für den Erfolg dieses langfristig angelegten Projekts erforderliche Hilfestellung zu leisten.

Heinrich Haasis (DSGV)

"Banken zwischen Finanzmarktintegration und Regulierungsflut: Ist Einheit in Vielfalt möglich?"

Das Motto "Einheit in Vielfalt" gilt als Leitidee für die Europäische Integration. Am 1. Januar 2007 übernimmt Deutschland für ein halbes Jahr den Vorsitz des Rates der Europäischen Union. Mit dem Ratsvorsitz kommt Deutschland eine zentrale Rolle bei der inhaltlichen Gestaltung der Politik der Europäischen Union zu. Europa steht dabei vor zentralen Herausforderungen im wirtschaftlichen wie im sozialen Bereich, die ebenso wie der derzeit weiter offene Fortgang des Verfassungsprozesses einer kraftvollen Lösung bedürfen. Auf den europäischen Finanzmärkten ist die Integration weit vorangeschritten. Mit dem Aktionsplan Finanzdienstleistungen sind die wichtigsten Grundlagen geschaffen. Der Aufschwung auf den Finanzmärkten ist greifbar.

Rahmenbedingungen für Europa

Die Bundesregierung hat jetzt zu einem wichtigen Zeitpunkt der europäischen Entwicklung die Chance, diesen Aufschwung zu beschleunigen. Für die Sparkassen-Finanzgruppe bleiben besondere Schwerpunkte der Finanzmarktprioritäten: bessere Rechtssetzung, Finanzaufsicht sowie gemeinsame Rahmenbedingungen für einen europäischen Zahlungsverkehr.

Die Europäische Kommission hat in Anlehnung an vergleichbare Bemühungen ihrer Vorgänger im März 2005 eine neue Strategie zur besseren Rechtssetzung (Better Regulation) vorgelegt. Das Weißbuch der Europäischen Kommission zur Finanzdienstleistungspolitik 2005-2010 enthält mit seinen Vorschlägen für eine "Bessere Regulierung" Ansätze zur Beseitigung der auf diesem Gebiet festgestellten Defizite. Damit reagiert sie auf den nach wie vor bestehenden Druck, die Regelungsintensität europäischer Rechtssetzung zu verringern.

Dieses Konzept basiert im Wesentlichen auf drei Säulen: Überprüfung von Vorschlägen, die sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren befinden; Einführung eines neuen Verfahrens zur Vereinfachung geltender Rechtsvorschriften unter Einbeziehung der praktischen Erfahrungen der Betroffenen; Nutzung von Gesetzesfolgeabschätzungen sowohl im Bereich der Messung von Verwaltungskosten wie auch der potenziellen wirtschaftlichen, sozialen und umweltrelevanten Folgen der Rechtsvorschriften.

In den letzten Jahren hat sich in der Europäischen Union immer mehr die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein klares, einfaches, effektives und funktionierendes Regelungsumfeld von großer Bedeutung für die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung ist und ein wichtiges Ziel darstellt. Nachhaltige Anstrengungen sind erforderlich, um unnötigen bürokratischen Aufwand zu beseitigen und besonders die Kosten für unternehmerische Tätigkeit zu senken.

Messung der administrativen Kosten

Wichtige Maßnahmen wurden auf Gemeinschaftsebene bereits ergriffen. Seit 2004 verfolgen die jeweiligen EU-Ratspräsidentschaften die Grundsätze, wie

- eine bessere Koordinierung des Rechtssetzungsverfahrens,

- ein höheres Maß an Transparenz und Zugänglichkeit,

- Anwendung alternativer Regulierungsverfahren,

- verbesserte Qualität der Rechtssetzung durch Konsultationen und Folgenabschätzungen, und

- Vereinfachung und Verringerung der Rechtsvorschriften mit Nachdruck.

Die 2003 eingeführten Gesetzesfolgenabschätzungen werden seit 2005 zu jedem Regelungsvorschlag der Europäischen Kommission vorgelegt. Seit 2006 erfolgt in diesem Rahmen auch eine Messung der mit dem Vorschlag verbundenen administrativen Kosten. Ein Programm zur Vereinfachung des Gemeinschaftsrechts wird fortlaufend durchgeführt und aktualisiert. Und vor allem werden Bemühungen um den Abbau bereits bestehender Bürokratiekosten fortgesetzt. Sie werden während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in eine wichtige Phase treten, weil der Europäische Rat für seinen Frühjahrsgipfel 2007 die Festlegung quantitativer Ziele für den Bürokratieabbau plant. Das Interesse an einem spürbaren und messbaren Abbau der Bürokratielasten ist auf allen Seiten groß und daher muss das Ziel eines konsequenten und nachhaltigen Bürokratieabbaus nun auch praktisch mit Leben gefüllt werden.

Bessere Rechtssetzung

Bessere Rechtssetzung heißt dabei nicht Abschaffung oder Aufweichung des gemeinschaftlichen Rechtsbestandes. Vielmehr sollte das Ziel in der Modernisierung und Fortentwicklung der Rechtsverfahren liegen. Mehr Vorschriften schaffen nicht notwendig auch mehr Gemeinsamkeiten. Das Komitologieverfahren sollte beispielsweise die EU-Gesetzgebung im Finanzdienstleistungsbereich beschleunigen und nicht zu einer vorschnellen Freigabe von Parlamentsrechten motivieren.

Die Sparkassen-Finanzgruppe begrüßt das Ziel der Bundesregierung für die Periode des deutschen EU-Ratsvorsitzes, Bürokratiekosten zu senken. Allein der gesamten deutschen Kreditwirtschaft entstehen pro Jahr branchenspezifische Bürokratiekosten in Höhe von rund 3,0 Milliarden Euro. (IW Köln, vom Dezember 2006)

Zwingend notwendig ist auch die Schaffung eines einheitlichen Verfahrens zur Messung von Bürokratiekosten auf EU-Ebene. Jetzt kommt es vor allem darauf an, die angekündigten Maßnahmen zügig umzusetzen. Denn jede neue, zusätzliche Regulierungsmaßnahme würde letztlich nur zu wirtschaftlichem Stillstand führen.

Effiziente Gesetzesfolgenabschätzung

Darüber hinaus befürworten wir eine effiziente Gesetzesfolgenabschätzung für neue Vorhaben als wichtiges Element des deutschen Aktionsplans und damit die Vermeidung von zusätzlichen Belastungen für Unternehmen und Umwelt. Nur auf diese Weise können unerwünschte Effekte von Regelungsvorhaben vermieden und ein wirklicher Mehrwert für den Markt und die Verbraucher geschaffen werden. Dabei sollten Folgenabschätzungen nicht nur künftige, sondern auch bereits in der Diskussion befindliche Regulierungsvorhaben flankieren. Die Rechtssetzung darf nicht länger zwar für 11 000 große Unternehmen durchschaubar sein, für 23 Millionen kleine und mittlere Unternehmen aber als Belastung empfunden werden.

Erforderlich ist ferner die Festlegung bereits in der Begründung von Regelungsentwürfen, ob und nach welchem Zeitraum zu prüfen ist, ob die beabsichtigten Wirkungen erreicht worden sind, ob die entstandenen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu den Ergebnissen stehen und welche Nebenwirkungen eingetreten sind. Zudem sollte die Regelungsqualität durch Überwachung und Koordination der Gesetzesfolgenabschätzung gesichert werden.

Bürokratieabbau bedeutet auch, bürokratische Belastungen in aktuellen Vorhaben erst gar nicht entstehen zu lassen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Diskussion über die Zukunft des Systems der europäischen Aufsichtsinstitutionen zu betrachten.

Europäische Aufsichtsbehörde - Gefahr der Praxisferne

Im Finanzdienstleistungsbereich bestehen marktnahe und stabilitätsfördernde Aufsichtsstrukturen. Dennoch müssen sich auch diese Aufsichtsstrukturen den Herausforderungen stellen und vor allem unverhältnismäßige Bürokratie abbauen. Hier ist Deutschland auf einem guten Weg. Ein einheitliches europäisches Aufsichtssystem ist vor dem Hintergrund der noch ungeklärten Frage der letztlich fiskalischen Verantwortlichkeit bei einer Bankkrise (Frage des Lender of Last Resort) derzeit nicht realistisch. Ebenfalls ungeklärt ist die Frage der nationalen Souveränität im volkswirtschaftlich bedeutenden Bereich der Bankenaufsicht.

Die bisher angedachten Modelle setzen eine weitgehende Aufgabe nationaler Souveränitäten voraus. Es ist derzeit nicht zu erkennen, dass die Nationalstaaten hierzu bereit sind. Das derzeitige System der europäischen Aufsichtsstruktur passt zur dezentralen Marktstruktur in Europa. Der beschrittene Weg einer stärkeren Konvergenz der Aufsichtspraktiken und -auslegungen durch Kooperationen zwischen den Aufsichtsbehörden wird von uns nachdrücklich unterstützt. Dies schließt nicht aus, dass in einzelnen klar abgegrenzten Teilbereichen, nationale Aufsichtsbefugnisse auf eine Aufsichtsbehörde eines anderen Staates übertragen werden können.

Der europäische Rechtsrahmen für die Aufsicht über die Kapitalmärkte ist in den letzten Jahren einer erheblichen Modernisierung unterzogen worden. Diese hat auch Gültigkeit für die internationalen Rechnungslegungsstandards. Beim Rechtsrahmen für die Aufsicht über Kreditinstitute steht diese Modernisierung unmittelbar bevor. Die Modernisierung für diesen Bereich ist gekennzeichnet durch eine weit reichende Harmonisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften und muss unter Berücksichtigung der bereits vereinbarten Standards umgesetzt werden.

International und national tätige Institute: keine Ungleichbehandlung

Derzeit werden auf europäischer Ebene um die Diskussion einer Finanzmarktaufsicht verschiedene Modelle betrachtet. Insbesondere die Einführung eines so genannten Lead-Supervisors und eines europäischen Systems der Aufsichtsbehörden steht im Fokus der Betrachtungen. Beiden Modellen ist gemeinsam, dass die zentralen Aufsichtsbefugnisse über europaweit tätige Institute auf eine einzelne Institution entweder den für die Konzernzentrale zuständigen Heimatlandaufseher (Lead-Supervisor) oder mittelfristig auf eine mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattete neu zu schaffende zentrale europäische Aufsichtsbehörde - übergehen sollen, während die jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden nur noch unselbstständige "Filialen" der zentralen Aufsichtsbehörde wären und deren Entscheidungen auf nationaler Ebene ohne eigenen Ermessensspielraum vollstrecken würden.

Für nicht zielführend halten wir das Konzept des Lead Supervisor in dem Sinne, dass für alle aufsichtsrechtlichen Fragen innerhalb einer (grenzüberschreitend tätigen) Bankengruppe der Heimatlandaufseher quasi als alleiniger Gruppenaufseher fungiert. In einem solchen System wären die nationalen Aufsichtsbehörden dem Lead Supervisor weisungsabhängig unterstellt, während die Aufsicht über rein national tätige Institute vollständig beim nationalen Aufseher verbliebe.

Überlegungen zur Weiterentwicklung der europäischen Bankaufsichtsstruktur müssen neben der Zielsetzung des Effizienzgewinns stets auch das übergeordnete Ziel eines einheitlichen "Level-Playing-Fields" zwischen allen Marktteilnehmern im Auge behalten. Eine Ungleichbehandlung zwischen international und national tätigen Instituten ist kritisch zu betrachten. Um eine Kohärenz bei der Umsetzung des europäischen Rechts zu erreichen, ist dessen Anwendung in europaweit einheitlicher Weise erforderlich.

Leitplanken zur Weiterentwicklung der europäischen Bankenaufsicht

Vor dem Hintergrund dieser komplexen Fragestellung kann es nur das Ziel der künftigen Überlegungen sein, den evolutionären Prozess der verstärkten Kooperation der nationalen Bankaufsichtsbehörden und die Herausbildung eines gemeinsamen europäischen Aufsichtsverständnisses weiter zu entwickeln. Um die Effektivität und Effizienz der Aufsicht zu bewahren und Europas Gewicht in der internationalen Finanzdiplomatie hinreichend zur Geltung bringen zu können, muss dieser Prozess der Weiterentwicklung durch Leitplanken begrenzt sein. Aus Sicht der Sparkassen-Finanzgruppe sind dies Beachtung des Subsidiaritätsprinzips: Es ist kritisch zu hinterfragen, ob gemäß Art. 5 Abs. 2 EG das gemeinschaftliche Ziel eines einheitlichen Finanzraumes einschließlich einer einheitlichen Bankaufsicht nicht hinreichend durch die Mitgliedstaaten selbst erreicht wird, und ob überhaupt durch gemeinschaftliches Handeln dieses Ziel besser zu erreichen wäre.

Institutionelle Konvergenz ist nicht gleich fachliche Konvergenz: Die Schaffung einer zentralen europäischen Bankaufsicht kann nicht als effizient betrachtet werden. Eine zentrale Instanz müsste ihre Institute auf der Grundlage der verschiedenen nationalen Rechtsrahmen aller Mitgliedsstaaten beaufsichtigen.

Nationale Souveränität respektieren: Gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG bedarf es für die Übertragung von Hoheitsrechten, wie jene der Bankaufsicht, in Deutschland eines einfachen Gesetzes. Der Übertragung von Bankaufsichtskompetenzen auf die Europäische Union muss sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat mit zwei Drittel zustimmen.

Die Übertragung der Bankaufsichtskompetenzen darf nicht das Ausmaß erreichen, dass sie die souveräne Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland in Frage stellt. Die schrittweise Übertragung von Kompetenzen auf die EU lässt früher oder später die Souveränität der Mitgliedstaaten verlieren. Ihr käme damit künftig nur noch die Ausführung der EU-Verordnungen und Richtlinien auf nationaler Ebene zu.

Nicht ausreichend länderübergreifend agierende Finanzinstitute vorhanden: Vor einer zunehmenden Zentralisierung der europäischen Bankaufsicht sollte die Anzahl der transeuropäisch tätigen, großen Kreditinstitute und somit auch der Bedarf kritisch geprüft werden. Dabei dürfen Einzelfälle nicht die Orientierungspunkte bilden, sondern der Finanzplatz als Ganzes muss im Vordergrund stehen.

Zahlungsverkehr - Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens

Ein wesentlicher Komplex im Prozess um die Schaffung eines integrierten europäischen Finanzbinnenmarktes, der sich maßgeblich im Wege der Selbstregulierung entwickelt, ist der europäische Zahlungsverkehr.

Die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank wollen den Zahlungsverkehr in Europa vereinheitlichen, um die Single Euro Payments Area (Sepa) zu realisieren. Die Sparkassen-Finanzgruppe unterstützt dieses Ziel und plant die Bereitstellung entsprechender europäischer Zahlungsverfahren bis Anfang 2008. Als größter Zahlungsverkehrsdienstleister Europas leisten wir hierdurch einen maßgeblichen Beitrag zur Schaffung des europäischen Binnenmarktes und setzen die vom European Payments Council (EPC) beschlossene EPC-Roadmap 2004 bis 2010 planungsgemäß um.

Zur Unterstützung der Sepa-Projekte der Kreditwirtschaft ist nunmehr entscheidend, dass sich der von der Europäischen Kommission geplante Rechtsrahmen auf das tatsächlich Erforderliche beschränkt. Dabei ist es von wesentlicher Bedeutung, bei der Auswahl der Maßnahmen, die zur Verwirklichung dieser Zielsetzung beitragen sollen, die Erwartungen und Interessen aller beteiligten Marktteilnehmer sorgfältig zu prüfen und abzuwägen. Unausgewogene Regelungen bergen die Gefahr, dass die erwarteten Wirkungen nicht oder in anderer Weise eintreten und hierdurch das Ziel eines einheitlichen Zahlungsverkehrsraums nachhaltig gefährdet wird.

Breiter Raum für die Vielfalt

Nationale Zahlungsverfahren, die sich über Jahrzehnte bewährt haben, und insbesondere in Deutschland sehr effizient und kostengünstig sind, müssen nicht zwangsweise von Sepa-Verfahren abgelöst werden. Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsbinnenmarktes wird sich letztendlich nur realisieren lassen, wenn marktwirtschaftliche Grundsätze nicht außer Kraft gesetzt werden und Kreditwirtschaft, Politik und Gesetzgebung mit vereinten Kräften das gemeinsame Ziel eines europäischen Zahlungsverkehrsraumes verfolgen. Die Sparkassen-Finanzgruppe ist bereit, sich dieser Herausforderung im Interesse ihrer Privat- und Geschäftskunden zu stellen.

Die Sparkassen-Finanzgruppe mit ihrem dezentralen Netz und ihrer starken Verankerung in den Regionen hat als Retailbank wesentlich ihren Beitrag geleistet, den europäischen Finanzbinnenmarkt zu gestalten.

Die Leistungsfähigkeit des Finanzbinnenmarktes darf aber künftig nicht einseitig mit Vereinheitlichung und grenzüberschreitender Konsolidierung gleichgesetzt werden. Gewachsene Strukturen und spezifische Rechtsformen von Kreditinstituten in den Mitgliedstaaten werden oft nicht als Stärke des europäischen Marktes, sondern als Hindernisse wahrgenommen. Wettbewerb sichern heißt aber, der Vielfalt breiten Raum zu geben. Dem Markt muss die Entscheidung freistehen, welche Produkte und welche Geschäftsmodelle sich durchsetzen. So ist die Einheit in Vielfalt realistisch.

Klaus-Peter Müller (BdB)

"Es muss alles getan werden, damit Europa auch im Alltag auf mehr Akzeptanz stößt"

"Die Einheit Europas war ein Traum weniger. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle." Dieses Urteil von Konrad Adenauer bleibt auch im Jahr 2007 richtig. Europa ist längst nicht mehr eine Frage des Ob, wohl aber noch immer eine - schwierige - Frage des Wie. So ist man geneigt, den Worten Adenauers hinzuzufügen: Die Einheit Europas ist ein Projekt voller Spannungsbögen. Einer verläuft zwischen dem Nutzen der Integration und den Kosten der supranationalen Regulierung.

Breite Zustimmung zur "Grundidee Europa"

Das gilt für den Finanzmarkt Europa, für den Wirtschaftsstandort Europa insgesamt und ebenso für das Europa, das die Bürger wahrnehmen. Acht von zehn Deutschen, so das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag des Bankenverbandes im vergangenen Herbst, sind stolz, Europäer zu sein. Gleichzeitig hat die Hälfte der Deutschen keine gute Meinung von der Europäischen Union als Institution. Daraus ergibt sich die erste Erwartung an die Politik in Berlin und Brüssel für das vor uns liegende Jahr: Aufbauend auf der Zustimmung der Bürger zur "Grundidee Europa", muss alles getan werden, damit Europa auch im Alltag auf mehr Akzeptanz stößt. Das ist eine Kernaufgabe der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007.

Dass die Finanzmarktpolitik zum konkreten Nutzen der EU, aber auch zur Identifikation mit Europa eine Menge beitragen kann, zeigt die Erfolgsgeschichte des Euro, der als Währung ebenso überzeugt wie als Symbol der Integration.

Eine ähnlich positive Doppelwirkung wenn auch nicht im gleichen Ausmaß könnte die Single Euro Payments Area (Sepa) entfalten. Damit Sepa am 1. Januar 2008 starten kann, muss zum einen die zu ihrer Implementierung nötige europäische Richtlinie, die Payments Systems Directive, so rasch wie möglich verabschiedet werden. Zum anderen ist wichtig, dass auch die öffentliche Hand die neuen Sepa-Instrumente nutzt - schließlich hat die Politik das Projekt selbst initiiert und forciert. Europa würde damit die Effizienz seines Finanzmarktes steigern, Verlässlichkeit demonstrieren und für Bankkunden - also die Bürger - wieder ein Stück konkreter erfahrbar werden.

Handlungsfähigkeit Europas unter Beweis stellen

Daran geknüpft ist die zweite Erwartung: Europa muss seine politische Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen, und zwar sowohl in Einzelprojekten - wie Sepa - als auch durch Fortschritte in der grundlegenden Frage der Europäischen Verfassung. Die Ziele des Verfassungsvertrags - mehr Bürgernähe, mehr Transparenz und institutionelle Verbesserungen - sind richtig und sollten weiter verfolgt werden. Eine Daueraufgabe Europas besteht darin, das Prinzip der Subsidiarität zu wahren und mit Leben zu füllen: nämlich durch eine klare Zuordnung von Kompetenzen auf die europäische und die nationale Ebene.

Berlin und Brüssel sind aufgerufen - und das ist die dritte Erwartung - die Wirtschaftskraft der EU zu stärken. Europa insgesamt ist nur attraktiv, wenn es auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Dazu ist dreierlei erforderlich: die Verbesserung der globalen Wettbewerbsfähigkeit Europas, die Stärkung des Wettbewerbs im Innern der EU, also die Vollendung des Binnenmarktes, und schließlich wirtschaftspolitische Reformen auf nationaler Ebene. Als größte Volkswirtschaft in Europa steht Deutschland hier besonders in der Pflicht.

Kurs auf Wachstum und Beschäftigung

Wie schon vor sieben Jahren in der Lissa-bon-Agenda festgeschrieben, muss Europa die Herausforderung der Globalisierung annehmen und die Weichen auf Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum stellen. Dazu hat die Europäische Union ebenso ihren Beitrag zu leisten wie jeder einzelne Mitgliedstaat. Deutschland war über Jahre eher die Wachstumsbremse der EU - jetzt sollte es beweisen, dass es über den gegenwärtigen konjunkturellen Aufwind hinaus auch mit Strukturreformen wieder zum Wachstumsmotor wird.

Die zaghaften Reformansätze der vergangenen Jahre - Stichwort: "Agenda 2010" zeigen mittlerweile positive Wirkung, auch auf dem Arbeitsmarkt. Allen in der Politik muss klar sein, dass weitere und grundlegendere Strukturreformen in Deutschland ohne Alternative sind. Dies - auch das eine Erwartung an die Politik in Deutschland sollte nicht zuletzt in den aktuellen Programmdebatten von CDU, CSU und SPD gebührenden Niederschlag finden.

Steuerpolitik: Fortschritte in Sicht, Details überdenken

Die geplante Senkung der nominalen Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften auf knapp unter 30 Prozent ist ein großer Schritt nach vorn - im Interesse des Standorts Deutschland und aller Arbeitnehmer: Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen steigt, bestehende Arbeitsplätze werden gesichert und neue können leichter geschaffen werden.

Auch bei der Besteuerung privater Kapitalanlagen geht es voran: Endlich soll auch in Deutschland eine Abgeltungssteuer Realität werden. Beim Steuersatz und der Ausgestaltung im Detail ist jedoch noch einmal nachzujustieren, um das Besteuerungsverfahren zu vereinfachen und Bürokratie für Anleger und Fiskus abzubauen. Wünschenswert wäre zudem, die Abgeltungssteuer früher als bisher geplant einzuführen, nämlich zeitgleich mit der Unternehmenssteuerreform zum 1. Januar 2008.

In der Steuerpolitik gibt es weiterhin eine Reihe von Hindernissen, die einem Finanzdienstleistungsbinnenmarkt im Weg stehen, etwa national divergierende Steuervorschriften, die die grenzüberschreitende Unternehmens- und Anlagetätigkeit behindern. Ebenso gilt es, die Gewinnermittlung für grenzüberschreitend tätige Unternehmen anzugleichen und die Verlustverrechnung im Konzern auf ausländische Konzerntöchter und Betriebsstätten in anderen EU-Staaten auszudehnen.

Finanzplatz Deutschland: Weiter vorn mitspielen in Europa

Um den Finanzplatz Deutschland in Europa wettbewerbsfähig zu erhalten, muss der deutsche Gesetzgeber - die vierte große Erwartung für 2007 - sich an den Maßstäben orientieren, die um uns herum gesetzt werden. Beispiel REITs: Sollte es dabei bleiben, dass Real Estate Investment Trusts hierzulande nur unter Ausschluss von Wohnimmobilien zugelassen werden, geht der Finanzmarkt Deutschland mit einem gewichtigen Handicap ins Rennen, und wir laufen Gefahr, trotz einer richtigen Entscheidung im Grundsatz - nämlich pro REITs - einen Zukunftsmarkt zu verlieren.

Beispiel Private Equity: Die Initiative des Bundesrates zur Novellierung des Unternehmensbeteiligungsgesetzes sollte genutzt werden, um die Rahmenbedingungen für dieses Geschäftsfeld in Deutschland zu verbessern - sie also, insbesondere in steuerlicher Hinsicht, an internationale Standards anzupassen. Ein Private-Equity-Gesetz muss diese Asset-Klasse fördern, nicht behindern.

Beispiel MiFID: An diesem Projekt, der Umsetzung und Einführung der Richtlinie über die Märkte für Finanzinstrumente, wird der Zielkonflikt zwischen Integration und Regulierung besonders deutlich. Denn die Banken müssen - unter erheblichem Aufwand - ihr gesamtes Wertpapiergeschäft auf die Vereinbarkeit mit den Vorgaben aus Brüssel überprüfen. Umso mehr kommt es bei der noch ausstehenden Umsetzung in nationales Recht darauf an, den Rahmen so zu setzen, dass die deutschen Banken innerhalb der EU wettbewerbsfähig sind.

Weniger und besser regulieren in Berlin und Brüssel

Die fünfte Erwartung - an den nationalen wie den europäischen Gesetzgeber - besteht darin, dass der Abbau von Bürokratie und das Konzept der "Better Regulation" mit allem Nachdruck verfolgt werden. In vielen Fällen ist die beste Regulierung gar keine Regulierung. Dort, wo sie unverzichtbar ist, muss sie besser und effizienter werden. Darüber hinaus fordern und erwarten wir, dass sämtliche Kosten, die in den Banken durch Erbringung administrativer Leistungen für den Staat entstehen, erstattet werden.

Die Bundesregierung hat mit der Einrichtung des Normenkontrollrates ein beachtliches Signal gesetzt. Das Standardkostenmodell zur Ermittlung bürokratischer Lasten schafft die Grundlage, um überflüssige Bürokratie systematisch zu bekämpfen. Das Jahr 2007 wird zeigen, ob und wie gut dies auch in der Praxis gelingt.

Bankenaufsicht: Fortschritte erreicht

Gut vorangekommen ist die EU in bankaufsichtlichen Fragen. Mit Basel II ist es gelungen, ein modernes und zukunftsorientiertes Rahmenwerk für die Bankenaufsicht zu schaffen und mit der Capital Requirements Directive (CRD) in europäisches Recht zu gießen. Deutschland und Europa sind entschlossen, Basel II fristgerecht umzusetzen. Wichtig ist, dass die EU-Richtlinie von den nationalen Aufsichtsbehörden einheitlich angewendet wird.

Bedauerlich und inakzeptabel ist indes die Weigerung der USA - ursprünglich die treibende Kraft des neuen Aufsichtsregimes -, Basel II gemeinsam mit der Europäischen Union und anderen, wie Japan, Australien und Kanada, umzusetzen. Auch die Bundeskanzlerin hat zu Recht kritisiert, dass die USA damit international eine Sonderstellung beanspruchen. Im Rahmen ihrer G8-Präsidentschaft sollte die Bundesregierung alles daran setzen, um die USA so rasch wie möglich wieder "ins Boot zu holen" um längere, eventuell sogar dauerhafte Regulierungen und damit Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Auf nationaler Ebene war es vier Jahre nach Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sinnvoll, die neu implementierte Struktur zu überprüfen, ist eine kompetente, angemessen ausgestattete und effektive Aufsicht doch zugleich Erfolgsvoraussetzung und Gütesiegel des Finanzplatzes Deutschland. Aus Sicht der privaten Banken hat sich die Aufsichts- und Prüfungstätigkeit von Ba-Fin und Bundesbank insgesamt bewährt, auch wenn Verbesserungsbedarf in Einzelbereichen besteht, insbesondere mit Blick auf Sonderprüfungen.

Bankenmarkt Deutschland: Modernisierung steht aus

"Wachstum und Beschäftigung", so Bundeskanzlerin Merkel auf dem European Banking Congress im November 2006, "können nur gelingen, wenn wir ein effizientes und international wettbewerbsfähiges Finanzsystem haben." Ganz in diesem Sinn - und das ist die sechste große Erwartung an die deutsche Politik - ist es höchste Zeit, dass der Gesetzgeber die Strukturen des deutschen Bankenmarktes endlich grundlegend modernisiert. Es muss schon verwundern, dass die Politik in Deutschland diesen Handlungsbedarf nicht anerkennt, sondern nach wie vor - und im Gegensatz zu allen anderen EU-Ländern erhebliche nationale Hindernisse für eine grenzüberschreitende Konsolidierung bestehen, was die EU-Kommission - völlig zu Recht - kritisiert. Wann endlich will die deutsche Politik die Lehren aus dem ziehen, was um uns herum passiert, sei es in Italien in puncto Konsolidierung oder in Frankreich in puncto Reform und Neuaufstellung der Sparkassen?

Gewiss, es gibt Fortschritte: EU-Kommission und Bundesregierung haben im Fall der Landesbank Berlin - gegen den hartnäckigen Widerstand der Sparkassenorganisation - jüngst festgeschrieben, dass ein möglicher privater Erwerber den Namen "Berliner Sparkasse" unbefristet fortführen darf. Der umstrittene § 40 KWG - auch das zeigt die Verständigung - muss auch künftig EU-konform ausgelegt werden, das insbesondere unter Berücksichtigung der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit. Berlin ist somit keineswegs ein Sonderfall. Ein privater Gesellschafter dürfte auch an anderer Stelle den Namen "Sparkasse" verwenden, sobald der Fall einer Sparkassen-Privatisierung andernorts eintritt.

Europa als Chance begreifen

Die Länder täten gut daran, ihre Sparkassengesetze in diesem Sinne zu öffnen. Der Blick quer durch Europa zeigt, dass Deutschland an Strukturen festhält, die sich überlebt haben, und es muss zu denken geben, dass notwendige Veränderungen im deutschen Bankensystem häufig nur durch Druck aus Brüssel möglich sind. Das ist ein Standortnachteil für den deutschen Bankenmarkt, aber es belastet auch das Zusammenwachsen des europäischen Binnenmarktes, der doch erklärtes Ziel der deutschen wie der europäischen Politik ist.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft muss dazu beitragen, dass Europa wieder in Schwung kommt. Das Schwungrad ist vor allem Deutschland selbst. Es ist doppelt gefordert - als Wirtschaftsmotor und politischer Impulsgeber. Die verbindende Leitlinie der Europapolitik in Berlin und Brüssel dabei muss sein, Europa wieder als Chance zu begreifen: als Chance für die Finanzbranche und für Deutschland insgesamt.

Christopher Pleister

"Die Sicherungseinrichtung hat einen teilweise deckungsgleichen Auftrag wie er für die BaFin formuliert ist"

Nur wenige Wirtschaftsbereiche sind einem so starken regulatorischen Veränderungsdruck ausgesetzt wie die Finanzdienstleistungsindustrie. Kaum sind die Änderungen zum Kreditwesengesetz (KWG) in Kraft, mit dem die geänderte Bankenrichtlinie und die neu gefasste Kapitaladäquanzrichtlinie umgesetzt werden, müssen sich die Institute mit dem MiFID-Umsetzungsgesetz auseinandersetzen. Erhebliche Änderungen auf allen Ebenen des Wertpapiergeschäfts sind zu erwarten. Neue Richtlinienvorhaben aus Brüssel und Umsetzungsanforderungen aus Berlin sind abzusehen. Sicher ist dabei nur, dass alles komplizierter und vieles teurer wird. Dies gilt für Verbraucher und Kreditinstitute.

Das Entstandene kritisch hinterfragen

Es fehlen dagegen häufig die Zeit und der Mut, das Entstandene kritisch zu hinterfragen. Dabei könnte das Erreichte insbesondere im Bankenaufsichtsrecht durchaus Anlass bieten, von lieb gewonnenen Traditionen Abschied zu nehmen und auch einmal über Erleichterungen für Kreditinstitute nachzudenken - im Sinne der Maxime "Was ist wirklich wichtig". Vor lauter Detailregelungen wird Sinn und Zweck von Aufsicht und mit ihr verbundenen Regulierungsanforderungen kaum hinterfragt. So soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihrem Generalauftrag entsprechend vor allem Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenwirken und sicherstellen, dass die den Instituten anvertrauten Vermögenswerte nicht gefährdet werden.

Gleichgerichtete Präventionsaufgaben

Bedarf es dazu wirklich eines derart umfangreichen und seit Jahrzehnten ständig wachsenden Aufsichtsreglements? Wird nicht zur Kenntnis genommen, dass sich die Welt der Beaufsichtigten verändert hat und die Ziele der Aufsicht mit weniger Aufwand für alle Beteiligten realisiert werden können? Was ist in den letzten Jahren geschehen, dass man heute eine andere Sicht auf die Prüfungsdichte von Institutsgruppen in Deutschland legen kann?

Eine wesentliche Änderung hat sich mit der Einlagensicherungsrichtlinie ergeben. Seitdem unterliegt die beim BVR bestehende Sicherungseinrichtung der Aufsicht durch die BaFin und ist gleichzeitig auf europäischer wie nationaler Ebene als institutssicherndes System gesetzlich anerkannt.

Zweck der BVR-Sicherungseinrichtung ist die Abwendung oder die Behebung drohender oder bestehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten bei den angeschlossenen Mitgliedsinstituten sowie die Sicherung des Vertrauens der Bankkunden sowie der Geld- und Kapitalmärkte in die genossenschaftlichen Kreditinstitute. Insoweit hat die Sicherungseinrichtung einen teilweise deckungsgleichen Auftrag wie er für die BaFin formuliert ist. Beide Einrichtungen verfolgen damit in ihrer Wirkungsweise gleichgerichtete Präventionsaufgaben.

Damit die Sicherungseinrichtung diese Aufgaben erfüllen kann, muss sie über geeignete Strukturen und Instrumente verfügen. Als wesentliche Meilensteine für die Erlangung dieser Voraussetzungen haben daher Mitgliederversammlungen des BVR Ende 2002 beziehungsweise Anfang 2003 zum einen die Zusammenfassung der bisher regional gesteuerten Sicherungseinrichtung der genossenschaftlichen Bankengruppe zu einer zentralen Sicherungseinrichtung beim BVR sowie zum anderen die Einführung eines Systems zur Früherkennung und Behebung von Fehlentwicklungen bei genossenschaftlichen Banken (Klassifizierungsverfahren) mit daran geknüpfter bonitätsorientierter Beitragserhebung zum Garantiefonds der BVR-Sicherungseinrichtung beschlossen.

Weniger Sanierungsfälle

Seitdem ist das institutssichernde System des genossenschaftlichen Finanzverbundes einheitlich und zentral in der Sicherungseinrichtung des BVR geführt. Von hier aus können nun nach bundesweit identischen Regeln und Maßstäben einerseits Sanierungen von in Schieflage geratenen Mitgliedsbanken betreut werden und andererseits im Rahmen des Präventionsmanagements diejenigen Banken ganzheitlich betreut werden, die primär auf Basis der Erkenntnisse aus dem Klassifizierungsverfahren, aber auch aufgrund anderer Informationen auffällig geworden sind.

Die so nun seit Mitte 2003 neu aufgestellte Sicherungseinrichtung des BVR kann dabei nachhaltige Erfolge in beiden Tätigkeitsschwerpunkten vorweisen:

- Erfreulicherweise ist es in den vergangenen Jahren zu einer signifikanten Entspannung bei der Behebung bestehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten gekommen. Sowohl Anzahl als auch Volumen der Sanierungsmaßnahmen sind signifikant zurückgegangen, was sich zuletzt in einer deutlichen Senkung des Garantiefondsbeitrages 2007 niedergeschlagen hat.

- Die präventive Abwendung potenzieller Stützungsnotwendigkeiten gewinnt im Verhältnis zur Sanierung zunehmend an Bedeutung für den Genossenschaftlichen Finanzverbund; mehr und mehr verlagern sich dabei die Arbeitsschwerpunkte der Sicherungseinrichtung in diese Richtung. Auch hier ist zu konstatieren, dass einerseits die sich im Präventionsmanagement befindenden Institute auf der Zeitachse eine vergleichbar positive Entwicklung ihrer Klassifizierungsergebnisse vorweisen können und daher mehr als die Hälfte bereits wieder entlassen werden konnte sowie andererseits nur sehr wenige Institute aus der Prävention noch in die Sanierung gerutscht sind.

Gleichstellung von Finanzverbünden mit Finanzkonzernen

Es zeigt sich, dass die Sicherungseinrichtung des BVR in der Lage ist, diese ihr zugewiesenen Präventionsaufgaben nachhaltig zu erfüllen und damit die Sicherung sowohl des Vertrauens der Finanzmärkte als auch der Kunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken zu leisten.

Diese Erfolge der Sicherungseinrichtung werden von verschiedenen Seiten anerkannt. So belegen zunächst die sich in entsprechenden Bewertungen ausdrückenden positiven Urteile externer Ratingagenturen mit jeweils A+ bei Fitch und Standard & Poor´s, dass der Markt die Leistungsfähigkeit der Sicherungseinrichtung des BVR ausdrücklich anerkennt und dementsprechend die Bonität aller Mitglieder des von der Sicherungseinrichtung umfassten genossenschaftlichen Finanzverbundes als exzellent ansieht.

Aber auch der Gesetzgeber honoriert die Funktionalität der Sicherungseinrichtung für alle ihre Mitglieder. Nachdem der von der Sicherungseinrichtung umfasste Finanzverbund bisher schon eine bankaufsichtliche Anerkennung in Form der Privilegierung bestimmter verbundinterner Liquiditätshaltungsstrukturen erfahren hat, sind sowohl der europäische Richtliniengeber als auch diesem folgend der deutsche Gesetzgeber jüngst einen entscheidenden Schritt weitergegangen. Erstmals stellt der deutsche Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2007 Finanzverbünde mit Finanzkonzernen im Bereich von Privilegierungen bei der Eigenkapitalunterlegung von Krediten gleich, sofern der gesetzliche Anforderungskatalog erfüllt wird. Entscheidendes Instrument hierfür ist die Sicherungseinrichtung des BVR, die die Wahrnehmung des Finanzverbundes als Risikoeinheit rechtfertigt.

Wahrnehmung als Risikoeinheit

Es zeigt sich, dass - vermittelt über die Sicherungseinrichtung des BVR - sowohl der Markt als auch der Gesetzgeber den Finanzverbund zunehmend als Risikoeinheit wahrnehmen. Dies muss zu der Frage hieraus sich ergebener Konsequenzen für den zukünftigen bankaufsichtlichen Umgang mit dem Finanzverbund führen. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung des auch von der BaFin verfolgten Ziels der Entbürokratisierung und Verschlankung von Prozessen wird man etwa die Frage beantworten müssen, warum jedes Mitgliedsinstitut des genossenschaftlichen Finanzverbundes einmal jährlich ein Aufsichtsgespräch führen muss, obwohl die verbundinternen Mechanismen von Aufsicht und Kontrolle mittlerweile nachhaltig gestärkt sind.

Gleiches gilt für nicht anlassbezogene Sonderprüfungen gemäß § 44 KWG. Es bedarf eingehender Begründung, welchen systemisch relevanten Erkenntnisgewinn sich die Bankenaufsicht von diesen Gesprächen erwartet. Hier scheinen durchaus Entlastungspotenziale für die betroffenen Institute zu schlummern, deren Nutzbarmachung in 2007 einer intensiveren Begutachtung zugeführt werden sollte. Dabei dürfte es auch interessant sein, die beginnenden Diskussionen in den USA zu verfolgen, die ebenfalls eine Entlastung gerade kleinerer und mittlerer Institute zum übermäßigen bürokratischen Aufsichtsaufwand zum Ziel haben. Die Zeit scheint insgesamt reif, in stärkerem Maße als bisher vorhandene Selbstregulierungsmechanismen bankaufsichtlich anzuerkennen und ihnen im Zusammenspiel mit staatlichen Regelungsansätzen einen höheren Stellenwert einzuräumen.

Bernhard Schareck (GDV)

"Europäische Gesetzesvorhaben auf ihre sozialen Auswirkungen hin zu überprüfen, könnte erhebliche Bürokratie bedeuten."

"Europa gelingt gemeinsam" ist die Überschrift, die das Bundeskabinett dem umfangreichen und ambitionierten Arbeitsprogramm für die am 1. Januar 2007 beginnende deutsche EU-Ratspräsidentschaft gegeben hat.

50 Jahre nach den Römischen Verträgen setzt die Bundesregierung ihren politischen Ehrgeiz daran, die Europäische Union effektvoll an die veränderten Bedingungen auf unserem Kontinent und in der Welt anzupassen. In der Tat wirft die fortschreitende Globalisierung viele und immer wieder neue Fragen nach der Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells auf. Nur gemeinsam - so die Kernbotschaft im deutschen Präsidentschaftsprolog - sei Europa stark genug, um im internationalen Umfeld zu bestehen.

In der Tat, auf zahlreichen Feldern wie dem globalen Handel, Umweltschutz, der inneren und äußeren Sicherheit können die Mitgliedstaaten weithin ihre Interessen einzeln nicht ausreichend wirksam vertreten. Europa muss daher zeigen, dass es auch in einer globalisierten Welt Politik nach seinen Wertvorstellungen, Zielen und Erfahrungen gestalten kann.

Gemeinsam

Dazu gehört in der EU traditionell auch der Bereich der Finanzdienstleistungen, der für die Sicherheit, Mobilität und Prosperität von 300 Millionen Bürgern und Millionen Betrieben in Europa von zentraler Bedeutung ist. Den Stellenwert der Integration des Finanzmarktes hat deshalb auch der Deutsche Bundestag in einer gemeinsamen Entschließung noch einmal aktuell betont. Darin heißt es: "Die Vorteile eines geeinten Europa müssen für die Bürgerinnen und Bürger spürbarer werden.

Das Ziel eines Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen ist hier ein unverzichtbarer Baustein: Er eröffnet Lösungswege für die Vermögensbildung in der Gesellschaft, für eine tragfähige Altersvorsorge und für eine effiziente Finanzierung von Wachstum und Beschäftigung."

Und in der gleichen Resolution, die somit zum Credo für die deutsche EU-Präsidentschaft geworden ist, wird die Bedeutung der Finanzmarktintegration für die Wirtschaft so festgehalten: "Die Finanzmärkte spielen für das Funktionieren der modernen Volkswirtschaften eine herausragende Rolle. Die Vollendung des europäischen Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen stellt eine wichtige Wegmarke im wirtschaftlichen Reformprozess von Lissabon dar und ist für die globale Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union von grundlegender Bedeutung. Der integrierte Finanzmarkt ist Grundlage für effiziente Finanzdienstleistungen für den Verbraucher und eine gute sowie kostengünstige Kapitalversorgung der Wirtschaft."

Von der pragmatischen Richtung zur konkreten Umsetzung

Die programmatische Richtung ist damit vorgegeben. Was steht nun an konkreten Umsetzungsvorhaben zu diesem Thema im Arbeitsprogramm der deutschen Präsidentschaft? Diese Vorhaben sind ja mitentscheidend für die Mühlen der Brüsseler Richtlinien-Bürokratie.

In dem offiziellen Arbeitsprogramm wird hierzu wenig gesagt. Expressis verbis wird eher am Rande als konkretes Projekt lediglich die "Umsetzung des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen unter anderem durch weitere Konvergenz im Aufsichtshandeln" angesprochen.

Bundesfinanzminister Steinbrück hat am 7. Dezember in Frankfurt allerdings bekundet, wichtige Elemente des Positionspapiers der Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) "zu den Schwerpunkten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007" einzubringen und unter der deutschen Ägide zu forcieren. Die Hauptpunkte des Positionspapiers:

- Die Konvergenz im Aufsichtshandeln soll gefördert werden, um eine effizientere Zusammenarbeit mit den rund 70 Aufsichtsbehörden innerhalb der EU zu erreichen und damit wesentlich zum Abbau von Barrieren im grenzüberschreitenden Wettbewerb beizutragen.

- Bei dem Projekt Solvency II, dessen Zielsetzung eines dynamischen, risikobasierten Ansatzes bei der Aufsicht bejaht wird, wird nachdrücklich vor überhöhten Eigenmittelanforderungen gewarnt - "Nur so viele Eigenmittel sollen vorzuhalten sein, wie risikotheoretisch notwendig sind. " Auch soll die Umsetzung von Solvency II "kleine Versicherungsunternehmen nicht überfordern" und "keine unreflektierte Übernahme der Basel II-Regelungen stattfinden".

- Eine Insolvenzsicherungsrichtlinie für die Versicherungswirtschaft wird ebenso abgelehnt wie die Einrichtung eines Insolvenzsicherungsfonds für die Schadenversicherung.

- Weiterhin spricht sich das IFD-Positionspapier für die zügige Schaffung eines einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums (Sepa) aus - samt "Bereitstellung entsprechender europäischer Zahlungsverkehrsprodukte ab dem Jahr 2008".

Europäische Gesetzesvorhaben und ihre sozialen Auswirkungen

Soweit die sowohl die Versicherungswirtschaft berührenden wie die von der Versicherungswirtschaft postulierten Hauptbotschaften an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft: In der bereits offiziell verkündeten Agenda der Bundesregierung finden sich darüber hinaus nicht wenige andere Regulierungsprojekte, die mehr oder weniger direkt in diese Branche und die ihr angehörenden Unternehmen hineinwirken.

So will die Bundesregierung die Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage in der Unternehmensbesteuerung voranbringen, damit die Kommission wie angekündigt ihren Legislativvorschlag 2008 vorlegen kann. Dieser Plan ist zu befürworten und zu unterstützen, denn er dient der Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen der europäischen Wirtschaft. Erhebliche Bürokratie könnte sich allerdings hinter der Ankündigung verbergen, europäische Gesetzesvorhaben künftig auf ihre sozialen Auswirkungen hin zu überprüfen. Hier will die deutsche Präsidentschaft sogar "einen besonderen Akzent setzen". Es ist zu befürchten, dass letztlich die Unternehmen in den betroffenen Sektoren die Daten erheben und zur Verfügung stellen müssen, die eine Beurteilung über die seismographischen Folgewirkungen jeder gesetzlichen Maßnahme ermöglichen sollen.

Hoffnungsvoll stimmt in diesem Zusammenhang, dass durch "bessere Rechtssetzung" der Abbau der Bürokratiekosten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen europäischer Unternehmen planmäßig vorangetrieben werden soll. Die Bundesregierung spricht sogar von einer "politisch prioritären Aufgabe" und will "auf EU-Ebene ein einheitliches Verfahren zur Messung von Bürokratiekosten" begründen. Hoffentlich macht dieses Vorhaben zunächst nicht erst wieder ein Mehr an Bürokratie notwendig!

Für die deutsche Versicherungswirtschaft erfreulich ist die Berücksichtigung gewachsener nationaler Verhältnisse bei der angestrebten Übertragbarkeit von Betriebsrenten, mit der die Arbeitnehmermobilität gefördert werden soll. Das größte Regierungspotenzial dürfte wohl unter der Überschrift "Aktive Verbraucherpolitik" zu orten sein. "Die europäischen Bürger und Bürgerinnen haben Anspruch auf ein Höchstmaß an Sicherheit, Transparenz und Wahlfreiheit", heißt es in dem Arbeitsprogramm der Bundesregierung, die sich ausdrücklich für eine Umsetzung der verbraucherpolitischen EU-Strategie und ihres Aktionsprogramms 2007 bis 2013 stark macht.

Bemerkenswerterweise wird auf diesem Tummelplatz tatsächlichen oder vermeintlichen Verbraucherschutzes die "Abwicklung von Bank- und Versicherungsgeschäften" exklusiv erwähnt. Hier werden beide Branchen in nicht endende Aufklärungskämpfe verstrickt werden, wo überzogener Verbraucherschutz die geforderte Wahlfreiheit des Konsumenten ebenso einschränkt wie die ebenso propagierte Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen.

Neben diesem schier unbesiegbaren Megatrend des Regulierungsehrgeizes scheint der Versicherungswirtschaft seitens Brüssels in 2007 eher eine Atempause gegönnt. Die Umsetzung von Solvency II ist eine große Herausforderung, die nach ihrer Bewältigung die deutsche Versicherungswirtschaft stärken wird. Dafür stehen nach den ersten "Pilotläufen" die Zeichen gut. Freilich zeichnet sich ab, dass ein erheblicher Konsolidierungsprozess ausgelöst werden könnte.

Tragfähige Lösung bei der Gesundheitsreform?

Mehr als Brüssel dürften uns denn auch im kommenden Jahr jene rechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigen, die in Berlin gestaltet werden. So werden alle Anstrengungen darauf gerichtet sein müssen, das, was als Regierungsentwurf zur Gesundheitsreform auf den parlamentarischen Weg geschickt wurde, "unterwegs" noch zu einer tragfähigen Lösung hinzubiegen. Immerhin wies der SPD-Fraktionsvorsitzende Struck auf der GDV-Jahrestagung im November auf das nach ihm benannte Prinzip hin, dass "noch kein Gesetz aus dem Bundestag so herausgekommen ist, wie es hineinging".

Zu deutlich teilt sich mit, dass unter dem Kompromisszwang der großen Koalition die Ziele generationentauglicher Nachhaltigkeit, höherer Effizienz und Wirtschaftlichkeit, insbesondere aber auch größerer Wahlfreiheit der Bürger, so nicht erreicht werden. So soll ausgerechnet die Kalkulationsbasis der Privaten Krankenversicherung umgepflügt werden, was die Entwicklung der einzigen Versicherungsform gefährdet, die mit der Bildung von Kapitalreserven heute die Qualität gesundheitlicher Versorgung auch morgen sichert.

Auch der Gesetzesentwurf zur VVG-Novellierung liegt vor. Die Versicherungswirtschaft hat sich von Anfang an zu einer Modernisierung der Vertragsbeziehungen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsunternehmen und damit auch und ganz ausdrücklich zur Reform des Versicherungsvertragsrechts bekannt. Viele Teile des neuen Gesetzes sind auch unstrittig.

VVG-Novellierung: ein gelungenes Reformprojekt

Meinungsverschiedenheiten bestehen vor allem in Fragen, wie unproduktiver bürokratischer Überaufwand vermeidbar ist und wie ein fairer Interessenausgleich nicht nur zwischen Versicherten und Versicherungsunternehmen zu gewährleisten ist, sondern auch zwischen den Belangen der Versichertengemeinschaft und den Interessen einzelner Versicherungsnehmer. Das ist eine Sache kenntnisreicher und sorgsamer Abwägung. Insgesamt ist der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzesentwurf trotz immer noch vorhandener differierender Einschätzungen in einzelnen, allerdings sehr marktnahen Punkten alles in allem ein gelungenes Reformprojekt.

Eigentlich kein Teil der VVG-Reform, dennoch in Teilen dort geregelt, ist die Umsetzung der EU-Vermittler-Richtlinie, die endlich im Herbst vom Bundestag verabschiedet wurde. Diese Reform wird zu einer Modernisierung der Beziehungen der Versicherungswirtschaft und ihrer Vermittler zu ihren Kunden beitragen. Die neuen Beratungs- und Dokumentationspflichten haben ihren Praxistest bereits hinter sich und werden sowohl von Vermittlern als auch Kunden sehr positiv auf- und wahrgenommen. Und auf den Kunden kommt es ja letztlich an.

Die Zwischenüberschriften bei den Stellungnahmen der Präsidenten sind teilweise von der Redaktion eingefügt worden.

Dr. Christopher Pleister , Vorsitzender, Appeal Panel, Single Resolution Board, Brüssel
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