Risikosteuerung

Das DCF-Verfahren eröffnet Chancen für das Risikomanagement

Immobilienwerte nach dem DCF-Verfahren zu ermitteln hat seinen Preis. Marktfaktoren, Chancen und Risiken gründlich, umfassend und objektspezifisch bis herunter auf die Ebene der einzelnen Mieteinheit zu kalkulieren, kostet viel Zeit und Arbeit. Das macht die Methode aufwendiger als andere, ebenfalls sachgerechte Wertermittlungsverfahren. Doch der Aufwand kann sich lohnen. Denn die Ergebnisse der von der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (Gif) standardisierten DCF-Berechnung lassen sich für viele andere Aufgaben nutzen - auch und gerade für ein effizientes Risikomanagement.

Risikomanagement bei Immobilien

Risikomanagement ist in der Immobilienbranche noch immer eine unterentwickelte, eher unwillig absolvierte denn gezielt eingesetzte Disziplin - besonders wenn man es mit den Gepflogenheiten im Banken- und Versicherungssektor vergleicht. Oft genug steht der reflexhafte Wunsch im Vordergrund, möglichst alle Risiken zu eliminieren. Dabei wird verkannt, dass Risiken ein Grundelement unternehmerischen Handelns sind: Nur wer bewusst und mit Bedacht Risiken eingeht, schafft auch die Möglichkeit, Gewinne zu erwirtschaften.

Die eigentliche Gretchenfrage lautet: Wann treten welche Risiken auf und wie wirken sie sich aus? Risikomanagement ist ein dynamischer Prozess, in dessen Verlauf diese Frage laufend neu gestellt und beantwortet werden muss, um die Auswirkungen zu kontrollieren, die Entwicklung zu steuern und die Erträge zu optimieren.

Nach wie vor aber werden bei Immobilien vielerorts die Risiken eher aus dem Bauch heraus abgeschätzt, als sie auf der Basis gesicherter Erkenntnisse über Zeitpunkt und Höhe der mit einem Risiko verbundenen Ertragsausfälle und Kosten einzustufen. Genau hier hilft das Gifstandardisierte DCF-Verfahren weiter. Es erlaubt, Risiken konsequent und zu den tatsächlichen Erwartungszeitpunkten zu quantifizieren, und liefert damit präzise Antworten auf die zentralen Fragen.

Das wird möglich, weil die Entwickler des standardisierten DCF-Verfahrens innerhalb der Gif von Anfang an großen Wert darauf legten, die Wertermittlung so transparent wie möglich zu machen. Neben einer aufwendigen Mietsimulation und Entwicklungsprognosen zu den Bewirtschaftungskosten fließen auch wesentliche Ertrags- und Kostenrisiken in das Verfahren ein. In erster Linie handelt es sich dabei um Risiken, die mit Mieterwechseln und Leerständen verbunden sind.

Beide Risiken treten regelmäßig auf und können erhebliche Einnahmeausfälle und Kosten verursachen. Im DCF-Verfahren werden diese Risiken auf der Basis der einzelnen Mieteinheit beziehungsweise des einzelnen Mietvertrags berücksichtigt. Das bedingt einerseits den Aufwand, den das Verfahren mit sich bringt, andererseits aber auch die Qualität der Einsichten, die sich gewinnen lassen. Das DCF-Verfahren liefert umfangreiches, hoch aggregiertes Datenmaterial, mit dem professionelles Risikomanagement zielgerichtet arbeiten kann.

Handlungsbedarf rechtzeitig erkennen

Das Auslaufen bestehender Mietverträge ist das größte Risiko einer Immobilie. Solange die Mietfläche vertraglich gebunden ist, besteht für den Eigentümer einzig ein kalkulierbares Ausfallrisiko durch eine eventuelle Insolvenz des Mieters. Änderungen der Marktmiete können dem Eigentümer zu dieser Zeit relativ gleichgültig sein. Erst mit dem Ende des Mietvertrages gewinnen diese und andere Rahmenbedingungen der Vermietung wieder an Relevanz. Um die Einnahmen (Mieten zuzüglich Verwaltungskostenumlage und Sondereinnahmen) möglichst präzise zu simulieren, wird im DCF-Verfahren für jeden Mietvertrag das Vertragsende festgehalten.

Aus der Kenntnis dieser Daten und ihrer Zusammenführung auf Objekt- oder Portfolioebene ergeben sich zentrale Informationen für das Risikomanagement: Auslaufende Mietverträge können periodisch mit ihren jeweiligen Flächen- und Ertragsanteilen dargestellt werden. So wird klar, wo Klumpenrisiken liegen - etwa wenn mehrere Verträge zeitgleich auslaufen. Je früher solche Klumpen erkannt werden, desto eher kann man durch differenzierte Laufzeiten bei der Neuvermietung oder die Anpassung bestehender Verträge gegensteuern und das Risiko verringern.

Konzentration auf das Wesentliche

Des Weiteren erlaubt der Datenfundus des DCF-Verfahrens eine Selektion der Mieter mit hohem Ertragsanteil. So kann der Eigentümer auf die wirtschaftlich wesentlichen Mieterwechsel fokussieren. Auf Portfolioebene lassen sich damit Schlüsselmieter identifizieren, die in mehreren Objekten als Mieter vertreten sind. Eine wertvolle Erkenntnis, denn gerade die Abhängigkeit von diesen Schlüsselmietern beschränkt die Verhandlungsposition des Vermieters.

Das Ende des Mietvertrages birgt noch ein weiteres Risiko: Die Mietfläche kann über längere Zeit unvermietet bleiben - und leer stehen. In konjunkturell schwierigen Zeiten können Monate vergehen, in denen der Eigentümer auf Einnahmen verzichten und dazu noch die Betriebskosten selbst übernehmen muss. Ist endlich ein Mieter gefunden, müssen unter Umständen umfangreiche Schönheitsreparaturen nach dessen Wünschen durchgeführt werden, die ebenfalls erhebliche Ausgaben verursachen. Um diese Risiken verlässlich quantifizieren zu können, ist es unabdingbar, die konjunkturelle Situation bei Vertragsende mit direkten Bezug zum einzelnen Objekt einzuschätzen. Nur so lassen sich Aussagen zur Dauer des möglichen Leerstands machen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem strukturellen Leerstand, der zu dauerhaften Einnahmeausfällen führt und nur durch eine Revitalisierung behoben werden kann.

Aus den Daten der DCF-Berechnungen lassen sich damit hervorragend Aussagen zur Mieter- und Vertragsstruktur sowie zu Mieterwechsel- und Leerstandsrisiken ableiten. Diese Angaben sind sowohl für das Einzelobjekt als auch für das Gesamtportfolio möglich und versetzen das Risikomanagement in die Lage, die Entwicklung der Ertrags- und Kostenrisiken frühzeitig zu steuern.

Die Quantifizierung der Risiken

Das Wissen um die Existenz von Risiken ist nur der erste Schritt, konkrete Darlegungen zu den möglichen monetären Folgen der zweite. Erst die Quantifizierung der identifizierten und analysierten Risiken liefert eine solide Basis für die individuelle Risikosteuerung. Diese Bewertung muss einerseits die objekt- und marktspezifischen Gegebenheiten zum Zeitpunkt des erwarteten Risikoeintritts und zugleich die Risikopolitik des Unternehmens berücksichtigen.

Beim Gif-standardisierten DCF-Verfahren werden die Risiken aus Mieterwechsel und Leerstand periodengenau quantifiziert. In diese Wertung fließen bestehende Mietverträge genauso ein, wie erwartete Neuvermietungen, die mit Standardmietverträgen angesetzt werden.

So entsteht ein anschauliches Gefüge von Risiken, in dem die Mietausfälle und Kosten auf exakte Zeitpunkte bezogen werden. Die Risiken, die aus der Vermietung resultieren, werden dadurch in ihrer Dauer und Höhe exzellent abgebildet.

Die dabei genutzten Ansätze und die Auswirkungen der Leerstände wurden bereits in Immobilien & Finanzierung Heft 6/2006 unter der Überschrift "Wer Leerstandskosten quantifiziert, senkt das Kreditausfallrisiko" dargestellt.

Neue Studie zu Mieterwechselkosten

Für die sachgerechte Quantifizierung von Mieterwechseln und ihren finanziellen Folgen fehlten bis dato verlässliche Kennwerte. Eine Studienarbeit an der TU Braunschweig hat dazu nun erste Zahlen geliefert.

Betreut von Hermann Altmeppen analysierten zwei Studenten die Mieterwechselkosten von Büro- und Wohnimmobilien. Sie befragten bundesweit Immobilienexperten und -eigentümer und kamen so zu Ergebnissen, mit denen sich erstmals die Kostenrisiken von Mieterwechseln explizit bewerten lassen.

Das Gif-standardisierte DCF-Verfahren kann also weit mehr als nur Marktwerte ermitteln: Es benennt und quantifiziert die Risiken. Einnahmeausfälle wie Kosten werden im DCF-Verfahren periodengenau ausgewiesen und können - wie eine Vielzahl anderer Daten, die im Rahmen des Verfahrens erhoben werden auf die einzelne Mieteinheit heruntergebrochen werden.

Durch diese Detaillierung der Information bis zur kleinsten Einheit einer Immobilie, aber auch durch die gleichzeitige hohe Aggregation dieser Daten schafft das einen Wissensvorsprung, der ein effektives, dauerhaftes Risikomanagement möglich macht.

Mit diesen Informationen kann das Risikomanagement beizeiten Änderungen im Cash-Flow erkennen, geeignete Maßnahmen einleiten und so deutliche Ertragspotenziale heben. Nicht der geringste Vorteil: Auch gegenüber Dritten lassen sich auf dieser Basis klare Aussagen zur Liquidität und Ertragskraft der Immobilie treffen. Gerade im Bezug auf die Finanzierungsverpflichtungen und gegenüber den Banken sind dies Informationen von unschätzbarem Wert.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X