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Investitionen im gewerblichen Bestandsbau: Fallstricke umgehen

Einer der großen Trends am deutschen Markt für Gewerbeimmobilien ist das Thema Sanierung und Entwicklung von Bestandsgebäuden. Weil sich Lebenszyklen von Immobilien aus verschiedenen Gründen, etwa durch steigende energetische Anforderungen immer stärker verkürzen, wird die Nachfrage in diesem Bereich weiterhin wachsen. Das gilt auch für die sogenannten Core-Immobilien, die ihren hohen Standard ohne kontinuierliche Investments, beispielsweise in puncto Nachhaltigkeit schneller wieder los sind, als ihnen lieb ist. Auch darf mittlerweile die Drittverwendungsfähigkeit bei keinem investierten Cent mehr außer Acht gelassen werden.

Vor diesem Hintergrund werden sich künftig sehr viel mehr Investoren in sehr viel stärkerem Maße mit Bestandsbaumaßnahmen auseinandersetzen müssen. Bereits heute machen Bauleistungen im Bestand über die Hälfte des gesamten Bauvolumens hierzulande aus. Bei der Abwicklung von Projekten in diesem Bereich spielt es indes eine außerordentlich wichtige Rolle, die Kosten-, Qualitäts- und Terminsicherheit sicherzustellen. Denn wackelt eine dieser Säulen, steht durch die Festschreibung von Mietbeginn und Mietzins der Erfolg des gesamten Projekts auf der Kippe. Viele Investoren haben hier bereits schmerzhafte Erfahrungen machen müssen und Studien zeigen, dass nachträgliche Preissteigerungen für Baumaßnahmen in Deutschland im Schnitt bei zehn Prozent liegen.

Gerade die Umstände im gewerblichen Bestandsbau bedürfen Strukturen und Organisationsformen, in denen Investoren auf Grundlage verbindlicher Aussagen zu Bau- und Baunebenkosten, Abläufen und Qualitäten kalkulieren können. Nur ist das mit den herkömmlichen Planungsphasen und den erst späten verbindlichen Angeboten der ausführenden Unternehmen in der Praxis selten darstellbar.

Unterschiedliche Interessenlagen ...

Die Ursachen für die Mehrkosten, die Investoren unbedingt vermeiden wollen, liegen im Spannungsfeld der unterschiedlichen Interessenlagen der Projektbeteiligten. Spätestens in der Konzeptionsphase sind Investoren beziehungsweise Bauherren angehalten, ein marktfähiges Produkt für ihre Zielgruppe, den potenziellen Nutzer beziehungsweise Mieter, für die jeweilige Büro-, Einzelhandels-, Logistik-, Lager- oder Produktionsfläche zu entwickeln und zu kalkulieren.

Hierfür braucht es eine Abstimmung der Bedürfnisse des Nutzers in Bezug auf die gegebenen örtlichen Rahmenbedingungen, die von Seiten der Planungsexperten gefasst werden müssen. An diesem Punkt kommen bereits drei Interessen zusammen und müssen in Einklang gebracht werden.

Zusätzlich werden in der Planungsphase aufgrund einer mangelnden Vernetzung der planenden und der ausführenden Firmen Fehleinschätzungen bezüglich der ausführungsrelevanten Planungen und Abläufe getroffen. Oftmals ist es eine Gemengelage diametraler Interessen, die ergebnisorientierte Lösungen verhindert. Das Resultat ist eine unvollständige beziehungsweise nicht abschließende Bau-Soll-Definition mit entsprechend falsch kalkulierten Kosten und Terminen.

... gefährden den Erfolg

Im weiteren Projektverlauf verhärten sich die Interessenlagen zunehmend. Sie sind in der Hauptsache auf die vorhandenen Wettbewerbsstrukturen zurückzuführen. Da Ausschreibungen oft einem engen Zeitplan unterliegen, sind die bereitgestellten Unterlagen mitunter unvollständig oder fehlerhaft. Dazu kommt, dass die ausführenden Unternehmen sich gegenseitig unterbieten, bis zu der Grenze, an der das Bauprojekt für sie unwirtschaftlich wird. Die Erwartungen setzt man dabei in fehlerhafte Planungen, Ausschreibungen und gestörte Bauabläufe, um über das Nachtragsmanagement die Kosten ausgleichen zu können.

Gleichzeitig versucht der Auftraggeber, obwohl ihm die Unterfinanzierung des Projekts durchaus bewusst ist, den ursprünglichen Preis beizubehalten. Dieser Gegensatz der Interessenlagen wird durch herkömmliche Verträge verstärkt. Modelle wie der Einheitspreisvertrag, Pauschalvertrag oder Stundenlohnvergütungen legen oft den Grundstein für Konflikte zwischen allen Projektbeteiligten, da diese häufig weder realistische Planvorgaben noch eine solide Kostenerstellung enthalten. Wie bereits beschrieben, liegt den Verträgen in zahlreichen Fällen bereits eine Fehleinschätzung der vorhandenen Rahmenbedingungen zugrunde, die auf unzureichenden Informationen der Grundlagenermittlung und Planung beruht. Die Folgen kommen in der Regel jedoch erst in der Ausführungsphase ans Tageslicht und sind nur mit höheren Kosten korrigierbar.

Festzuhalten ist, dass man durch herkömmliche Vertragsarten zahlreiche Interessenkonflikte festschreibt. Das große Problem: Durch die bestehenden Regelungen geht der Anreiz für die Projektbeteiligten am selben Strang zu ziehen bereits im Vorfeld verloren. Profitiert der ausführende Unternehmer von einer Kostensteigerung des Bauvorhabens, hat der Investor dadurch zwangsläufig einen Nachteil.

Ganzheitliches Partnerschaftsmodell

Ein speziell für Investoren entwickeltes, ganzheitliches Partnerschaftsmodell setzt hier an, um Kosten- und Planungssicherheit zu gewährleisten. Es leitet sich aus der Summe herkömmlicher Verfahren ab und führt Selbstkostenerstattungsverträge, GMP-Vereinbarungen und Partnering-Modelle sowie eine Modifikation des aus Australien stammenden Alliance Contracting zusammen.

Grundsätzlich gilt dabei, dass alle Projektbeteiligten im Gegensatz zur herkömmlichen Trennung von Planung und Ausführung bereits in der Vorplanungsphase - während der Projektkonzeption - eng zusammenarbeiten. So werden in der "Phase Null" die Vorstellungen des Bauherren und Bedürfnisse des Nutzers mit den vorhandenen baulichen, technischen und administrativen Rahmenbedingungen in Einklang gebracht. Dafür müssen alle Planungs- und Ausführungskompetenzen zusammengezogen, eine funktionale Bau-Soll-Definition, eine Vorplanung, ein Bauablaufplan mit Meilensteinen und eine Kalkulation erstellt werden. Alle Beteiligten gewinnen dadurch ein gemeinsames Verständnis von dem Projekt. Diese Elemente sind wiederum Anhang des Totalübernehmer-Vertrages (TÜ-Vertrag) mit einem entsprechenden Garantierten Maximalpreis-Angebot (GMP-Angebot) für den Auftraggeber.

Auf dieser Grundlage kann der Bauherr einen entsprechenden Mietvertrag abschließen und bekommt spätestens dann die Finanzierung für das Projekt freigegeben. Der Bauvertrag zwischen dem Totalübernehmer und dem Auftraggeber wird somit bereits nach der Vorplanung und den damit ermittelten Kosten geschlossen. Sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer haben dadurch zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine belastbare Kostensicherheit in absoluter Höhe gegeben.

In der Planungs- und Ausführungsphase muss die Zusammenarbeit aller Partner in Abstimmung mit dem Auftraggeber fortgesetzt werden. In enger Zusammenarbeit wird nach den Prinzipien von "Design and Build" die Entwurfsplanung fortgesetzt und gegebenenfalls eine Genehmigungsplanung sowie eine Ausführungsplanung angefertigt und vergeben. Hierbei wird jedoch auf die tatsächliche Notwendigkeit und nicht auf gängige Planungsregelwerke geachtet. Ganz nach dem Motto "so wenig wie möglich, jedoch so viel wie nötig".

Totalübernehmer als Bindeglied

Der Totalübernehmer ist das Bindeglied zwischen Auftraggeber und Projektteam (Allianz) und übernimmt in seiner vertraglichen Beziehung mit dem Bauherren (TÜ-Vertrag mit GMP-Vereinbarung) die Planungs- und Ausführungshoheit sowie alle Risiken. Als Teil der Allianz (zum Beispiel einer BGB-Innengesellschaft) arbeitet er ebenfalls im partnerschaftlichen Verbund mit allen planenden und ausführenden Akteuren. Infolgedessen kann der Totalübernehmer dem Investor die Planungs- und Baukosten vertraglich zusichern und so die Wirtschaftlichkeit eines Projekts gewährleisten.

Dem Modell liegt außerdem ein erfolgsabhängiges Vergütungsmodell zugrunde, das allen Projektbeteiligten einen Anreiz zum gemeinschaftlichen Handeln gibt: Denn indem der Totalübernehmer und alle planenden und ausführenden Unternehmen an der GMP-Vergütung beteiligt werden, entsteht ein gemeinsamer Antrieb zur selbsttragenden Planungsoptimierung. Kurz: Alle Partner buchen auf Selbstkostenbasis gemeinsam gegen das von ihnen erarbeitete Projektbudget. Bei Budgetunterschreitung wird der AN-Anteil (Allianz-Anteil) schließlich an die Partner relativ zur Projektbeteiligung verteilt. Ein Ausgleich innerhalb der einzelnen Kostengruppen ist erlaubt und bietet zusätzlich Sicherheit zum Einhalten des Gesamtbudgets.

Der Ansatz kann die Interessen aller Parteien vereinen und gibt dem Investor im Vorfeld eine verlässliche Kostenkalkulation, die eingehalten werden kann. Denn mit Hilfe des Modells wird ein großer Einfluss auf die Bau-Soll-Definition sowie eine gleichmäßige Verteilung des Risikos auf Auftraggeber und Auftragnehmer sichergestellt. Zudem werden die Risiken innerhalb der Allianz auf mehrere Schultern verteilt und somit das Risiko für den Auftraggeber minimiert. Für den Erfolg des Modells müssen jedoch von allen Beteiligten frühzeitig belastbare Entscheidungen getroffen werden. Damit geht einher, dass man die Interessen von Investor, Nutzer sowie planenden und ausführendem Unternehmer im Vorfeld ermittelt, um sie miteinander zu verbinden. Unter der Prämisse ein optimales Projektergebnis im Sinne aller Beteiligten zu erreichen, müssen notwendigerweise auch Kompromisse geschlossen werden. Bleibt festzuhalten, dass ein solches Partnerschaftsmodell auf Basis eines kooperativen Austausches und einer breiten Abstimmung Planungs- und Kostensicherheit gewährleisten kann.

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