Finanzstabilität

Immobilienmarkt: wachsame Bundesbank

Quelle: Deutsche Bundesbank

Die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten hat im Laufe der vergangenen Jahre einen enormen Stellenwert in den Bilanzen von Banken eingenommen: Laut Bankenstatistik entfielen im dritten Quartal 2016 gut 50 Prozent aller an inländische Unternehmen und Privatpersonen vergebenen Bankkredite auf Wohnungsbaukredite. Hintergrund dieser Entwicklung: Angesichts der Niedrigzinsen und der Volatilität an den Kapitalmärkten steigt die Attraktivität von Sachwerten. Beobachter weisen deshalb seit Jahren auf die Gefahr von Vermögenspreisblasen hin. Vor diesem Hintergrund behält die Deutsche Bundesbank den hiesigen Wohnimmobilienmarkt genau im Blick. Wie ernst sie das Thema nimmt, wurde bereits Jahr 2014 deutlich, als sie im Rahmen ihres Finanzstabilitätsberichts eine detaillierte Analyse des Segments vornahm und damit ein großes öffentliches Echo auslöste.

Die unveränderte Wachsamkeit der Bundesbank gründet sich auf die derzeit noch einmal verstärkte Ausprägung der Faktoren, die erfahrungsgemäß für eine Überhitzung an den Immobilienmärkten verantwortlich sind. So befinden sich die Zinskonditionen für Immobilienfinanzierungen mittlerweile auf einem historisch günstigen Niveau. Auch der Trend steigender Preise auf den Wohnungsmärkten - insbesondere in den Ballungszentren - hat im Jahr 2016 noch einmal an Dynamik gewonnen: Alleine im ersten Halbjahr 2016 betrug der Preisanstieg für Wohneigentum laut Angaben des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken 5,5 Prozent - nach 4,5 Prozent im gesamten Jahr 2015.

Dass die Bundesbank wie in den Vorjahren auch im Finanzstabilitätsbericht 2016 dennoch keine "unmittelbaren Gefahren durch die Entwicklungen am deutschen Wohnimmobilienmarkt" identifiziert, erklärt sich mit Blick auf die weiteren herangezogenen Indikatoren: Die Jahreswachstumsrate der Wohnungsbaukredite lag im September 2016 bei 3,7 Prozent. Mit Verweis auf die Anfang der 1980er Jahre beobachteten durchschnittlichen Jahreswachstumsraten der Immobilienkreditbestände von 4,9 Prozent attestiert die Bundesbank eine "moderate" Entwicklung. Vizepräsidentin Claudia M. Buch hat bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichtes noch einmal ausdrücklich auf das regelmäßig von der Bundesbank veröffentlichte Indikatorenset zum deutschen Wohnimmobilienmarkt hingewiesen, das in die Beobachtung der Risikolage einfließt.

Klare Anzeichen für eine Erosion der Kreditvergabestandards kann die Bundesbank dabei nicht ausmachen. An dieser Stelle tappt sie aufgrund fehlender Tiefe im Meldewesen allerdings auch ein Stück weit im Dunkeln. Während für Preis- und Kreditentwicklungen entsprechende Daten zur Verfügung stehen, sind Veränderungen der Kreditvergabestandards weit schwieriger zu identifizieren. Die Bundesbank kann hier lediglich auf vierteljährliche Umfragen des Eurosystems zur Kreditvergabepolitik der Geschäftsbanken (Bank Lending Survey) zurückgreifen. Um ein Funktionieren der makroprudenziellen Politik auf dem Wohnimmobilienmarkt gewährleisten zu können, empfahl der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) bereits im Juni 2015 eine nachhaltige Verbesserung der Datenbasis. Bei grundsätzlichen Problemen, etwa auf dem Immobilienmarkt oder in anderen Branchen, kann die hiesige Aufsicht seit Anfang dieses Jahres den antizyklischen Kapitalpuffer einsetzen und damit den dort besonders aktiven Instituten einen Eigenkapitalzuschlag verordnen. Die seit längerem diskutierte gesetzliche Umsetzung der vom AFS angeregten Instrumente zur makroprudenziellen Aufsicht über den Immobilienmarkt (Aufsichtsrechtergänzungsgesetz - FinErg Wohn) ist derzeit in der Anhörungsphase des vorliegenden Referentenentwurfs aus dem Finanzministerium (siehe auch Immobilien & Finanzierung 1-2016).

Übrigens: Weiter steigend ist hierzulande der Anteil von Immobilienkrediten mit anfänglicher Zinsbindungsdauer von über zehn Jahren im Neugeschäft. Während die langfristige Sicherung der günstigen Finanzierungsbedingungen aus Sicht der privaten Haushalte sicherlich ein stabilisierender Faktor ist, ist dieser Trend für die kreditvergebenden Banken nicht unproblematisch, übernehmen sie doch für einen immer längeren Zeitraum die Zinsänderungsrisiken. Dass viele Kreditinstitute auch in Zeiten der Niedrigzinsen noch auf die Fristentransformation setzen, um ihre Erträge zu stabilisieren, ist der Bundesbank nicht entgangen: Wenn die Notenbank im Finanzstabilitätsbericht 2016 betont, dass Banken verwundbarer gegenüber Zinsänderungsrisiken geworden sind, darf man sich sicher sein, dass sie diesem Kriterium in anstehenden Aufsichtsgesprächen mit den einzelnen Instituten einen hohen Stellenwert beigemessen wird.

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