Das CSPP der EZB - Konsequenzen des Eingriffs in funktionierende Kapitalmärkte

Abbildung 1: Stoxx Europe 600 Banks Price EUR-Index Quelle: Bloomberg, eigene Berechnung

Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt, Assenagon, und Michael Hünseler, Geschäftsführer, Assenagon Asset Management S.A., München - Das im Frühjahr begonnene Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank für Unternehmensanleihen werten die Autoren als geldpolitisches Neuland. Ihre Befürchtung: Das Programm könnte private Aktivitäten verdrängen und angesichts noch vergleichsweise ungeklärter Wirkungen in Deutschland und Europa eine noch größere Skepsis gegenüber den Wirkungen der Geldpolitik hervorrufen. Der EZB legen sie nahe, jetzt mit einer Zurückhaltung hinsichtlich weiterer geldpolitischer Lockerungen ein Zeichen der Stärke zu setzen und stattdessen die Wirtschafts- und Strukturpolitik aufzufordern, ihrer Rolle gerecht zu werden. (Red.)

Am 10. März dieses Jahres gab die Europäische Zentralbank eines der umfangreichsten geldpolitischen Lockerungsprogramme, die sie je in Kraft gesetzt hatte, bekannt. Das Programm enthielt dabei nicht nur Zinssenkungen bei der Hauptrefinanzierungs- und der Einlagenfazilität. Es brachte auch neue langfristige Liquiditätsprogramme für die Banken. Vor allem sah es aber eine Aufstockung des Wertpapierankaufprogramms von monatlich 60 auf 80 Milliarden Euro vor. Dass nun neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen gekauft werden, sorgt für Kontroversen. Umgesetzt werden die Ankäufe durch sechs nationale Zentralbanken im Auftrag des Eurosystems und von der EZB koordiniert.

Geldpolitisches Neuland

Seit dem 18. Juni sind nun bereits annähernd 20 Milliarden Euro entsprechend der Vorgaben in mehr als 500 auf Euro lautende Anleihen von knapp 200 Nichtbanken in Höhe von weniger als 70 Prozent der Emission entweder am Kapitalmarkt oder direkt bei Begebung geflossen. Für die Qualifizierung einer Anleihe für das Kaufprogramm reicht bereits ein Investment Grade Rating aus; nur der Aussteller muss im Euroraum angesiedelt sein, nicht jedoch der Konzern beziehungsweise die Muttergesellschaft. Mit dem als CSPP1) bekannten Wertpapierankaufprogramm betritt die Notenbank geldpolitisches Neuland. Damit verbunden sind erhebliche Unsicherheiten und Risiken. Zu Recht stellen sich Investoren die Frage, ob der Kurs der EZB zielführend und noch vertretbar ist.

Die Aufstockung des Wertpapierankaufprogramms war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Erstens kam sie zu einer Zeit, in der die USA gerade dabei waren, erste Schritte in die Gegenrichtung zu gehen, also den Expansionsgrad ihrer Geldpolitik zu verringern. In Europa war die Konjunktur ins Laufen gekommen. Das reale Bruttoinlandsprodukt wuchs in den ersten drei Monaten im Euroraum um annualisiert mehr als 2 Prozent, deutlich schneller als die US-Wirtschaft (0,8 Prozent). Die Zunahme des BIP lag in Europa deutlich über dem Potenzialwachstum. Sie war auch höher als in den vorherigen Quartalen. Sicher spielten hier auch Sonderfaktoren wie das günstige Wetter eine Rolle. Trotz exogener Störfaktoren wie dem Brexit, dessen Folgen durch das CSPP zumindest kurzzeitig abgefedert werden, ist die Notwendigkeit einer so weitgehenden zusätzlichen monetären Lockerung zweifelhaft. Dies gilt umso mehr, als Unternehmensanleihen in Wertpapierankaufprogrammen der Zentralbanken bisher nur eine untergeordnete Rolle spielten.

Infolge des Eingriffs der EZB in den Unternehmensanleihemarkt sanken die Kreditrisikoprämien weiter. Die ohnehin schon prekäre Liquiditätssituation am Anleihemarkt spitzt sich weiter zu. Die Zweitrundeneffekte, die sich auch in einem spürbaren Margenrückgang der von den Banken vergebenen Unternehmenskredite niederschlagen, ließen die Aktienkurse europäischer Banken2) seit Jahresanfang zeitweise um bis zu 30 Prozent einbrechen. Auch die immer weiter auseinanderlaufende Schere von negativem Einlagensatz bei der EZB und - noch - positiver Verzinsung der Kundengelder belastet die Dividendentitel, obwohl Banken heute erheblich höhere Kapitalquoten im Vergleich zu den vergangenen Jahren und insbesondere der Finanzkrise vorweisen können. In diesem Umfeld sind die Refinanzierungskosten der Banken vielfach - auch aufgrund verschärfter Bail-in-Regeln - erheblich gestiegen und liegen teils deutlich über denen vergleichbar gerateter Industrieunternehmen (Abbildung 1).

Anlass zur Sorge

Auch wenn die EZB den Banken zuletzt etwas Erleichterung bei den Refinanzierungsbedingungen bot, stellen die unbeabsichtigten, negativen Konsequenzen den Erfolg der geldpolitischen Maßnahmen nachhaltig infrage und geben Anlass zur Sorge. Denn die zu erwartenden Erträge aus dem ordentlichen Bankgeschäft bilden nach regulatorischen Vorschriften die Grundlage für den Risikoappetit der Banken - sinken die Einkommen, müssen die Kreditinstitute entsprechend ihr Risiko zurückschrauben, was wiederum die Kreditvergabe einschränkt.

Die Argumentation von EZB-Vizepräsident Vitor Constancio, dass der Rückgang im Zinsergebnis mehr als ausgeglichen wird durch die infolge der geldpolitisch initiierten wirtschaftlichen Erholung sinkenden Wertberichtigungen, ist nur vordergründig stichhaltig. Im Verlauf des Wirtschaftszyklus werden auch die Kreditausfälle wieder steigen, während die Kreditmargen, die dafür kompensieren sollen, auf dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorherrschenden niedrigen Niveau verbleiben. Hinzu kommt, dass Emittenten in Erwartung einer umfänglichen Abnahme ihrer Bonds durch die EZB schon bei Ausgabe kaum mehr bereit sein werden, den emissionsbegleitenden Konsortialbanken hohe Gebühren für die Platzierung zu bezahlen.

Makro-Wirkungen

Die EZB beabsichtigt angabengemäß "eine zusätzliche geldpolitische Lockerung, die die Rückkehr zu Inflationsraten von mittelfristig unter, aber nahe 2 Prozent unterstützen" soll. Einen klaren Wirkungsmechanismus zur Erreichung dieses Ziels zeigt die EZB jedoch nicht auf. Die Erfahrungen mit dem Quantitative Easing (QE) sind zudem gemischt. Weder hat es sich als die Wunderwaffe erwiesen, mit der die Geldpolitik alle Probleme einfach lösen kann. Noch gibt es Anzeichen, dass es gar nicht wirkt oder dass es größere negative Effekte mit sich bringt.

In Japan ist es mit dem QE, das bereits seit 2001 praktiziert wird, nicht gelungen, aus dem Teufelskreis des langsamen Wachstums und zu niedriger Inflation herauszukommen. Weder wurde die Konjunktur nennenswert angekurbelt, noch ist die Preissteigerung in Gang gekommen. Das gilt auch für die letzten Jahre der Abenomics, in denen die Bank of Japan das Programm noch einmal stark aufgestockt hat.

In den USA gehen viele Beobachter davon aus, dass das QE das allgemeine Zinsniveau um rund einen Prozentpunkt gesenkt hat. Große konjunkturelle und Beschäftigungseffekte sind aber auch dort nicht zu verzeichnen. Die Verbesserung am Arbeitsmarkt in den letzten Jahren waren sicher nicht allein die Folge der Wertpapierkäufe der Zentralbank. Das lässt sich - argumentum e contrario - auch daraus folgern, dass das Ende der Wertpapierkäufe 2014 sich nicht stärker negativ auf die Wirtschaft auswirkte.

Im Euroraum sind die Erfahrungen mit QE noch relativ jung. Insofern muss man mit definitiven Schlussfolgerungen vorsichtig sein. Geldpolitische Maßnahmen wirken bekanntlich immer erst mit einer zeitlichen Verzögerung. Vielleicht braucht das Programm einfach länger, um seine vollen Wirkungen zu entfalten. Bisher kann man aber sicher nicht behaupten, dass sich das Wertpapierankaufprogramm nachhaltig positiv ausgewirkt hat. Die Zinsen waren schon im März 2015 so niedrig, dass sie nicht noch viel stärker zurückgehen konnten. Die Inflation blieb niedrig, was aber zum großen Teil auch mit den Ölpreisen zusammenhängt. Die Konjunktur hat sich erst im ersten Quartal 2016 beschleunigt. Es ist aber fraglich, inwieweit das auf das QE-Programm zurückzuführen ist.

Negative Verteilungseffekte

Insgesamt dürften sich die Makro-Wirkungen auf Konjunktur und Inflation auch des erweiterten Wertpapierankaufprogramms im Euroraum in Grenzen halten. Dem muss man gegenüberstellen, dass durch das Programm die Liquidität der Wirtschaft stark angestiegen ist, wodurch sich blasenartige Wirkungen zum Beispiel auf den Immobilien- und Aktienmärkten ergaben. Zudem kam es zu negativen Verteilungseffekten, weil die Zinsen von Spareinlagen sanken (zuletzt auf null), gleichzeitig aber mit anderen Anlagen (die eher den wohlhabenderen Schichten zur Verfügung stehen) mehr verdient werden konnte. Das schlägt in einer Gesellschaft, in der die Verteilungsproblematik immer heftiger diskutiert wird, zu Buche.

In dem Augenblick, in dem der EZB-Politik negative Verteilungswirkungen unterstellt werden, stellt sich auch das Problem der Unabhängigkeit der Notenbank neu. Dann kann sich die EZB nicht mehr nur auf ihr Mandat berufen. Die Diskussion über die Unabhängigkeit der Notenbank in den letzten Monaten war daher nicht zufällig und bekommt im Vorfeld der Wahlen neues Gewicht.

Wirkungen auf die Finanzmärkte

Bei einer möglichen Verdrängung der übrigen Marktteilnehmer durch die EZB ist zu befürchten, dass die Renditeaufschläge der für das CSPP geeigneten Anleihen weder das gegebene Ausfallrisiko angemessen reflektieren, noch eine notwendige Unterscheidung der relativen fundamentalen Entwicklung einzelner Aussteller stattfindet. Schon die Erwartung eines voluminösen Aufkaufs von Unternehmensanleihen durch die EZB unterläuft in gefährlicher Weise die Effizienz der Kapitalmärkte und führt letztlich zu falschen Anreizen. Auch wird es für Investoren absehbar schwieriger, ihre berechtigten Belange als Gläubiger gegenüber den Anleiheausstellern durchzusetzen, wenn diese davon ausgehen dürfen, dass die EZB deren Anleihen schon deswegen erwirbt, damit sie Erfolge bei der Durchführung ihres Kaufprogrammes vermelden kann.

Anlegerschutzklauseln, sogenannte Covenants, rücken so in weite Ferne - und das zu einem Zeitpunkt, wo sie dringender als je zuvor benötigt werden. Für den gesamten Bondmarkt gilt: Wenn die Nachfrage nach Bonds durch die EZB steigt, dann muss das zu einer Zinssenkung führen, vorausgesetzt die Nachfrage anderer Marktteilnehmer geht nicht zurück beziehungsweise das Angebot nimmt nicht zu. Bei Unternehmensanleihen war nach der Ankündigung durch die EZB jedoch bereits eine starke Zunahme der Emissionen der Unternehmen zu beobachten. Der aus dem Ankaufprogramm unmittelbar resultierende Zinseffekt wird sich also in Grenzen halten. Nicht zu erwarten dagegen war wohl, dass italienische Banken mit dem Geld aus den Bondverkäufen an die EZB in größerem Ausmaß deutsche Anleihen gekauft haben. Das könnte man als eine Art Kapitalflucht bezeichnen. Es hat zu einer starken Ausweitung der Target-Forderungen der Bundesbank geführt (um 1 500 Milliarden Euro seit der Einführung des Wertpapierankaufprogramms). Das hat die Haftungsrisiken der Bundesbank deutlich erhöht.

Beim Kauf von Unternehmensanleihen durch die EZB vollziehen sich grundsätzlich die gleichen Prozesse wie beim Kauf von Staatsanleihen. Hinzu kommt aber: Wenn die Zinsen dieser Anleihen sinken beziehungsweise wenn der Emissionsspielraum der Unternehmen am Kapitalmarkt sich erhöht, dann hat das zusätzliche direkte positive Auswirkungen auf die Unternehmen und kann zu mehr Investitionen führen. Die EZB ist so bei den konjunkturellen Auswirkungen nicht allein auf die Kreditgewährung der Banken angewiesen. Bislang blieben diese Investitionen aber weitestgehend aus - die Unternehmen sitzen auf hohen Liquiditätsreserven und schütten lieber höhere Dividenden aus und kaufen ihre Aktien zurück. Zudem profitieren nur die größeren Firmen (und nicht nur solche, die dem Euroland zuzuordnen sind), die Zugang zum Kapitalmarkt haben und sich schon aufgrund der stark gesunkenen Zinsen über geringere Fremdkapitalkosten freuen konnten.

Kleine und mittlere Unternehmen außen vor

Die Anforderungen an Anleiheemittenten, zu denen neben der Erstellung der Bondprospekte auch Publizitätspflichten und Investorenpflege gehört, stellen selbst für große Mittelständler eine kaum überwindbare Hürde dar. Vor allem die Kosten der Vergabe eines Ratings und der damit verbundene Rating-Prozess, der sowohl eine zeitliche als auch inhaltliche Belastung darstellt, dürfte viele potenzielle Anleiheemittenten abschrecken. Kleine und mittlere Unternehmen bleiben daher außen vor. Sie müssen darauf hoffen, dass sie mehr Kredite von den Banken bekommen.

Bei Käufen von Unternehmensanleihen steigt natürlich das Risiko von Kreditverlusten bei der Europäischen Zentralbank. Verwiesen wird in der Presseerklärung der EZB zum CSPP auf "angemessene Verfahren zur Prüfung des Kreditrisikos und zur Wahrung der Sorgfaltspflicht"3) im Vorfeld des Anleihekaufs. Da nach aktueller Maßgabe bereits ein Investment Grade Rating für den Kauf durch die EZB qualifiziert, wurden auch die Anleihen der von Moody's mit Ba1 und negativem Ausblick, von S&P mit BB+ und nur von Fitch noch mit BBB- bewerteten Anleihen der Telecom Italia erworben, obwohl sich die Kreditqualität des Unternehmens seit geraumer Zeit kontinuierlich verschlechtert und keinesfalls einem Investment Grade entspricht.

Zudem konterkariert die EZB die bisherigen Anstrengungen, der nach der Finanzkrise so stark kritisierten Dominanz der Rating-Agenturen entgegenzuwirken, indem sie als Qualifikationskriterium für die Erwerbbarkeit der Anleihen im Rahmen des CSPP auf deren Ratings abstellt. Andererseits vermeidet die EZB nun den Anschein, dass sie mit dem Wertpapierankaufprogramm indirekte Staatsfinanzierung betreibt. Das ist in der gegenwärtigen Situation vor allem in Deutschland ein wichtiger Punkt. Ob aber die EZB das Kerngeschäft der Geschäftsbanken, die Unternehmensfinanzierung, in ausreichender Weise beherrscht, darf wohl bezweifelt werden.

Problematisch wird es dann, wenn tatsächlich Kreditausfälle eintreten, Verluste eurolandweit sozialisiert werden und so der Steuerzahler am Ende doch wieder herhalten muss. Ob dies rechtlich gedeckt ist, ist mehr als fraglich und bereits Gegenstand von Klagen in Deutschland. Noch schwieriger dagegen dürfte eine Unternehmensrestrukturierung zur Abwendung einer Insolvenz sein, bei der die oftmals unterschiedlichen Interessen der Gläubiger kollidieren. Während also einerseits in Ländern wie Frankreich oder Italien mitunter marode Unternehmen staatlich gestützt werden, sähe sich die EZB gezwungen, verlustminimierende Maßnahmen durchzusetzen.

Anstieg der Volatilität?

Insgesamt dürften sich die Auswirkungen der Erhöhung des Wertpapierankaufprogramms und die Ergänzung durch Unternehmensanleihen auf die Finanzmärkte in Grenzen halten. Die bisherige Marktentwicklung legt den Schluss nahe, dass viele Investoren diese Auffassung teilen und keine große Überzeugung hinsichtlich möglicher positiver Impulse haben. Auch bei den Aktien scheint die Anfangseuphorie schnellt verpufft zu sein. Dagegen federt das CSPP die Auswirkungen externer Schockereignisse ab. Die Gewissheit über den Markteingriff einer finanzstarken Zentralbank ließ auch den Brexit-Effekt bemerkenswert schnell verpuffen. Umgekehrt herrscht dagegen die berechtigte Sorge, dass die Zentralbankaktivität in normalen Marktphasen zu einem Anstieg der Volatilität führen könnte und auch Enttäuschungen der Anleger nicht auszuschließen seien. Gleichfalls nicht zu unterschätzen ist der nachteilige Effekt, den die angekündigten Maßnahmen auf diversifizierte Investmentportfolios haben können: Reagieren verschiedene Assetklassen vergleichbar auf Zentralbankinterventionen, steigt das Verlustrisiko und die Qualität der Erträge nimmt ab (Abbildung 2).

Verbesserungsvorschläge

Wägt man die positiven und negativen Effekte des Wertpapierankaufprogramms ab, dann bleibt ein ernüchternder Befund. Das Programm hat Konjunktur und Inflation nicht viel geholfen, hat andererseits aber zu Verzerrungen durch die Eingriffe in die Märkte und die niedrigen Zinsen geführt. Welche Effekte überwiegen, ist schwer zu sagen. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Aufstockung des Programms im März einen Effekt zur Folge hatte, den wenige auf der Rechnung hatten. In einzelnen Volkswirtschaften (vor allem in Deutschland) ist eine zunehmende Skepsis gegenüber der Geldpolitik eingetreten. Das Gefühl, dass die Notenbank in den letzten Jahren viel Gutes zur Überwindung der Finanzkrise und zur Eindämmung der Eurokrise getan hat, schlägt um; viele haben den Eindruck, es sei des Guten zu viel getan worden. Weniger sei jetzt mehr. Das wirkt sich über die Erwartungen negativ auf die Wirksamkeit der Geldpolitik aus und kann auch negativ auf die Investitionsneigung wirken.

Das ist zu bedenken, wenn es jetzt um die Frage geht, wie die EZB auf die durch die Brexit-Entscheidung veränderte gesamtwirtschaftliche Lage reagieren soll. Natürlich gerät die EZB durch die verschlechterte Konjunktur, die Aufwertung des Euro gegenüber dem Pfund und durch die zu erwartenden zusätzlichen Stimulierungsmaßnahmen anderer Zentralbanken unter Druck, auch selbst zusätzliche Lockerungen zu beschließen. Andererseits muss sie die negativen Folgen der Minus-Zinsen und der Wertpapierkäufe berücksichtigen. Es wäre in dieser Situation ein Zeichen von Stärke, wenn sich die EZB jetzt zurückhielte und stattdessen die Wirtschafts- und Strukturpolitik aufforderte, ihrer Rolle gerecht zu werden. Die Kapitalmärkte würden es ihr danken.

Fußnoten

1) Das CSPP (Corporate Sector Purchase Program) ist eine Erweiterung des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP).

2) Gemessen am STOXX Europe 600 Banks Price EUR-Index.

3) S. a. https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Presse/EZB_Pressemitteilungen/2016/2016_04_21_cspp.pdf?__blob=publicationFile

Michael Hünseler , Head of Credit Portfolio Management, Assenagon, München

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