Finanzdienstleister im Robo-Advice - die Angebotsseite in Deutschland

Prof. Andreas Horsch, Foto: TU Bergakademie Freiberg (Detlev Müller)

Eine Fintech-Variante stellen Anbieter IT-gestützter und automatisierter Beratungsdienstleistungen im Vermögensanlagegeschäft dar, welche die menschlichen Berater unterstützen, aber auch verdrängen könnten. Welche Rolle diesen Robo-Advisors künftig zukommt, hängt indes nicht nur von anbieterseitigen Entwicklungen ab, sondern auch davon, inwieweit diese den Nachfrager-Präferenzen entsprechen. In diesem ersten Teil der Marktanalyse beschäftigen sich die Autoren mit der Angebotsseite. In der nächsten Ausgabe werden dann im zweiten Teil die Nachfrageseite und die Regulierung der Branche analysiert. (Red.)

Der Finanzsektor sieht sich infolge der fortschreitenden Digitalisierung zahlreichen und ernsthaften Herausforderungen ausgesetzt. Eine der jüngsten Wettbewerbsverschärfungen wird hervorgerufen durch den Markteintritt von neuartigen Financial Institutions (Fin), die primär (kommunikations-)technikgestützte (tech) Finanzdienstleistungen anbieten und daher als Fintechs bezeichnet werden. Vorstehende Begriffsabgrenzung harmoniert mit der Mehrheit der in der Literatur vorfindlichen, gleichzeitig ist der Fintech-Begriff bis dato nicht einheitlich definiert. 1) Fintechs können zur Eingrenzung anhand ihres Geschäftsmodells oder Produkt- und Dienstleistungsportfolios einem traditionellen Bereich des Banking zugeordnet werden. Dafür werden auf einer ersten Ebene die vier Hauptsegmente Finanzierung, Vermögensmanagement, Zahlungsverkehr und Sonstige genutzt.2)

Zu den Fintechs im Segment des Vermögensmanagements zählen unter anderem die sogenannten Robo-Advisor (RA), deren exakte Abgrenzung infolge einer Vielfalt und Trennunschärfe vorzufindender Begrifflichkeiten ungleich schwerer fällt als die Abgrenzung von Fintechs. Im Grundsatz handelt es sich bei RAs um nichtmenschliche, technologiebasierte Einheiten (Robo), die als Berater (Advisor) in Angelegenheiten der Vermögensanlage agieren.

Die Grundfunktionalität ist simpel: Auf Grundlage der Dateneingabe des Kunden erarbeitet die Plattform automatisch, basierend auf definierten Algorithmen, eine Empfehlung für eine Vermögensanlage oder ein Musterportfolio.3)

Je nach Ausprägung der Dienstleistung beziehungsweise Vorgabe des Kunden wird diese Empfehlung mit oder ohne dessen Zustimmung für sein Portfolio umgesetzt.4) Gegenüber menschlichen Anlageberatern sollen RAs schneller und objektiver agieren und so dem Beratungskunden neben Transaktionskostenersparnissen auch höhere Beratungsqualität beziehungsweise Anlageerfolge ermöglichen.

Dem stehen diverse Marktwiderstände entgegen, insbesondere bei den Bankbeschäftigten der Filialbanken, welche über den persönlichen Kontakt zum (potenziellen) Kunden ein Vertrauensverhältnis aufbauen.5) Dieses bleibt den IT-gestützten Lösungen zunächst verwehrt. Hierzu trägt zehn Jahre nach der Subprime- und Finanzmarktkrise maßgeblich bei, dass diese durch IT-gestützte Systeme der Kreditprüfung und -bewilligung begünstigt worden war, die geholfen hatten, die Verschuldung US-amerikanischer Privathaushalte zu vergrößern.6) Dadurch wurde das Vertrauen in computergestützte Entscheidungsfindungen von Finanzintermediären in besonderem Maße geschädigt.

Um ökonomisch erfolgreich zu sein, müssen RAs Marktwiderstände überwinden, welche zwischen ihnen und den (potenziellen) Kunden existieren. Das bisherige Ent- und Fortbestehen von Robo-Advice-Institutionen zeigt ihren diesbezüglichen Erfolg. Die Tatsache, dass arrivierte Financial Institutions am Markt für Robo-Advice inzwischen nicht nur als Beobachter, sondern als aktive Teilnehmer auftreten,7) lässt sich als Beleg dafür werten, dass sie diese Fintech-Variante nicht länger als Quantité négligeable, sondern als ernstzunehmende Konkurrenz beziehungsweise Möglichkeit zur Erweiterung des eigenen Geschäftsfeldportfolios ansehen.

USA dominieren den Markt

Robo-Advice ist eine Entwicklung des 21. Jahrhunderts. Die Anfänge des Konzepts gehen auf die frühen 2000er Jahre zurück, der Markteintritt des ersten Anbieters Betterment wird auf das Jahr 2008 datiert.8) Im internationalen Kontext sind die USA mit über 200 RAs mit Abstand führend vor Deutschland (53), China (20) und Indien (19).9)

Gemessen am verwalteten Vermögen zeigt sich ein ähnliches Bild: Von den 15 weltweit hinsichtlich des verwalteten Vermögens größten RAs stammten per 2017 12 aus den USA - und nur einer aus Deutschland. Insgesamt entfallen circa 98 Prozent des verwalteten Vermögens auf RA mit Sitz in den USA und nur 0,4 Prozent auf den deutschen Anbieter.10)

In Deutschland existierten bis zum Jahr 2010 nur vereinzelte, rudimentäre Robo-Advice-Ansätze. Waren es im Jahr 2013 noch 15 Unternehmen mit einem verwalteten Vermögen von 0,5 Millionen Euro, gab es 2016 bereits 41 Unternehmen mit einem verwalteten Vermögen von 705 Millionen Euro. Aktuell sind 53 Unternehmen in Deutschland mit einem Volumen von 3 155 Millionen Euro verwaltetem Vermögen am Markt tätig.

In Anlehnung an die Einordung der BaFin ließen sich die Geschäftsmodelle deutscher RAs per 2018 vier Geschäftsfeldern zuordnen:

- Anlageberatung (27 Prozent der Unternehmen),

- Anlagevermittlung (17 Prozent),

- Vermögensverwaltung (50 Prozent) und

- nicht regulierte Robo-Advice-Dienstleistungen (6 Prozent).

Mischformen der Geschäftsmodelle sind denkbar. So bieten einige der RAs auch einen reduzierten Katalog von Vermittlungsdienstleistungen an. Im Bereich der unregulierten Unternehmen finden sich vorrangig Stimmungsbarometer und Dienstleistungen zur Datenaggregation rund um den Finanzsektor, entsprechende Anbieter sind zum Beispiel Sharewise oder Stockpulse.

Technischer Fortschritt ist eine notwendige Bedingung

Angesichts von Schätzungen eines weiteren monatlichen Wachstums des von RAs verwalteten Vermögens von 20 bis 30 Millionen Euro11) ergeben sich auch für die Folgejahre steil ansteigende Wachstumsprojektionen.12) Im Gegensatz dazu zeichnet sich ab, dass die Anzahl der Anbieter lediglich linear beziehungsweise degressiv wächst. So finden neben Neugründungen vermehrt auch Marktaustritte von RAs (zum Beispiel Twindepot 2018: Betrieb eingestellt; Cashboard 2017: Insolvenz) sowie M&A-Aktivitäten (zum Beispiel Owlhub; Vaamo 2018: Zusammenschluss mit Moneyfarm) statt. Gründe hierfür werden etwa im Erreichen der "kritischen Masse" zum wirtschaftlichen Betrieb der nötigen IT-Infrastruktur gesehen.

Die im Vorabschnitt umrissene Marktstruktur ist einerseits Resultat vorangegangener Markt- und Unternehmensprozesse, andererseits rahmt sie heutige Prozesse ein. Während der technische Fortschritt in Datenverarbeitung und -analyse eine notwendige Bedingung für Robo-Advice darstellt, mussten daraufhin Unternehmer die sich bietende Gelegenheit entdecken und als ausreichend erachten. Als attraktivitätsfördernd gilt unter anderem die anhaltende Phase niedriger und zum Teil negativer Zinsen,13) welche Anleger motiviert, Alternativen zu traditionellen Bankeinlagen und Wertpapieranlagen zu prüfen. RAs rücken hier nicht als Anbieter von Produkt-, sondern von Prozessinnovationen ins Blickfeld, da sie eine bestehende Leistung auf neuen Wegen erbringen.

Ob diese Innovation für die Kunden und damit auch für Anbieter attraktiv ist, hängt maßgeblich von den relevanten Kosten, hierauf basierenden Preisuntergrenzen sowie geforderten und gezahlten Marktpreisen ab. Fielen die potenzial- und prozessbedingten Kosten zur Erstellung einer IT-basierten Anlageberatung geringer aus als die einer traditionellen Anlageberatung, könnten RAs diesen Kosten- in einen Preisvorteil ummünzen. Ein solcher wäre in der aktuellen Niedrigzinsphase umso gewichtiger, weil Aufschläge sowie Transaktionskosten im weiteren Sinne bei gesunkenen Renditeerwartungen stärker ins Gewicht fallen und entsprechend relevanter für eine Anlageentscheidung werden.14)

Niedrigzinsphase treibt Markt an

Die etablierten Banken selbst stellen in der Folge einen Treiber für Robo-Advice dar, denn sie sehen in den damit einhergehenden Standardisierungen und Automatisierungen im Umfeld von Niedrigzinsen und hohen Regulierungskosten Möglichkeiten zur Realisierung von Einsparpotenzialen.15) Während die Entwicklung von RAs von vorgenannten Entwicklungen begünstigt wird, bestehen gleichzeitig unverändert wirksame Hindernisse, die das Entstehen und Expandieren dieser Institutionen hemmen - und dafür sorgen, dass sie zu den bis dato weniger bedeutenden Fintech-Formen zählen.16)

Gerade für Start-ups mit Fokus auf Robo-Advice stellen Anfangsinvestitionen sowie Transaktionskosten eine erhebliche Hürde dar. Letztere fallen primär für die Erfüllung der nötigen rechtlichen Mindestanforderungen vor sowie beim Markteintritt an. Je nach genauem Geschäftsmodell werden Zulassungen der BaFin als Finanzportfolioverwalter, Finanzanlagenvermittler oder -berater benötigt.17) Zudem ist die Programmierung der Algorithmen für Robo-Advice-Dienstleistungen komplex und führt zu hohen Einführungskosten der Systeme.

Demgegenüber sind die zukünftigen Rückflüsse unsicher. Dies liegt in der Natur eines innovativen Geschäftsmodells, weil Erfahrungswerte fehlen und neben den Reaktionen der Marktgegenseite auch die Reaktionen auf gesetzgebender und exekutiver Seite schwer abzuschätzen sind. So werden zum Beispiel Überprüfungen der genutzten Algorithmen und spezifische Informationspflichten diskutiert,18) welche regulatorische Kosten verursachen würden.

Kooperationen können Mehrwert liefern

Aufgrund der von ihnen angebotenen Finanzdienstleistungen konkurrieren RAs mit (dem Vermögensberatungsgeschäft von) traditionellen Banken. Die Selektion einer Wettbewerbsstrategie ist folglich von zentraler Bedeutung. Mehr als die Hälfte der aktuell am Markt aktiven Anbieter (28 von 53 beziehungsweise 57 Prozent) setzt auf eine Zusammenarbeit mit traditionellen Banken. Eine solche Kooperation kann für beide Seiten Vorteile bieten, da die RAs auf den Kundenstamm, gegebenenfalls auf das Markenimage und die Lizenzen der Bank zurückgreifen können, während die Bank umgekehrt Zugang zu innovativer Technologie erhält und ihren Kunden neue, technologiegestützte Alternativen im Vermögensberatungsgeschäft anbieten kann.

Besonders vor dem Hintergrund des risikoaversen (Anlage-)Verhaltens deutscher Anleger19) spielen der Rückgriff auf Bestandskunden der Bank und deren Vertrauensbasis eine wichtige Rolle für RA-Start-ups. Aufseiten des RAs ist abzuwägen, inwieweit die Kooperation mit einer Bank bestimmte Entscheidungsspielräume einschränkt, da er sich zum Beispiel auf eine bestimmte Kundengruppe beziehungsweise ein bestimmtes Produktportfolio festlegen muss - und gegebenenfalls auch einen Teil seiner Reputation als junges, innovatives und unangepasstes Unternehmen verliert.

Um als RA einer Bank beziehungsweise eines Anbieters von Vermögensberatungsleistungen aufzutreten, gibt es unterschiedliche Kooperationsgrade und Strategien. An einem Ende des verfügbaren Spektrums erfolgt das Robo-Advice "in-house", die Bank bietet also selbsterstellte, gegebenenfalls auch -entwickelte Dienstleistungen an. Diese "Make"-Strategie kann in Gestalt einer separaten Abteilung in der Bank, einer selbstgegründeten Tochtergesellschaft oder aber durch Akquisition eines bisher unabhängigen RAs erfolgen. Die jeweilige Plattform erbringt ihre Dienstleistungen dann ausschließlich für die Bank.

Die "Buy"-Alternative stellt die Beauftragung eines externen RAs als Drittpartei dar. Als Zwischenstufe zwischen diesen idealtypischen Strategien des Make or Buy20) ist der Rückgriff auf eine White-Label-Version eines RAs und die Anpassung auf die individuellen Bedürfnisse der beauftragenden Bank anzusehen. Hierdurch wird die Einbindung des RAs für die Vermögensanlageberatung der Bank für Externe nicht sichtbar.21) Von den 53 betrachteten Unternehmen bieten fünf White-Label-Lösungen22) an. Dieser Ansatz ist etwa dann attraktiv, wenn die Beteiligten davon ausgehen, dass die Stakeholder der Bank derselben hohe Wertschätzung und Loyalität entgegenbringen und diese auch auf das (faktisch gar nicht von dieser Bank erbrachte) Angebot transferieren. Umgekehrt ist denkbar, dass die Stakeholder ihrer Bank IT-basierte Leistungsangebote gerade nicht zutrauen und es daher goutieren, wenn diese explizit einen darauf spezialisierten Newcomer zum Kooperationspartner nimmt.

Etablierte Anbieter bieten Größenvorteile

Bei Wahl einer kooperativen Lösung konkurrieren RAs nicht mit allen traditionellen Anbietern von Vermögensberatungsleistungen - sondern mit einem etablierten Anbieter, ihrem Kooperationspartner, weniger. Rein zahlenmäßig ist die Konkurrenz also kaum größer, wenn ein RA anstelle einer der verschiedenen Formen der Zusammenarbeit mit traditionellen Banken einen unabhängigen Marktangang wählt. Allerdings kann er dann nicht von den Größen-, Verbund- und Diversifikationsvorteilen eines etablierten Anbieters profitieren. Es ist insofern wenig verwunderlich, dass die - 23 von 53 - unabhängig agierenden RAs schwerpunktmäßig Geschäftsfelder im unregulierten Bereich beziehungsweise der Anlageberatung bearbeiten.

Eine alternative Strategie verfolgt der RA LIQID. Dieser hat sich ausschließlich auf das Segment höherer Anlagevolumina spezialisiert und bietet erst für Anlagesummen ab 50 000 Euro eine Vermögensanlage an. Eine Kooperation mit Banken besteht nicht. Allerdings agiert auch LIQID nicht vollständig losgelöst von Kooperationspartnern, sondern greift auf die über 30-jährige Erfahrung des Harald Quandt Trust Multi Family Offices 23) im Bereich der Verwaltung von weitaus größeren Vermögen wohlhabender Privatpersonen zurück und hat so die Möglichkeit, von dessen Reputation zu profitieren. In ähnlicher Form greift auch Fidelity auf die Reputation des internationalen Fidelity Investment Fonds zurück.

Unabhängig davon, welche Strategie der Zusammenarbeit verfolgt wird, ist in deren Rahmen über das Ausmaß zu befinden, in dem die jeweiligen Finanzdienstleistungen tatsächlich IT-gestützt erbracht werden. Bei vollumfänglichen Robo-Advice-Konzepten wird der gesamte Anlageprozess algorithmenbasiert und standardisiert abgewickelt und es ist keine menschliche Interaktion notwendig. Demgegenüber stehen die konventionellen Finanzdienstleistungen, bei welchen die Anlage rein auf der Expertise des menschlichen Beraters beruht.24)

Andere RAs bieten hybride Konzepte (speziell im B2C-Bereich) an, welche algorithmenbasiert sind und in Teilen auf Empfehlungen menschlicher Experten beruhen. Grundlegende Konzepte werden durch den RA bereitgestellt, um (zum Beispiel emotional bedingten) Beratungsdefiziten 25) des Anlageberaters vorzubeugen. So kann Robo-Advice als Unterstützung der Anlageberater eingesetzt werden, um zeiteffizient Portfolios zu identifizieren, die dann Gegenstand persönlicher Beratungsgespräche werden.

Dabei ist der Anlageberater für die individuelle Konfiguration verantwortlich (zum Beispiel im Falle nicht unterstützter vorgeschlagener Portfoliokombinationen). Diese Zwischenstufe des human-RA-Hybrid setzt etwa das Unternehmen Baloise Monvisio um. Robo-Advice bedeutet hier, dass die Risikoklasse algorithmenbasiert ermittelt wird, bevor vom Anlageberater konkrete Anlageprodukte ausgewählt werden.

Merkmale des Leistungsangebots

RAs erbringen Finanzdienstleistungen. Um diese tatsächlich abzusetzen und entgolten zu bekommen, müssen sie herrschende Marktwiderstände überwinden, indem sie das absatzwirtschaftliche Instrumentarium zielgerichtet einsetzen.26) Zentrales Instrument ist hierbei die Preis-/ Produktpolitik. Eigene Recherchen der Konditionen der 28 RAs aus dem vorgenannten Sample, welche in Deutschland die Eröffnung und Führung eines Depots beziehungsweise Kontos ermöglichen, verdeutlicht, dass die erfassten RAs durchaus unterschiedliche Preispolitiken praktizieren:

- 16 RAs verlangen einen fixen Prozentsatz vom verwalteten Vermögen; bei Fundamental Capital, investify, cominvest und minveo etwa liegt dieser bei 1 Prozent jährlich; anlagelotse, aviyou, Baloise Monviso, Fidelity, ginmon, MeinInvest, Prospery, Scalable capital, Visualvest und WeltInvest liegen unter 1 Prozent im Jahr und nur Warburg Navigator und Truevest liegen bei über 1 Prozent jährlich.

- 12 RAs arbeiten mit zum Teil erheblichen Preisbandbreiten. Allgemein lässt sich feststellen, dass Bevestor, Fintego, growney, LIQID, Quirion, ROBIN, United Signals, Vaamo, Whitebox in einer Preisbandbreite zwischen 0,3 Prozent und 1 Prozent und Castell insight, easyfolio, Solidvest zwischen 1 Prozent und 2,3 Prozent per annum agieren. Bei sieben (Castell insight, Fintego, growney, ROBIN, United Signals, Vaamo, Whitebox) davon variieren die Preise abhängig vom Depotvolumen, wobei höhere Depotvolumina staffelweise mit niedrigeren prozentualen Kosten einhergehen. Bei den übrigen fünf resultieren die Preisbandbreiten aus verschiedenen Portfolioausgestaltungsmöglichkeiten (zum Beispiel Rebalancing-Optionen, Anlageschutz). Am ausgeprägtesten ist die Preisbandbreite bei easyfolio, wo - je nach Portfoliozusammenstellung und den Depotgebühren der gewählten Depotbank - zwischen 1,07 Prozent und 2,22 Prozent per annum des verwalteten Vermögens zu entrichten sind.

- Vier der aufgeführten RAs (Fundamental Capital, ginmon, Solidvest, United Signals) erheben weniger feste oder volumenabhängige Provisionen als einen Anspruch auf einen Teil der erwirtschafteten Portfoliorendite, was sich wahlweise als Renditeminderung oder variable Kostenkomponente für den Kunden auffassen lässt.

In absolute Beträge übersetzt führen die aufgeführten Preismodelle zu Provisionen zwischen 26 und 288 Euro27) für ein Beispielportfolio von angenommen 10 000 Euro jahresdurchschnittlichem Anlagevolumen je nach Anbieter und ausgewähltem Portfolio, die an den RA zu zahlen sind. Darin sind Fondsprovisionen sowie Entgelte für die Inanspruchnahme und damit verbundene sonstige Dienstleistungen (zum Beispiel Depotführung)28) enthalten.

Sehr unterschiedliche Mindestanlagesummen

Die Provisionen für Fonds variieren je nach Fondsgesellschaft stark. Die Preisspanne der mittleren Fondsprovisionen umfasst bei den betrachteten RAs Werte zwischen 0 und 2,9 Prozent des Anlagebetrages per annum und liegt im Mittel bei 0,53 Prozent. Bei Anbietern mit ansonsten geringen Provisionen wird oft ein performanceabhängiger Betrag (zum Beispiel 10 Prozent Gewinnbeteiligung bei ginmon) erhoben. Gerade bei sogenannten "self-service-robos", welche lediglich eine algorithmenbasierte Anlageberatung bieten, fallen keine beziehungsweise geringe Entgelte für die Depotführung und die Robo-Advice-Dienstleistung an. Dafür werden Entgelte je Transaktion erhoben.

Im Vergleich zum amerikanischen Markt mit durchschnittlichen Preisen von 0,25 Prozent des Anlagevolumens per annum29) fallen die Preise deutscher Anbieter mit im Mittel 0,87 Prozent des Anlagevolumens jährlich deutlich höher aus. Eine Ausnahme bildet der deutsche Anbieter Quirion, welcher bei Anlagevolumen bis 10 000 Euro für Neukunden keine direkten Provisionen erhebt.

Eine produktpolitische Stellgröße mit Sortimentseinschränkung für bestimmte Kundengruppen ist die Festlegung von Mindestanlagevolumina. Auch in dieser Hinsicht ist das Spektrum beachtlich, 23 von 28 betrachteten Anbietern erlauben Beträge kleiner gleich 10 000 Euro. Über die Hälfte aller betrachteten Anbieter (18 von 28) ermöglicht Anlagesummen erst ab 1 000 Euro, aber immerhin fünf von 28 formulieren mit unter 100 Euro keine nennenswerte Untergrenze.

Marktstrukturen entwickeln sich erst

Bei zwei Anbietern existiert überhaupt keine solche. Zusätzlich bieten 17 Anbieter alternativ zu unregelmäßigen beziehungsweise einmaligen Anlagen die Möglichkeit zur Einrichtung von (Vermögens-)Sparplänen, für die monatliche Sparraten von mindestens 1 Euro erforderlich sind.

Mit vorgenannten Leistungsangeboten adressieren Robo-Advisors insbesondere jüngere Privatanleger, die noch am Anfang des Vermögensaufbaus stehen, vonseiten konventioneller Anlageberatungen nicht abgedeckt werden, von denen aber eine größere Technikaffinität vermutet werden darf. Inwieweit die RAs mit ihren Angeboten bei dieser Zielgruppe reüssieren und daraufhin wirklich in der Lage sind, mit den traditionellen Anbietern von Vermögensanlageberatungen zu konkurrieren, hängt indes entscheidend davon ab, inwieweit eben diese Nachfrager die neuen Anbieter und Angebote wertschätzen und im geltenden rechtlichen Rahmen tatsächlich abnehmen. Ebenso wie Marktprozesse und -strukturen entwickeln sich letztgenannte Marktregeln erst allmählich.30) Vor diesem Hintergrund ist die Bestandsaufnahme der Angebotsseite für Robo-Advice zu ergänzen um Charakteristika der Nachfrageseite sowie der Regulierung von RAs.

Fußnoten

1) Vergleiche zu verschiedenen Begriffsabgrenzungen (und z. T. auch Schreibweisen) stellvertretend Bartz/Kühne (2018); Brockhoff (2016); Brühl (2017); Danker/Bartels (2016); Dorfleitner/Hornuf (2016); European Banking Federation (2015); Mackenzie (2015); Mang (2017); Smolak (2018); Przewloka (2017).

2) Vergleiche etwa Hölscher/Nelde (2018).

3) Vergleiche BaFin (2016a).

4) Vergleiche BaFin (2017c); Ji (2017); Strzelczyk (2017); Woodyard/Grable (2018).

5) Vergleiche grundlegend Süchting (1972); zuletzt Süchting (1998); im weitesten Sinne auch Smolak (2018).

6) Vergleiche etwa Rudolph (2010), zur Rolle der Wirtschaftsinformatik im Zuge der Krisenentstehung Vergleiche Bartmann (2009).

7) Vergleiche etwa zum Robin-Ansatz der Deutsche Bank AG einführend Kanning (2017) und zum Bedrohungspotenzial von Robo-Advice für die traditionelle Vermögensanlageberatung stellvertretend Mang (2017).

8) Vergleiche Ernst & Young (2018); Hölscher/Nelde (2018).

9) Vergleiche Burnmark (2018).

10) Vergleiche Statista (2018b).

11) Vergleiche Bartz/Kühne (2018); Jordan (2017).

12) Vergleiche Bartz/Kühne (2018); Dapp/Büchner (2016).

13) Seit 2012 liegt der Kapitalmarktzins in Deutschland unter 2 Prozent p. a., Vergleiche Österreichische Nationalbank (2019). Einführend zum Phänomen negativer Nominalzinsen etwa Morscher/Horsch (2015).

14) Vergleiche ausführlich Flesch/Kohlleppel (2017).

15) Vergleiche VÖB digital (2018).

16) Per 2015 waren nur etwa 6 Prozent der Fintech-Unternehmen dem Robo-Advice zuzuordnen, Vergleiche Dorfleitner/Hornuf (2016).

17) Die Kosten eines Verfahrens betragen zwischen 4 545 und 10 160 Euro, Vergleiche FinDAGKostV § 2 Abs. 1 i. V. m. Ziffer 1.1.13.1.2.1 und Ziffer 1.1.13.1.2.2 des Gebührenverzeichnisses der Fin-DAGKostV. Ein vollständiges Verzeichnis der zitierten Literatur kann über www.kreditwesen.de unter Eingabe des Titels und/oder des Autoren namens abgerufen werden.

18) Vergleiche Hölscher/Nelde (2018); Waigel (2017).

19) Vergleiche ausführlich v. Lüde (2013).

20) Grundlegend zur Entscheidung zwischen Make or Buy, vergleiche bereits Coase (1937); aktuell etwa Nicoletti (2017).

21) Ausführlicher zu White-Label-Ansätzen aktuell Bömer/Maxin (2018).

22) Unter anderem bietet der RA Fintego eine White-La bel-Version an, welche derzeit die Wüstenrot und Commerzbank nutzen.

23)Bankenunabhängiges Finanzdienstleistungsunternehmen der Familie Harald Quandt.

24) Häufig kommt hier ein indirektes Robo Advice (B2B) zum Tragen, da die Berater i.d.R. Software einsetzen, um algorithmenbasierte Produktempfehlungen zu generieren.

25) Zum Beispiel Herdenverhalten; ausführlich zum "analysts herding" siehe Blasco et al. (2018).

26) Grundlegend zum so verstandenen Finanzmarketing bereits Süchting (1980); später Süchting (1995).

27) Im Mittel liegen die Kosten bei 126 Euro.

28) Bei einigen Anbietern muss ein eigenes kostenpflichtiges Konto/Depot eröffnet werden.

29) Vergleiche Vogt (2017).

30) Vergleiche Hölscher/Nelde (2018); Przewloka (2017).

Prof. Andreas Horsch Lehrstuhlinhaber ABWL, Schwerpunkt Investition und Finanzierung, TU Bergakademie Freiberg
Anja Eickstädt Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl für ABWL, Schwerpunkt Investition und Finanzierung, TU Bergakademie Freiberg
Marcus Gast Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl für ABWL, Schwerpunkt Entrepreneurship und betriebswirtschaftliche Steuerlehre, TU Bergakademie Freiberg
Martin Oehmichen Lehrstuhl für ABWL mit dem Schwerpunkt Baubetriebslehre, TU Bergakademie Freiberg
Prof. Dr. Andreas Horsch , Lehrstuhlinhaber ABWL, Schwerpunkt Investition und Finanzierung , TU Bergakademie Freiberg
Anja Eickstädt , Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl für ABWL, Schwerpunkt Investition und Finanzierung, TU Bergakademie Freiberg
Marcus Gast , Lehrstuhl für ABWL, TU Bergakademie Freiberg
Martin Oehmichen , Lehrstuhl für ABWL mit dem Schwerpunkt Baubetriebslehre, TU Bergakademie Freiberg

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