Nachhaltiges Investieren: Engagement ist wichtiges Instrument für jeden Investor

Lars Detlefs, CEFA Geschäftsführer

Auch professionelle Investoren müssen sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzen. Für die Autoren Detlefs und Gregory von MFS erfordert das Engagement, das vor allem im Sinne einer aktiven Nutzung der Aktionärsrechte umgesetzt werden kann und sollte. Da institutionelle Investoren 80 Prozent der börsennotierten Aktien halten, ist das für sie ein effektiver Weg. Für passive Investoren ist das allerdings schwieriger umzusetzen, da sie in einer viel größeren Zahl an Unternehmen investiert sind und auch nicht einfach desinvestieren können. Dennoch sehen sie diese auch mit in der Pflicht. Nicht nur in dem Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen, sondern auch im direkten Gespräch mit den Unternehmenslenkern könne Einfluss im Sinne von mehr Nachhaltigkeit ausgeübt werden. Scheitern können solche Versuche demnach vor allem durch mangelnde Vorbereitung der Investoren und durch schlechte Kenntnis der Portfoliounternehmen. Die Asset-Management-Branche sollte sich wie langfristig denkende Eigentümer verhalten. (Red.)

Das Engagement der Investoren steht zu Recht im Blickpunkt, wenn es um nachhaltiges Investieren geht. Denn es ist ein wirksames Instrument für langfristige Anleger, was die Investmentbranche aber insgesamt noch zu wenig nutzt. Sowohl passive als auch aktive Manager können entscheidend dazu beitragen, dass Engagement Mehrwert schafft. Daher sollten alle Investoren ihr Engagement überprüfen, um für sämtliche Stakeholder bessere Langfristergebnisse zu erreichen.

Aktive Eigentümerschaft, etwa durch Engagement bei Emittenten oder Abstimmungen auf Hauptversammlungen, kann die Corporate Governance und die Geschäftspraxis von Unternehmen langfristig verbessern. Viele Asset Manager glauben, bereits Wesentliches zu leisten. Dennoch ist MFS der Meinung, dass die Investmentbranche das Potenzial der aktiven Eigentümerschaft - nämlich die Aussicht auf langfristigen Mehrwert für der Kunden - noch nicht vollständig erkannt hat. Umso wichtiger scheint ein offener Dialog über deren Bedeutung und die Möglichkeiten von Investoren, verantwortungsbewusstere Aktionäre zu werden.

Zunächst wird aber betont, dass der Artikel sich aus praktischen Gründen nur mit langfristigen Investoren befasst. Kurzfristige Anleger, unabhängig davon, ob sie ESG-Risiken (ökologische und soziale Risiken sowie Corporate Governance) und ESG-Chancen in ihren Strategien berücksichtigen, können nur begrenzt von einer aktiven Eigentümerschaft profitieren - weil sich Engagement meist erst langfristig auf die Kurse auswirkt. Im Umkehrschluss glauben die Autoren, dass längerfristig denkende Investoren von einem regelmäßigen und vorausschauenden ESG-Engagement profitieren können, da ESG-Themen zwangsläufig Auswirkungen auf die langfristige Kursentwicklung haben. Regelmäßiges Engagement und regelmäßiger Dialog mit Vertretern der Portfoliounternehmen zu wichtigen ESG-Themen haben entscheidenden Anteil am Kapitalschutz und nachhaltigem Langfristwachstum.

Institutionelle Investoren halten 80 Prozent der börsennotierten Aktien. Die Asset Manager, denen dieses Kapital anvertraut ist, haben eine besondere Verantwortung. Ihnen obliegt es, die Nachhaltigkeit der Unternehmen in ihren Portfolios zu verbessern.1) So gesehen sind die Engagement-Ziele aktiver und passiver Investoren ähnlich: Stets geht es darum, den Wert der Unternehmen zu steigern und bessere Ergebnisse für sämtliche Stakeholder zu erzielen.

Eine mögliche Rolle für passive Manager

Auch wenn passive Asset Manager ihr Kapital nicht nach ihren Vorstellungen umschichten können, ist ein langfristig orientiertes Engagement in ihrem Interesse. Da die Aktien vieler großer Indizes nur selten umgeschichtet werden, sind Indexinvestoren oft de facto langfristige Eigentümer. Außerdem drängen Öffentlichkeit und Aufsichtsbehörden führende passive Manager zunehmend, die Unternehmen vorausschauender zu kontrollieren.2)

Passive Manager haben daher begonnen, sehr viel in die Ausübung der Eigentümerverantwortung - das Stewardship - zu investieren. Doch die große Zahl der Aktien in ihren Portfolios, manchmal über 10 000, kann ein kluges Engagement noch immer erschweren. Während fundamentale aktive Manager jedes einzelne Unternehmen sehr genau kennen sollten, um ein individuelles Engagement möglich zu machen, müssen passive Manager ihr Engagement mitunter stärker begrenzen und standardisieren.

Die sorgfältige Stimmrechtsausübung ist, ähnlich dem Engagement, ein wesentlicher Teil der aktiven Eigentümerschaft. Asset Manager mögen zwar enormen Einfluss auf die Ergebnisse von Hauptversammlungsabstimmungen haben, egal, ob über Anträge des Managements oder der Aktionäre. Doch blieb diese Macht bislang weitgehend ungenutzt.

Starke Stimmenkonzentration

Der Zwang passiver Manager, bestimmte Aktien zu halten, kann ihren Einfluss auf Unternehmen schmälern. Andererseits sorgt das enorme Investitionsvolumen einiger weniger großer passiver Manager für eine erhebliche Abstimmungsmacht. Die drei größten passiven Manager, BlackRock, Vanguard und State Street, haben bei vielen S & P 500-Unternehmen zusammen die Stimmenmehrheit.3)

Diese Konzentration bewirkt, dass relativ wenige Asset Manager großen Einfluss auf wichtige Unternehmensentscheidungen haben können. Da einige passive Manager bei Aktionärsanträgen zu potenziell wichtigen ESG-Themen traditionell den Vorschlägen der Verwaltung folgen, fragen sich manche Aktionäre, ob die Manager nicht etwas kritischer sein sollten.

Beispielsweise stimmten 2017 zwei der drei größten passiven Manager weniger als 15 Prozent der Aktionärsanträge zum 2°C-Ziel zu. Meist forderten diese Anträge eine bessere Messung und Offenlegung der Klimafolgen der Unternehmensaktivitäten. Man kann sich die potenzielle Macht der passiven Manager mit folgendem Beispiel verdeutlichen: Mindestens 8 der 14 wichtigsten im Jahr 2017 von Aktionären eingebrachten Anträge zum 2°C-Ziel wären verabschiedet worden, hätte auch nur einer der drei größten passiven Manager sie unterstützt.4)

Mit ESG-Engagement für langfristigen Wert sorgen

Die Finanzmärkte brauchen aktive Investoren, damit das Kapital korrekt bewertet und effizient genutzt wird. Analog dazu glauben die Autoren, dass aktive Investoren auch nötig sind, um die Relevanz von ESG-Themen für die Portfoliounternehmen zu erkennen.

Langfristig denkende aktive Manager können vom Engagement und der ESG-Integration profitieren: MFS ist davon überzeugt, dass der Kontakt zu Portfoliounternehmen - zu finanziellen und nicht finanziellen Themen - ihnen bei ihren Anlageentscheidungen helfen kann. Oft hat das Engagement auch zu einer besseren Corporate Governance und einer besseren Geschäftspraxis geführt; es hat den Geschäftsleitungen gezeigt, wie wichtig den Investoren ESG-Themen sind und welche Auswirkungen sie auf die langfristige Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle haben können.

Gemäß der Erfahrung von MFS hat Engagement oft viel erreicht. Um nur einige Beispiele zu nennen: die Einführung von Mehrheitsabstimmungen und eine vereinfachte Abstimmungsteilnahme für Aktionäre, eine transparentere Umweltberichterstattung, bessere Informationen über Diversität und Parteispenden sowie eine stärkere Ausrichtung der Führungskräftevergütung an langfristigen Zielen. Es fällt auf, dass bei Klimakennzahlen heute mehr Unternehmen auf langfristige Anreize setzen und sie offener über ihre Nachhaltigkeitskonzepte berichten.

Ein konkretes Beispiel für Verbesserungen der Vergütungsstruktur findet sich bei einem amerikanischen Pharmakonzern. Durch die Zusammenarbeit des MFS Abstimmungsteams mit dem MFS Investmentteam wurde deutlich, dass einige für die kurzfristige leistungsabhängige Managervergütung relevante Kennzahlen zu übertrieben hohen Boni führen könnten. In einer Reihe von Gesprächen informierte MFS das Unternehmen über seine Einwände und die mitunter problematischen Vergütungsbestandteile. Aufgrund dieses Aktionärsfeedbacks hat das Unternehmen seine Anreizstruktur erheblich verändert.

Was können Investoren jetzt erwarten?

Sowohl die Anlage- als auch die Abstimmungsentscheidungen hängen davon ab, wie viel Ressourcen für Analysen und Engagement aufgewendet werden. Nach einer Umfrage der Principles for Responsible Investment (PRI) sind die mangelnde Vorbereitung der Investoren und zu ungenaue Kenntnis des Unternehmens zwei der aus Unternehmenssicht wichtigsten Hürden für ein erfolgreiches Engagement.5) Gemäß der Erfahrung von MFS ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Investmentteams und dem Stewardship-Team wichtig, damit die Ziele des Engagements erreicht werden. Hinzu kommt, dass die Teilnahme an Abstimmungen, anders als das Engagement allein, einen guten Eindruck von der aktuellen Investorenstimmung liefert.

Entscheidend ist deshalb, dass Asset Manager

- über das Engagement hinaus durch die Stimmabgabe ihre Meinung zum Ausdruck bringen,

- auf Basis geeigneter Standards und Richtlinien abstimmen und keine Scheu haben, die Vorschläge der Verwaltung abzulehnen,

- einen offenen Dialog mit den Emittenten führen, um sie über die Gründe für ihre Richtlinien und ihr Abstimmungsverhalten zu informieren - sowohl vor als auch nach Hauptversammlungen der Gesellschafter,

- eine enge Zusammenarbeit zwischen den Stewardship Teams und den Investmentexperten fördern, damit die Abstimmungsentscheidungen fundiert sind und den langfristigen Aktionärsinteressen folgen.

Die meisten Investoren haben das gleiche Ziel: Sie wünschen sich hohe und nachhaltige risikoadjustierte Erträge. Es ist die Pflicht und treuhänderische Verantwortung der Investmentmanager, dass sie sich bei der Anlage von Kundengeldern wie langfristig denkende Eigentümer verhalten. Ein kluges Engagement und eine überlegte Stimmabgabe sind entscheidend für langfristigen Mehrwert und Wachstum.

Aktives und passives Management unterscheiden sich stark - aber alle Investoren sollten aktive Eigentümer sein, um langfristigen Wert zu schaffen. MFS möchte, dass die Unternehmen in seinen Portfolios ihre ESG- und Kontrollpraxis kontinuierlich weiterentwickeln und verbessern. Dazu muss sich MFS aktiv engagieren und fundierte Gespräche über die wichtigsten Themen führen.

Fußnoten

1) Pension & Investments (2017)

2) Giovanni Strampelli: Are Passive Index Funds Active Owners? Corporate Governance Consequences of Passive Investing (30. Mai 2018). San Diego Law Review, 2018. Bocconi Legal Studies Research Paper No. 3187159. SSRN: https://ssrn.com/abstract=3187159.

3) Jan Fichtner, Eelke M. Heemskerk und Javier Garcia-Bernardo: Hidden Power of the Big Three? Passive Index Funds, Re-Concentration of Corporate Ownership, and New Financial Risk (7. Februar 2017). Business and Politics, April 2017, DOI: 10.1017/bap.2017.6. SSRN: https://ssrn.com/abstract=2798653.

4) Marka Peterson, Jim Baker, Jim und Kimberly Gladman: Asset Managers and Climate-Related Shareholder Proposals: Report on Key Climate Votes (März 2018).

5) Principles for Responsible Investment (26. April 2018). How ESG Engagement Creates Value.

Lars Detlefs CEFA, Geschäftsführer Deutschland, MFS Investment Management, Frankfurt am Main
Mason G. Gregory Senior Analyst Investment Solution Group, MFS Investment Management, Frankfurt am Main
Lars Detlefs , Senior Managing Director, Head of Institutional Sales – EMEA , MFS Investment Management, Frankfurt am Main
Mason G. Gregory , Senior Analyst Investment Solution Group, MFS Investment Management, Frankfurt am Main

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