Regulatorische Agenda 2018 - jetzt geprägt vom Wettbewerb der Aufsichtsbehörden?

Hiltrud Thelen-Pischke Foto: PwC

Viele Regulierungsvorschriften zur Bewältigung der Finanzkrise sehen die Autorinnen zwar mittlerweile als erledigt an. Doch mit den zunehmenden Konkretisierungen der aufsichtlichen Erwartungen an die beaufsichtigten Institute durch die EBA, die ESMA sowie die EZB registrieren sie bei vielen Dokumenten einen Umfang, der die Effektivität zum Teil infrage stellt. Als besonders kritisch bewerten sie es, wenn sich die Behörden unabhängig voneinander zu demselben Regelungsbereich äußern. Diese nicht optimale Gemengelage führen sie nicht zuletzt darauf zurück, dass der EU-Gesetzgeber die bankaufsichtlichen Regelungen nicht nur in unmittelbar geltenden Verordnungen, sondern auch in Richtlinien erfasst hat. (Red.)

Als Reaktion auf die Finanzkrise haben die europäischen und nationalen Gesetzgeber in den letzten Jahren zahlreiche regulatorische Standards zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der Institute sowie einen geordneten Abwicklungsmechanismus für den Krisenfall auf den Weg gebracht. Mittlerweile ist die Umsetzung in den Instituten im Wesentlichen erledigt. Zudem laufen die bei der Einführung 2014 gewährten Übergangsphasen für die CRR Kapital- und Liquiditätsanforderungen im Jahr 2018 weitgehend aus. Darüber hinaus wurde bereits beim G 20 Gipfel im November 2010 gefordert, dass jeder Marktteilnehmer, jedes Produkt und jeder Finanzplatz angemessen beaufsichtigt werden sollen. In Europa und in Deutschland erreicht diese umfassende Beaufsichtigung mit Anwendung der MiFID II und der MiFIR ab Januar 2018 ihren Höhepunkt.

Detailliertere Anforderungen durch die Aufsichtsbehörden

Neben den Reformen durch die Gesetzgeber sehen sich die Banken in jüngster Zeit mit detaillierteren Erwartungen und Anforderungen durch die Aufsichtsbehörden konfrontiert. So hat im dritten Jahr ihres Bestehens die Europäische Zentralbank (EZB) als Aufsichtsbehörde mehrere Leitfäden veröffentlicht, die die aufsichtlichen Erwartungen zu bestimmten Praktiken, zum Beispiel Management von notleidenden Krediten oder von gehebelten Finanzierungen, widerspiegeln. Und nicht zuletzt liegt die Verantwortung für bestimmte Themen vorrangig bei den nationalen Aufsichtsbehörden, wie zum Beispiel Regelungen zur Verhinderung von Geldwäsche, Fraud, Terrorismusfinanzierungen, Anleger- und Verbraucherschutzvorschriften. Der nachfolgende Bei trag gibt einen Überblick über die 2018 anzuwendenden Vorschriften sowie anstehenden Neuerungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.

Kreditwesengesetz: Änderungen in §§ 18 ff KWG betreffen vor allem Fragen der Kreditwürdigkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Vergabe von Immobiliar-Verbraucherdarlehen. Weitere Klarstellungen enthält darüber hinaus die zuletzt konsultierte neue ImmoKWPLV.1)

Deutlich verlängerte Aufbewahrungsfristen für Daten nach Auflösung eines Kontos oder Depots gemäß § 24c KWG werden durch das StUmgBG 2) eingeführt, um die Möglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden und der Finanzbehörden zur Aufdeckung von verschleiertem Kapitalvermögen und entsprechenden Kapitalströmen zu verbessern. Die Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie 3) führte zu KWG-Änderungen, die im Wesentlichen die Sorgfaltspflichten der Institute im Zusammenhang mit Geldwäsche, bargeldlosem Zahlungsverkehr et cetera nach §§ 25gff KWG betreffen.

Institutsvergütungsverordnung (IVV): Im August 2017 ist die IVV in Kraft getreten. Entgegen den zwischenzeitlichen Befürchtungen müssen weiterhin nur bedeutende Institute ihre sogenannten Risk-Taker identifizieren und deren Vergütung offenlegen, aber die Anforderungen an diese Prozesse sind deutlich umfangreicher geworden und ziehen zahlreiche Änderungen bei der Gestaltung der Vergütungssysteme nach sich. Für Risikoträger, die Geschäftsleiter sind oder der nachgelagerten Führungsebene angehören, gilt ein Zurückbehaltungszeitraum von mindestens fünf Jahren und ein zurückzubehaltender Anteil der variablen Vergütung von mindestens 60 Prozent. Darüber hinaus besteht durch die (arbeitsrechtlich noch umstrittene) Einführung von Claw-back-Klauseln die Möglichkeit, bereits ausbezahlte variable Vergütungsbestandteile bei Fehlverhalten zurückzufordern und ausstehende variable Vergütung bei Risikoträgern zu streichen. Der Aufwand bei der Dokumentation erhöht sich für alle Institute durch die erforderliche Anpassung der Organisationsrichtlinien und gegebenenfalls der Arbeitsverträge aufgrund weiterer Detaillierungen in der IVV (unter anderem Abfindungen, Halteprämien).

GroMiKV/Länderrisikoverordnung: Die finale Fassung der GroMiKV räumt den Institutsgruppen mit zentralem Risikomanagement ab 1. Januar 2018 dieselben Privilegien bei der Großkreditanrechnung ein, wie sie Gruppen mit zentraler Liquiditätssteuerung bereits genießen. Die Meldungen für die Millionenkredite werden auf rein bankaufsichtlich relevante Informationen begrenzt. Weitere Anpassungen resultieren aus der ab 1. Januar 2019 anstehenden Erweiterung des Kreditbegriffs für die Millionenkreditvorgaben (§ 20 KWG i.V.m. § 64 Abs. 10 KWG). Darüber hinaus wird die Länderrisikoverordnung ab 1. Januar 2018 aufgehoben.

Liquiditätsverordnung (LiqV): Mit der verbindlichen Einführung der Liquidity Coverage Ratio (LCR) zum 1. Januar 2018 sind die nationalen Vorschriften der LiqV für CRR-Institute außer Kraft zu setzen.4) Die LiqV behält ihre Gültigkeit nur für solche Institute, auf die die Vorschriften nach Artikel 411 bis 428 der CRR nicht anzuwenden sind. Auch Wertpapierfirmen fallen nach § 2 Abs. 3d KWG wie bisher grundsätzlich weiter unter die LiqV.

MaRisk-Novelle: Ende Oktober 2017 hat die BaFin die finale Fassung der 5. MaRisk Novelle veröffentlicht.5) Seit diesem Zeitpunkt sind alle Änderungen, die lediglich klarstellenden Charakter haben, sofort von den Instituten anzuwenden. Dagegen gilt für neue Anforderungen eine einjährige Umsetzungsfrist bis Ende Oktober 2018. Abweichende Regelungen wurden für die Mindestanforderungen an die Risikodatenaggregation und Risikoberichterstattung bei (anderweitig) systemrelevanten Instituten eingeführt. Weitere Neuerungen betreffen die Anforderungen an die Ausgestaltung einer angemessenen Risikokultur sowie die Auslagerungen.

Neue Anforderungen an die IT

BAIT: Mit dem BaFin-Rundschreiben "Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT" (BAIT) vom November 2017 werden die IT-relevanten Mindestanforderungen an das Risikomanagement nach § 25a Abs. 1 und 3 KWG sowie § 25b KWG konkretisiert.6) Es gibt den Instituten Klarheit über die Erwartungshaltung der Aufsicht an die Ausgestaltung der IT innerhalb der Institute und die dazugehörigen Prozesse. Die Anforderungen sind ohne Umsetzungsfristen oder Übergangsregelungen zusammen mit den MaRisk anzuwenden. Die Verantwortlichkeit für die Umsetzung obliegt der Geschäftsführung. Dazu gehört vor allem die Festlegung einer nachhaltigen IT-Strategie, die unter anderem die Entwicklung der IT-Aufbau- und IT-Ablauforganisation, die Einbindung der Informationssicherheit in die Organisation, Aussagen zum Notfallmanagement und zu den betriebenen Systemen beinhaltet.

Zur Steuerung und Überwachung des Betriebs und der Weiterentwicklung der IT-Systeme und -Prozesse auf Basis der IT-Strategie ist eine IT-Governance, also eine einheitliche und funktionstüchtige Aufbau- und Ablauforganisation im IT-Bereich einzurichten. Die Informationssicherheit innerhalb des Instituts und gegenüber Dritten wird durch die neu einzurichtende Funktion des Informationssicherheitsbeauftragten gewährleistet. Der Informationssicherheitsbeauftragte stellt sicher, dass Ziele und Maßnahmen hinsichtlich der Informationssicherheit (IT- Strategie, Sicherheitsleit- und -richtlinien) eingehalten und überwacht werden. Seine Funktion ist organisatorisch und prozessual unabhängig zu gestalten, und zwar getrennt von den Bereichen, die für den Betrieb und die Weiterentwicklung der IT-Systeme zuständig sind. Er muss der Geschäftsleitung mindestens vierteljährlich beziehungsweise auch gegebenenfalls anlassbezogen zum Status der Informationssicherheit berichten.

Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch: Die Überarbeitung des Rundschreibens ist weitgehend der Umsetzung der EBA-Leitlinien zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos bei Geschäften des Anlagebuchs von 2015 geschuldet. Das BaFin-Konsultationspapier7) behandelt unter anderem die Berücksichtigung negativer Zinsen sowie unmittelbarer Pensionsverpflichtungen. Zudem sollen die Ausweichverfahren für Banken ohne barwertige Zinsrisikomessung abgeschafft werden. Die Konsultation endete im November 2017. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die EBA die Leitlinie bereits überarbeitet und jüngst wieder zur Konsultation gestellt hat.8)

Umgang mit Beschwerden und Finanzinformationen

Umfassendes Beschwerdemanagement: Bereits 2014 veröffentlichten EBA und ESMA gemeinsam Leitlinien für die Abwicklung von Beschwerden im Wertpapierhandel und im Bankwesen.9) Mitte 2017 hat die BaFin dazu ein Rundschreiben und eine Allgemeinverfügung zur Konsultation gestellt.10) Während im Bereich der Wertpapierdienstleistungen bereits Erfahrungen bei den Instituten zum Umgang mit Kundenbeschwerden vorhanden sind, gab es für Beschwerden über andere Geschäftsaktivitäten der Institute dazu bislang keine einheitlichen Vorgaben. Für Banken gibt das Rundschreiben auf Basis der Anforderungen nach § 25a KWG an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation einen Rahmen für den Umgang mit Kundenbeschwerden vor. Über die Allgemeinverfügung soll zudem eine Berichtspflicht über Beschwerden und deren Bearbeitung an die Aufsicht eingeführt werden.

FinaRisikoV-E: Die im Dezember 2017 eröffnete Konsultation enthält Anpassungen in Bezug auf die Meldepflichten nach FinaRisikoV, um sie den auf europäischer Ebene harmonisierten Anforderungen an die Meldungen aufsichtlicher Finanzinformationen anzugleichen.11) Weniger bedeutende Gruppen, die nach HGB bilanzieren und ab Stichtag 30. Juni 2017 FinRep-Meldungen gemäß der Verordnung (EU) 534/2015 einzureichen haben, sollen aus Gründen der Proportionalität zudem von der Befreiungsmöglichkeit des bisherigen § 6 Absatz 3 Fina-RisikoV erfasst werden. Das Formular QSA zu den zusammengefassten Finanzinformationen (§ 25 Absatz 2 KWG) wäre folglich nur mehr auf Gruppenbasis einzureichen.

Anforderungen an Sanierungspläne und Transparenz der Finanzmärkte

MaSanV-E: Die Rechtsverordnung zu den Mindestanforderungen an Sanierungspläne für Institute und Wertpapierfirmen (MaSanV) und das Merkblatt zur Sanierungsplanung liegen seit August 2017 im Entwurf vor. Nach dem SAG haben alle CRR-Institute einen Sanierungsplan zu erstellen. Die MaSanV enthält vereinfachte Anforderungen an die Sanierungsplanung für nicht potenziell systemgefährdende Institute (Nicht-PSI). Darüber hinaus können Nicht-PSI, die einem institutsbezogenen Sicherungssystem angehören, von der Sanierungsplanung befreit werden, wenn das Sicherungssystem einen umfänglichen Sanierungsplan erstellt. Anforderungen an die Sanierungspläne enthält über SAG und MaSanV hinaus auch die unmittelbar anzuwendende Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075.

WpHG, WpDVerOV 12) und andere: Die überarbeitete Finanzmarktrichtlinie Mi-FiD II und die Finanzmarktverordnung MiFIR13) sind am 3. Januar 2018 in Kraft getreten. Neben der MiFIR sind diverse weitere EU-Vorgaben zur Finanzmarktregulierung wegen ihres Verordnungscharakters unmittelbar anzuwenden. Darüber hinaus erforderliche nationale Umsetzungen der EU-Vorgaben erfolgten mit dem 2. FiMaNoG14) . Dieses Gesetzespaket enthält zudem Anforderungen zur Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften (Transparenzverordnung) und zu Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert verwendet werden (Benchmarkverordnung). Die Umsetzung des MiFI(D)R-Regelwerks (WpHG, KWG, BörsenG, KAGB) betrifft neben der Stärkung des Anlegerschutzes die Infrastruktur der Finanzmärkte wie zum Beispiel die umfassende Regulierung von Handelsplattformen/organisierten Handelssystemen.

So unterliegen nun auch Datenbereitstellungsdienste einer Erlaubnisflicht sowie der laufenden Überwachung. Der Handel mit Finanzinstrumenten soll künftig primär nur auf regulierten Plätzen betrieben werden; eine entsprechende gesetzliche Pflicht der Marktteilnehmer besteht für den Aktienhandel sowie Geschäfte mit clearingpflichtigen Derivaten (per Januar 2018: bestimmte Zins- und Kreditderivatekontrakte). Die Markttransparenz wird durch Ausweitung der Vor- und Nachhandelstransparenzpflichten für weitere Finanzinstrumente und durch Vorgaben für Datenbereitstellungsdienste gestärkt. Zwecks Überwachung des Marktgeschehens werden diese Maßnahmen durch ein erweitertes Transaktionsreporting flankiert. Warenderivate werden über die Festlegung von Positionslimiten und Positionskontrollen überwacht.

Zur Stärkung des Anlegerschutzes wurden die Verhaltens- und Organisationspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen ausgeweitet. Dazu dienen die höheren Transparenz- und Informationspflichten sowie bessere Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden. Um einen kundengerechten Vertrieb sicherzustellen, sind Produktüberwachungspflichten einzuhalten. Diese Product Governance umfasst schon bei der Produktentwicklung die Bestimmung eines Zielmarktes anhand von festgelegten Kriterien einschließlich eines internen Produktfreigabeprozesses, der auch eine regelmäßige Überprüfung der Produkte vorsieht. Das bisherige Beratungsprotokoll wird von der europaweit harmonisierten Geeignetheitserklärung abgelöst. Die Dokumentationspflichten der Wertpapierdienstleister gehen aber deutlich über die Geeignetheitserklärung hinaus und betreffen zum Beispiel auch für Kundenaufträge relevante Telefongespräche (taping). Dem Anlegerschutz dienen zudem die Informationspflichten über die Kosten, die beim Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments entstehen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Rendite der Anlage sowie über die Risiken der Anlage.

Zulässige Zuwendungen, die der Wertpapierdienstleister von Dritten erhält oder an Dritte gewährt, müssen nicht nur gesondert offengelegt werden, sondern auch durch den Nachweis eines Kundennutzens unterlegt werden. Im Rahmen der Anlageberatung von Privatkunden sind weiterhin für bestimmte Produkte Produktinformationsblätter zur Verfügung zu stellen; für Aktien mit einer Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt plant der Gesetzgeber mit Wirkung ab 1. Juli 2018 die Einführung eines standardisierten Informationsblattes.15) Für Versicherungsanlageprodukte und verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger werden den Anlegern seit 1. Januar 2018 Basisinformationsblätter nach der PRIIPs-Verordnung ausgegeben.

Schließlich ist auf die deutlich verschärften Sanktionsregelungen hinzuweisen. Neben der Erweiterung des Katalogs von Ordnungswidrigkeiten und der Erhöhung des Bußgeldrahmens besteht die Möglichkeit der Veröffentlichung der Maßnahmen und Sanktionen auf der Internetseite der BaFin.

MaComp: Auf nationaler Ebene ist durch das Inkrafttreten der MiFID-II-Regeln eine Anpassung der Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion (MaComp) erforderlich geworden. Die BaFin konsultiert derzeit die Überarbeitungen, die über reine Anpassungen an die neue Gesetzeslage hinausgehen.16) Die neu eingeführten Module betreffen unter anderem die Übermittlung der Geeignetheitserklärung an den Privatkunden, die bei jeder Anlageberatung zu erstellen ist. Ein weiteres Modul behandelt Staffelprovisionen und deren Erfassung in den Grundsätzen des Unternehmens zum Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten.

Weitere Module betreffen die Aufzeichnungspflichten von Zuwendungen sowie Neuerungen für den Beschwerdebericht. Neben der Anzahl der Beschwerden und einer Aufschlüsselung nach Gründen und Finanzinstrumenten sind Angaben zu personellen und organisatorischen Konsequenzen im Zusammenhang mit Beschwerden erforderlich. Einzelheiten zum Beschwerdemanagement sollen nachträglich eingefügt werden, da die Umsetzung der Leitlinien zur Beschwerdeabwicklung für den Wertpapierhandel und das Bankwesen in einem separaten Rundschreibenentwurf der BaFin konsultiert wird.17)

EU-Gesetze und Konsultationen

CRR II, CRD V, BRRD: In der regulatorischen Agenda 2017 wurden die Inhalte der im November 2016 von der EU-Kommission veröffentlichten Änderungsvorschläge zur EU-Bankenrichtlinie und zur EU-Bankenverordnung (unter anderem Leverage Ratio, NSFR, Anrechenverfahren für Marktpreis- und Kontrahentenrisiken) bereits vorgestellt.18) Die 2018 anstehenden Trilog-Verhandlungen umfassen jedoch nicht mehr die im sogenannten "Fast Track" verabschiedeten Regelungen. Dazu zählen die Übergangsbestimmungen für Erleichterungen bei den Eigenkapitaleffekten aus der IFRS-9- Umstellung sowie zur Behandlung von bestimmten auf die Landeswährung eines Mitgliedsstaats lautenden Risikopositionen gegenüber dem öffentlichen Sektor. Diese CRR-Änderungen sind noch im alten Jahr im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden und gelten unmittelbar ab dem 1. Januar 2018.19)

Die BRRD ist Ende Dezember 2017 im Hinblick auf den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge angepasst worden. Diese Richtlinienänderung muss von den Mitgliedsstaaten bis 29. Dezember 2018 in nationales Recht umgesetzt werden.20) Im Kern geht es darum, dass normale unbesicherte Schuldverschreibungen und Verbindlichkeiten (senior bonds/debt) einen höheren Rang einnehmen als die neue Kategorie "nicht bevorrechtigte" vorrangige Schuldtitel (non-preferred senior bonds). Zudem ist sicherzustellen, dass die neue Kategorie im Rang über den Eigenmittelinstrumenten und über jeglichen nachrangigen Verbindlichkeiten steht. Insoweit sind gegebenenfalls die nationalen Insolvenzrechtsvorschriften beziehungsweise § 46f KWG anzupassen.

EU-VerbriefungsVO mit STS-Verbriefungsstandards und CRR-Anpassungen: Mit der neuen unmittelbar anzuwendenden EU-Verbriefungsverordnung21) ist ein allgemeiner Rahmen für Verbriefungen festgelegt worden, der für alle an Verbriefungen beteiligten Parteien gilt. Die für alle Verbriefungen geltenden Bestimmungen umfassen Aspekte wie Sorgfaltspflichten, Risikoselbstbehalt, Transparenzanforderungen, Kreditvergabekriterien, Wiederverbriefungsverbot, Anforderungen an Verbriefungsgesellschaften und Verbriefungsregister. Darüber hinaus enthält die Verordnung Anforderungen für einfache, transparente und standardisierte (simple, transparent, standardised - STS) Verbriefungen. Soweit die STS-Kriterien erfüllt sind, können diese zu niedrigeren Risikogewichten bei den Eigenkapitalanforderungen nach der CRR angerechnet werden.

Damit die ordnungsgemäße Anwendung aller Kriterien für Verbriefungen sichergestellt wird, enthält die VerbriefungsVO ein entsprechendes Aufsichtssystem zur Überwachung der Anforderungen. Die Verordnung ist auf Verbriefungen anzuwenden, deren Wertpapiere am 1. Januar 2019 oder später emittiert werden. Die STS-Kriterien können - bei Erfüllung spezifischer Anforderungen - auch auf andere im Januar 2019 ausstehende Verbriefungen angewendet werden. Darüber hinaus konsultieren EBA und ESMA bereits mehrere technische Regulierungsstandards zur VerbriefungsVO.

Anpassungsbedarf hat es auch in der CRR gegeben.22) Zunächst wurden die Vorschriften angepasst, die nunmehr in der VerbriefungsVO geregelt sind, wie zum Beispiel Definitionen, Sorgfaltspflichten, Risikoselbstbehalt et cetera. Für die neu geschaffenen STS-Verbriefungen wurden separate Risikogewichte (Risikogewichtsuntergrenze 10 Prozent für vorrangige Positionen) eingeführt. Bereits Ende 2014 und für STS-Verbriefungen Mitte 2016 hatte der Baseler Ausschuss die Eigenmittelbehandlung von Verbriefungen im überarbeiteten Baseler Rahmenwerk angepasst.23) Diesen Neuerungen wird nun mit den Änderungen der CRR Rechnung getragen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zum einen alle Institute in der EU dieselben Methoden zur Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen anwenden sollen. Zum anderen darf nicht automatisch auf externe Ratings Bezug genommen werden. Vielmehr gilt folgende Hierarchie für die Ansätze: Securitisation IRB-Ansatz (SEC-IRB), Standardansatz für Verbriefungen (SEC-SA), auf externen Ratings beruhender Ansatz (SEC-ERBA) lediglich als Ausweichlösung. Der interne Bemessungsansatz (IAA) kann weiterhin verwendet werden.

Für alle Ansätze gilt eine Risikogewichtsuntergrenze von 15 Prozent (Ausnahme STS-Verbriefungspositionen 10 Prozent); für Wiederverbriefungen müssen immer mindestens 100 Prozent RW angesetzt werden. Die günstigen STS-Eigenmittelanforderungen sind grundsätzlich auf traditionelle Verbriefungen beschränkt. Eine Ausnahme wurde synthetischen Verbriefungen, die auf ein KMU-Portfolio referenzieren, eingeräumt. Soweit diese als qualitativ hochwertig angesehen werden, dürfen sie auch nach der günstigeren STS-Eigenmittelanrechnung behandelt werden. Die neuen CRR-Regelungen gelten ab 1. Januar 2019. Für Verbriefungen, deren Wertpapiere vor Januar 2019 emittiert wurden, sind die neuen Regelungen erst ab 1. Januar 2020 anzuwenden.

Notleidende Kredite im Fokus

Aufsichtlicher Risikovorsorge-Backstop für notleidende Kredite (NPL) in Säule 1: Nach der geltenden Eigenkapitalrichtlinie müssen Aufsichtsbehörden überwachen, ob die Banken über eine ausreichende Risikodeckung für die NPL-bezogenen Risiken verfügen. Die zeit- und sachgerechte Bildung von Wertberichtigungen ist essenziell für die Stabilität des Finanzsystems und die Fähigkeit der Kreditvergabe. Im November hat die EU- Kommission ein vorläufiges Konsultationspapier zu der Frage veröffentlicht, wie aufsichtsrechtlich mit NPL-Risiken um zugehen ist.24) Zwar wird konstatiert, dass die Einführung von IFRS 9 dazu führen sollte, dass die rechnungslegungsbezogene Wertberichtigung auf NPL näher an der aufsichtlichen Erwartung sein wird, als das mit IAS 39 der Fall war. Gleichwohl bestehen Bedenken, weil IFRS 9 weiterhin Ermessenspielräume bei der Bildung von Wertberichtigungen einräumt. Das gilt sowohl für die Bewertung der Forderung selbst als auch für die Bewertung der zugrundeliegenden Sicherheiten. Die EU hält eine nur in Säule 2 verankerte bankindividuelle aufsichtsrechtliche Anforderung an die Risikodeckung von NPL nicht für ausreichend. Daher wird eine verpflichtende Säule-1- Anforderung für die Risikodeckung vorgeschlagen. Für neu ausgereichte Kredite, die nach Kreditvergabe irgendwann den NPL Status erlangen, soll der unbesicherte Teil innerhalb von zwei Jahren mit Risikovorsorge (EWB und aufsichtliche Risikovorsorge) abgedeckt sein.

Für den besicherten Teil soll die Abdeckung in einem Zeitraum von sechs bis acht Jahren erfolgen. In einer zweiten Option wird überlegt, bei der Ermittlung des Risikodeckungsbedarfs für den besicherten Teil regulatorisch festgelegte Abschläge auf die Sicherheiten vorzugeben. Inwieweit es tatsächlich zu einer formalen Konsultation kommen wird, ist noch unklar. Die vorliegenden Vorschläge konnten bis Mitte November 2017 kommentiert werden. In jedem Fall würden beide Optionen Auswirkungen auf den Kapitalbedarf der Institute haben; dies sollte in den Kapitalplanungsrechnungen frühzeitig berücksichtigt werden.

Für die nach dem SSM direkt von der EZB beaufsichtigten Institute ist eine Anforderung zum Risikovorsorge-Backstop auf NPL bereits seit Oktober 2017 auf der Agenda - anders als auf der EU-Ebene bei der EZB jedoch als Säule-2-Instrument vorgesehen (siehe unten).

Europäische Aufsichtsbehörden EBA, ESMA, EIOPA: Mehr als sechs Jahre nach der Gründung der drei Aufsichtsbehörden steht die Überprüfung der Institutionen durch die EU an. Dabei geht es vor allem um die Stärkung der Aufsichtskapazitäten in einer EU mit 27 Mitgliedsstaaten (ohne das Vereinigte Königreich). Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen die Aufgaben und Befugnisse, die Governance und die Finanzierung der Behörden.25) Ziel ist es, ein konsistenteres und besser integriertes Aufsichtssystem zu schaffen, um letztlich auch die Kapitalmarktunion und damit die Entwicklung und Integration der Kapitalmärkte zu unterstützen. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang vor allem die Vorschläge für die Aufgaben der ESMA. So sind erste Schritte erkennbar, die ESMA - analog der EZB - zu einer einheitlichen Wertpapieraufsichtsbehörde auszudehnen.

Neben der schon vorhandenen direkten Aufsichtskompetenz über die Ratingagenturen und Transaktionsregister soll eine Ausweitung hinsichtlich der Aufsicht über zentrale Gegenparteien, Datenbereitstellungsdienste und bestimmte Fonds erfolgen. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die ESMA die originäre Zuständigkeit für bestimmte Prospektarten erhält. Für diese weiteren Aufgaben wird die ESMA mehr Personal und mehr Geld benötigen. Die heutige Finanzierung der EU-Behörden erfolgt zu 60 Prozent durch die nationalen Aufsichtsbehörden und zu 40 Prozent über den EU-Haushalt. Es ist vorgesehen, die heutigen anteiligen Beiträge der nationalen Aufsicht durch Beiträge der beaufsichtigten Unternehmen zu ersetzen.

Wertpapierfirmen - EU-Richtlinie und EU- Verordnung: Zur Agenda des Aktionsplans für die Kapitalmarktunion/Stärkung der Kapitalmärkte zählt auch der Aufbau eines wirkungsvolleren Aufsichtssystems über die Wertpapierfirmen. Die von der EU im Dezember veröffentlichten Vorschläge zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen unterscheiden zwischen Aufsichtsregeln für systemrelevante und nicht systemrelevante Unternehmen. Bei den nicht systemrelevanten Wertpapierfirmen, die bestimmte Schwellenwerte etwa für Assets under Management, Bilanzsumme, Bruttoerträge nicht überschreiten, wird ein niedriges Risikoprofil angenommen. Für diese sollen separate einfachere Eigenkapitalanforderungen zur Anwendung kommen. Regulatorische Anforderungen an die Governance oder an die Vergütung würden entfallen. Für nicht systemrelevante größere Firmen soll eine auf das Geschäftsmodell bezogene vereinfachte Risikomessung gelten, die sich an den bestehenden CRR-Vorschriften orientiert.

Systemrelevant sind Wertpapierfirmen, wenn sie bestimmte bankähnliche Tätigkeiten aus üben (Emissionsgeschäft oder Handel auf eigene Rechnung/Finanzkommissionsgeschäft) und eine Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro haben. Die systemrelevanten Wertpapierfirmen sollen als Kreditinstitute kategorisiert werden. Damit gelten für sie die aufsichtlichen Anforderungen wie für die Banken. Demzufolge unterliegen Wertpapierfirmen in der Bankenunion dann der direkten Zulassung und Beaufsichtigung durch die EZB. Die Konsultation endet am 2. März 2018.26)

Weitere EU-Themen reichen von Reportingvereinfachungen nach EMIR 2 und der Abwicklung von zentralen Gegenparteien bis hin zu den diversen Fragestellungen der Finanzindustrie im Zusammenhang mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit). Schließlich wird spannend sein zu sehen, wie die EU die Umsetzung des nun finalen Basel-III/IV-Rahmenwerks angehen wird.

EBA - State of Play RTS, ITS und Guidelines

Gerade im letzten Quartal 2017 hat die EBA etliche ihrer bereits seit Längerem konsultierten Leitlinien und technischen Standards finalisiert. Zuallererst sind die wichtigen Leitlinien zur Internal Governance (GL/2017/11) sowie zur Geeignetheit von Mitgliedern des Leitungsorgans (Geschäftsleitung und Aufsichtsorgane) sowie von Inhabern von Schlüsselfunktionen (GL 2017/12) zu nennen.

Mit der Neufassung der Leitlinien an die Interne Unternehmenssteuerung (Internal Governance) hat die EBA die Vorgaben zur Governance aus der CRD IV konkretisiert. Die EU-Richtlinie betont die Verantwortlichkeit des Leitungsorgans (Geschäftsleitung und Aufsichtsorgan) für eine robuste interne Unternehmenssteuerung mit einer tragfähigen Risikostrategie und einem soliden Risikomanagement. Dazu gehört, dass das Leitungsorgan in seiner Aufsichtsfunktion die Geschäftsentscheidungen des Managements hinterfragt. Die EBA-Leitlinien spezifizieren die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und die Organisation des Aufsichtsorgans und die Rollen der jeweiligen Ausschüsse. Mit den Leitlinien soll auch der Status der Risikomanagementfunktion verbessert werden sowie der Informationsweg zwischen dieser Funktion und dem Leitungsorgan.

In Bezug auf die Organisation des Instituts wird den Anforderungen aus dem Modell der drei Verteidigungslinien noch stärker Rechnung getragen. Danach geht der Markt (business line) Risiken ein und verwaltet diese im Rahmen seiner Aufgaben (1. Verteidigungslinie). Die vom Markt unabhängigen Funktionen Risikomanagement und Compliance sind als 2. Verteidigungslinie für die weitere Identifizierung, Messung, Überwachung und Berichterstattung der Risiken verantwortlich. Sie stellen die "Compliance" mit den internen und externen Anforderungen auf Einzel- und Gruppenebene sicher. Die unabhängige Innenrevision agiert als 3. Verteidigungslinie und umfasst die Prüfung der 1. und 2. Verteidigungslinie. Stärker als bisher werden die Voraussetzungen für die Entwicklung, Umsetzung und nachhaltige Pflege des "Governance Framework" betont: Neben eindeutigen organisatorischen und operativen Strukturen, die vor allem bei komplexen Geschäftsmodellen Transparenz schaffen, müssen auch Unternehmensstandards wie Corporate Values und Code of Conducts darin eingebunden sein.

Ein weiterer wichtiger Baustein für eine solide Governance ist das Management von Interessenkonflikten. Die Leitlinien stehen zudem in Verbindung mit weiteren Leitlinien der EBA wie zum Beispiel Vergütung, Outsourcing, Aufsichtlicher Überwachungsprozess (SREP) und Offenlegung sowie die nachfolgend dargestellten Geeignetheitskriterien für Leitungsorgane. Die Leitlinien richten sich an die zuständigen Aufsichtsbehörden einschließlich EZB und sollen ab 30. Juni 2018 angewendet werden. Im ersten Halbjahr 2018 ist insoweit mit entsprechenden nationalen Anpassungen zu rechnen.

Management von Interessenkonflikten

Die EBA/ESMA-Leitlinien zur "Beurteilung der Geeignetheit von Mitgliedern des Leitungsorgans sowie Inhabern von Schlüsselfunktionen" (GL 2017/12) konkretisieren insbesondere die Vorgaben zu Art. 91 CRD. Die CRD-IV-Geeignetheitskriterien und die korrespondierenden KWG-Umsetzungen in den §§ 25c und d KWG befassen sich nur mit den "members of the management body", nicht aber mit den sogenannten "key function holder". Mit den Leitlinien legen EBA/ESMA einheitliche Standards für Mitglieder der Leitungsorgane fest. Wer eine solche Position ausfüllen möchte, muss seine individuelle (und kollektive) Eignung an einer ganzen Reihe von Kriterien messen lassen. Fachwissen und Erfahrungen sind dabei nur ein Element, der "gute Ruf", Aufrichtigkeit und Integrität sowie Unabhängigkeit sind ebenso wichtig.

Die EBA hat ihren Leitlinien einen umfangreichen Katalog der wesentlichen Kompetenzen beigefügt, den die Institute bei Leitungsorganen voraussetzen sollten: Erstmals stellt die EBA Benchmarks zur Verfügung, die sich auf den für die Mandatsausübung erforderlichen Zeitaufwand beziehen.27) Diese Benchmarks sollen in die Beurteilung mit einfließen. Auch diese Leitlinie soll zum 30. Juni 2018 in Kraft treten. Allerdings wird die BaFin angabegemäß die neuen Anforderungen an die formelle Unabhängigkeit von Aufsichts- und Verwaltungsräten wohl nicht umsetzen, da sie diese als zu weitreichend ansieht.28)

Im November 2017 hat die EBA die finalen Leitlinien zur "Gruppe verbundener Kunden" nach der CRR veröffentlicht.29) Diese ersetzen die seinerzeit vom CEBS 2009 zu dem Thema veröffentlichten Leitlinien und konkretisieren das Verständnis und die Erwartung der EBA zu den CRR-Definitionen "Kontrolle" und "Risikoeinheit" in Verbindung mit der Bildung einer Gruppe verbundener Kunden. Diese Leitlinien richten sich ebenfalls an die zuständigen Aufsichtsbehörden und sollen ab 1. Januar 2019 zur Anwendung kommen. Auch hier ist mit entsprechendem nationalem Anpassungsbedarf zu rechnen.

Allein die vorgestellten drei Leitlinien umfassen einschließlich der Kommentare und Analysen der EBA jeweils mehr als 100 Seiten. Darüber hinaus stehen diverse weitere Vorgaben zur Konsultation an. Anzumerken ist, dass die EBA in die BRRD-, die EMIR- und die PSD-2-Auslegungen eingebunden ist. Insoweit hat sie auch zu diesen aufsichtlichen Anforderungen technische Standards und Leitlinien entwickelt, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll. Eine Auswahl weiterer EBA-Aktivitäten enthält die Abbildung 1.

EU-weiter Stresstest auf der Agenda

Schließlich hat die EBA den für 2018 geplanten EU-weiten Stresstest auf der Agenda. Der Stresstest endet mit der Veröffentlichung detaillierter Bilanzdaten der EU-Banken einschließlich der Zusammensetzung des regulatorischen Kapitals, der Leverage Ratio, der risikogewichteten Aktiva nach Risikoklassen, Staatenforderungen, NPL und gestundeten Forderungen, Marktrisiken und Verbriefungspositionen. Da die IFRS-9-Erstanwendungseffekte eine gewichtige Rolle im Stresstest 2018 spielen, sollen die Stresstestdaten der Banken in mehreren Wellen an die EBA übermittelt werden (Anfang Juni, Mitte Juli und final Ende Oktober 2018). Am 2. November 2018 will die EBA die Stresstestergebnisse dann veröffentlichen.30)

Dem EBA-Arbeitsprogramm 2018 sind fünf Themen zu entnehmen, auf die die EBA sich fokussieren wird: CRR/CRD- und BRRD-Entwicklungen, Dateninfrastruktur- und Datenanalyse, Brexit-Auswirkungen, Fintech-Regulierung sowie NPL im Kontext mit dem EU-Aktionsplan.

EZB-Aufsicht/Single Supervisory Mechanism (SSM)/SREP

Mit der EZB Aufsicht existiert seit nun mehr als drei Jahren ein einheitliches Aufsichtssystem für Banken in der Eurozone. Mit diesem System sollen die Banken solider und sicherer gemacht, gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen und ein wichtiger Beitrag für den europäischen Bankenmarkt geleistet werden. Ein wesentlicher Bestandteil der einheitlichen Aufsicht ist der aufsichtliche Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) als Säule-2-Instrument. Die Risikobewertung der Banken basiert auf denselben Rahmenbedingungen, folgt den EBA-Leitlinien und kombiniert qualitative und quantitative Elemente, einschließlich Stresstests. Es handelt sich insoweit um eine jährliche ganzheitliche Bewertung der Lebensfähigkeit der direkt von der EZB beaufsichtigten Institute.31)

Im Jahr 2017 hat die EZB-Aufsicht eine Reihe von Leitfäden veröffentlicht. In diesen stellt sie die aufsichtlichen Erwartungen in Bezug auf Best Practice bei bankaufsichtlichen Themen dar. So wurde jeweils ein Leitfaden zur Beurteilung der Mitglieder der Leitungsorgane, zu notleidenden Krediten und zu gehebelten Transaktionen erstellt. Anders als Gesetze oder Verordnungen sind die Leitfäden nicht verbindlich. Die Aufsicht berücksichtigt die Leitfäden aber im Rahmen des SREP und kann bei Nichteinhaltung der Anforderungen aufsichtliche Maßnahmen ergreifen.32)

Fit & Proper Leitfaden: Mit dem Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit (Fit & Proper) erläutert die EZB, welche Richtlinien, Praktiken und Verfahren sie bei der Beurteilung der Eignung von Mitgliedern der Leitungsorgane anwendet.33) Er gilt für die Beurteilung der Leitungsorgane der von der EZB direkt beaufsichtigten Institute sowie bei Neuzulassungen oder Genehmigungen von qualifizierten Beteiligungen auch für die weniger bedeutenden Institute.

Grundsätzlich wird hervorgehoben, dass die Verantwortung für die Sicherstellung der Eignung der Mitglieder der Leitungsorgane bei den einzelnen Instituten liegt. Mit Blick auf die Beurteilung der Qualifikation, der Fähigkeiten und des Leumunds von Personen, die als Mitglied des Leitungsorgans einer Bank in einer Leitungs- oder Aufsichtsfunktion vorgesehen sind, sollen die aufsichtsrechtlichen Praktiken harmonisiert werden. Anders als in der bisherigen nationalen Aufsichtspraxis üblich nutzt die EZB auch Interviews als Instrument, um Erkenntnisse für die Beurteilung der fachlichen Qualifikation und der persönlichen Zuverlässigkeit zu erlangen oder zu vertiefen.

Leitfaden zu gehebelten Transaktionen: Der seit November 2017 anzuwendende Leitfaden enthält eine Definition zu "leveraged transactions" sowie die Erwartungshaltung der Aufsicht an die Governance, den Genehmigungsprozess und die Überwachung dieser Finanzierungen. Es wird als notwendig erachtet, dass die Leitungsorgane über das Management- Informationssystem regelmäßig und umfassend über die Transaktionen selbst, aber auch über Trends auf den Kreditmärkten informiert werden. Ende 2018 muss die Innenrevision der betroffenen Institute der für sie zuständigen EZB-Aufsicht einen Bericht über die Implementierung des Leitfadens übergeben.34)

Entwicklung einer angemessenen NPL-Governance

NPL-Leitfaden und Ergänzung: 2017 hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitfaden zu Non-perfoming Loans (NPL) veröffentlicht, der die aufsichtlichen Erwartungen an die Banken für Maßnahmen und Ziele im Umgang mit NPL beinhaltet.35) Wesentliche Aspekte sind die Entwicklung einer NPL-Strategie, einer angemessenen NPL-Governance mit Ablaufstrukturen sowie ein operatives Modell mit speziellen Abwicklungseinheiten. Zwar tragen die Banken die Hauptverantwortung für die Umstrukturierung ihrer Geschäftsmodelle und für den rechtzeitigen Abbau ihrer notleidenden Kredite. Weitere Maßnahmen zur Bewältigung der Bestände an notleidenden Krediten und zur Vermeidung eines weiteren Aufkommens beziehungsweise der Anhäufung von notleidenden Krediten innerhalb der EU sind aber aufgrund der negativen Auswirkungen auf die Finanzmärkte erforderlich.

Auf EU-Ebene soll wie erwähnt dieses Problem durch einen "Aktionsplan gegen notleidende Kredite" angegangen werden. Im Oktober 2017 hat die EZB einen Vorschlag für eine Ergänzung ihres Leitfadens zur Konsultation gestellt.36) Danach sollen Banken ein Mindestmaß an aufsichtlicher Risikovorsorge für neue, das heißt ab dem 1. Januar 2018 neu in der Kategorie "notleidend" im Sinne der NPL-Definition der EBA eingestufte, notleidende Kredite in der Säule 2 aufbauen. Für den unbesicherten Teil neuer NPL soll innerhalb von zwei Jahren ein aufsichtlicher Risikovorsorge-Backstop in voller Höhe gebildet werden, für den besicherten Teil muss nach spätestens sieben Jahren eine vollständige Deckung vorliegen. Nach der von der EZB noch 2017 durchgeführten Anhörung wird an den grundsätzlichen Anforderungen des Backstops in der Säule 2 festgehalten. Lediglich der Erstanwendungszeitpunkt wird sich wohl verschieben.

Weniger bedeutende Institute/LSI-Aufsicht: Die vorgestellten EZB-Leitfäden richten sich überwiegend an die von der EZB direkt beaufsichtigten Institute, da die EZB bei diesen die Vor-Ort Prüfungen und SREP-Einschätzungen selbst durchführt. Für die weniger bedeutenden Institute wird die Aufsicht mit wenigen Ausnahmen durch die nationalen Aufsichtsbehörden ausgeübt. Zur Sicherstellung hoher aufsichtlicher Standards für alle Institute und zur Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen hat die EZB eine Überwachungsrolle bezüglich der LSI-Aufsicht zugewiesen bekommen.

Überwachungsrolle bezüglich der LSI-Aufsicht

Zur Erreichung eines weitgehend einheitlichen Aufsichtsprozesses ist die Anwendung einer gemeinsamen Methode für den LSI-SREP durch alle nationalen Aufseher die wichtigste Voraussetzung. Die EZB kündigt an, dass die vollständigen LSI- SREP-Vorgaben ab 2018 durch die nationalen Behörden bis 2020 umgesetzt sein sollen.37) Die BaFin hat in diesem Zusammenhang bereits in 2017 eine Diskussion über die Ermittlung der Risikotragfähigkeit nach § 25a KWG und MaRisk gestartet.

Weitere ausgewählte Veröffentlichungen der EZB zeigt die Abbildung 2.

Für 2018 veröffentlichte die EZB als Schwerpunkte ihrer Aufsichtstätigkeit eine Reihe von bekannten und neuen Themenfeldern: Analyse der Ertragskraft der Banken, Weiterverfolgung der Sensitivitätsanalyse des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch (IRRBB), Überprüfung von NPL-Strategien und Verbesserung der zeitnahen Erfassung von Wertberichtigungen und Abschreibungen.38) Die Analyse der Risikokonzentration sowie der Sicherheitenverwaltung und die Sicherheitenbewertungspraxis der Banken stehen ebenfalls auf der Agenda der EZB. Im Bereich Risikomanagement wird mit dem TRIM-Projekt die gezielte Überprüfung interner Modelle fortgesetzt und an der Verbesserung von ICAAP und ILAAP der Institute gearbeitet. Darüber hinaus wird die Überwachung der Umsetzung des IFRS 9 durch die Institute weiterverfolgt. Und schließlich gehören zu den für 2018 geplanten Aufsichtsaktivitäten auch Stresstests und die laufenden Vorbereitungen auf den Brexit.

SRB/MREL: Die in Brüssel ansässige einheitliche Abwicklungsbehörde SRB wird anstelle der bisherigen informellen MREL- Zielkennziffern 2018 bankspezifisch bindende konsolidierte MREL-Zielquoten für die Mehrheit der größten und komplexesten Banken unter SRB-Verantwortung vorgeben.39) Zu diesen Instituten zählen in jedem Fall alle global systemrelevanten Institute sowie solche, für die sogenannte "Resolution Colleges" existieren.

Basel III/IV

Mit den Veröffentlichungen vom 7. Dezember 2017 hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) sein Rahmenwerk für die Banken finalisiert. Die bis zuletzt kontrovers geführte Diskussion um die Höhe des Capital Floors wurde mit der Festlegung bei 72,5 Prozent abgeschlossen. Gleichzeitig wurden die Standardansätze für das Kreditrisiko, das CVA-Risiko und das Operationelle Risiko überarbeitet und deutlich risikosensitiver, aber auch komplexer gestaltet. Auch wenn die Umsetzung der finalen Regeln erst 2022 erfolgt, liegen die Herausforderungen jetzt vor allem in der Analyse der Auswirkungen, die sich je nach Geschäftsmodell und Portfolio der Institute ganz unterschiedlich darstellen können. Die wesentlichen Änderungen, die das Basel-IV-Rahmenwerk mit sich bringt, zeigt die Abbildung 3. Offen ist noch die Behandlung von Staatsanleihen. Hier hat der Baseler Ausschuss ein Diskussionspapier zur Überarbeitung der regulatorischen Behandlung von Staatsanleihen vorgestellt.40)

Die Umsetzung der 2017 finalisierten Vorgaben auf nationaler und europäischer Ebene werden die Institute und ihre Leitungsorgane auch 2018 intensiv beschäftigen. Zu den wesentlichen Treibern der Fülle der Vorgaben zählen vor allem die EBA und ESMA. Auf diese Behörden greift der EU-Gesetzgeber verstärkt zurück und nutzt das Instrument der nachgelagerten Regulierung, um sehr komplexe und technisch detaillierte Vorschriften entwickeln zu lassen (Level 2 Technische Standards). Daneben hat der Gesetzgeber den Behörden Kompetenzen für Level 3 (Leitlinien) zugewiesen.

Nicht optimale Gemengelage

Die grundlegenden Reformen nach der Finanzmarktkrise sind essenziell gewesen, um die Widerstandsfähigkeit der Institute und den Anlegerschutz zu stärken. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass viele Dokumente schnell einen Umfang annehmen können, bei dem die Effektivität zum Teil infrage gestellt werden darf. Neben EBA und ESMA hat die EZB im letzten Jahr ihre aufsichtlichen Erwartungen an die direkt beaufsichtigten Institute mit umfangreichen Veröffentlichungen konkretisiert. Diese Vielfalt führt zu weiteren Anwendungsfragen, wenn sich die Behörden unabhängig voneinander zu demselben Regelungsbereich äußern wie zum Beispiel bei der NPL-Thematik oder beim "Fit & Proper"- Test für Leitungsorgane. Diese nicht optimale Gemengelage für die Institute resultiert unter anderem daraus, dass der EU-Gesetzgeber die bankaufsichtlichen Regelungen nicht nur in unmittelbar geltenden Verordnungen, sondern auch in Richtlinien erfasst hat.

Die Auseinandersetzung mit den Vorgaben und die Umsetzung in den Banken erfordern einen hohen Einsatz auf allen Ebenen bis hin zum Aufsichtsorgan, welches überwachen muss, ob die Geschäftsleitung die bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen einhält. In allen drei Verteidigungslinien der Institute müssen geeignete Prozesse und Kontrollen zur Einhaltung der Anforderungen vorhanden sein.

Die beiden Autorinnen greifen aktuelle regulatorische Themen auch in ihrem Regulatory Blog auf: http://blogs.pwc.de/regulatory/

Fußnoten

1) Ref.-Entwurf zur Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung (ImmoKWPLV)

2) SteuerumgehungsbekämpfungsG

3) Gesetz zur Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuausrichtung der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen

4) Verordnung über die Liquidität der Institute (Liquiditätsverordnung-LiqV)

5) Rundschreiben 09/2017 (BA) - Mindestanforderungen an das Risikomanagement - MaRisk

6) BaFin-Rundschreiben 10/2017 "Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT" (BAIT)

7) Konsultation 13/2017 - Entwurf der Neufassung des Rundschreibens 11/2011 (BA) für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch

8) Consultation on Guidelines on technical aspects of the management of interest rate risk (EBA/CP/ 2017/19)

9) Joint Committee Leitlinien zur Beschwerdeabwicklung für den Wertpapierhandel (ESMA) und das Bankwesen (EBA) (JC-2014-13)

10) BaFin-Konsultation 06/2017: Entwurf eines gemeinsamen Rundschreibens zur Beschwerdebearbeitung in Wertpapierhandel und Kreditwesen

11) Konsultation 18/2017 - Änderung der Finanz- und Risikotragfähigkeitsinformationenverordnung

12) Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV))

13) Richtlinie 2014/65/EU) und (Verordnung (EU) Nr. 600/2014)

14) Zweites Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 2. Fi-MaNoG)

15) BMF Referentenentwurf der Verordnung zur Änderung der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und -Organisationsverordnung vom 21. Dezember 2017

16) Konsultation 15/2017 (WA) - MaComp

17) Fn. 10

18) Thelen-Pischke, Sawahn: Regulatorische Agenda 2017 für Vorstände und Aufsichtsorgane - wie geht es weiter? (ZfgK 2017/03)

19) VO (EU) 2017/2395 vom 12. Dezember 2017

20) VO (EU) 2017/2399 vom 12. Dezember 2017

21) VO (EU) 2017/2402 vom 12. Dezember 2017

22)VO (EU) 2017/2401 vom 12. Dezember 2017

23) Revisions to the SEC Framework (BCBS 303)und Überarbeitung des Verbriefungsrahmens - erweitert um die alternative Kapitalbehandlung für STC-Verbriefungen (BCBS 374)

24) EU Commission Consultation on statutory prudential backstops addressing insufficient provisioning for newly originated loans that turn non-performing

25) EU Kommissionsvorschlag: COM/2017/0536 final

26) EU-Kommissionsvorschlag für eine VO über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (COM/2017/790 final)

27) Annex A: EBA Benchmarking regarding the number of directorships, time commitment and training

28) BaFin Journal 10/2017 S. 9

29) EBA/GL/2017/15

30) www.eba.europa.eu

31) ECB: SSM SREP Methodology Booklet - 2016 edition

32)Vgl. EZB-Leitfaden für notleidende Kredite (März 2017)

33) ECB Guidance Guide to fit and proper assessments, May 2017

34) ECB Guidance on leveraged transactions, May 2017

35) EZB-Leitfaden NPL

36) Konsultation zum Entwurf einer Ergänzung zum EZB-Leitfaden für Banken zu notleidenden Krediten

37) ECB: LSI supervision within the SSM, November 2017

38) EZB-Bankenaufsicht: Prioritäten des SSM 2018

39) Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities (MREL) SRB, Policy for 2017 and Next Steps

40) BCBS Discussion paper: The regulatory treatment of sovereign exposures (BCBS 425)

Hiltrud Thelen-Pischke Director, Financial Services Regulatory Management, PricewaterhouseCoopers AG, Frankfurt am Main
Wiebke Sawahn Financial Services Regulatory Management, PricewaterhouseCoopers AG, Frankfurt am Main
Wiebke Sawahn , Senior Associate, Risk and Regulation Knowledge, Training and Media, PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart

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