Karl im Brahm

"Kernbankenlösungen müssen die Fähigkeit haben, Dritte flexibel anzubinden"

Karl im Brahm, Foto: Avaloq

Das Kernbankensystem bleibt für Karl im Brahm das Herzstück des Geschäftsmodells der Banken und Garant für die Verbuchung aller Geschäftsvorfälle sowie darauf aufbauend der Erstellung von Bilanz und GuV-Rechnung. Aber er registriert am Markt eine allgemeine Tendenz zu einer Offenheit des Systems für die Anbindung Dritter und den Aufbau eigener Ökosysteme. Mit der gestiegenen Zahl von Schnittstellen und deren weiterer Ausweitung in der PSD2-Welt verbindet er im Redaktionsgespräch einen hohen Stellenwert an zuverlässigen Sicherheitsprüfungen, hält dieses Thema durch Standardschnittstellen, eine strenge Überwachung und einen zertifizierten Aufnahmeprozess aber für beherrschbar und durch die zuständigen Aufsichtsbehörden für gut überwacht. Die Einzelanwender von IT-Technik sieht er hinsichtlich Geschwindigkeit und Innovation sowie einer möglichen Teilung des regulatorischen Aufwands gegenüber der Gemeinschaft mehrerer Anwender tendenziell benachteiligt. (Red.)

Wie hat sich das Geschäft von Avaloq im Berichtsjahr 2018 entwickelt? Welche Eckdaten und Fakten sind besonders wichtig?

In der Gruppe sind wir mit einem Umsatz von gut 579 Millionen Schweizer Franken gewachsen, das bedeutet eine Steigerung um rund 6 Prozent. Wachstumstreiber waren vor allem Serviceleistungen wie Software as a Service (SaaS) und Business Process as a Service (BPaaS), wir bewegen uns damit weiterhin weg vom klassischen Lizenzgeschäft. Mit der Anbindung der Schweizer Raiffeisenbanken haben wir zudem ein Großprojekt bewältigt. Konkret haben wir 253 Raiffeisenbanken an rund 900 Standorten und mit 11 000 Mitarbeitern auf unsere Plattform gehoben. Das gibt Rückenwind für weitere Aktivitäten, auch auf dem deutschen Markt.

Wo stehen Sie in Deutschland?

Hierzulande haben wir sechs Bestandskunden, deren Geschäftsmodelle wir vor dem Hintergrund der neuen Rahmenbedingungen wie Digitalisierung und PSD2 gemeinsam weiterentwickeln. Im On boarding mit der Apobank sind wir in der Projektarbeit und im Zeitplan gut unterwegs, um die Migration wie geplant im kommenden Jahr umzusetzen. Auch die Vertriebspipeline zum Aufbau neuer Kundenbeziehungen ist gut gefüllt. Das gesetzte Ziel, in Deutschland zu wachsen, ist erreichbar.

Mit welchen Lösungen, Kooperationen und Partnerschaften will Ihr Haus weiter wachsen?

Wichtig ist uns insbesondere die bereits in Gang gesetzte Partnerschaft mit IBM unter den Stichworten Cloud und Cloud-Computing beziehungsweise Infrastruktur als Serviceangebot. In Singapur und in der Schweiz arbeiten wir bereits an der Implementierung dieser Lösung. Und auch in Deutschland werden wir diese Kooperation in Absprache mit unseren Kunden in den Jahren 2019 und 2020 vorantreiben. Services aus der Cloud heraus anzubieten, hat viele Vorteile. Es hilft bei der Kostenoptimierung und bei der Sicherstellung der Time-to-Market-Fähigkeit unserer Kunden.

Welche neuen Entwicklungen treibt Avaloq selbst voran und bei welchen muss das Unternehmen unbedingt Anschluss halten?

2018 war für die gesamte Industrie, damit auch für uns und unsere Kunden, ein Jahr voller Veränderungen, die Stichworte Handelskrieg, Niedrigzinspolitik und Brexit beeinflussen erheblich unser Geschäft, weil sich die Banken mit diesen Themen ebenso auseinandersetzen müssen wie mit den Regulierungsvorgaben und den veränderten Kundenbedürfnissen im Rahmen der Digitalisierung. Mit dem Plattformbanking, dem Cloud-Banking und Big Data haben wir diverse Lösungen und Fähigkeiten, ein Ökosystem für die Banken aufzubauen. Besonders wichtig ist dabei die Schnelligkeit. Es gilt, sehr schnell auf den digitalen Wandel zu reagieren, weil sich die Endkunden heute per Klick entscheiden.

Welche Bedeutung hat PSD2 in diesem Zusammenhang?

Der Kampf um die Kundenschnittstelle ist in vollem Gange. Nicht zuletzt durch PSD2 werden die direkte persönliche Kommunikation und die technischen Lösungen zusammenwachsen. Nur Banken, die sich auf diesen radikalen Wandlungsprozess einlassen, haben die Chance, im Wettbewerb zu bestehen. Google und Apple Pay machen es der Branche nicht nur im Zahlungsverkehr vor. Sie werden sich auch mit Bankleistungen weiterentwickeln und sind nur ein Beispiel für die Aktivitäten anderer Großtechnologieunternehmen. Die Banken ihrerseits werden sich mehr und mehr auf offene Systemschnittstellen einstellen müssen, die über eine klassische Kernbankenanbindung hinausgehen.

Welche Bedeutung hat ein Kernbankensystem heute noch? Gibt es an dieser Stelle neue Entwicklungen und Einschätzungen?

Die Kernbankenlösung ist für jede Bank das Herzstück des Geschäftsmodells. Das fängt an bei der klassischen Buchungsmaschine, mit der das Hauptbuch geführt wird. Alle Geschäftsvorfälle werden verbucht, darauf baut die Rechnungslegung mit der Erstellung von Bilanz und GuV Rechnung auf. All das war und ist unerlässlich für ein Kreditinstitut, diese Kernfunktionalität wird auch bleiben. Darüber hinaus - und das wird spannend - werden alle bankfachlichen Aspekte inklusive der Prozesse in einer Kernbankenlösung abgebildet. Und die Schnittstelle zum Kunden mit den Stichworten Multikanalbanking und Omnikanalbanking ist angebunden und steht im engen Zusammenspiel mit einer Kernbankensoftware. Die Schnittstelle zu den Drittprovidern, sprich Meldewesen, die Anbindung an die Börsen, an das Custody Geschäft muss gewährleistet sein. All das gehört zur Kernbankenlösung.

Eng mit der Beurteilung einer Kernbankenlösung verbunden sind heute allerdings Fragen der Flexibilität, der Modularität und der Fähigkeit, weitere Dritte anzubinden. Das führt weg von der klassischen Kernbankfunktion und hin zu einer Offenheit des Systems und des eigenen Ökosystems. Diese Philosophie ist in den vergangenen Jahren sehr wichtig geworden, beispielsweise durch die Themen Plattformisierung, Big Data und Predictive Analytics.

Wie sehen Sie Ihr Haus bei diesen Anforderungen positioniert?

Im übertragenen Sinne gehört die Anbindung von Dritten bei Avaloq zur DNA, seit Gründung hat sich unser Haus über das normale Kernbankensystem hinaus darum gekümmert. Das Thema Open Banking spielt eine ganz bedeutende Rolle. Seit Jahren werden Innovationen in diesem Umfeld massiv vorangetrieben, das unterstreicht zuletzt die neue Plattform avaloq.one. Damit verfügen wir - getrieben durch die Anforderungen der PSD 2 - über eine Architektur, um Fintechs nach einem standardisierten Verfahren anzubinden, sei es auf Wunsch unserer Kunden oder von Avaloq initiiert. Heute können wir Banken an ein Ökosystem von weltweit rund 11 000 Fintechs anbinden. Deren vielfach brillante Innovationen und Produktideen begreifen wir dabei nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung unserer eigenen Lösungen im Rahmen eines Ökosystems.

Welche Aktivitäten gibt es rund um das Thema Blockchain?

Die Blockchain Technologie ist derzeit in aller Munde, es stellt sich allerdings die Frage, ob und wann es hinreichend Anwendungsfälle gibt. Avaloq hat sich vor gut einem Jahr mit 10 Prozent an dem Blockchain Spezialisten Metaco beteiligt. Wir sind davon überzeugt, unseren Banken künftig neue Lösungen anbieten zu müssen, zum Beispiel Krypto Währungen als neue Assetklasse. In der Schweiz haben schon zwei unserer Kunden diese Lösung im Einsatz. Darüber hinaus nimmt Blockchain in unseren eigenen Entwicklungszentren, zum Beispiel in Edinburgh, viel Gewicht ein.

Zum Thema Blockchain gibt es viele Initiativen und Projekte, in denen Banken einfach mitmischen wollen oder müssen, um bei der Entwicklung vorn mit dabei zu sein und die Basistechnologie gemeinsam ohne wirkliches Konkurrenzverhältnis voranzutreiben. Sind Sie in solchen Konsortien vertreten?

Ja, Avaloq ist Bestandteil dieser Innovationsgemeinschaft. Wir loten als Mitglied in der Ethereum Allianz mit vielen Banken aus, was in einem Blockchain-Ökosystem möglich und für den Praxiseinsatz tauglich ist. Dabei zeichnen sich Einsatzmöglichkeiten ab, die weit über das klassische Bitcoin und Währungsgeschäft hinausgehen, beispielsweise die Übertragung von physischen Vermögenswerten, angefangen von Immobilien bis hin zum Diamantenhandel und anderen Rohstoffen. Stand heute gilt es freilich noch, ei ne Reihe von Herausforderungen wie Speicherkapazitäten oder regulatorische Herausforderungen zu bewältigen, beispielsweise Lizenzen, Ansprüche und Nutzungsmöglichkeiten, die sich alle über diese Technologie abwickeln lassen. Damit beschäftigen sich nicht zuletzt die Aufsicht und spezialisierte Anwaltskanzleien.

Sie haben angedeutet, auch den Fintech-Markt im Blick zu behalten. Können sich die Banken voll darauf verlassen, dass Ihr Haus die richtigen Fintechs für die jeweiligen Geschäftsmodelle findet oder müssen sie sich selbst um die Auswahl kümmern?

Es ist in aller Regel ein gegenseitiges Zusammenwirken, wobei die Banken eher von Avaloq profitieren, weil wir weltweit vertreten sind, ständig im Austausch stehen und die Anbindung Externer schon immer gepflegt haben. Zudem haben wir einen eigenen Venture Fonds für Fintechs aufgelegt. Über die IT und die Plattform wissen wir frühzeitig, in welchem Geschäftsmodell Unternehmen angebunden werden können. Gegenüber den Banken haben wir damit eine Beratungsverpflichtung. Meiner Einschätzung nach werden 80 Prozent der Anbindungen aus der Avaloq Community heraus getrieben und 20 Prozent sind von einzelnen Banken initiiert, die mit Vorschlägen auf uns zukommen.

Ihr Haus versteht sich demnach zunehmend als Mittler zwischen Banken und Fintechs ...

Genau, früher wurden viele neue (Produkt )Ideen in den Entwicklungszentren der Banken geboren. Heute entstehen sie oft schneller und von einem stärkeren Unternehmergeist geprägt bei hoch motivierten Fintechs. Diese wiederum kennen unsere Vernetzung mit 150 Banken sowie den rund 250 Raiffeisenbanken in der Schweiz und nutzen unsere enge Verbindung zu ihnen, um ihre Produkte bei den Banken zu platzieren. Wir bringen beide Seiten zusammen und sorgen auf Wunsch für eine rasche Anbindung an die Systeme.

Haben die beiden deutschen Verbundorganisationen mit ihren Verbundunternehmen und der Festlegung auf die gruppeneigenen Rechenzentren genauso große oder eher kleinere Chancen, die richtigen Fintechs anzubinden?

Die deutschen Verbundunternehmen haben eine andere Historie. Sie sind über den Ansatz der Kostenoptimierung und der Realisierung von Economies of Scale gewachsen. Heute setzen sich ihre Rechenzentren ebenfalls mit Fintechs und dem neu entstandenen Ökosystem auseinander. Es stellt sich folglich die Frage, wer beim Verständnis für neue Entwicklungen und bei der Geschwindigkeit Vorteile bei der Umsetzung hat.

Das klingt sehr danach, als sollten sich die Schweizer Raiffeisenbanken auf Dauer besser entwickeln als die hiesigen Genossenschaftsbanken?

Natürlich möchten wir unseren Kunden die digitale Zukunft erleichtern, aber der Vergleich ist schwierig, weil die Basis eine andere ist. Unsere Software ist schon auf den Ansatz angelegt, Fintechs anzubinden. Der Prozess der Produktentwicklung in den deutschen Verbünden funktioniert in meiner Wahrnehmung anders, zum Beispiel unter Beteiligung diverser Gremien.

Der grundsätzliche Ansatz der Öffnung für Dritte wird auch von den beiden deutschen Verbundorganisationen verfolgt, bis hin zur Verwertung der verfügbaren Kontodaten. Was entscheidet den Wettbewerb?

Es stimmt, diese Strategie der Monetarisierung von Daten ist mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit allgemein wichtig und richtig. Sie wird immer entscheidender, die Banken brauchen und suchen an dieser Stelle schnell nach konkreten Lösungen. Ein sehr wichtiger, wenn nicht der zentrale Aspekt bleibt aber die Geschwindigkeit der Umsetzung. Eine verlässliche und sichere IT sowie die Erfüllung regulatorischer Vorgaben gehören heute zum Standard. Moderne Kunden, deren Entscheidungen über diverse Marktplätze letztlich durch einen Klick gekennzeichnet sind, werden jedoch zunehmend mit der Geschwindigkeit der Umsetzung von neuen Ideen bei veränderten Kundenbedürfnissen gewonnen. Das führt unmittelbar zu den angesprochenen Themen Cloud, Open Banking bis hin zu Big Data.

Stichwort Analytics: Wie offensiv trägt Avaloq solche Lösungen an seine Kunden heran?

Den durch PSD2 forcierten Kampf um die Kundenschnittstelle gewinnt man nur, wenn man die Kunden versteht und das wiederum setzt eine vernünftige Auswertung von Daten voraus. Grundsätzlich kann das jede Bank aus ihren Bestandsdaten über ein Data Warehouse bieten. Viel spannender wird aber die Voraussage von Kundenverhalten über KI. Predictive Analytics ist an dieser Stelle das entscheidende Stichwort. Hier sehen wir uns mit unseren Lösungen insofern gut aufgestellt, als alle Daten in der Avaloq Welt voll im System integriert sind, und zwar konsistent und in Realtime. Es stellt sich freilich die Frage, ob alle Auswertungen selbst gemacht werden oder ob Dienstleister über Schnittstellen angebunden werden sollten, die den Mehrwert für den Kunden erzeugen.

Wie andere Dienstleister hat Avaloq ein Budget und muss entscheiden, auf welchen Trend das Unternehmen anspringt, welche Investitionen es tätigt. Nach welchen Kriterien erfolgt beispielsweise die Lenkung der Mittel für die Anbindung neuer Schnittstellen?

Die Frage der Ausrichtung unseres Budgets beschäftigt uns ständig. Allein die Zahl der Schnittstellen (APIs), die europäischen Banken zur Verfügung stehen, ist mit aktuell rund 1 700 in den vergangenen Jahren extrem gestiegen. Hinter jeder Schnittstelle steht ein spezieller Anwendungsfall, sei es für das Kreditgeschäft oder für Lösungen im Zahlungsverkehr. Mit PSD2 wird am Markt zusätzlich die Einschätzung verbunden, dass sich die Anzahl der APIs noch einmal um das Zehnfache steigern könnte. Zum Vergleich: Vor acht Jahren gab es lediglich rund 100 Schnittstellen.

Die Technologie steht grundsätzlich bereit für ein Plattformgeschäft aller Art. Und ich wage die Behauptung, wir können jeden Anbieter an unsere Plattform anbinden. Aber die Auswahl der richtigen Adressen wird tendenziell schwieriger. Denn es gibt inzwischen enorm viele Use Cases, die Banken im Rahmen einer Plattform aufbauen wollen. Vor zehn Jahren wäre eine solche Diskussion überhaupt nicht geführt worden. Aber aus Projekten in Jahren sind eben Projekte von Wochen oder allenfalls weniger Monate geworden. Die Geschwindigkeit der Umsetzung hat sich dramatisch erhöht.

Welche Ertragserwartungen hat die Branche an das Plattformgeschäft?

Aus diversen Finanzmarktstudien lässt sich entnehmen, dass die Erwartungshaltung groß ist. In der Finanzindustrie erwarten 90 Prozent aller Banken mit Open Banking, also mit dem Plattformgeschäft, einen Wachstums und Ertragsschub von 10 Prozent. Gleichzeitig wollen 65 Prozent das Open Banking mehr als Chance denn als Bedrohung verstanden wissen. Im Kreditbereich, so zeigt die Differenzierung nach einzelnen Einsatzfeldern, werden Ertragssteigerungen von 20 Prozent für möglich gehalten, im Zahlungsverkehr von 17 Prozent und im Geschäftsfeld Cash beziehungsweise Konto 17 Prozent. Im klassischen Retail Wertpapierbereich sind es immerhin noch 11 Prozent.

Im vergangenen Jahr gab es hierzulande auffällig oft Plattformlösungen im Schuldscheingeschäft. Ist dieser Trend in dem konkreten Fall eher von Technikanbietern wie Avaloq oder von Banken initiiert?

Auf diesem Feld probieren derzeit in der Tat verschiedene Wettbewerber ihre Lösungen aus, wobei man davon ausgehen darf, dass sich allenfalls eine Handvoll am Markt wirklich durchsetzen wird. Unser Haus ist dabei eher flankierend tätig und stellt Technologie zur Verfügung. Der Anstoß kam im Fall des Schuldscheingeschäftes maßgeblich von den Emittenten oder Intermediären, wobei unterschiedliche Beweggründe mitspielen. Sie wollen das eigene Geschäft in der Plattform platzieren und Drittgeschäft zur Verfügung stellen. Als zweite Frage war ganz entscheidend, über welche Technologie das Ganze organisiert werden soll. Es gibt Blockchain Ansätze und andere.

Steigen mit der von Ihnen skizzierten Fülle der möglichen Schnittstellen die Sicherheitsrisiken?

Das haben wir uns auch immer wieder gefragt und legen demnach viel Wert auf die Organisationform der Plattform sowie zuverlässige Sicherheitsprüfungen. Das einfache Zauberwort heißt Standardisierung. Wir stellen eine Standardschnittstelle zur Verfügung. Dagegen programmiert der Partner seine Lösung. Dieser gesamte Prozess unterliegt einer strengen Überwachung, jeder Aufnahmeprozess wird zertifiziert. Wir prüfen die Unternehmen. Wie sieht ihre Software aus? Ist diese wirklich sicher? Mit den Fintechs wird gleichzeitig die Zusicherung vereinbart, ihre Lösung durch neue Releases weiterzuentwickeln. Auf Wunsch der Kunden kann auch das Vertragsmanagement von uns übernommen werden. Zudem wird das Ganze in ein regulatorisches Vertragswerk zwischen Avaloq, dem Fintech und dem Bankpartner eingebunden. Kurzum: Es gibt einen sehr strukturierten, sicherheitsorientierten Prozess. Wir müssen nicht für jeden Partner und jeden Fall eine eigene Schnittstelle bauen. Die Plattform versetzt uns zudem in die Lage, eine solche Anbindung innerhalb eines Monats zu realisieren. In der alten Welt war dazu teilweise eine Roadmap von mehreren Jahren erforderlich.

Über unsere Kunden - also die Banken - unterliegen wir zudem indirekt der Aufsicht. Alle Aspekte rund um IT Sicherheit, IT Management, BAIT sind organisatorisch manifestiert und wir werden auch danach geprüft. DSGVO und Risikomanagement sind bei uns nach den gesetzlichen Anforderungen geregelt. Das alles müssen wir für die Banken als unsere Kunden gewährleisten.

Gibt es direkte Prüfungen Ihres Hauses durch die BaFin?

Nein, wir unterliegen nur der Aufsicht in der Weiterverlagerung. Direkt geprüft werden unsere Kunden, sie müssen der Aufsicht nachweisen, dass sie deren Anforderungen erfüllen. Dabei unterstützen wir die Banken mit unseren Prüfberichten.

Stichwort Regulatorik: Helfen die regulatorischen Anforderungen Ihrem Haus und seinen Wettbewerbern, weil die Banken selbst die Fülle an Neuerungen selbst gar nicht mehr oder nur zu unvertretbar hohen Kosten bewältigen können? Sind Eigenentwicklungen, etwa bei Großbanken, heute überhaupt noch sinnvoll?

Viele Großbanken bauen immer noch sehr stark auf Eigenentwicklungen oder hybride Modelle. In Teilen wird SAP eingesetzt, kombiniert mit vielen weiteren Einzellösungen. Jede Bank muss sich aber immer die Frage der Größenordnung stellen. Wie steht meine IT im Verhältnis zu meinem Geschäftsmodell beziehungsweise zu den Erträgen, die erzielt werden können? Dieses Verhältnis kippt mit höheren regulatorischen Anforderungen ständig.

Es geht im Grundsatz immer darum, regulatorischen Aufwand zwischen vielen Nutzern zu teilen. Das kann ein einzelnes Haus mit eigenen Anwendungen gerade nicht, unabhängig davon wie groß es ist. Jeder Einzelkämpfer liegt in puncto Geschwindigkeit und Innovation gegenüber der Gemeinschaft von mehreren Anwendern der Tendenz nach bei höheren Kosten.

Was bedeutet das für grenzüberschreitende Bankenfusionen? Werden diese durch Anbieter wie Avaloq erleichtert?

Wir haben die Regulatorik in fast allen Ländern schon abgebildet, dieses Asset können wir unseren Kunden in der Tat zur Verfügung stellen. Deshalb hat die Eigenentwicklung immer Nachteile gegenüber SaaS (Software as a Service) oder BPaaS (Business Process as a Service).

Registrieren Sie diese Überlegungen auch am Markt?

Natürlich, das ist weltweit ein starker Treiber für Outsourcing Lösungen großer Banken. Die Nutzung von SaaS ist in allen Branchen zu beobachten.

Gibt es eher einen Trend zum Outsourcing oder zum Insourcing?

Die Rahmenbedingungen sprechen eindeutig für ein Qutsourcing, auch wenn jede Bank interne Mitarbeiter haben sollte, die solche Projekte stemmen und steuern können. Es muss immer geprüft werden, ob der Kostenapparat die Eigenentwicklung noch trägt und wie die Digitalisierung sich umsetzen lässt. Das gilt für Häuser aller Größenordnungen. In der Praxis geht es heute oft um das Outsourcing von Prozessen, also die Abwicklung von Backoffice Aktivitäten.

Stichwort Data Lake: Wie sehen Sie diesen Begriff und die damit verbundenen Möglichkeiten?

Die generelle Idee der Data Lakes resultiert aus dem Wunsch heraus, ein riesiges Data Warehouse zu haben, in dem noch weitere Daten mit einbezogen sind. In dem Umfeld und der Begrifflichkeit von Avaloq sehe ich solche Datenseen nicht. Das erklärt sich ganz einfach aus dem Grundkonzept unserer Software, die stets eine vollintegrierte Lösung darstellt, sprich alle Daten stehen in Realtime zur Verfügung. Beispiel: Ein Vermögensverwalter führt eine Transaktion für einen Kunden aus. Das kann in Realtime in der Bilanz abgebildet werden. Werden weitere Daten gebraucht, lassen sich auch in der Avaloq Welt alle notwendigen Data Warehouses anbinden. Damit lässt sich ein ganzheitlicher Blick auf den Datenhaushalt der Banken gewährleisten, wie ihn die Aufsicht fordert.

Karl im Brahm Vorstandsvorsitzender, Avaloq Sourcing AG, Berlin
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