Schwerpunkt

Kerninfrastrukturinvestments in institutionellen Portfolios

Die Inflationsrisiken bleiben rund um den Globus hoch und gefährden die Stabilität und Nachhaltigkeit des globalen Wirtschaftswachstums. In den aufstrebenden Emerging Markets wie China betrug die Inflation zuletzt 5,5 Prozent jährlich, in Brasilien mehr als sechs Prozent (6,55 Prozent). In den moderater wachsenden Industrienationen wie den USA lagen die Erhöhungen der Verbraucherpreise immer noch bei 3,6 Prozent per annum und in der Eurozone bei 2,7 Prozent. Da letztgenannter Wert bereits über dem Zielkorridor der europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent liegt, hat diese weitere Zinserhöhungen angekündigt. Im April und im Juli erhöhte die EZB den Leitzins um jeweils 0,25 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent.

Doch nicht alle Staaten sehen einen Bedarf für geldpolitische Maßnahmen. Ein Beispiel ist die USA, wo die Fed ihren moderaten Wirtschaftsaufschwung nicht durch Zinserhöhungen gefährden will. Es dürfte also vorerst keine weltweite Trendwende in Richtung Inflationsbekämpfung geben. Vor diesem Hintergrund wird auch in Zukunft mit steigenden respektive hohen Inflationsraten gerechnet.

Der Inflation nicht schutzlos ausgeliefert

Auch aufgrund der stark gestiegenen Staatsverschuldung als Folge der globalen Finanzkrise haben die meisten Staaten nur wenig Interesse an einer nachhaltigen Inflationsbekämpfung. In Phasen hoher Inflation verringert sich der Realwert der ausstehenden Staatsschulden. Zudem erhöhen sich dank progressiver Einkommenssteuertarife die Staatseinnahmen (kalte Progression) bei hoher Inflation. Für die stark verschuldeten Industrienationen ist dies ein nicht zu vernachlässigender Aspekt. Zu den Verlierern in Perioden steigender Inflation gehören in der Regel die Sparer. Der reale, also inflationsbereinigte Wert ihrer Lebensversicherungen, Sparbücher oder Renten sinkt bei hoher Inflation.

Anleger sind der Inflation aber nicht schutzlos ausgeliefert. Mit entsprechenden Investitionsstrategien können Anleger an steigenden Teuerungsraten partizipieren. Hierzu gehören Inflation Linked Bonds, Floating Rate Bonds, Real Assets (Rohstoffe, Immobilien), Aktien sowie Infrastruktur-Anlagen, deren Erträge an die Entwicklung der Inflation gekoppelt sind (Inflationslink).

Für private Investoren eröffnet die hohe Staatsverschuldung Gelegenheiten, da zahlreiche Industrieländer ihre Infrastruktureinrichtungen privatisieren, da der Staat die Aufrechterhaltung der Infrastruktur nur noch ungenügend oder zu einem sehr hohen Preis gewährleisten kann. Hinzu kommt der enorme Infrastrukturbedarf in den aufstrebenden Schwellenländern, wie zum Beispiel Brasilien und Indien, der attraktive Möglichkeiten für private Investoren schafft.

Tendenz zur Privatisierung von Infrastruktureinrichtungen

Der Infrastrukturbedarf ist weltweit stark gestiegen. Allein in Deutschland gehen Experten von notwendigen Investitionen in Höhe von 400 Milliarden Euro für Verkehr, Wasser und Umwelt bis zum Jahr 2030 aus. Aufgrund der hohen Staatsverschuldung vieler westlicher Länder dürfte die Privatisierung zahlreicher Infrastruktureinrichtungen sowie deren Finanzierung über die kommenden Jahre deutlich zunehmen. Griechenland beispielsweise plant die Privatisierung des Athener Flughafens sowie des Hafens von Piräus. Die OECD schätzt den gesamten weltweiten Infrastrukturbedarf in den nächsten 20 Jahren sogar auf 65 Billionen US-Dollar.

In China erfordert die immer stärker werdende Urbanisierung und das Wirtschaftswachstum einen massiven Ausbau der Infrastruktur. Nach Schätzungen des chinesischen Eisenbahnministeriums sollten sich die Investitionen für den Ausbau des Straßen- und Eisenbahnnetzes 2011 auf insgesamt rund 110 Milliarden US-Dollar belaufen. Das nationale Statistikbüro schätzt die Länge des Autobahnnetzes im Jahre 2030 auf zirka 120 000 Kilometer. Weltweit werden sich laut OECD die Ausgaben für den Straßenbau bis 2030 auf etwa 220 bis 290 Milliarden US-Dollar jährlich belaufen. Für neue Schienenwege werden es dann 50 bis 60 Milliarden US-Dollar sein. China hat bereits 442 Flughäfen mit geteerten Landebahnen und liegt damit weltweit erst auf Platz 15. An erster Stelle steht das Reich der Mitte bereits bei den Wasserstraßen mit 110 000 Kilometer Länge.

Auch Indien will viel für Infrastruktur, speziell für Verkehrswege ausgeben, um sein Wirtschaftspotenzial besser zu nutzen. Dabei geht es auch um Erneuerungen und Ausbesserungen, da das Land mit einem Straßennetz von etwa 3,3 Millionen Kilometer und einem Eisenbahnnetz von 64 000 Kilometer weltweit bereits auf Platz drei, beziehungsweise vier liegt.

Für alle Emerging Markets zusammen genommen schätzt Morgan Stanley den Infrastrukturbedarf auf 20 Billionen US-Dollar über die kommenden zehn Jahre. Doch auch in den Industrieländern ist der Infrastrukturbedarf groß. Alleine im nordamerikanischen Strombereich rechnet die OECD in den nächsten 20 Jahren mit einem Investitionsbedarf von rund 1 800 Milliarden US-Dollar. Das ist nur etwas weniger als die Schätzung für China (zirka 2 100 Milliarden US-Dollar) und lässt den bedauernswerten Zustand eines in der Vergangenheit vernachlässigten Stromnetzes erahnen.

Der Infrastruktursektor ist vor allem wegen seiner stabilen und inflationsgebundenen Cash-Flows sowie einer geringeren Korrelation zu anderen Anlageklassen bei institutionellen Anlegern gefragt.

Was bedeutet Kerninfrastruktur?

Unter dem Begriff Infrastruktur werden alle langlebigen Grundeinrichtungen verstanden, die das Funktionieren einer Volkswirtschaft garantieren. Dazu gehören Unternehmen aus den unterschiedlichsten Bereichen wie etwa Baufirmen, Versorger, Minengesellschaften oder Kernkraftwerksbetreiber. Sinnvoll ist daher die Unterscheidung zwischen Investitionen in infrastrukturnahe Unternehmen und in Kerninfrastruktur-Anlagen. Zur ersten Kategorie gehören Gesellschaften, die von einer starken wirtschaftlichen Aktivität profitieren. Dazu zählt auch der Aufbau oder die Erweiterung von Infrastrukturprojekten, aber nicht ausschließlich.

Zum Beispiel profitiert Siemens als Industriekonzern sowohl von einer allgemeinen guten Wirtschaftslage als auch vom Ausbau der Verkehrs- und Energieinfrastruktur. Daher ist die Siemens-Aktie ein infrastrukturnahes Investment, das tendenziell zyklisch auf die wirtschaftliche Aktivität reagieren sollte. Dagegen sind Investitionen in Kerninfrastruktur weniger konjunktursensitiv. Sie zeichnen sich typischerweise durch eine hohe Kapitalintensität, eine lange Nutzungsdauer, stabile Cash-Flows, hohe Markteintrittsbarrieren und regulatorische Kontrollen aus. Unternehmen, die in Kerninfrastruktur tätig sind, operieren meist in monopolähnlichen Positionen.

Deutlich wird dies am Beispiel des Kerninfrastrukturtitels Enbridge. Der nordamerikanische Pipelinebetreiber ist zunächst auf behördliche Genehmigungen für den Bau und Betrieb einer Pipeline angewiesen. Die verfügbaren Kapazitäten werden in langfristigen Verträgen verkauft. Da es sich bei diesen Verträgen um im Vorfeld definierte Kapazitätsverträge handelt, ist der tatsächliche Wert und das Volumen der transportierten Rohstoffe irrelevant. Der Ertrag der Pipeline ist somit auf viele Jahre bekannt und gesichert.

Realwertcharakter

Partners Group unterscheidet bei der Kerninfrastruktur vier verschiedene Bereiche:

- Transportsysteme wie Mautstraßen oder Häfen,

- Kommunikationssysteme wie Satellitenbetreiber,

- soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen,

- Versorgungseinrichtungen wie Wasserverteilung, Elektrizitätsnetze oder Öl- und Gaspipelines.

Eine weitere positive Eigenschaft von Kerninfrastrukturanlagen ist ihr Realwertcharakter. Man investiert direkt in das Elektrizitätsnetz und nicht in den Stromerzeuger oder direkt in den Satellitenbetreiber und nicht in die Telefongesellschaft. Die stabilen Erträge sowie die vorteilhafte monopolartige Stellung dieser Kerninfrastrukturunternehmen verleiten zu dem Schluss, dass man bestimmte Renditen mit einem deutlich geringeren Risiko erreichen kann. Die vorteilhaften Risiko-Rendite-Eigenschaften der Kerninfrastruktur-Investitionen sind unbestritten, doch auch sie bergen Risiken, insbesondere im politischen oder regulatorischen Bereich (beispielsweise die Anpassung von Konzessionsbestimmungen) sowie durch Naturkatastrophen. Unvorhersehbare Naturereignisse wie etwa der Vulkanausbruch auf Island im Frühjahr 2010, der ein Ertragsrisiko für europäische Flughafenbetreiber darstellte, sowie politische und regulatorische Risiken zeigen die Wichtigkeit einer globalen Diversifikation auf.

Erkennen regulatorischer Risiken - entscheidend für den Anlageerfolg

Um politische Risiken richtig einzuschätzen, ist ein vertieftes Verständnis über Ausgestaltung sowie Anpassungsmöglichkeiten einer Konzession sowie des regulatorischen und politischen Umfelds entscheidend. Infrastruktur-Portfoliomanager werden mit solchen Änderungen häufiger konfrontiert als dies zunächst angenommen wird. Im Jahr 2009 hat die britische Regierung nach ihrer fünfjährlichen Überprüfung die Bestimmungen für die britischen Wasserversorger geändert, was zunächst zu starken Kursverlusten geführt hat. Dieses Beispiel verdeutlicht die Wichtigkeit der Analyse der einzelnen Konzessionen sowie die Kenntnis des regulatorischen Umfelds.

Zudem sind rechtliches und steuerliches Know-how notwendig, um die jeweilige Situation richtig einzuschätzen und Risiken rechtzeitig zu minimieren oder sogar von übertriebenen Reaktionen des Marktes profitieren zu können. Klassische Bewertungsmodelle für Aktien greifen hier grundsätzlich zu kurz.

Langfristig erfolgreich

Zusammenfassend sind Kerninfrastrukturanlagen typischerweise defensiver Natur, was bedeutet, dass sie keinen starken zyklischen Schwankungen unterliegen. Die Preiselastizität der Nachfrage ist (falls überhaupt vorhanden) gering und die Visibilität in Bezug auf zukünftige Erträge hoch.

Vergleicht man das Kern-Infrastrukturtiteluniversum des Infrastrukturfonds der Partners Group anhand der historischen Geschäftsentwicklung (Ebitda-Wachstum) mit dem breiten Aktienmarkt (S&P 500), so werden die defensiven Eigenschaften der Kern-Infrastrukturanlagen bestätigt. Deren Ebitda-Wachstum war auch in den Krisenjahren 2001/2002 und 2008/2009 positiv.

Markus Pimpl , Managing Director, Distribution Partners and Liquid Private Markets, Partners Group Holding AG, Zug
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